TE UVS Wien 2005/01/20 03/P/46/9738/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Berufung des Herrn Elvis B, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat M, vom 22.11.2003, Zl. S 141.772/MG/03 Dal, betreffend zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 18.1.2005 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von insgesamt 36,20 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, auferlegt.

Gemäß § 52a Abs 1 VStG wird die durch die Verkündung am 18.1.2005 bereits rechtskräftige Berufungsentscheidung insofern abgeändert, als im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nach dem Wort ?Sachschaden" das Wort ?ursächlich" eingefügt und das Zitat der Strafsanktionsnorm zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses auf ?§ 99 Abs 2 lit a StVO" richtiggestellt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er sei am 15.7.2003 um 16.15 Uhr in Wien, S-gasse, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen MI-2 an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen und habe

1) es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl er und der andere Unfallbeteiligte einander nicht Namen und Adresse nachgewiesen hätten und

2) es unterlassen, sofort anzuhalten.

Wegen dieser Übertretungen des § 4 Abs 5 StVO und des § 4 Abs 1 lit a StVO wurden über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit b bzw. gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO zwei Geldstrafen von 109,-- Euro (Ersatzarreststrafe von 54 Stunden) bzw. von 72,-- Euro (Ersatzarreststrafe von 36 Stunden) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 18,10,-- Euro vorgeschrieben.

Das angefochtene Straferkenntnis basiert auf der Unfallmeldung des Herrn Alexander K vom 15.7.2003 um 17.50 Uhr am Kommissariat M (siehe Blatt 2 des Aktes) und auf den Beobachtungen des Herrn DI Georg Ba. Dieser wurde im erstinstanzlichen Verfahren zeugenschaftlich befragt und hat ausgesagt, am 15.7.2003 gegen 16.15 Uhr von seinem im Hochparterre gelegenen Büro aus ein starkes Bremsgeräusch und ziemlich gleichzeitig einen Kracher gehört zu haben. Er habe dann aus dem Fenster geblickt und ein Mischfahrzeug neben einem in der Längsparkordnung am rechten Fahrbahnrand abgestellten Auto stehen gesehen. Plötzlich habe der Fahrer Gas gegeben und sei davongefahren. Zu diesem Zeitpunkt sei schon offensichtlich gewesen, dass er das abgestellte Fahrzeug beschädigt hatte. Er (der Zeuge) habe sofort das Kennzeichen des LKW notiert und sei dann zum abgestellten Fahrzeug gegangen. Dort habe er feststellen können, dass die linke Seite und der linke Vorderreifen beschädigt waren. Er habe einen Zettel mit dem Kennzeichen hinterlegt. Bezüglich des LKW-Fahrers könne er nichts sagen. Er sei sicher, dass er das Kennzeichen richtig abgelesen habe. In der gegenständlichen, fristgerecht eingebrachten Berufung wurde vom anwaltlich vertretenen Rechtsmittelwerber die ursächliche Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden bestritten. Der Berufungswerber führte begründend aus, er sei zur Tatzeit nicht durch die S-gasse gefahren. Außerdem zeige ein von seiner Chefin, Frau M, geführtes und von Frau Z mitgehörtes Telefongespräch, dass der Geschädigte einen weißen

Betonmischer mit einer großen Aufschrift auf der Trommel (es sei aber kein Re gewesen), durch die Gasse habe fahren

sehen. Das von ihm gelenkte Fahrzeug habe aber keine Aufschrift auf der Trommel gehabt. Außerdem seien auf diesem, von ihm gelenkten Fahrzeug keine roten Lackspuren zu erkennen, obwohl das geschädigte Fahrzeug rot sei. Zum Beweis dafür werde die zeugenschaftliche Befragung des Herrn DI Ba, des Geschädigten Herrn K, seiner Chefin Frau M und von deren Mitarbeiterin Frau Z sowie die Beiziehung eine KFZ-Sachverständigen beantragt. Weiters entspreche die Strafe nicht dem Unrechtsgehalt der Tat und auch nicht den Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers.

