TE UVS Tirol 2006/03/03 2006/11/0009-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung der Frau I. H. (1.) und des Herrn F. H. (2.), beide XY, N., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.11.2005, Zahl 3.1-1151/01-A-29, betreffend die Erteilung der gewerbebehördlichen Ge-nehmigung für die Änderung der Betriebsanlage Hotel ?L. B.? in A., A. L., gemäß § 66 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zurückverwiesen.

Text

Mit Eingabe vom 29.04.2005 haben I. und F. H., N., XY, unter gleichzeitiger Vorlage von Planunterlagen die Erteilung der gewerbebehördlichen Änderungsgenehmigung für verschiedene Zu- und Umbaumaßnahmen beim bestehenden Hotel ?L. B.? in A. Nr 8 beantragt.

Unter anderem sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

Änderung der Anlieferung auf der Südseite in ein gastronomisches ?Almstüberl?. Dabei wird die doppelflügige Türe auf der Westseite der ehemaligen Anlieferung abgebrochen und gegen eine einflügelige Türe getauscht.

Die genehmigte Verbindungstreppe in das Obergeschoss des Bestandshauses wurde nicht als 4-läufige Treppe sondern als einläufige Treppe ausgeführt.

Im Einzelnen wird auf das Änderungsansuchen sowie den vorgelegten Plan verwiesen.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.11.2005, Zahl 3.1-1151/01-A-29, wurde gemäß §§ 81 Abs 1 und 74 Abs 2 GewO 1994 die Genehmigung für die Änderung der im Befund beschriebenen und in dem mit Genehmigungsvermerk zum Bescheid versehenen Plan dargestellten Änderungen unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt. Unter Punkt I. A) wurden folgende (?arbeitnehmerschutzrechtlichen?) Auflagen vorgeschrieben:

1. Die Fluchtwegorientierungsbeleuchtung ist im Verlauf sämtlicher Fluchtwege bis zu den Endausgängen gem. TRVB 102 zu ergänzen und auszuführen.

2. Die Verbindungstüre vom 1. Obergeschoss zum Erdgeschoss (Verbindungsstiege) ist brandschutztechnisch (T 30) abzuschließen.

3. Im Almstüberl ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern auf Grund der fehlenden natürlichen Belichtung erst ab 18.00 Uhr erlaubt.

4. Für die Bodenbeläge auf den Stiegen und Gängen in den Fluchtwegen ist der Nachweis zu erbringen, dass diese den Qualitätsklassen B1 (schwer brennbar) und Q 1 (schwach qualmend) entsprechen.

5. Hinsichtlich der zwei Fluchttüren im Erdgeschoss ist hinsichtlich der Verglasung nachzuweisen, dass es sich um Sicherheitsglas (ESG) handelt, bzw sind die durchsichtigen Teile gegen Eindrücken so zu sichern, dass bei Zerrsplittern dieser Flächen keine Gefahr besteht.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin sinngemäß ausgeführt, dass sie durch die Vorschreibungen aus der Sicht des Arbeitnehmerschutzes bei der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit schweren Einschränkungen unterliegen würden.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 359a GewO 1994 können Entscheidungen in I. Instanz in Verfahren betreffend Betriebsanlagen unmittelbar beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden.

 

Gemäß § 67h Abs 1 AVG gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.

Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt. Der erstinstanzliche Bescheid nimmt Bezug auf eine Betriebsanlage. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (zu einer Sachentscheidung) ist somit grundsätzlich gegeben.

 

Weiters ist nachfolgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004, zu berücksichtigen:

 

?§ 66

?

(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

?

(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?

 

Schließlich sind im gegenständlichen Fall noch folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194 idF BGBl I Nr 15/2006, als maßgebend anzusehen:

 

?§ 74

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

?

 

§ 77

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen.

?

 

§ 81

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

?

 

§ 359b

(1) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs 2 angeführt sind oder  die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu  werden, oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht  übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden,

so hat die Behörde das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und daß die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder in der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 sowie der gemäß § 77 Abs 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§ 353) zu erlassen. § 356b gilt sinngemäß. Nachbarn (§ 75 Abs 2) haben keine Parteistellung. In der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

?

(8) Nach § 81 genehmigungspflichtige Änderungen einer Betriebsanlage sind dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs 1 zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung die im Abs 1 Z 1 oder 2, Abs 4, 5 oder 6 oder in einer Verordnung gemäß Abs 2 oder 3 festgelegten Voraussetzungen erfüllt.?

