TE UVS Tirol 2006/03/20 2006/14/0649-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Klaus Dollenz über die Berufung des H. H., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K. und Dr. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.01.2006, Zl VK-38261-2005, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm mit §§ 24 und 51e VStG wird die Berufung zu Punkt 1. als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungsweber als weitere Kosten, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 12,00 zu bezahlen.

 

Der Berufung hinsichtlich der Punkte 2. und 3. wird insoferne Folge gegeben, als von einer Übertretung ausgegangen und dafür gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von Euro 60,00 (Ersatzarrest 24 Stunden) verhängt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber

Nachstehendes vorgeworfen:

 

?Tatzeit: 28.02.2005, 20.10 Uhr

Tatort: Pfunds, auf der Reschenbundesstraße, B-180 bei km 27,100 in Fahrtrichtung Landeck

Fahrzeug: Pkw, XY

 

Der Beschuldigte, H. H., geb XY, wohnhaft in D-M., XY-Straße 7, hat

1. ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht einwandfrei erkennbar war, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Durch das Überholmanöver wurde der Lenker des entgegenkommenden Pkws gezwungen sein Fahrzeug stark abzubremsen und nach rechts auszulenken.

2. vor einer unübersichtlichen Stelle (Fahrbahnkuppe) ein mehrspuriges Fahrzeug überholt.

3. vor einer unübersichtlichen Straßenstelle (unübersichtliche Rechtskurve) ein mehrspuriges Fahrzeug überholt.

 

Der Beschuldigte habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

1.

§ 16 Abs 1 lit c StVO

2.

§ 16 Abs 2 lit b StVO

3.

§ 16 Abs 2 lit b StVO?

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden jeweils gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO Geldstrafen von Euro 60,00 (Ersatzarrest 24 Stunden) verhängt.

 

Ferner wurde der Berufungswerber zum Kostenersatz des Strafverfahrens verpflichtet.

 

Das Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zu Handen seines Vertreters am 10.01.2006 zugestellt.

 

Innerhalb offener Frist wurde nachstehende Berufung erhoben.

 

?Bekämpft wird der Schuldausspruch der belangten Behörde betreffend alle drei Spruchpunkte, während die Strafbemessung in allen Fällen unbekämpft bleibt, für den Fall, dass die belangte Behörde die Vorwürfe zu Recht erhoben haben sollte.

 

Hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses erfolgt die Bekämpfung allerdings vorsorgehalber, aus den unten unter II) 1) angeführten Gründen, wobei die Rechtsanwälte dafür im Rahmen des Berufungsverfahrens Vollmacht haben.

 

Die folgende Tabelle dient zur besseren Übersichtlichkeit:

 

Straferkenntnis 9.1.2006, Spruchpunkt ?, Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.6.2005, Punkt ?, Strafverfügung vom 23.3.2005, Spruchpunkt 1. ist gleich, 1. (neu) ist gleich, -

2.

ist gleich, 2. ist gleich, 2.

3.

ist gleich, 4 (neu), -

 

Sachverhaltsdarstellung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis warf die belangte Behörde dem Beschuldigten vor, dreifach auf die im angefochtenen Straferkenntnis (Seite 1)

dargelegte Art und Weise gegen Überholverbote des § 16 StVO verstoßen zu haben.

 

Über den Beschuldigten wurden deshalb die im angefochtenen Straferkenntnis (Seite 1, unten) ausgewiesenen Geldstrafen von 3 mal je Euro 60,00 verhängt, ohne dass - im Hinblick auf die unbekämpft gebliebene Strafbemessung - eine Geldstrafe besonders hervorgehoben sei.

 

In ihrer Begründung stützte die belangte Behörde ihre Sprüche auf die Verwaltungsanzeige, die Angaben des Meldungslegers anlässlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am 7.6.2005 und den Übersichtsfotos. Warum die belangte Behörde den im Einspruch vom 13.4.2005 gestellten und ausführlich begründeten Beweisanträgen, die in der Rechtfertigung vom 22.6.2005 wiederholt wurden, nicht näher trat, begründete die belangte Behörde nicht.