Im Berufungsverfahren wurde der Schadensakt der Versicherung beigeschafft, in welchem auch Reparaturrechnungen sowie die vom Versicherungsgutachter angefertigten Fotos von den Schäden am Fahrzeug des Herrn K aufliegen.

Im Zuge der am 18.1.2005 in dieser Angelegenheit durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung wurden der erstinstanzliche Akt sowie die im Berufungsverfahren beigeschafften und dem UVS-Akt angeschlossenen Aktenstücke (Versicherungsunterlagen) verlesen und der Berufungswerber in Anwesenheit seines Rechtsanwalts zum Sachverhalt befragt. Zeugenschaftlich einvernommen wurden Herr K, Herr DI Ba, Frau M sowie Frau Z. Herr Ing. H war in der Verhandlung als Amtssachverständiger zugegen und erstattete eine gutachterliche Äußerung zur Wahrnehmbarkeit des Verkehrsunfalls für den Berufungswerber. Der anwaltliche Vertreter des Berufungswerbers gab ergänzend zum Berufungsvorbringen an, dass der gegenständliche Betonmischer vom Sachverständigen im zivilgerichtlichen Verfahren untersucht worden sei und dass an zwei Stellen an den Radschraubenabdeckungen rote Farbspuren in geringem Umfang gefunden worden wären. Dies habe die Versicherung dazu veranlasst, das Klagebegehren anerkennen zu wollen. Bei der Besichtigung des Betonmischers sei dem anwaltlichen Vertreter des Berufungswerbers aufgefallen, dass der Betonmischer über einen derart lauten Dieselmotor verfüge, dass bei laufendem Motor eine Unterhaltung nur in sehr großer Lautstärke möglich sei. Auch im Fahrzeuginneren sei es furchtbar laut gewesen. Sollte dem bisherigen Vorbringen des Berufungswerbers daher nicht gefolgt werden, so wäre davon auszugehen, dass der Berufungswerber das Anstreifen an ein anderes Fahrzeug einfach nicht bemerkt hat. Das beladene Fahrzeug sei zudem 32 Tonnen schwer.

Als zusätzliche Beweismittel wurden vom anwaltlichen Vertreter des Berufungswerbers jeweils in Kopie ein Lieferschein über Frischbeton sowie das Fahrtenschreiberblatt betreffend die gegenständliche Fahrt vorgelegt.

Der Berufungswerber selbst rechtfertigte sich in der Verhandlung wie folgt:

?Ich bin damals von Erdberg mit einer Fuhre Beton zu einer Baustelle in die Si-gasse, Nähe H-spital, gefahren. Ich bin von der Südosttangente gekommen, dann den Gürtel entlang gefahren, dann nach rechts in die R-Straße eingebogen und von dort nach rechts in die Si-gasse gefahren. Ich bin mir sicher, dabei nicht durch die S-gasse gefahren zu sein. Ich bin auch nicht irrtümlich früher abgebogen und dann durch die S-gasse gefahren. Ich bin schon vor dem 15.7.2003 mindestens zwei Mal von Erdberg zur Baustelle in die Si-gasse gefahren. Das war ca. 1 ? 2 Wochen vor dem Tatzeitpunkt. Ich kannte daher den Weg von Erdberg zur Baustelle in die Si-gasse. Ich habe mich dabei am Fahrtroutenplan meiner Firma orientiert. Nach dem Tatvorwurf bin ich einmal mit dem Pkw in die S-gasse gefahren und habe dabei festgestellt, dass ich mit dem Lkw noch nie dort war.

