TE UVS Tirol 2005/09/09 2005/12/2040-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Hermann Riedler über die Berufung von Herrn S. F., vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft Dr. W. & Dr. K., Wien, vom 03.12.2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.11.2004, Zl LM-85-2004, wegen Übertretungen nach dem Lebensmittelgesetz 1975, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben es als gemäß § 9 VStG verantwortlich Beauftragter der Fa. J. A. Fleischwaren AG in der Filiale Nr XY in 6410 Telfs, zu verantworten, dass ? wie aufgrund einer am 10.05.2004 um 10.47 Uhr durch ein Organ der Lebensmittelaufsichtsbehörde für den Bezirk Imst durchgeführten Lebensmittelkontrolle in oben angeführter Filiale in 6410 Telfs, und anschließender Untersuchung der Probe durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Lebensmitteluntersuchung Innsbruck, U-Zahl 002919/2004, festgestellt wurde ? die vorliegende Probe mit der Bezeichnung ?FASCHIERFLEISCH? Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz 1975 idgF aufweist.

 

1. Die vorliegende Probe mit der Bezeichnung ?FASCHIERFLEISCH? weist dem Befund nach deutlich überhöhte Koloniezahlen (30 Grad C) auf. Ungeachtet des Umstandes, dass sich die nachteilige, nicht mehr entsprechende mikrobiologische Beschaffenheit in den organoleptischen Eigenschaften (noch) nicht bemerkbar macht, sind die spezifischen wertbestimmenden Eigenschaften der Probe erheblich vermindert.

 

Die Probe ist gemäß den Begriffsbestimmungen des § 8 lit g des Lebensmittelgesetzes BGBl Nr 86/1975 idgF als wertgemindert zu beurteilen und unterliegt dem Verbot des Inverkehrbringens nach § 7

(1) lit b.

 

2. Wie anhand beiliegender Etiketten belegt, wurde für die Herstellung des Faschierfleisches abgelaufene, ehemals original verpackte Ware verwendet. Fleisch, dessen Verbrauchsdatum überschritten ist, darf gemäß § 9 (3) Lebensmittelkennzeichnungsverordnung BGBl Nr 72/1993 idgF nicht (weiter) in Verkehr gebracht werden. Es liegt daher zusätzlich ein Verstoß gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung vor.

 

Als verantwortlich ist der Metzger anzusehen.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch zu Spruchpunkt 1. eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs 2 Z 1 Lebensmittelgesetz 1975 idgF iVm § 7 Abs 1 lit b und § 8 lit g lit c. und zu Spruchpunkt 2. eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs 3 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung BGBl Nr 72/1993 idgF iVm § 74 Abs 4 Z 1 Lebensmittelgesetz 1975 idgF begangen und wurde über ihn zu Spruchpunkt 1. gemäß § 74 Abs 2 Z 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 218,00 sowie zu Spruchpunkt 2. gemäß § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 145,00, Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 2 Tage, unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten sowie der gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 festgesetzten Kosten der Untersuchung in der Höhe von Euro 140,27 verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Berufung eingebracht und generell darauf hingewiesen, dass laut interner Firmenvorgaben Faschiertes ausschließlich aus frischem Fleisch hergestellt werden dürfe. Ware, die bis zum deklarierten Verbrauchsdatum nicht verkauft werden habe können, müsse außer Verkehr gesetzt und der Vernichtung zugeführt werden. Dabei werde die jeweilige Ware aus der Verpackung entnommen und in den vorhandenen Kübel für die Tierkörperverwertung geworfen. Das Verpackungsmaterial werde gesondert entsorgt. Wieso im gegenständlichen Fall eine Verbindung zwischen im Mistkübel gefundenen Etiketten und der beprobten Ware gezogen werden könne, sei an sich nicht erklärlich. Weder im Befund noch im Gutachten sei festgehalten, um welches Fleisch es sich dabei handle. Auch die gesamte Menge Faschierfleisch zum Zeitpunkt der Probenziehung sei nicht mit dem aktenkundigen Etikett in Einklang zu bringen. Dessen ungeachtet erscheine aber auch die verhängte Geldstrafe weder tatnoch schuldangemessen. Er glaube daher, dass ihm ein subjektives Fehlverhalten nicht zur Last gelegt werden könne, weshalb der Antrag gestellt werde, die Berufungsbehörde wolle das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu die verhängte Geldstrafe auf ein tat- und schuldangemessenes Ausmaß herabsetzen.

 

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

 

Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs 2 Z 1 Lebensmittelgesetz macht sich, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu Euro 7.300,00 zu bestrafen, wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, die unreif oder wertgemindert sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist oder wenn sie auch mit einer solchen Kennzeichnung nicht in Verkehr gebracht werden dürfen (§ 7 Abs 2) in Verkehr bringt.

 

Gemäß § 74 Abs 4 Z 1 Lebensmittelgesetz macht sich, wer unter anderem den Bestimmungen einer aufgrund des § 10 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist wie nach Abs 1 zu bestrafen.

 

Nach § 9 Abs 3 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 ? LMKV (diese Verordnung wurde unter anderem aufgrund des § 10 Abs 1 LMG 1975 erlassen) darf, wenn die Verbrauchsfrist abgelaufen ist, die Ware nicht mehr in Verkehr gebracht werden.

 

Gemäß § 1 Abs 2 LMG ist unter Inverkehrbringen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht.

 

Gemäß § 74 Abs 7 LMG ist die Verfolgung einer Person wegen einer der in den Abs 1 bis 5 angeführten Verwaltungsübertretungen unzulässig, wenn gegen sie binnen Jahresfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

 

Als Tatzeitpunkt wurde dem Beschuldigten im gegenständlichen Fall der Zeitpunkt der Probenziehung mit 10.05.2004, 10.47 Uhr, vorgeworfen. Die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist endete sohin am 10.05.2005.

 

Eine Verfolgungshandlung, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung verhindert, hat sich jedoch auf alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu beziehen.

 

Innerhalb der zitierten Verfolgungsverjährungsfrist wurde dem Beschuldigten nicht vorgeworfen, dass die gezogene Probe mit der Bezeichnung ?Faschierfleisch? in Verkehr gebracht wurde und worin das ?Inverkehrbringen? des Faschierfleisches bestanden haben sollte. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss im Spruch bei Verwaltungsübertretungen, wie sie dem Beschuldigten hier vorgehalten werden, mit erforderlicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werden, welche Tat - Handlung oder Unterlassung ? dem Beschuldigten als Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werden soll. Insbesondere muss sich aus dem Spruch des Straferkenntnisses auch erkennen lassen, worin das ?Inverkehrbringen? bestanden habe bzw durch welche Vorgangsweise dies geschehen sein soll (VwGH vom 18.10.1999, Zl 98/10/0004, 17.03.1997, Zl 223/10/0066, ua).

 

Aufgrund des Umstandes, dass der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sohin mangelhaft geblieben ist und eine Berichtigung aufgrund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung durch die Berufungsbehörde nicht mehr erfolgen konnte, war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
zitierten, Verfolgungshandlung, wurde, Beschuldigten, nicht, vorgeworfen, dass, gezogene, Probe, Bezeichnung ?Frischfleisch?, ?Inverkehrbringen?, Faschierfleisch, bestanden, haben, soll
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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