TE UVS Wien 2004/04/02 03/G/11/904/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2004
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Betreff

Ein Beschuldigter ist nicht Beförderer im Sinne § 7 Abs 2 i.V.m.

§ 13 Abs 10 GGBG bei Übergabe des Gefahrengutes an einen Frächter.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Leitner über die Berufung des Herrn Ing. Helmut S, vertreten durch Herrn Prok. Albert H (bevollmächtigter Vertreter), vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 30.12.2002,

S 95429-VA/01, wegen Übertretung zu 1) des § 7 Abs 2 Z 7 und 8 GGBG (jeweils in der zum Tatzeittpkt geltenden Fassg BGBl I 145/1998) i.V.m. RN 2002 und RN 10381 ADR, zu 2) des § 7 Abs 2 Z 7 und 8 GGBG i.V.m. RN 10381 und RN 10385 ADR, zu 3) des § 7 Abs 2 Z 3 i.V.m. § 4 Z 4 GGBG i.V.m. RN 3900 ff ADR und zu

4) des § 7 Abs 2 Z 3 i.V.m. § 4 Z 1 GGBG i.V.m. RN 3500 ff ADR, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.1.2004 entschieden und diese Entscheidung mündlich am 24.3.2004 verkündet:

Gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

1.] Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (BW) für schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma N-Gesellschaft m.b.H., etabliert in Wien, B-gasse, welche Beförderer des gefährlichen Gutes

a) der Klasse 8, Ziffer 61c ADR (20 Kanister Hypochloritlauge á 30 kg, Stapelkanister ? Gesamtmasse 600 kg, Beförderungskategorie 3, freigestellte Menge 1000, Multiplikationsfaktor 1, UNNr. 1791) und

b) der Klasse 8, Ziffer 91 ADR (3 leere ungereinigte Großpackmittel (IBC) mit einem Fassungsvermögen von je 900 kg, Salzsäure [TR 25%], freigestellte Menge unbegrenzt, UNNr. 1789)

war, zu verantworten, dass dieses gefährliche Gut mit dem von Herrn M Sr gelenkten LKW, Kennzeichen W-69, am 12.6.2001 um

16.30 Uhr in Wien, T-gasse, befördert wurde, obwohl

1.) dem Lenker die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere nicht übergeben wurden. Es fehlte das ordnungsgemäße Beförderungspapier nach RN 2002 (es fehlte gänzlich) und

2.) dem Lenker die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere nicht übergaben wurden. Es fehlte die schriftliche Weisung (hinsichtlich des Gefahrengutes der Klasse 8) für das Verhalten bei Unfällen nach RN 10385 ADR (die schriftliche Weisung fehlte gänzlich) und

3.) die Verwendung der Verpackung als Versandstücke im Hinblick auf ihre Kennzeichnung nicht zulässig war, da auf ihnen die nach RN 3900 ff ADR erforderlichen Gefahrenzetteln nach Muster Nr. 8, bzw. die sonstigen Informationen und Aufschriften über die gefährlichen Güter und die Verpackung -, nicht entsprechend angebracht waren (an einem IBC fehlte der Gefahrzettel Nr. 8 und die UN-Nummer) und

4.) die Verwendung der Verpackungen als Versandstücke gemäß den Vorschriften der RN 3500 ff ADR nicht zulässig war, da auf der Oberseite des IBC am Schraubverschlussdeckel Reste des letzten beförderten Gefahrgutes hafteten ? vermutlich Salzsäure. Hiedurch habe der BW die Rechtsvorschriften zu 1.) nach § 7 Abs 2 Z 7 und 8 GGBG (jeweils in der zum Tatzeittpkt geltenden Fassg BGBl I 145/1998) i.V.m. RN 2002 und RN 10381 ADR, zu

2.) nach § 8 Abs 2 Z 7 und 8 GGBG i.V.m. RN 10381 und RN 10385 ADR, zu 3.) nach § 7 Abs 2 Z 3 i.V.m. § 4 Z 4 GGBG i.V.m. RN 3900 ff ADR und zu 4.) nach § 7 Abs 2 Z 3 i.V.m. § 4 Z 1 GGBG i.V.m. RN 3500 ff ADR verletzt, weswegen über ihn gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG vier Geldstrafen zu jeweils Euro 726,--, im Falle der Uneinbringlichkeit vier Ersatzfreiheitsstrafen zu jeweils 10 Tagen, verhängt und vier dementsprechende erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge vorgeschrieben wurden.

In der Begründung verwies die Behörde erster Instanz auf den Umstand, dass die Verwaltungsübertretungen aufgrund der Angaben des Meldungslegers und des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen angenommen wurden. Der Beschuldigte hatte im Verfahren erster Instanz zwar die Tatbegehung bestritten und hatte darauf verwiesen, dass der Beförderer die Firma St gewesen wäre. Auch der zum Tatezeitpunkt angehaltene Fahrer wäre bei dieser beschäftigt und der LKW von dieser zur Verfügung gestellt gewesen. Es liege somit ein Frachtvertrag und kein Lohnfuhrvertrag vor ? wenn auch auf Basis mündlicher Vereinbarung. Diese Aussage des Beschuldigten war im Verfahren erster Instanz durch den Lenker M bestätigt worden. Er hatte jedoch auch angegeben, von der Firma des BW für den verfahrensggstdl. Transport bestellt worden zu sein und habe erst bei der Firma N von der Art der Waren erfahren und auch dort die diesbezüglichen Unterlagen erhalten. Er, der Zeuge, habe jedoch eine falsche Palette von der Firma N mitgenommen, worauf sich die Verwaltungsübertretungen ergeben hätten, da die Papiere zu einer anderen Palette gehört hätten. Das Verfahren erster Instanz mündete in das bekämpfte Straferkenntnis.