Am Lieferschein betreffend die gegenständliche Betonlieferung ist die Menge von 9 m3 Frischbeton angegeben und wurde dieser Lieferschein vom Baupolier unterschrieben und mit dieser Unterschrift bestätigt, dass die angegebene Menge von 9 m3 Lieferbeton auch angekommen ist. Der Polier hat die gelieferte Menge mit Messkübeln abgemessen. Beton kommt bei sich drehender Trommel überhaupt nicht aus dem Mischer. Nur dann wenn die Trommel steht und das Fahrzeug bergauf steht, oder wenn die Trommel in die verkehrte Richtung gedreht wird, kann Beton aus dem Mischer fließen. Wie lange es dauert, bis der ganze Beton ausgeleert ist, kommt auf die Drehzahl des Mischers an. Der Hebel, mit dem der Mischer betätigt wird, ist während der Fahrt mit einer Fixierschraube gesichert. Das leere Fahrzeug ist 14 Tonnen schwer. Der gegenständliche Mischer ist von einer Fahrzeugtype, die sehr laut ist. Ich habe das Fahrzeug nicht nach Lackspuren untersucht, sondern meine Chefin. Hätte ich wirklich Beton verloren, sei es auch nur wenig, hätte man dies beim Abladen bemerkt, weil dann die Rutsche verschmutzt gewesen wäre. Beim Abladen auf der Baustelle habe ich gesehen, dass die Rutsche sauber war. Dies konnte ich sehen, weil ich beim Abladen hinten am Fahrzeug hantieren muss. Nach einem solchen Einsatz wird die Rutsche mit einem Hochdruckstrahler gereinigt."

Herr DI Ba gab - zeugenschaftlich einvernommen - folgende Aussage zu Protokoll:

?Ich stand damals beim geöffneten Fenster beim Kopierer und habe wahrgenommen, dass ein Kfz abrupt bremst. Ich habe aus dem Fenster geblickt und gesehen, dass ein Lkw unmittelbar neben einem Pkw steht. Der Lkw-Lenker hat kurze Zeit innegehalten, ist nicht ausgestiegen und ist dann weitergefahren und mit vergleichsweise großer Geschwindigkeit in der engen Gasse weitergefahren. Schon auf Grund des Bremsgeräusches und der anderen Geräusche dabei habe ich vermutet, dass etwas passiert sein musste. Wie die Geräusche genau waren, weiß ich nicht mehr. Ich hatte, weil ich beim Kopierer stand, Papier und Bleistift zur Hand und habe sofort das Kennzeichen des davonfahrenden Lkw notiert. Ich bin dann runtergegangen, habe mir den Pkw angesehen und dabei festgestellt, dass die linke Seite des Pkw schwer beschädigt war. Das beschädigte Fahrzeug hat so ausgesehen, wie das auf den mir gezeigten Fotos abgelichtete rote Fahrzeug. Außer dem beschädigten Fahrzeug ist mir nichts aufgefallen. Betonspuren auf der Fahrbahn habe ich nicht wahrgenommen. Den Fahrzeuglenker habe ich nicht gesehen. Mein Bürofenster, von dem aus ich den Unfall beobachtet habe, war nicht weiter als ca. 10 Meter vom Unfallort entfernt. Wie weit der Lkw weg war, als ich das Kennzeichen abgelesen habe, weiß ich nicht mehr. Ich hatte damals die Brille auf und ich konnte das Kennzeichen zweifelsfrei ablesen. Ob ich außer dem Bremsgeräusch auch einen Kracher gehört habe, kann ich nicht sagen. Jedenfalls kann ich mich nur an ein abruptes Bremsen erinnern. Als ich bei der Polizei ausgesagt habe, war meine Erinnerung noch frischer und kann durchaus sein, dass ich mich damals noch an einen Kracher erinnert habe. In der Regel ist die S-gasse immer verparkt. Meine Wohnung und mein Büro befinden sich im Hochparterre. Ob ich das Kennzeichen über oder zwischen den Autos gesehen habe, weiß ich nicht mehr sicher. Ich habe es jedenfalls zweifelsfrei gesehen und ablesen können."