 

Ebenfalls beachtlich sind nachfolgende Bestimmungen der Verordnung über vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungen, BGBl Nr 850/1994, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl II Nr 19/1999:

 

?§ 1

Folgende Arten von Betriebsanlagen sind dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994 zu unterziehen:

1. Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs 1 Z 2 bis 4 GewO 1994, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste);

2. Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs 1 Z 1 GewO 1994, in denen nicht mehr als 100 Fremdenbetten bereitgestellt werden;

3. Betriebsanlagen, die sowohl unter 2 1 als auch unter Z 2 fallen;

??

 

Zu berücksichtigen sind schlussendlich auch noch nachfolgende Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung ? ASTV, BGBl Nr 450/1994, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 47/1997:

 

?§ 25

(1) Als Arbeitsräume dürfen nur Räume verwendet werden, die möglichst gleichmäßig natürlich belichtet sind. Sie müssen Lichteintrittsflächen aufweisen, die

1. in Summe mindestens 10 Prozent der Bodenfläche des Raumes betragen und

2. direkt ins Freie führen.

(2) Von Abs 1 abweichende Räume dürfen in folgenden Fällen als Arbeitsräume verwendet werden:

1. Räume, deren Nutzungsart der Eintritt von Tageslicht entgegensteht;

2. Räume, die ausschließlich zwischen 18.00 und 6.00 Uhr als Arbeitsräume genutzt werden;

3. Räume in Untergeschossen, sofern es sich handelt um

a)

Tiefgaragen oder ähnliche Einrichtungen,

b)

kulturelle Einrichtungen,

c)

Verkaufsstellen in dicht verbauten Ortskernen oder

d)

Gastgewerbebetriebe (Kellerlokale).

??

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wurde den Berufungswerbern die Genehmigung für die beantragte Änderung der Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 erteilt. Dabei wurden unter Punkt A) unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmerschutzes verschiedene, vom Arbeitsinspektor vorgeschlagene Auflagen vorgeschrieben. Gegen diese Auflagenvorschreibungen richtet sich die vorliegende Berufung.

 

Nachdem Betriebsanlagen nur genehmigt werden dürfen, wenn sie den Arbeitnehmerschutzvorschriften entsprechen und zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden geeigneten Bedingungen und Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vermieden werden, wurde seitens der Erstinstanz zur Verhandlung am 01.06.2005 auch das Arbeitsinspektorat geladen. Bei dieser Verhandlung hat der Arbeitsinspektor verschiedene Auflagen vorgeschlagen, die letztlich in den nunmehr angefochtenen Bescheid übernommen wurden. Warum es zur Vorschreibung der Auflage I. 3) gekommen ist bzw. warum die Ausnahmebestimmung des § 25 Abs.2 Arbeitsstättenverordnung nicht zur Anwendung gelangt, ist der Verhandlungsschrift bzw den sonstigen Aktenunterlagen nicht zu entnehmen. In diesem Zusammenhang liegen daher keine ausreichenden Ermittlungsergebnisse vor. Somit ist schon aus diesem Grund eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens geboten. Dies erfordert nach Ansicht der Berufungsbehörde die nochmalige Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil unter anderem zur Frage der tatsächlichen Notwendigkeit der Vorschreibung dieser Auflage die gleichzeitige Anwesenheit von Arbeitsinspektor und Konsenswerber erforderlich ist. Folgerichtig war daher der Berufung bereits aus diesem Grund Folge zu geben, der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zurückzuverweisen.

 

Das durchgeführte Verfahren erweist sich nach Ansicht der Berufungsbehörde aber auch aus einem weiteren Grund als mangelhaft. Vorerst hat die Erstinstanz das gegenständliche Projekt gemäß der Vorschrift des § 359b Abs 1 GewO 1994 durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern entsprechend bekannt gegeben. In weiterer Folge wurde eine Augenscheinsverhandlung durchgeführt. Nach Abschluss des Verfahrens ist sodann keine Feststellung im Sinne des § 359b Abs 1 GewO 1994 erfolgt; vielmehr wurde ein Genehmigungsbescheid nach § 81 leg cit erlassen. Dieser Bescheid wurde den Inhabern der Betriebsanlage sowie dem Arbeitsinspektorat (als Parteien des Verfahrens) zugestellt. Eine Zustellung des Bescheides an die Nachbarn ist nicht erfolgt. Eine vorangegangene Verhandlungsanberaumung im Sinne des § 356 Abs 1 GewO 1994 ist ebenfalls unterblieben.