2.] Dagegen wendet sich die vorliegende Berufung, in welcher der Vertreter des BW (Herr Prokurist H) abermals auf das Vorliegen eines Frachtvertrages mit der Firma St verweist. Er legt detailliert die diesbezügliche Abrechnungspraxis dar, wenngleich er konzediert, dass der Lenker natürlich erst bei Übernahme der Fracht die entsprechenden Anweisungen erhalten kann. Er stellt auch den verfahrensggstdl. Ladevorgang im Sinne der Ausführungen des Lenkers dar, dass dieser ?leider bei eben diesem Beladevorgang eigenmächtig eine nicht zu seiner Ladung gehörende Teilsendung zusätzlich verladen" habe, woraus sich die vorliegende Verwaltungsübertretung ergäbe; dies könne nicht im Verantwortungsbereich des BW gelegen sein. Abschließend werden die Abgrenzungskriterien zwischen Lohnfuhrvertrag und Frachtvertrag insoferne dargelegt, als für einen Frachtvertrag spräche, dass sowohl die Ladung als auch die Fahrtziele durch den mündlichen Rahmenvertrag (ergänze: mit der Firma St) stark eingegrenzt wären, also von einer Beliebigkeit (ergänze: durch den BW) keine Rede sein kann. Der jeweilige konkrete Transportauftrag könne immer nur für eine einzige konkrete Zustellfahrt erteilt werden, der mit der Rückbringung der Retourware (Pfandgebinde) ende. Angeschlossen ist ein Kommentar zum Handelsgesetzbuch von Universitätsprofessor Dr. Manfred Straube, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1987, wo er auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 12.1.1982, Zahl:

5-Ob 679/81 verweist, mit dem Rechtssatz: Wenn der Unternehmer nicht den Erfolg seiner Tätigkeit also die Verbringung der Sache an einen anderen Ort schuldet, sondern ein bemanntes Fahrzeug zu beliebiger Beladung und Fahrt nach Weisung des Auftraggebers zur Verfügung stellt, liegt ein sogenannter Lohnfuhrvertrag und nicht ein Frachtvertrag im Sinne des § 425 des Handelsgesetzbuches vor.

2.1.] Verfahrensgang:

Aufgrund einer Anzeige der motorisierten Verkehrsabteilung der Bundespolizeidirektion Wien, wurde gegen den Lenker sowie gegen den Beförderer St Transport, welche auch Zulassungsbesitzerin ist, sowie gegen die Firma des BW als Absender und schließlich die Firma B als Verlader das Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des GGBG eingeleitet. Beanstandet wurden die im nunmehr bekämpften Straferkenntnis näher genannten Umstände, hinsichtlich fehlender Begleitpapiere, unzulässiger Kennzeichnung und unzulässiger Weiterverwendung von Verpackungsmaterial. Angeschlossen ist der Genehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von

Oberösterreich vom 20.12.1999 (Ausnahmebewilligung nach § 9

GGBG für die Beförderung von leeren ungereinigten

Verpackungen).

Angeschlossen der Anzeige sind weiters eine Fotodokumentation sowie die mitgeführte Beförderungspapiere in Ablichtung, schließlich die Prüfliste nach EWG 95/50 in Übereinstimmung mit § 15 GGBG. Das ggstdl. Verwaltungsstrafverfahren wurde zunächst gegen den in der Anzeige genannten Beförderer, die Firma St Transport, mit einer Verfahrensanordnung eingeleitet und um Bekanntgabe eines allfälligen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen ersucht; die Fa. St Transport replizierte mit 13.7.2001, daß die Geschäftsführerin benannt wurde (gemeint ist damit die handelsrechtliche Geschäftsführerin Frau Romana St). Die an diese gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.7.2001, mit inhaltsgleicher Tatanlastung, wie das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis, wurde von dieser dahingehend beantwortet (nach Akteneinsicht und Abgabe einer Stellungnahme ? Blatt 32 ff), dass auf das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages mit der Firma des BW abgestellt wurde. Die anderen Einwände hinsichtlich der Anhänge bzw Anlagen A und B zu den Richtlinien 54/55 EG sind juristisch verfehlt (vergleiche etwa hiezu UVS 03/G/11/62/2003).

Als Beweis für das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages verwies die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Fa. St Transport auf anverwahrte Rechnungen Nr. 7, 8, 9 und 10/2001; zum Beweis dafür, dass die Fahrten einzeln angemietet würden und von der Fa. St Transport nur Fahrzeug und Lenker zur Verfügung gestellt würden, auf die Dispositionsbefugnis der Fa. des BW. Weiters wurde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Tatortjudikatur verwiesen, im Bezug auf die damalige Fassung des GGBG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/1998, rechtliche Ausführungen zu dieser Tatortjudikatur fehlen (zumal Anhalteort u Fa-Sitz in Wien gelegen sind, somit keine allfällige Unzuständigkeit ? weder nach der zum Tatzeitpkt geltenden Tatort-Judikatur noch der dch BGBl I 86/2002 geänderten Tatort-Zuständigkeit beim Beförderer gem. § 27 Abs 7 leg cit daraus abzuleiten gewesen wäre).

Mit Aktenvermerk vom 23.7.2001 ist festgehalten, dass die Behörde erster Instanz das ggstdl. Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw als Beförderer weiterführte; eine formelle Einstellung des Verfahrens gegen die Fa. St Transport ist dem erstinstanzlichen Akt nicht zu entnehmen. Der Bw bevollmächtigte den Prokurist H mit seiner Vertretung; die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.11.2001 wurde hingegen an den BW selbst gerichtet; mit inhaltsgleichem Tatvorwurf wie an die in der Anzeige genannte St Transport. Der Vertreter des BW replizierte die Aufforderung zur Rechtfertigung dahingehend, als er das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages in Abrede stellte und auf die Geschäftsverbindung in Form eines Fracht-Vt mit der Firma St Transport verwies. Er verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Fa. N in ihrer Funktion als Absender zur Zahl:

95431-VA/01 zu einer Geldstrafe von ATS 22.000,-- bestraft worden war.