Der Lenker des beschädigten Fahrzeuges, Herr K, erstattete folgende Aussage:

?Das gegenständlich beschädigte Fahrzeug gehörte der Firma D-GmbH, das Fahrzeug war als Firmenfahrzeug mir damals überlassen. Es handelte sich um das auf dem mir vorgehaltenen Foto rote Fahrzeug der Marke Citroen. Gegen 17.00 Uhr habe ich mein in der S-gasse gelegenes Büro verlassen und mein Fahrzeug beschädigt vorgefunden. Auf dem Fahrzeug war auch ein Zettel und zwar der mir vorgelegte im Akt aufliegende Zettel des Architekturbüros ?Bai".

Schon ca. 1 Stunde vorher ist uns ein laut losfahrendes Schwerfahrzeug aufgefahren. Ich bin mit meinem Vater kurz auf die Straße gegangen und habe einen Betonmischer wegfahren sehen, der gerade Beton verloren hat. Der Beton ist direkt aus der Rutsche des Mischers herausgekommen. Die Betonspur habe ich fotografiert. Sie ist auf dem Foto mit dem roten Pfeil zu erkennen. Dass mein Auto beschädigt wurde, habe ich damals nicht gewusst und auch keinen Zusammenhang mit dem Betonmischer herstellen können. An eine Aufschrift am Betonmischer kann ich mich nicht erinnern. Ich habe in der Folge mehrfach (sicherlich 2 oder 3 Mal) mit der Firma des Betonmischers mit dem Kennzeichen, das auf dem Verständigungszettel stand, telefoniert. Ich habe bei diesen Gesprächen sicher von dem Betonmischer, den ich gesehen habe, erzählt, ob ich von einer Aufschrift etwas gesagt habe, weiß ich nicht. Was ein ?Re" ist, weiß ich sehr wohl. Mein Büro ist in der S-gasse im Erdgeschoß in Straßenhöhe. Der Betonmischer, den ich gesehen habe, war hell. Ich kann mich nur an hell erinnern. Anprallgeräusche oder Bremsgeräusche habe ich nicht gehört. Ich wurde erst durch das laute Anfahren eines Betonmischers aufmerksam. Der Betonmischer war selbst für einen Lkw besonders laut. Besonders laut war das Anfahrgeräusch des Lkw."

Frau M gab ? zeugenschaftlich befragt ? folgende Aussage zu Protokoll:

?Ich kann mich noch erinnern, von Herrn K wegen des gegenständlichen Unfalls mehrfach telefonisch kontaktiert worden zu sein. Da mich seine Anrufe schon störten, und er auch immer heftiger geworden ist, habe ich am Telefon den Lautsprecher eingeschaltet, sodass meine Mitarbeiterin Frau Z eines der Gespräche mithören konnte. In diesem hat Herr K davon gesprochen, eine große Aufschrift auf der Trommel des Betonmischers gesehen zu haben und gesagt, es sei auf keinen Fall ein ?Re" gewesen. Dies ist mir seltsam vorgekommen, zumal ich mich gefragt habe, woher er sich so gut auskennt um die Firma ?Re" zu kennen und habe ihn auch darauf

hingewiesen, dass der Mischer mit dem Kennzeichen MI-2 überhaupt keine Aufschrift auf der Trommel hat, sondern die Trommel neutral weiß gehalten ist. Die meisten Mischer haben eine Aufschrift auf der Trommel.

Den Mischer hat mein Mann nach dem Unfall besichtigt. Mein Mann hat keine neuere Beschädigung festgestellt. Er hat auch keine roten Lackspuren gesehen.

