TE UVS Tirol 2006/01/09 2005/22/3431-1

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Veröffentlicht am 09.01.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn M. G., Schotterwerksbetreiber, vertreten durch Dr. A. H., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.11.2005, Zl 3.1-1487/03-A-13 gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und Spruchpunkt II. des oben zitierten Bescheides, der wie folgt lautet:

 

?Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Gewerbebehörde I. Instanz nach § 333 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) befristet die Genehmigung zum Betrieb des Schrappers bis zum 30.04.2006. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist dieser Anlagenteil aus dem Flußbett zu entfernen und außer Betrieb zu nehmen.? behoben.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.11.2005, Zl 3.1-1487/03-A-13, wurde unter Spruchpunkt I. eine Anzeige des Berufungswerbers betreffend diverse Änderungen an der bestehenden Betriebsanlage (Austausch des Schrappers, Einsatz einer angemieteten Prallmühle alternierend zu den übrigen maschinellen Einrichtungen) gemäß § 345 Abs 8 Z 6 iVm § 81 Abs 2 Z 9 GewO 1994 zur Kenntnis genommen.

 

Unter Spruchpunkt II. wurde die ?Genehmigung? zum Betrieb des Schrappers befristet und die Entfernung bzw. Außerbetriebnahme angeordnet.

 

Spruchpunkt II. lautet wie folgt:

 

?Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Gewerbebehörde I. Instanz nach § 333 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) befristet die Genehmigung zum Betrieb des Schrappers bis zum 30.04.2006. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist dieser Anlagenteil aus dem Flussbett zu entfernen und außer Betrieb zu nehmen.?

 

Gegen diesen Spruchpunkt erhob Herr M. G., v.d. Rechtsanwalt Dr A.

H., rechtzeitig Berufung und brachte darin vor wie folgt:

 

?Begründung:

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Gewerbebehörde I. Instanz die vom Berufungswerber am 10.09.2003 erstattete Anzeige über die Änderung seiner Betriebsanlage zur Kenntnis genommen.

 

Ferner hat die Erstbehörde die Genehmigung zum Betrieb des Schrappers bis zum 30.04.2006 befristet und ausgesprochen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt dieser Anlageteil aus dem Flussbett zu entfernen und außer betrieb zu nehmen ist.

 

Im Wesentlichen begründet die Erstbehörde diese Maßnahme damit, dass die natur- und wasserrechtliche Bewilligung für die Entnahme von Kies und Schotter aus der Isar widerrufen wurde, gleichzeitig eine letztmalige Entnahme bis 30.04.2006 bewilligt wurde. Die Befristung wurde damit begründet, dass ein Betrieb über diesen Zeitpunkt hinaus nicht möglich ist.

 

Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid basieren auf einem mangelhaft durchgeführten Verfahren und kommt die Erstbehörde auf Grund dieser mangelhaften Feststellungen auch zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

 

a) Gemäß § 37 AVG 1991 ist Zweck eines Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Es mangelt jedoch an jeglicher Begründung für die Feststellung hinsichtlich der im Spruch normierten Befristung der erteilten Bewilligungen bis zum 30.04.2006. Eine derart festgesetzte Befristung ohne nachvollziehbare und schlüssige Begründung ist willkürlich und ist daher auch der Bescheid mangelhaft verblieben. Bis auf die Feststellung, dass mit Bescheid vom 21.11.2005, ZI 2-WR 1.150/19-2004, die wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für die Entnahme von Kies und Schotter aus der Isar widerrufen wurde, ist keine weitere Feststellung bzw Begründung für die Befristung im angefochtenen Bescheid vorzufinden. Der Endtermin der Befristung 30.04.2006 entspricht daher nicht dem Sachlichkeitsgebot und fußt auf reiner Willkür der Erstbehörde.

 

b) Insbesondere verabsäumte es die Erstbehörde, trotz mehrfacher Anregung des Berufungswerbers ein diesbezügliches Sachverständigengutachten einzuholen, das das tatsächliche Schadenpotential der Betriebsanlage des Berufungswerbers betreffend die Brückenkonstruktion feststellen hätte können. Angesichts dieses Stoffsammlungsmangels ist das erstinstanzliche Verfahren ebenfalls mangelhaft verblieben.

