TE UVS Tirol 2004/04/26 2004/11/040-1

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Veröffentlicht am 26.04.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Berufung des Herrn P. K. J. B., 4400 Steyr, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. L. J. K. und Dr. J. M., 4722 Peuerbach, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 15.03.2004, Zl VK ? 2276-2003 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von Euro 250,00 auf Euro 100,00 und die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit von 60 Stunden auf 24 Stunden herabgesetzt wird.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG beträgt dementsprechend der Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten Euro 10,00 (10 Prozent der verhängten Strafe) neu festgesetzt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 15.03.2004 Zl VK-2276-2003 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 24.09.2003 um 20 Uhr 30 auf der L71 bei km

2.345 den Lastkraftwagen mit dem behördlichen Kennzeichen XY mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t entgegen dem Verbotszeichen ?Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t? gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit a Z 7a StVO iVm § 99 Abs 3 lit a StVO begangen, weswegen eine Geldstrafe von Euro 250,00 im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt wurde. Gleichzeitig wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens bei der Erstbehörde verpflichtet.

 

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wurde die Übertretung mit folgendem Vorbringen bestritten:

1.) Formelle Rechtswidrigkeit aufgrund Mangelhaftigkeit des Verfahrens

In seiner Eingabe vom 12.01.2004 stellte der Berufungswerber den Beweisantrag an die Erstbehörde einen Lokalaugenschein durchzuführen, welchen er in der schriftlichen Stellungnahme vom 05.03.2004 vollinhaltlich aufrecht erhielt und durch den Beweisantrag der Zeugenvernehmung des damals vorausfahrenden LKW-Lenkers ergänzte. Diese Beweisanträge wurden unter anderem gestellt zur Untermauerung, dass er sich vor Fahrtantritt nicht nur auf die Auskunft einer nicht autorisierten Person verlassen habe und zur Untermauerung, dass er auf der gesperrten Straße nur wenige hundert Meter gefahren sei, und es keine geeignete Umkehrmöglichkeit gegeben habe. Diese Beweisanträge seien von der Erstbehörde in vorausgreifender Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden, weshalb er in seinen Verfahrensrechten unzulässigerweise beschnitten worden sei.

Der Berufungswerber habe sich dahingehend zu verantworten, dass er am 24.09.2003 am Grenzübergang Füssen den Hinweis sah, dass der Fernpasstunnel für LKWs über 7,5t gesperrt sei, weshalb er beim Disponenten seines Dienstgebers telefonisch um eine Ausweichroute gebeten habe. Er habe von diesem die Anweisung erhalten, über Garmisch-Partenkirchen zu fahren. An der OMV ? Tankstelle Bichlbach bzw Reutte habe er sich dann mit einem anderen Fernfahrer aus Tirol über die Fahrtroute unterhalten. Dieser habe ihm vorgeschlagen, da er auch nach Garmisch-Partenkirchen fahren wolle, könne er ihm hinterherfahren. Da dem Berufungswerber die Ausweichstrecke über Garmisch-Partenkirchen nicht bekannt gewesen sei, sei ihm dieses Angebot gelegen gekommen. Er habe also keineswegs, wie die Erstbehörde fälschlicherweise angenommen habe, über den Fernpasstunnel fahren wollen, weshalb auch keine Erkundigung bei einer autorisierten Stelle vonnöten gewesen sei. Er sei also dem anderen LKW gefolgt bis dieser an einer Stelle nach rechts Richtung Fernpasstunnel abgebogen sei. Der Berufungswerber habe zwar den nach links zeigenden Wegweiser nach Garmisch gesehen, jedoch auf die Ortskenntnisse des anderen LKW ? Fahrers vertraut. Erst nach dem Abbiegevorgang nach rechts habe der Berufungswerber erkannt, dass er eigentlich nach links fahren hätte müssen. Er habe dann beschlossen bei der nächsten Gelegenheit umzudrehen, zuvor sei er aber von den Gendarmeriebeamten aufgehalten worden. Diesen Sachverhalt habe er den Beamten auch dargelegt, was jedoch von diesen ignoriert worden sei. Er brachte weiters vor, er sei nur wenige 100 Meter auf diesem gesperrten Straßenstück gefahren, und da bis dahin keine Umkehrmöglichkeit zur Verfügung gestanden sei, habe er auf der nächstgelegenen Parkfläche umkehren wollen, welche in unmittelbarer Nähe gewesen sei.