Wenn im Lieferschein 9 Kubikmeter Beton als Ladung aufscheinen, dann war es auch genau diese Menge, zumal unsere Abfüllanlage geeicht ist. Auf der Baustelle fallen sicher einige Kilogramm verlorenen Betons nicht auf, sehr wohl aber ein halber Kubikmeter, das entspricht ca. 1.200 kg Gewicht. Laut Mitteilung von der MA 48 wurde in der S-gasse bis zur Ra-gasse Schotter gekehrt, der angeblich aus einer meiner Lkw geronnen ist. Auf dem mir vorgelegten Foto kann ich nicht genau erkennen, ob es sich um verlorenen Schotter oder Beton handelt, es schaut aber viel eher nach Schotter als nach Beton aus. Der gegenständlich bestellte Fertigbeton hatte nämlich eine flüssige Konsistenz und würden nicht so viele lockere Steine herumliegen. Die Angaben des Berufungswerbers zur Bedienung des Betonmischers vor allem zur Möglichkeit des Verlustes von Beton sind richtig.

Am Ende einer Arbeitswoche bekomme ich von den Mitarbeitern u. a. die Tachoscheiben der von ihnen gelenkten Lkw. Im Groben kann man auf der Tachoscheibe sehen, welche Fahrstrecke ein Mitarbeiter genommen hat. So genau, dass man erkennen könnte durch welche Gassen und Straßenzüge die Fahrstrecke geführt hat, ist die Tachoscheibe nicht. Man kann aber erkennen, ob eine Autobahn benützt wurde und wie lange die Fahrt in etwa gedauert hat.

Es stimmt, dass der beladene Lkw etwa 32 Tonnen hat. Auch die Angaben des Bw zur Entladung und Reinigung des Lkw stimmen. Es handelt sich bei dem gegenständlichen Lkw um einen 4-Achser Mercedes, glaublich Baujahr 1998. Dieser hat jedenfalls schon einen zusätzlichen Außenspiegel (sog. Rampenspiegel), mit dem auch der unmittelbare rechte Vorderradbereich sowie der Stoßstangenbereich eingesehen werden können. Re steht auf keinem meiner Lkw. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Lkw beim Abbremsen Bremsgeräusche verursacht."

Frau Z sagte ? zeugenschaftlich befragt ? aus, sie könne sich noch an ein Telefongespräch erinnern, das ihre Chefin mit Herrn K wegen eines Verkehrsunfalls geführt habe und wo davon die Rede gewesen sei, dass eine großflächige Aufschrift irgendwo gestanden sein soll. Worum es in diesem Gespräch genau gegangen sei und ob auch von einem Re die Rede gewesen sei, wisse sie nicht mehr.

Der Amtssachverständige gab zu Protokoll, aufgrund des Aktes und der Fotos könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Schäden am beschädigten Citroen von einem vorbeifahrenden Betonmischer verursacht wurden. Zur Wahrnehmbarkeit des Verkehrsunfalls sei zu sagen, dass dieser aufgrund der Größe des LKW und des lauten Motorgeräusches haptisch und akustisch nicht zwingend wahrnehmbar war, jedoch optisch aufgrund der Außenspiegel es für den Lenker möglich gewesen wäre, den Abstand zu den geparkten Fahrzeugen genau zu beobachten und allfällige Beschädigungen wahrzunehmen. In den Außenspiegeln könne man einen allfälligen Schaden natürlich nur sehen, wenn man auch tatsächlich in den Außenspiegel blicke. An engen Straßenstellen werde man üblicher Weise als Lenker in den Außenspiegel sehen müssen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Maßgebliche Rechtsvorschriften:

Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben Lenker von Kraftfahrzeugen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofort anzuhalten. Gemäß § 4 Abs 5 StVO haben diese Personen, sofern bei dem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- und Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub von dem Unfall zu verständigen, sofern sie nicht einander ihre Identität nachgewiesen haben.

Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigung:

Aufgrund der in der Verhandlung verlesenen Aktenstücke und der in der Verhandlung unmittelbar aufgenommenen Beweise wird als erwiesen festgestellt, dass am 15.7.2003 um 16.15 Uhr in Wien, S-gasse, der Berufungswerber als Lenker des LKW (Betonmischer) mit dem Kennzeichen MI-2 insofern an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen ist, als er beim Durchfahren der S-gasse, bei der es sich um eine beidseitig verparkte Einbahn mit entsprechend geringer verbleibender Fahrbahnbreite handelt (siehe die im Versicherungsakt einliegenden Fotos), mit dem auf Höhe ONr 16 in abgestellten PKW der Marke Citroen mit dem Kennzeichen W-49 kollidiert ist, wobei erhebliche Schäden an der linken Seite des Pkw im Ausmaß von ca. 6.000,-- Euro (siehe die im Versicherungsakt einliegenden Reparaturrechnungen) entstanden sind. Am LKW sind bloß an den Radschraubenabdeckungen rote Farbspuren in geringem Umfang zu erkennen, ansonsten weist er keine auf den gegenständlichen Verkehrsunfall zurückzuführenden Schäden auf. Nach dem Unfall, hat der Berufungswerber kurz angehalten, ist aber dann, ohne auszusteigen davongefahren. Die Polizei hat der Berufungswerber von dem Unfall nicht verständigt. Der Unfall wurde von dem unbeteiligten Zeugen DI Ba von seinem geöffneten Bürofenster aus zunächst akustisch wahrgenommen. Dass der Berufungswerber kurz angehalten hat und dann, ohne auszusteigen davongefahren ist, konnte der Zeuge auch optisch wahrnehmen. Auch konnte vom Zeugen das Kennzeichen des vom Berufungswerber gelenkten LKW einwandfrei abgelesen werden. Die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers zur Tatzeit blieb im gesamten Verfahren unbestritten.

Diese Sachverhaltsfeststellungen stützen sich in erster Linie auf die

Zeugenaussage von Herrn DI Ba, der in der Verhandlung einen unvoreingenommenen, überaus glaubwürdigen und ausschließlich an der Wahrheitsfindung interessierten Eindruck hinterlassen hat. Zudem wirkte der Zeuge höchst kompetent, war sich seiner Angaben sicher, und kann vor diesem Hintergrund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass er sich beim Ablesen des Kennzeichens geirrt oder sonstige wesentliche Fakten falsch erfasst oder durcheinandergebracht haben könnte. Es ist des Weiteren kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, dass der Zeuge einen Grund für die wahrheitswidrige Belastung des Berufungswerbers gehabt haben könnte oder daraus einen Vorteil hätte erzielen können. Ganz im Gegenteil brachte die Bereitschaft des Zeugen, seine Beobachtungen wahrheitsgetreu zu schildern, für ihn große Belastungen mit sich, da seine Aussage vor der Polizei, vor dem Gericht und vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat von Nöten war.

Die Argumente des Berufungswerbers, wonach die S-gasse nicht auf der ihm vorgegebenen Fahrtroute lag, weshalb er diese auch nicht zur Tatzeit durchfahren habe, vermochten nicht zu überzeugen, ist doch die Baustelle, die der Berufungswerber mit Beton aus seinem Mischer beliefert hat, nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt und hätte der Berufungswerber, ohne einen nennenswerten Umweg zu machen, die Baustelle genauso gut über die S-gasse wie über die ihm vorgegebene Fahrtroute über die R-straße erreichen können.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien folgt daher der Sachverhaltsschilderung durch den unbeteiligten Zeugen DI Ba und nicht den diesen Angaben entgegenstehenden Ausführungen des Berufungswerbers, der in der Verhandlung einen viel weniger glaubwürdigen und ausschließlich an der Vermeidung persönlicher Nachteile im Falle seiner Bestrafung interessierten Eindruck hinterlassen hat.

Entgegen den Ausführungen im Berufungsschriftsatz fanden sich selbst den Angaben des Berufungswerbers zufolge im Zuge der gerichtlich veranlassten Begutachtung des vom Berufungswerber gelenkten LKW doch rote Farbspuren an den Radschraubenabdeckungen. Auch dies weist auf die ursächliche Beteiligung des Berufungswerbers am gegenständlichen Verkehrsunfall hin.