Im fortzusetzenden Verfahren wird daher vorerst abzuklären sein, ob ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren oder das reguläre Genehmigungsverfahren nach § 356 Abs 1 iVm § 81 GewO 1994 durchzuführen ist. Insbesondere zur Frage, ob auf Grund des antragsgegenständlichen Vorhabens ein hinreichender Schutz der gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen gegeben ist, liegen keine Ermittlungsergebnisse vor. Sollte ein reguläres Genehmigungsverfahren erforderlich sein, ist ebenfalls die nochmalige Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig, um den Parteienkreis ? im Hinblick auf die Nachbarn ? einer entsprechenden Abklärung zuzuführen.

 

Das Ermittlungsverfahren erweist sich nach Ansicht der Berufungsbehörde aber auch darüber hinaus als ergänzungsbedürftig. Gegenstand eines Verfahrens betreffend die Änderung einer Betriebsanlage hat grundsätzlich nur die Änderung der konsentierten Betriebsanlage, nicht jedoch die geänderte Betriebsanlage insgesamt zu sein (vgl VwGH 10.02.1998, Zl 97/04/0165 ua). Nur insofern, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist, hat die Genehmigung auch die bereits genehmigte Anlage zu umfassen. Diesfalls können im Zusammenhang mit der Genehmigung der Änderung Auflagen bzw im vereinfachten Verfahren Aufträge zum Schutz der Interessen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO 1994 auch für die betreffenden, bereits konsentierten Anlagenteile vorgeschrieben bzw erteilt werden. Andernfalls ist insbesondere nach § 79 Abs 1 GewO 1994 zu prüfen, ob hinsichtlich der bereits genehmigten Anlagenteile die dort normierten Voraussetzungen für die Vorschreibung weiterer Auflagen vorliegen oder nicht. Dabei ist ua auch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen, wobei allerdings der Vollständigkeit halber auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen wird, wonach dann, wenn Zweck der Auflage der Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung ist, der mit der Erfüllung der nachträglichen Auflagen verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis sein kann und sich daher eine weitere Prüfung der Verhältnismäßigkeit erübrigt (vgl VwGH 12.12.1989, Zl 89/04/0140 ua).

Betrachtet man nun das Einreichprojekt und die Formulierung der im Spruchpunkt I. A) des angefochtenen Bescheides vorgesehenen Auflagen, so ist der Schluss zu ziehen, dass einzelne dieser Auflagen wohl auch den Altbestand betreffen (vgl insbesondere Auflage 1, 4 und 5). Aufgrund des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens ist für die Berufungsbehörde nun nicht eindeutig und abschließend beurteilbar, ob die erwähnten Auflagen tatsächlich erforderlich sind, um aus der beantragten Änderung der Betriebsanlage resultierende, zusätzliche Auswirkungen bereits konsentierter Anlagenteile auf die Schutzinteressen des § 74 Abs 2 GewO 1994 bzw auf Arbeitnehmerschutzinteressen hintanzuhalten, oder ob diese Auflagen ohne Konnex zum verfahrensgegenständlichen Vorhaben vorgeschrieben wurden, um für die genehmigten Anlagenteile nachträglich einen hinreichenden Interessenschutz sicherzustellen. Eine derartige Klarstellung ist aber schon deshalb notwendig, weil ? wie erwähnt ? die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs 1 GewO 1994 vom Gesetzgeber an besondere Voraussetzungen geknüpft wird.

Aus den vorstehenden Erwägungen ist daher nach Ansicht der Berufungsbehörde ebenfalls die nochmalige Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen notwendig. Es wird im fortgesetzten Verfahren insbesondere zu klären sein, ob im gegenständlichen Änderungsverfahren für bereits konsentierte Anlagenteile Aufträge bzw Auflagen erteilt werden können oder aber die Vorschreibung weiterer Auflagen zur Gewährleistung eines hinreichenden Schutzes der durch die Gewerbebehörde wahrzunehmenden Interessen nach § 79 Abs 1 GewO 1994 zu erfolgen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gebührenrechtlicher Hinweis:

Für die Vergebührung der Berufung ist eine Gebühr von Euro 13,00 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck einzuzahlen.

Schlagworte
Dies, erfordert, nach, Ansicht, der, Berufungsbehörde, die, nochmalige, Durchführung, einer, mündlichen, Verhandlung, weit, unter, anderem, zur, Frage, der, tatsächlichen, Notwendigkeit, der, Vorschreibung, dieser, Auflage, die, gleichzeitige, Anwesenheit, von, Arbeitsinspektor, Konsenswerber, erforderlich, ist
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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