Mit Verfahrensanordnung vom 21.1.2002 wurde der Vertreter des BW aufgefordert, schriftliche Unterlagen für das Vorliegen des Lohnfuhrvertrages vorzulegen und replizierte dies der Prokurist H (3-zeilig) dahingehend, dass die Vereinbarung mündlich wäre. Die Behörde erster Instanz lud in weiterer Folge den Lenker vor, welcher am 22.5.2002 zeugenschaftlich aussagte, er wäre Fahrer bei der Fa. St Transport, von welcher auch der LKW stamme. Zum Tatzeitpunkt habe er sich bei der Firma N einfinden müssen. Es wäre üblich, dass in einem solchen Fall vorab nicht bekannt gegeben wird, welche Waren zur Beförderung seien. Bestellung von Fahrzeug und Fahrer erfolge immer telefonisch. Irrtümlicher Weise habe er eine falsche Palette von der Fa. N mitgenommen und kam es daher auch zu den festgestellten Verwaltungsübertretungen.

In weiterer Folge erging an die ? zweite Beschuldigte des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens ? Romana St - die Aufforderung mit 21.6.2002 auf Vorlage der Unterlagen eines Lohnfuhrvertrages; deren ausgewiesene Vertretung replizierte dahingehend, dass sie die bereits im Akt befindlichen Rechnungen abermals vorlegte und auf die bereits vorgelegte Judikatur verwies. Die Behörde erster Instanz holte sodann gegen den BW Vormerkungen ein, stellte mit Aktenvermerk vom 13.8.2002 ohne Begründung das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Fa. St Transport ein und richtete eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit 14.8.2002, an den BW; diesmal zuhanden des ausgewiesenen Vertreters H. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme keine Tatanlastung enthält. Nach abermaliger Einholung der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen wurde eine nochmalige Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme i.V.m. § 9 Abs 7 VStG direkt an die Firma des BW gerichtet.

Das Verfahren erster Instanz mündete ohne weitere Erhebungen in das bekämpfte Straferkenntnis.

2.2.] Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte aufgrund der Bestreitung des Sachverhaltes und der zu klärenden Rechtsfrage am 22.1.2004 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser Verhandlung wurden der ausgewiesene Vertreter und der anwaltschaftliche Vertreter des BW gehört sowie die Zeugin Romana St zeugenschaftlich einvernommen. Weiters wurde der Lenker vor der erkennenden Behörde als Zeuge einvernommen. Dem Vertagungsversuch vom 15.1.2004 des Prokuristen H trat die erkennende Behörde mit Verfahrensanordnung vom 21.1.2004 entgegen.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung führte der Vertreter des BW aus, dass ? im Gegensatz zu den Zeugenausführungen ? der (vormals ebenfalls Beschuldigten) Fr Romana St auf Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages - dass grundsätzlich die Fa. N selbst 30 LKW´s unterhielte, jedoch der Spitzenbedarf durch diverse Frachtunternehmen abzudecken wäre. Eines davon wäre die Fa. St-Transport. St verleihe jedoch nicht LKW samt Fahrer, sondern übernähme Frachtaufträge.

Über Aufforderung des Verhandlungsleiters Bereitstellung der Ware, Verladeort, Ausstellung der Beförderungspapiere, Zeitplan und Disposition hinsichtlich des zur Verfügung gestellten Fahrzeuges bekannt zu geben, konzediert der anwaltliche Vertreter des BW, dass die Beförderungspapiere zwar N ausstelle, auch die Gefahrgutausrüstung des bereitgestellten Fahrzeuges von der Fa. N kontrolliert werde, die Ausrüstung selbst würde jedoch vom Frächter zur Verfügung gestellt. Auch Zeitplan und Disposition lägen beim Fahrer. Über Vorhalt des Verhandlungsleiters, wonach die Dispositionsbefugnis über Lenker und Fahrzeug, nach Aussage der Zeugin St, beim BW gelegen wäre, führt der anwaltliche Vertreter weiter aus, dass die Fa. N keine Weisungsbefugnis an den Fahrer habe. Die vorgelegten Rechnungen (Blatt 35 bis 38 im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt) belegten lediglich eine Abrechnungsvereinbarung nach Stunde, was aber nicht bedeute, dass deshalb von einem Lohnfuhrvertrag auszugehen ist. Auch Frachttarife sind mit Stundenabrechnungen versehen, z.B. die Wartezeiten nach dem österreichischen Speditionstarif. Der Umstand, dass die Fa. N die Transportpapiere und Gefahrgutpapiere ausfülle, spräche ebenfalls nicht für das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages; für zu befördernde Spezialchemikalien wäre es Aufgabe des Gefahrgutabsenders die Papiere entsprechend bereit zu halten; dies aber nicht in der Eigenschaft des Beförderer. Über Vorhalt der Verhandlungsleiters, dass der Frächter den Erfolg schulde, somit Risiko- und Gefahrtragung ihm angelegen wäre, dies jedoch im Hinblick auf lediglich mündliche Vereinbarungen im Streitfalle doch Beweisprobleme aufwerfen könne, gibt der anwaltliche Vertreter an, dass ergäbe sich aus dem Gesetz. Ein Gewerbeunternehmen, das einen Auftrag übernimmt, haftet nach ABGB und HGB

grundsätzlich für die Erfüllung. St haftet demnach auch für Verlust der Ware, Untergang, Beschädigung und Beschädigung durch Dritte.