Die vom damaligen Lenker des geschädigten PKW, Herrn K, geschilderten Beobachtungen eines Betonmischers, der Beton oder Schotter verloren hat, am Tag des Unfalls in Höhe S-straße sind für den gegenständlich zu beurteilenden Vorfall von bloß untergeordneter Relevanz, beinhalten diese doch keine unmittelbaren Wahrnehmungen vom Unfallgeschehen. Es musste es sich bei dem von Herrn K beobachteten Betonmischer somit nicht zwingend um den unfallverursachenden LKW handeln, zumal Herr K auf diesen LKW nur durch sein lautes Motorgeräusch, nicht aber durch ein Brems- oder Unfallgeräusch aufmerksam geworden war. Auf die Frage, ob der Berufungswerber Schotter oder Beton geladen hatte, ob dieser von Herrn K beobachtete LKW eine Aufschrift auf der Trommel hatte bzw. ob er Teile seiner Ladung verloren hat oder nicht, brauchte daher nicht näher eingegangen werden.

Rechtliche Beurteilung:

Vor dem Hintergrund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes waren die Tatbilder des § 4 Abs 1 lit a sowie des § 4 Abs 5 StVO als verwirklicht anzusehen.

Dass der Berufungswerber nach dem von ihm verursachten Unfall zwar kurz angehalten hat, dann aber, ohne auszusteigen, weitergefahren ist, vermag ihn vom Vorwurf der Übertretung des § 4 Abs 1 lit a StVO nicht zu befreien, kann doch von einem ?Anhalten" im Sinne dieser Rechtsvorschrift nach der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur nur dann gesprochen werden, wenn der Lenker sich nach dem Anhalten auch vergewissert, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen (siehe VwGH vom 15.4.1971, Zl. 1305/70 sowie vom 2.7.1979, Zl. 1781/77). Dass der Berufungswerber dies gemacht hätte ergibt sich weder aus den Beobachtungen des Zeugen DI Ba noch wurde derartiges vom Berufungswerber vorgebracht.

Dadurch, dass der Berufungswerber in der Folge nicht die gemäß § 4 Abs 5 StVO rechtlich gebotenen Schritte gesetzt und die nächste Polizeidienststelle aufgesucht hat, um diese von dem gegenständlichen Verkehrsunfall mit Sachschaden, an welchem der Berufungswerber als Lenker eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge ursächlich beteiligt war, in Kenntnis zu setzen, obwohl es zu keinem gegenseitigen Identitätsnachweis zwischen den Unfallgegnern gekommen war, hat er zudem tatbildlich im Sinne des § 4 Abs 5 StVO gehandelt.

Dass der Berufungswerber nach den Ausführungen des Sachverständigen in der Verhandlung den von ihm verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden weder akustisch noch haptisch hätte wahrnehmen müssen, vermag ihn nicht zu entlasten, war doch der Berufungswerber ? wie auch der Sachverständige treffend festgestellt hat ? verpflichtet, an einer derart engen Straßenstelle nicht nur besonders langsam und sorgfältig zu fahren, sondern auch durch regelmäßigen Blick in die eigens dafür vorgesehenen Außenspiegel des LKW zu beobachten, ob es zu einem Anstreifen an ein in gefährlicher Nähe abgestelltes Fahrzeug kommt. Hätte er diese von einem LKW-Lenker zu verlangende Sorgfalt walten lassen, hätte ihm der von ihm verursachte Schaden jedenfalls auffallen müssen. Dass es dem Berufungswerber in der konkreten Situation aufgrund besonderer Umstände oder wegen anderer, in seiner Person gelegener Gründe nicht möglich gewesen wäre, die entsprechende Sorgfalt an den Tag zu legen, wurde nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Im Übrigen spricht der Umstand, dass der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug genau an der Unfallstelle kurz zum Stillstand gebracht hat, ganz deutlich dafür, dass er entgegen seinen Beteuerungen die Gefahrensituation bzw. sogar den Unfall sehr wohl bemerkt hat.