 

c) Überdies verkennt die Erstbehörde in ihrer willkürlichen Fristsetzung, dass durch die Betriebsanlage des Berufungswerbers künftighin nicht einmal mehr eine abstrakte Gefährdungsmöglichkeit gegeben ist, zumal die vorhandene Kreidebrücke neu gebaut wird und die nunmehr vorhandenen Brückenwiderlager insbesondere unter Berücksichtigung der Betriebsanlage des Berufungswerbers, aber auch entsprechend dem heutigen bautechnischen Stand vom Ufer weiter entfernt als bisher neu errichtet werden, sodass diese auch einem extremen Hochwasser wie im Jahre 2005 mit Sicherheit standhalten können. Dieses Brückenprojekt ist von der Gemeinde S. bereits beschlossen und wird in absehbarer Zeit mit den diesbezüglichen Bauarbeiten begonnen werden. Die Fristsetzung zum 30.04.2006 als angeblichen Beginn der Hochwasserzeit 2006 ist daher nicht mehr nachvollziehbar und keineswegs rechtmäßig.

 

d) Insbesondere hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck im Jahre 1982 dem Berufungswerber Auflagen hinsichtlich des ordnungsgemäßen Hochwasserabflusses und zur Sicherung der Kreidebrücke erteilt. Diese Auflagen wurden vom Berufungswerber umgesetzt und ist daher seither auch mit keiner weiteren Gefährdung der Kreidebrücke bzw des gleichmäßigen Hochwasserabflusses zu rechnen. Es wurden auch keine weitern Auflagen diesbezüglich von Seiten der Behörde erteilt. Dass nunmehr angesichts der Neuerrichtung der Kreidebrücke mit versetzten Brückenwiderlagern eine derartige Gefährdung gegeben ist, dass der Betrieb des Berufungswerbers mit 30.04.2006 gänzlich eingestellt werden muss, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere fehlen Feststellungen der Erstbehörde hinsichtlich möglicher gelinderer Mittel in Form von Auflagen, wie sich bereits im Jahre 1982 von der Erstbehörde erteilt wurden. Aus diesem Grund ist das erstbehördliche Verfahren mangelhaft verblieben und wäre angesichts des wirtschaftlichen Bankrotts, der den Berufungswerber bei Umsetzung des erstbehördlichen Bescheides jedenfalls treffen wurde, eine Abhandlung von den allenfalls gelinderen Mitteln, die den Weiterbetrieb sichern könnten, jedenfalls unabdingbar gewesen.

 

e) Die Durchführung entsprechender Erhebungen und eine klare Feststellung des Sachverhaltes im Verfahren sind unabdingbare Voraussetzungen, um die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes anzuordnen oder ein bestehendes Recht zu entziehen. Die bloße Annahme von potentiellen Gefährdungen und die damit verbundene willkürliche Festsetzung einer Befristung reichen ohne konkrete Ermittlungsverfahren nicht aus, um einen so weit gehenden Eingriff in ein bestehendes recht zu rechtfertigen.

 

f) Die Erstbehörde als Gewerbebehörde hätte sich  tatsächlich mit den Gründen für eine von ihr ausgesprochene Befristung für den Betrieb des Schrappers auseinanderzusetzen gehabt. Die Begründung, dass ?ein Betrieb über diesen Zeitpunkt hinaus nicht möglich ist? (Bescheid Seite 8) stellt lediglich eine Scheinbegründung das und ist das Verfahren somit mangelhaft. Im vorliegenden Fall wurde den Anforderungen an ein ordentliches Ermittlungsverfahren nicht entsprochen. Es ist nämlich erforderlich, dass die notwendigen Feststellungen, auf die sich die Entscheidung stützt, zunächst im Verfahren getroffen werden und dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden muss, hiezu eine Stellungnahme abzugeben. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht passiert; die Feststellungen, insbesondere hinsichtlich der Befristung, entbehren jeglicher Begründung und sind auch auf Grund des Akteninhaltes nicht nachvollziehbar.

 

g) Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergibt sich im Übrigen daraus, dass die Erstbehörde als Gewerbebehörde sich ausschließlich auf die einschlägigen Bestimmungen der GewO beziehen muss und nicht den Spruch auf Belange aus dem Naturschutz oder Wasserrecht stützen darf. Der angefochtene Bescheid lässt jedoch nicht erkennen, auf welche gewerberechtliche Bestimmung sich die ausgesprochene Befristung stützt. Die Befristung ist daher aus gewerbebehördlicher Sicht zu Unrecht ausgesprochen worden.