Der Lenker hatte zeugenschaftlich ausgesagt, dass er bei der Fa. St Transport beschäftigt wäre, jedoch an diesem Tag irrtümlich eigenmächtig die Ware vertauscht habe, weshalb Papiere nicht mit der Ware übereinstimmen hatten können. Er versuchte auch zum Lohnfuhrvertrag eigene Angaben zu machen. Die Zeugin Romana St wurde ausdrücklich auf ihr Entschlagungsrecht hingewiesen, da sie von der Behörde erster Instanz im Zeitraum von 6.7.2001 bis 18.11.2002 als Beschuldigte behandelt worden war; sie machte jedoch keine Entschlagungsgründe geltend. Sie verwies in ihrer Aussage darauf, dass die Fahrzeug und Fahrer zur Verfügung stelle und deshalb ein Lohnfuhrvertrag vorliege. Sie verwies auch auf ein Parallelverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zu 03/P/7/6174/2002, wo sie mit dieser Verantwortung durchgedrungen wäre. Des weiteren gab sie rechtlich unklare Ausführungen zur Abgrenzung zwischen Lohnfuhrvertrag und Frachtvertrag an. Auch äußerte sie sich unklar hinsichtlich der Haftung u Gefahrtragung.

In der Verhandlung vom 22.1.2004 war vereinbart worden, dass die Vertreter des BW weitere schriftliche Unterlagen vorlegen könnten und wurde ein weiterer Verhandlungstermin für den 24.3.2004 anberaumt.

2.3.] Mit Verfahrensanordnung vom 23.1.2004 wurde die Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband für Transportwesen ersucht, Abgrenzungskriterien zwischen Fracht- und Lohnfuhrvertrag der erkennenden Behörde vorzulegen. 2.4.] Am 3.2.2004 langte seitens der anwaltlichen Vertretung eine Stellungnahme ein, worin rechtliche Abgrenzungskriterien zwischen Lohnfuhr- und Frachtvertrag juristisch ausgearbeitet worden waren. Unter Verweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichthofes in 6 Ob 1678/95 vom 9.11.1995 und 4 Ob 592/87 vom 17.11.1984 argumentiert die anwaltliche Vertretung, dass der Oberste Gerichtshof das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages überhaupt nur geprüft habe, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber täglich eine bestimmte Zahl von LKW´s zur Verfügung gestellt habe; hätten dann diese beiden über den Einsatz der Fahrzeuge fernmündlich gesprochen, so liege kein Lohnfuhrvertrag sondern ein Frachtvertrag vor; dies leitet er auch auf den verfahrensggstdl. Fall über.

In den genannten Entscheidungen des OGH wäre auch die Frage des geschuldeten Erfolges erörtert worden, wobei darauf abzustellen wäre, ob der Auftraggeber dem Auftragnehmer nach den Regeln des Frachtvertrages oder allenfalls nach Grundsätzen des Miet- und Überlassungsvertrages haftet. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass die Fa. St für Schäden haftet. Dies haben sowohl deren handelsrechtliche Geschäftsführerin als auch der Lenker zeugenschaftlich bestätigt. Dies spräche ebenfalls für das Vorliegen eines Frachtvertrages. Auch der geschuldete ?Erfolg" spräche nach dieser Judikatur des OGH für das Vorliegen eines Frachtvertrages. Kriterien nach Stunden oder Kilometerabrechnungen bedingten hiebei keine Abgrenzung. Unter Verweis auf die, von der Fa. St zitierte Berufungsentscheidung des UVS zu 03/P/7/6174/2002, wendet die anwaltliche Vertretung des BW ein, dass in diesem Verfahren die vorliegend zu beurteilenden Abgrenzungskriterien nicht aufgegriffen worden waren. Zur Sache wird weiters ausgeführt, dass die Fa. N hierarchisch gegliedert ist und wird detailliert das vorliegende Kontrollsystem beschrieben; besonders wird hervorgehoben, dass eigens für Schulungszwecke vor Jahren die N Akademie gegründet worden wäre. Die Verpflichtung ggü. Mitarbeitern, Dritten und selbst der Umwelt im Bereich des Gefahrguttransportes wahrzunehmen. Angeschlossen sind umfangreiche Schulungsunterlagen, Judikaturnachweise (die zitierte OGH Judikatur) sowie Unterlagen der N Akademie Intensivpersonalschulung.

2.4.] Am 24.3.2004 langte ? ohne rechtliche Ausführung ? ein anonymisierter Bescheid des UVS Niederösterreich im Wege der Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband für Transporteure ein. Die Arbeitgebervertretung verwies darauf, dass der Bescheid des UVS NÖ auch für das ggstdl. Verfahren anwendbar wäre. Der Bescheid des UVS NÖ vom 24.9.2003, Zahl: Senat-SW-01-0020, verfügt im Spruch die Einstellung des Verfahrens. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass lediglich der Verfahrensgang wiedergegeben wurde und der Bescheid keinerlei Begründung enthält. Der Verfahrensgang enthält Zeugenaussagen, wonach über die Dispositionsbefugnis zwischen zwei Firmen verhandelt wurde. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche Firma dem Beschuldigten und welche dem (offenkundig beigezogenen) Frächter/Lohnfuhrvertraggeber zuzurechnen ist.

3.] Am 24.3.2004 wurde in Abwesenheit der Verfahrensparteien der vorliegende Bescheid verkündet.

3.1.] Die Berufung ist aus nachstehenden Erwägungen begründet:

Vorauszuschicken ist, dass es keiner Sachverhaltsfeststellung bedarf. Der im Spruch festgestellte Sachverhalt ist unbestritten, und kann demnach zugrunde gelegt werden. Zu erörtern ist verfahrensggstdl. vorwiegend die Abgrenzungsfrage Lohnfuhr- und Frachtvertrag, Anwendbarkeit der Anlagen/Anhänge zum GGBG, allenfalls, so man einen Schuldspruch des BW in Erwägung gezogen hätte, die Verschuldensfrage nach § 5 Abs 2 VStG im Hinblick auf den offenkundigen Irrtum des Lenkers u das dargelegte Kontrollsystem.