Zur subjektiven Tatseite ist somit festzustellen, dass vor dem Hintergrund des als erwiesen festgestellten Sachverhalts von zumindest grob fahrlässiger Tatbegehung ausgegangen werden musste.

Strafbemessung:

Der gesetzliche Strafrahmen für eine Übertretung des § 4 Abs 5 StVO, wie sie dem Berufungswerber unter Spruchpunkt 1) zur Last gelegt wurde, reicht gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO bis zu 726,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), jener für eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit a StVO reicht gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO von 36,-- Euro bis 2.180,-- Euro.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch die Verwaltungsübertretungen wurde das öffentliche Interesse an der mit der gesetzlich verankerten Anhalte- und Meldepflicht bei Verkehrsunfällen mit bloßem Sachschaden intendierten Ermöglichung einer raschen, exakten und reibungslosen Aufarbeitung solcher Unfälle erheblich beeinträchtigt. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen keineswegs gering.

Das in der Schuldform des Vorsatzes vorliegende Verschulden des Berufungswerbers war als schwerwiegend einzustufen, war doch der beim Unfall verursachte Schaden vergleichsweise groß, daher zumindest optisch leicht erkennbar und ist trotzdem die Verständigung der Polizei seitens des Berufungswerbers unterblieben.

Besondere Milderungsgrund sind nicht hervorgekommen. Der Vormerkungsauszug auf Blatt 21 des Aktes weist eine Reihe von rechtskräftigen Strafen wegen Übertretungen der Straßenverordnung und des Kraftfahrgesetzes aus. Die beiden daraus ersichtlichen einschlägigen Vormerkungen waren jedoch zum Tatzeitpunkt noch nicht rechtskräftig, sodass sie im gegenständlichen Verfahren nicht als Erschwerungsgrund herangezogen werden konnten. Die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers wurden seinen diesbezüglichen Angaben im Berufungsverfahren entsprechend als durchschnittlich eingestuft und bei der Strafbemessung berücksichtigt.

In Ansehung der dargelegten Strafbemessungskriterien erscheinen die ohnedies im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesetzte Strafe keineswegs überhöht, sondern im Gegenteil besonders milde bemessen, weswegen das angefochtene Straferkenntnis auch in der Straffrage zu bestätigen war. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Abänderungen gemäß § 52a VStG:

Erst nach Verkündung des Berufungsbescheides, nämlich anlässlich der Erstellung der schriftlichen Ausfertigung ist aufgefallen, dass in der Tatumschreibung im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses die dem Berufungswerber zur Last gelegten Tatbestände insofern unvollständig angelastet wurden, als darin nicht aufscheint, dass der Berufungswerber an dem gegenständlichen Verkehrsunfall ?ursächlich" beteiligt war. Dadurch wurde das Gesetz zum Nachteil des Berufungswerbers offenkundig verletzt, was eine Ergänzung des Tatvorwurfes nach Eintritt der Rechtskraft notwendig machte. Da dem Berufungswerber das Tatbestandselement, an dem

gegenständlichen Verkehrsunfall ursächlich beteiligt gewesen zu sein, schon im Zuge der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5.8.2003, somit noch innerhalb der mit sechs Monaten bemessenen Verfolgungsverjährungsfrist angelastet worden war, konnte der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde noch berichtigt werden. Es erwies sich somit - wie im Fall des fehlerhaften Zitates der Strafsanktionsnorm (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 8.9.1998, Zl. 98/03/0036) - als erforderlich, den Berufungsbescheid in Anwendung des § 52a Abs 1 VStG entsprechend zu korrigieren.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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