 

Der angefochtene Bescheid ist daher mangels einer ausreichenden Rechtsgrundlage rechtswidrig und somit im Umfang der Anfechtung zu beheben oder zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 67h Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 AVG der § 66 AVG mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 AVG in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt.

 

Der Berufungswerber hat ?lediglich? gegen Spruchpunkt II. des gegenständlichen Bescheides fristgerecht Berufung erhoben, die übrigen Spruchpunkte sind daher in Rechtskraft erwachsen und unterliegen nicht mehr der Kontrolle und allfälligen Änderung durch die Rechtsmittelbehörde.

 

Wenn es nach § 81 Abs 1 GewO 1994 zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

Eine Genehmigungspflicht nach § 81 Abs 1 GewO 1994  ist nach Abs 2 Z 9 legcit  dann nicht gegeben, wenn es sich um Änderungen handelt, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen. Nach Abs 3 legcit sind Änderungen gemäß Abs 2 Z 9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.

 

Wenn gemäß § 345 Abs 8 Z 6 GewO 1994  die jeweils geforderten Voraussetzungen gegeben sind, hat die Behörde die Anzeigen gemäß § 81 Abs 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides.

 

Werden nach § 345 Abs 9 GewO 1994 durch dieses Bundesgesetz vorgeschriebene Anzeigen erstattet, obwohl hiefür die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, so hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist - unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff - dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen. Bescheide über Anzeigen gemäß § 81 Abs 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige zu erlassen. Für die der Anzeige anzuschließenden Belege gilt § 339 Abs 4 bzw § 353.

 

Dem Anzeigeverfahren nach § 345 GewO 1994 (wie im übrigen auch dem Genehmigungsverfahren nach §§ 74 ff GewO 1994) ist eine Befristung fremd. Die Behörde I. Instanz hat mit der Befristung der ?Genehmigung? zum Betrieb des Schrappers daher eine Entscheidung getroffen, für die keine gesetzliche Grundlage vorliegt.

 

Die Behörde I. Instanz ist in diesem Spruchpunkt offenkundig auch von einer Befugnis ausgegangen, im Rahmen eines Anzeigeverfahrens nach § 345 GewO 1994  einen behördlichen Entfernungauftrag bzw. einen Stilllegungsbescheid erlassen zu können. Der Begründung des Bescheides (im Spruch ist keine gesetzliche Bestimmung hiefür angeführt) ist dazu zu entnehmen, dass diese Verfügung  allein aus naturschutz- und wasserrechtlichen Erwägungen erfolgte. Diesbezüglich hat die Behörde I. Instanz völlig außer Acht gelassen, dass einerseits in einem Anzeigeverfahren kein Platz für einen Entfernungauftrag bzw einen Stilllegungsbescheid in Bezug auf den konsentierten Schrapper ist (hier wäre allenfalls an ein Verfahren nach § 360 GewO 1994 zu denken, wobei die dortigen Grenzen und der diesbezügliche Interessensschutz zu beachten wären) und andererseits die in der Begründung angeführten Erwägungen jedenfalls ins Leere gehen, zumal nach dem auch im Anlagenrecht vorherrschenden Kumulationsprinzip in gewerbebehördlichen Verfahren für eine Genehmigung bzw. eine Maßnahme nach § 360 allein die Kriterien der GewO 1994 ausschlaggebend sind und daher allfällige Versagungen bzw Vorschreibungen in anderen Verfahren (zB naturschutzrechtliche bzw wasserrechtliche Verfahren) für das gewerbebehördliche Verfahren ohne Relevanz sind. Es ist daher jedenfalls rechtswidrig, eine behördliche Maßnahme nach der GewO 1994 allein auf naturschutz- und wasserrechtliche Aspekte zu stützen.

 

Aus all diesen Erwägungen war daher Spruchpunkt II. des gegenständlichen Bescheides zu beheben.

Schlagworte
Anzeigeverfahren, ist, eine, Befristung, fremd, Behörde, hat, der, Befristung, ?Genehmigung?, zum Betrieb, Schrappers, daher, eine, Entscheidung, getroffen, die, keine, gesetzliche, Grundlage, vorliegt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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