Weiters das Fehlen einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung gegen den ausgewiesenen Vertreter, da die erste Verfolgungshandlung gegen diesen mit 13.11.2001 (Blatt 53) erst gesetzt worden war, jedoch keine Tatanlastung enthält (Vertretungsbefugnis). Weiters wurde auf die zwischen Anzeige und Erlassung des Straferkenntnisses eingetretene Gesetzesänderung durch die Novelle des GGBG, BGBl. I Nr. 86/2002, im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses mit 31.12.2002, nicht Bedacht genommen (Erörterung im Lichte des § 1 Abs 2 VStG). Ebenso wurde die Kumulation in bezug auf Absender u Beförderer in Personalunion des Bw angezogen.

3.2.] Gesetzl Grundlagen

§ 7 Abs 2 Z 3, 7 und 8 und § 27 GGBG i.d. jeweils zum Tatzeittpkt

geltenden Fassg BGBl I 145/1998) lauten:

Gefährliche Güter dürfen nur befördert werden, wenn

3. die Verwendung der Verpackung einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstück oder die Verwendung des Containers oder Tanks gemäß § 4 zulässig ist,

7. dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie

gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist, und

8. die Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände (Z 7) den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften entsprechend mitgeführt werden.

§ 27 Abs 1 Z 1 GGBG lautet:

Wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 befördert begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 10 000 S bis 600 000 S zu bestrafen. Die mit 25.5.2002 in Kraft getretenen Bestimmungen des GGBG nach der Novelle BGBl. I Nr. 86/2002 lauten:

§ 7 Abs 2 GGBG lautet:

Der Beförderer hat im Rahmen des Abs 1 insbesondere die im 4., 5. und 6. Abschnitt angeführten Pflichten des Beförderers.

§ 13 Abs 1a GGBG lautet:

Der Beförderer hat im Rahmen des § 7 Abs 1

1. zu prüfen, ob die zu befördernden gefährlichen Güter nach den gemäß § 2 Z 1 in Betracht kommenden Vorschriften zur Beförderung zugelassen sind;

2. sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;

3. sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw.;

4. sich zu vergewissern, dass bei Tankfahrzeugen, Batterie-Fahrzeugen, festverbundenen Tanks, Aufsetztanks,

ortsbeweglichen Tanks, Tankcontainern und Gascontainern mit mehreren Elementen (MEGC) das Datum der nächsten Prüfung nicht überschritten ist;

5.

zu prüfen, dass die Fahrzeuge nicht überladen sind;

6.

sich zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht sind;

 7. sich zu vergewissern, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt wird, und

 8. sich zu vergewissern, dass das zuständige bei der Beförderung tätige Personal entsprechend den gemäß § 2 Z 1 in Betracht kommenden Vorschriften über seine Pflichten und über die Besonderheiten der Beförderung und über das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen ausreichend in Kenntnis gesetzt und unterwiesen worden ist.

Dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeugs oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen. Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Z 1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.

§ 27 Abs 1 Z 1 GGBG lautet:

Wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs 1a, § 23 Abs 2 oder § 24a Abs 1 befördert begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 726 Euro bis 43 603 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Verjährungsbestimmungen, Günstigkeitsklausel, Kumulation, Vertretung:

§ 1 Abs 2 VStG lautet:

Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

§ 31 Abs 1 VStG lautet:

Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist.

§ 32 Abs 2 VStG lautet:

Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

§ 22. (1) Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen.

(2) Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen.

§ 10 Abs 1 und Abs 2 AVG lauten:

(1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich

erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs 3 von Amts wegen zu veranlassen. 3.3.] Zur ausreichenden Verfolgungshandlung:

Das GGBG enthält keine eigene Bestimmung hinsichtlich der einzutretenden Verfolgungsverjährung, sodass die allgemeine Bestimmung des § 31 Abs 1 VStG mit 6 Monatsfrist heranzuziehen ist. Im Lichte des § 32 Abs 2 VStG ist auszuführen, dass auf Blatt 52, somit vor der ersten nach außen gehenden Verfolgungshandlung der Behörde erster Instanz, die ? keinen Eingangsstempel aufweisende ? Vollmacht des Prokuristen H vom 11.2.2000 einliegt, tituliert an die Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt. Ungeachtet dessen ist die nach außen gerichtete erste Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG nicht an den ausgewiesenen Vertreter gerichtet, sondern an den BW (handelsrechtlicher Geschäftsführer). Diese Aufforderung zur Rechtfertigung enthält eine gesamte Tatanlastung. Die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (Blatt 81) mit Datum 14.8.2002 wurde zwar bereits an den ausgewiesenen Vertreter adressiert, enthält jedoch keine Tatanlastung. Das Straferkenntnis ist abermals gegen den BW selbst gerichtet und nicht gegen den ausgewiesenen Vertreter. Aufgrund der ausdrücklichen Ermächtigung des § 10 Abs 1 AVG ist jedoch die natürliche eigenberechtigte Person des Prokuristen H vertretungsbefugt und wurde dies auch bereits am 11.2.2000 der Behörde erster Instanz bekannt gegeben.

Eine Einschränkung der Vollmacht im Sinne des § 10 Abs 2 AVG ist der vorliegenden ?generellen Vollmacht" nicht zu entnehmen.

Hiezu hat der VwGH vom 10.5.1995, Zahl: 93/14/0140 ausgeführt, dass grundsätzlich Vertretungsfreiheit vorliegt; dieser entsprechende Willensentschluss erlangt durch die Erklärung der Partei ggü. der Behörde Bedeutung.