 

2.) Materielle Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher

Beurteilung

Der Berufungswerber habe, wenn überhaupt, nur die objektive Tatseite erfüllt, keinesfalls aber liege die subjektive Tatseite vor, denn der Beschuldigte habe niemals die Absicht gehabt, den Fernpasstunnel zu befahren. Er habe über die Umfahrungsstrecke nach Garmisch-Partenkirchen fahren wollen, und sich aufgrund seiner Unkenntnis betreffend die Umfahrungsstrecke, jedoch mit gehöriger Aufmerksamkeit an den vorausfahrenden LKW gehalten. Dass dann dieser entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung nicht nach Garmisch-Partenkirchen gefahren sei, habe er nicht voraussehen können. Er habe auf dessen Aussage vertraut. Da er keinesfalls den Fernpass befahren haben wolle, sei die ihm von der Erstbehörde angelastete Übertretung nicht als erheblich anzusehen, da er den Tatbestand niemals verwirklichen habe wollen. Es sei, wenn überhaupt, nur mit einer Anwendung des § 21 VStG vorzugehen, da sein Verschulden äußerst gering sei.

Dazu komme noch, dass der Beschuldigte sich im Privatkonkurs befinde und für vier minderjährige Kinder und eine Gattin sorgepflichtig sei, weshalb die verhängte Strafe bei weitem überhöht sei.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

Es steht fest, dass sich der Berufungswerber zum im Spruch näher bezeichneten Zeitpunkt auf der L 71 befand, welche für Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5t gesperrt war, und wird auch nicht bestritten.

§ 52 Z 7a StVO bestimmt ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5t. Da es sich im gegenständlichen Fall um ein Lastkraftfahrzeug mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von 17,990t handelt, hat der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsübertretung über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es tritt somit eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da die Erstbehörde zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ausgegangen ist, wäre es Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua das Erkenntnis des VwGH 90/19/0078).

 

Es obliegt dem Lenker eines Lastkraftfahrzeuges sich vor Fahrtantritt über die Fahrtroute ausreichende Kenntnisse zu verschaffen, nämlich in dem Umfang, dass er auch im Stande ist diese Fahrtroute problemlos selbstständig zu befahren. Aus diesem Grunde spielt es auch keine Rolle, dass er die verbotene Straße nur befahren hat, weil er einem anderen Fahrzeuglenker vertraute, da er selbst soweit kundig sein musste, die vorher richtig ausgewählte Route auch zu erkennen. Es liegt in seinem Verantwortungsbereich, wenn er sich dabei auf einen Dritten verlässt, weshalb von Fahrlässigkeit auszugehen ist. Dieses Fehlverhalten des anderen befreit ihn nicht vor einer Verwaltungsübertretung, und ist ihm persönlich vorwerfbar.

Auch die Behauptung, er habe keine Möglichkeit zum Umkehren gegeben, ist nicht relevant, da der Berufungswerber sich in eine selbstverschuldete Zwangslage begeben hat.

 

Angewendet auf den gegenständlichen Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen, mangelndes Verschulden aufzuzeigen und gar unter Beweis zu stellen.

Die Berufungsbehörde kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Berufungswerber die gegenständliche Verwaltungsübertretung sowohl in subjektiver als auch objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie die Erstbehörde schon ausführte, ist der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung als erheblich anzusehen, insbesondere weil die verletzte Vorschrift den Zweck hat, einzelne Gebiete vom Schwerverkehr zu entlasten, und die Bevölkerung vor Immissionen zu schützen.

 

Erschwerungsgründe lagen keine vor, als mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet.

 

Unter Bedachtnahme auf die vom Berufungswerber nun bekannt gegebenen Einkommens ? Vermögens ? und Familienverhältnisse und unter Abwägung dieser Strafbemessungskriterien, kam die Berufungsbehörde zu der Ansicht, dass auch die herabgesetzte Strafe von Euro 100,00 noch als schuld ? und tatangemessen sowie als ausreichend anzusehen ist, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren strafbaren Handlungen dieser Art abzuhalten.

 

In diesem Sinne war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
obliegt, Lenker, Lastkraftfahrzeuges, sich, vor, Fahrtantritt, ausreichende, Kenntnisse
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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