Eine allenfalls einschränkende Auslegung im Hinblick auf die Bezeichnung als generelle Vollmacht ist somit nicht vorzunehmen (vergl. VwSlg 13221 A). Aufgrund der Bestimmungen des Zustellgesetzes 1982 erstreckt sich die vorliegende Bevollmächtigung auch auf die Zustellung von Schriftstücken. Die erkennende Behörde verkennt nicht die Bestimmung des § 7 Zustellgesetzes, wonach durch den tatsächlichen Zugang an den ausgewiesenen Vertreter (dieser hat ja die Berufung abgefasst) von einer Heilung des Zustellmangels auszugehen ist. Aus dem Akteninhalt lässt sich jedoch nicht erkennen, wann und ob, die als erste Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG anzusehende Aufforderung zur Rechtfertigung dem ausgewiesenen Vertreter tatsächlich zugegangen ist. Die erstmals an ihn persönlich gerichtete Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme enthält keine Tatanlastung, jene Tatanlastung des Straferkenntnisses ist (bei weitem) außerhalb des Zeitraumes einer zu setzenden Verfolgungshandlung von 6 Monaten gelegen ? dieses wäre zumindest faktisch dem Vertreter zugegangen. 3.6.] Zur Frage des Verschuldens:

Zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr und ist über das für die Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts näheres bestimmt. Es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt, für welches gemäß § 5 Abs 1 VStG Verschulden in Form fahrlässigen Verhaltens anzunehmen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der Beschuldigte diese Vermutung widerlegen, indem er initiativ alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (VwGH vom 19.1.1995, Zahl 93/18/0478).

Vorauszuschicken ist, dass dem ggstdl. Verfahren ein offenkundiger Irrtum des Lenkers zugrunde zu legen ist. Die Behörde erster Instanz hat keinerlei Erhebungen zum Vorliegen eines Kontrollsystems angestellt. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat in Anlehnung an die Judikatur des VwGH, an Auslegung der Wirksamkeit und insbesondere hierarchische Gliederung eines Kontrollsystems einen strengen Maßstab anzuwenden (vergl. etwa die Judikatur des VwGH vom 19.10.2001, Zahl: 2000/02/0228 unter Verweis auf die Judikatur vom 5. 9.1997, Zahl: 97/02/0182). Im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtssprechung hat jedoch der ausgewiesene Vertreter die hierarchische Ebene und die Einbindung des BW in dieselbe vor der erkennenden Behörde ausladend dargelegt. Die genaue Positionierung der über- und untergeordneten Ebenen, als auch den darauf fußenden Befolgungsmechanismus erläuterte die anwaltliche Vertretung in der Stellungnahme vom 3.2.2004 eingehendst. Die erkennende Behörde vertritt somit die Auffassung, dass im ggstdl. Fall der Sorgfaltsmaßstab offenkundig überspannt würde, wollte man einen vom Lenker zeugenschaftlich bereits im Verfahren erster Instanz eingestandenen Fehler (s. Blatt 65 und 66 der Einvernahme vom 22.5.2002), ein Umstand, der auch vor der erkennenden Behörde unmittelbar erhoben wurde, dem BW zur Last legen. Der dem BW angelegene

Sorgfaltsmaßstab ? im Hinblick auf ein offenkundig funktionierendes Kontrollsystem ? wäre solcher Maßen überzogen.

Ähnlich hatte der VwGH im Judikat vom 18.2.2002, Zahl:

99/13/0035 argumentiert, als er auf mangelndes Verschulden des BW erkannte.

Ungeachtet der Kenntnis dieses Umstandes für die Behörde erster Instanz ist diese Beurteilung nicht in das bekämpfte Straferkenntnis eingeflossen.

3.5.] Zur geänderten Gesetzeslage:

Mit 25.5.2002 wurde das GGBG respektive im Hinblick auf die Pflichten des Beförderers entscheidend abgeändert. Somit ist die zum Tatzeitpunkt grundsätzlich bestehende Verantwortung des Beförderers in einem Maße modifiziert worden, als diesem nunmehr gemäß § 7 Abs 2 die ? für das ggstdl. Verfahren auf der Straße ? im 4. Abschnitt angeführten Pflichten auferlegt sind. § 13 Abs 1a dieser Novelle führt dazu aus, dass er sich hinsichtlich der vorgeschriebenen Unterlagen im Sinne des ersten und zweiten Tatvorwurfes lediglich zu vergewissern habe, ebenso zu Spruchpunkt 3, und hinsichtlich des 4. Spruchpunktes er es mit einer Sichtprüfung bewenden lassen könne. Besonders fehlt jedwede Auseinandersetzung im Lichte des § 13 Abs 1a letzter Absatz, wonach der Beförderer in gewissen Fällen auf die von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen darf.

Der Verwaltungsgerichthof hat hiezu im Erkenntnis vom 15.12.2003, Zahl: 2003/03/0034 ausgesprochen, dass im Lichte des § 1 Abs 2 VStG eine Auseinandersetzung mit der geänderten Gesetzesproblematik ?zugunsten des Beschuldigten" jedenfalls vorzunehmen ist, da die Außerachtlassung dieser Bestimmung im Verfahren jedenfalls die erkennende Behörde zu einem anderen Ergebnis verhalten hätte können.

Festzuhalten ist, dass dies im bekämpften Straferkenntnis nicht erfolgt ist. Vor dem Hintergrund der für den Beförderer nach dem nunmehr geltenden Bestimmungen (auch bereits zum Zeitpunkt des bekämpften Straferkenntnisses) wesentlich modifizierten Verschuldensmaßstäben, gelangt jedoch die erkennende Behörde zu der Auffassung, dass die vorliegenden Tatanlastungen zu ungunsten des BW keine (abschwächende) Modifizierung hinsichtlich des herabgesetzten Verschuldensmaßstabes in Bezug auf den Beförderer enthalten. Das Wesen des vom Gesetzgeber bewusst modifizierten Verschuldensprofils hinsichtlich der Vergewisserung bzw. Sichtprüfung ist dem vorliegenden Schuldvorwurf im bekämpften Straferkenntnis vom 30.12.2002 nicht zu entnehmen. Dies wirft jedoch eine einer Korrektur dch die Berufungsinstanz nicht mehr zugängliche Tatanlastung im Lichte des § 44a Z 1 und 2 VStG auf (VwSlg 11 894 A, 11 466 A).

3.6.) Kumulation

Vorauszuschicken ist, dass die Judikatur zu §§ 22 u 30 VStG zu der vom Gesetzgeber angeordneten kumulativen Ahndung u Verfolgung ein u derselben Person in der Funktion des Absenders u Beförderers (wie ggstdl) bislang keine Entscheidg getroffen hat. Lediglich § 27 Abs 3 GGBG idF v 25.5.2002 enthält gewisse ? hier nicht applikable - Ausschließungskriteria.

Weder die Materialein zum GGBG 1998, NR: GP XX RV 1275 AB 1336 S. 134. BR: AB 5763 S. 643, noch die Novellen BGBl. I Nr. 108/1999 (NR: GP XX RV 1833 AB 1932 S. 174.BR: AB 6001 S. 656; BGBl. I Nr. 194/1999, BGBl. I Nr. 32/2002 (NR: GP XXI RV 803 AB 909 S. 87. BR: AB 6559 S. 683; BGBl. I Nr. 86/2002 (NR:

GP XXI RV 979 AB 1083 S. 100. BR: AB 6637 S. 687; BGBl. I Nr. 61/2003 (NR: GP XXII RV 76 AB 85 S. 29.BR: AB 6810 S. 700 enthalten diesbzgl Klarheit o ? iS der Anregung des anwaltl BwV ? Ausschließungskriteria.

Der Verfassungsgerichtshof hat zwar zu G 51/97 und G 26/98 am 7.10.1998 erkannt, dass gegen das Doppelbestrafungsverbot durch Verwaltungsbehörden bei Ahndung nach Wahrnehmung der Gerichtszuständigkeit verstoßen werde. Ähnlich entschied der Verfassungsgerichtshof am 19.6.2000 in B 246/99 unter Verweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrecht vom 29.5.2001, Zahl Ml 01/3/3, sowie des EuGH vom 23.10.1995, Zahl Ml 1995 A/328-C. Diesen Erwägungen können jedoch im ggstdl Fall nicht Platz greifen, zumal die Konkurrenz zwischen Gerichts ? u Verwaltungsbehörde nicht gegeben ist, somit das sich aus Art 4 des 7. Zusatzprotokolles zur Europäischen Menschenrechtskonvention erfließende Verbot nicht überleitbar ist. Ebenso VwGH v 22.7.1999, Zl 98/17/0134. 3.7.] Zum Einwand der Nichtanwendbarkeit der maßgeblichen Richtlinie des Rates 94/55/EG im Zusammenhalt mit den verfahrensgegenständlich anzuwendenden Anlagen bzw. Anhängen:

Inwieweit der BW hier auf eine Ungleichheit der zit ?Anlagen und Anhängen" abzielt, ist hiezu auszuführen:

Vorauszuschicken ist, dass die maßgeblichen Europarechtlichen Bestimmungen einheitlich die Terminologie der ?Anlagen" verwendet. Die maßgebliche Richtlinie des Rates 94/55/EG vom 21.11.1994, welche durch die Fassung Richtlinie 2000/61/EG angepasst wurde und die zufolge Artikel 2 und Artikel 3 der zitierten Richtlinie 2000/61/EG ab dem 1.7.2001 eine zweijährige Adaption der Anlagen A und B zum Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) zwingend vorsehen. Diese zugrundelegende Richtlinie in der Urfassung 94/55/EG vom 21.11.1994, Amtsblatt L 319 vom 12.12.1995, als auch die darauf fußenden Änderungsbeschlüsse sprechen insgesamt ausschließlich von Anlagen zum ADR. Entgegen der vom Berufungswerber angeführten maßgeblichen Fassung des § 2 des GGBG bezieht sich jedoch die zum Tatzeitpunkt geltende Fassung, BGBl. I, 145/1998, als die Nov 2002, BGBl I 86/2002 unzweideutig auf die verfahrensggstdl. relevante Richtlinie des Rates 94/55/EG in der Fassung der Richtlinie 96/86/EG vom 13.12.1996, verlautbart Amtsblatt Nr. L 335 vom 24.5.1996.

Insoferne sind diese Ausführungen mangels Priorität der relevierten Rechtsnorm verfehlt. Sofern der Vertreter des BW jedoch auf die Differenzierung von Anlage und Anhang abzielt, ist ihm insoferne beizupflichten, als die - für Österreich innerstaatlich maßgebliche - Bestimmung dies GGBG tatsächlich von ?Anhängen A und B" der genannten Richtlinie spricht.

Bei Einschau in die bezughabenden Gesetzesmaterien ist festzustellen, dass auch die innerstaatlichen Rechtsnormen die Anlagen A und B der maßgeblichen Richtlinie des Rates 94/55/EG unzweifelhaft für anwendbar erklärten, jedoch jede Anlage durch Anhänge eine Untergliederung erfährt, beispielsweise Anlage A in Anhänge A1 bis A 9 sowie Anlage B in Anhänge B1A bis B7. Nachzulesen in Grundtner, Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, ADR, im GOF-Verlag Klosterneuburg 1993. Insoferne sind die Ausführungen der ausgewiesenen Vertretung auch zu diesem Berufungspunkt nicht zielführend. Eine sonstige Differenzierung ist weder der herrschenden Lehre noch den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen. Vgl hiezu die BB des UVS Wien zu 03/P/11/2633/2001 und 03/P/11/739/2002. Zu diesem Vorbringen vermag die erkennende Behörde der Rechtsauffassung der Behörde erster Instanz nicht entgegenzutreten und ersieht in der Anwendung der verfahrensgegenständlichen Anlagen bzw. Anhänge keine ?Schließung der Gesetzeslücke", sondern vielmehr die unmittelbare innerstaatliche Umsetzung einer ausreichend genau determinierten Bestimmung; eine Missachtung des gemäß Art 18 BV-G

geforderten Determinierungsgebotes vermag die erkennende Behörde nicht zu erkennen.

3.8.] Zur Abgrenzung von Lohnfuhr- und Frachtvertrag:

Vorauszuschicken ist im vorliegenden Fall, dass die anwaltliche Vertretung die umfassende Judikatur vorlegte, um die von ihr vertretene Rechtsauffassung des Vorliegens eines Frachtvertrages, zu untermauern. Die erkennende Behörde fühlt sich zu der Feststellung verhalten, dass die Aussagen der Fahrzeughalterin Romana St zu diesem Punkt nicht dienlich waren, als sie offenkundig rechtlich uninformiert ist. Auch die Aussagen des Lenkers erachtet die erkennende Behörde als nicht dienlich. Die anwaltliche Vertretung hat hiezu richtig aufgezeigt, dass die Judikatur des OGH hiezu nicht eindeutig ist. Festzuhalten ist auch, dass der Fachverband der Transporteure der Wirtschaftskammer keinerlei sachliche Auskunft der erkennenden Behörde mitteilte, der angeschlossene Berufungsbescheid des UVS Niederösterreich ist bar jedweder Begründung; inwieweit sich die Wirtschaftskammer sich darauf beruft, sei dahingestellt.

Ebenso hat die ausgewiesene Vertretung richtig erkannt, dass das gegen die Fa. St eingestellte Parallelverfahren zu UVS- 03/P/7/3174/2002 die nötigen Abgrenzungskriterien missen lässt.

Etwa im Erkenntnis vom 17.2.1993, Zahl: 93/16/0117 zieht der VwGH in einem Verfahren nach der Bundesabgabenordnung insoferne ein (mögliches) Abgrenzungskriterien heran, als er einen Frachtvertrag mit einem Werkvertrag gleichsetzt ? und gegenüber einem Mietvertrag abgrenzt. Klarer äußerst sich der VwGH im Erkenntnis vom 22.6.1987, Zahl: 87/15/0049, wo ausgeführt wird:

Überlässt der Zulassungsbesitzer eines Sattelauflegers diesen dem Zulassungsbesitzer einer Sattelzugmaschine zur Beförderung von Gütern in seinem Auftrag, so stellen sich die solcherart durchgeführten Beförderungen als besondere Variante eines Straßenbeförderungsvertrages dar, weil nach der insoweit einheitlichen handelsrechtlichen Literatur eine Beförderung i.S.d.

§ 1 Abs 2 Z 5 HGB und des § 425 HGB durchaus auch mit Beförderungsmitteln des Absenders erfolgen kann. Auch das Schleppen eines Fahrzeuges (z.B. das Ziehen eines Sattelaufliegers) ist ein Befördern im obigen Sinn. Ein derartiger Schleppvertrag stellt sich entweder (sofern das geschleppte Fahrzeug in die Obhut dessen, der die Schleppleistung erbringt, übergeben wird) als Frachtvertrag i.S.d.

§ 425 HGB oder aber als Werkvertrag i.S.d. §§ 1165 ff ABGB dar. Schleppverträge sind jedenfalls streng von Mietverträgen über Beförderungsmittel zu differenzieren, wobei das entscheidende Kriterium die Übernahme der Beförderung (das Verbringen von Ort zu Ort) als vertragliche Hauptpflicht ist.

Im vorliegenden Fall wurde die Beförderungseinheit des BW an die das Gefahrgut aufnehmende Zugmaschine samt Fahrer

übergeben. Der VwGH stellt die Bedingung auf, dass das geschleppte Gut in die Obhut dessen, der die Schleppleistung erbringt, übergeben wird, um von einem Frachtvertrag im Sinne des § 425 HGB zu sprechen. Zu diesem Kriterium ist jedoch auf das Beweisverfahren der erkennenden Behörde zu verweisen, wonach die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Fa. St als auch deren Lenker in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der beiden Vertreter des BW aussagten, dass die Bereitstellerin des Fahrzeuges und Lenker sowohl Gefahrtragung als auch Haftung hinsichtlich der beförderten Güter träfen. Nach Auffassung der erkennenden Behörde lag somit der geschuldete Erfolg nicht in der Verantwortung nicht in der Firma des BW, somit war das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrages und somit auch die Eigenschaft des BW als Beförderer nach den Bestimmungen des GGBG zu verneinen. Argumentum e contrario hatte der UVS Wien im Fall 03/P/13/7473/2002 entschieden, wo er den bloß ?Fahrzeug und Lenker" zur Verfügung Stellenden aus seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung als Beförderer entlassen hatte. Als Abgrenzungskriterium war im genannten Parallelfall 03/P/13/7473/2002 angeführt worden, dass der Beschuldigte ?lediglich Fahrzeug und Lenker" zur Verfügung gestellt habe. Eine Gefahrtragung, Übernahme des geschuldeten Erfolges und desgleichen konnten diesem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden (es war somit von Lohnfuhrvertrag ausgegangen worden). Vor diesem Hintergrund war das bekämpfte Straferkenntnis aus mehreren Gründen aufzuheben gewesen und die Einstellung zu Verfügen.

4.] Kosten:

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag

zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

4.1.] Abschließend gestattet sich die erkennende Behörde den Hinweis, dass derartig mangelhaft geführte Verfahren in Hinkunft in Anwendung des § 21 Abs 1a VStG in der Novelle BGBl. I Nr. 65/2002 einer Erledigung zugeführt werden, zumal in dem Gesetzesmaterial in 772 BlgNr der 21. Gesetzgebungsperiode das Offizialprinzip in Einzelfällen durch das Opportunitätsprinzip eine Einschränkung erfahren solle, wenn dies den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis dienlich ist. Da die Erstinstanz weder hinsichtlich der Verschuldensfrage noch dem aus § 1 Abs 2 VStG erfließenden Günstigkeitsprinzip, noch hinsichtlich des Kontrollsystems oder der rechtzeitigen Verfolgungshandlung entsprechende Ermittlungen durchführte, wäre dies im ggstdl. Fall durchaus indiziert gewesen.

Schlagworte
Frachtvertrag/Lohnfuhrvertrag Anhänge und Anlagen zur ADR überzogener Sorgfaltsmaßstab
Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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