 

II. Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

1) Spruchpunkte 1 (gefährliches Überholen) und 3 (Überholen vor unübersichtlicher Rechtskurve) - Zustellmängel:

 

Durch das angefochtene Straferkenntnis erachtet sich der Beschuldigte in diesem Umfang (1 und 3) in seinem Recht verletzt, dass behördliche Zustellungen entweder ihm selbst gegenüber oder nur bevollmächtigten Vertretern gegenüber zugestellt werden. Diesbezüglich moniert der Beschuldigte insbesondere eine Verletzung des § 10 Abs 1 AVG.

 

Es wiesen nämlich die Rechtsbeistände des Beschuldigten bereits in ihrer Rechtfertigung vom 22.6.2005 einleitend darauf hin, dass ihnen der Beschuldigte diesbezüglich (1 und 3) keine Vollmacht erteilt hatte.

 

Erklärend sei dem unter Verweis auf obige Tabelle beigefügt, dass Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses Spruchpunkt 1 der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.6.2005 ist, während dieser Spruchpunkt in der ursprünglichen Strafverfügung vom 23.3.2005 dem Beschuldigten nicht angelastet wurde; Spruchpunkt 3 des Straferkenntnisses ist ident mit dem Vorwurf 4 der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.6.2005, der ebenfalls nicht Gegenstand der beeinspruchten Strafverfügung war.

 

Auch zum Zeitpunkt, als den Rechtsbeiständen des Beschuldigten das nun angefochtene Straferkenntnis vom 9.1.2006 zugestellt wurde, waren Sie in dieser Hinsicht nicht bevollmächtigt, ihn zu vertreten oder auch nur Zustellungen entgegen zu nehmen.

 

Deshalb vertreten die Rechtsbeistände des Beschuldigten die Rechtsansicht, dass das angefochtene Straferkenntnis in dieser Hinsicht (l und 3) bisher nicht wirksam zugestellt wurde und deshalb auch keine Rechtswirkungen entfalten kann, weshalb auch eine Berufung in dieser Hinsicht wohl zurückzuweisen wäre. Die Berufungsinstanz wolle sich hier klarstellend äußern.

 

2) Vorsorgliche Bekämpfung der Spruchpunkte 1und 3, Bekämpfung von Punkt 2:

Klarstellend sei dem beigefügt, dass die oben zum Gegenstand der Berufung gemachte Anfechtung des Straferkenntnisses hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 3 rein vorsorgehalber erfolgt, um zu verhindern, dass das Straferkenntnis mangels einer Anfechtung in dieser Hinsicht rechtskräftig werden kann, so man den von dem Berufungswerber unter Punkt 1.1. eingenommenen Rechtsstandpunkt nicht beitritt.

 

Vorsorglich wird in diesem Falle behauptet, dass die belangte Behörde den Beschuldigten mit dem angefochtenen Straferkenntnis in seinem Recht verletzt hat, nicht wegen Verletzung der im Straferkenntnis zu den Spruchpunkten 1 und 3 ausgewiesenen Rechtsvorschriften bestraft zu werden.

 

Spruchpunkte 2 und 3: Erstmalig anlässlich einer Einsicht in den Behördenakt am 24.1.2006 vermochten sich die Rechtsbeistände des Beschuldigten Kenntnis von den Übersichtsfotos und dem Inhalt der Zeugenvernehmung, wie sie in der Begründung des Straferkenntnisses vom 9.1.2006 angeführt sind, machen. Insbesondere aus den Lichtbildern erhellt, dass die Fahrbahnkuppe der Rechtskurve - in Fahrtrichtung des Beschuldigten gesehen - räumlich nachfolgt und jedenfalls zwischen dem Beginn der Fahrbahnkuppe und dem Beginn der Rechtskurve geschätzte 150 bis 300 m liegen. Ungeachtet dessen wurde dem Beschuldigten als Tatort in jeder Hinsicht ein und derselbe Straßenkilometer angelastet. Das ist erstens nicht korrekt und zweitens entscheidungswesentlich, weil gerade dieser Streckenabschnitt kurven- und kuppenreich ist, weshalb die belangte Behörde dazu verhalten gewesen wäre, den Tatort straßenkilometerbezogen mit unterschiedlichen Kilometerangaben festzustellen. Indem sie das unterließ, verletzte sie den Beschuldigten im Recht, dass gemäß § 44a VStG der Spruch eines nicht auf Einstellung lautenden Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat mit all ihren wesentlichen Tatbestandsmerkmalen enthält.

 

Zu Spruchpunkt 2 wird noch eigens geltend gemacht, dass § 16 Abs 2 lit b StVO im Zusammenhang mit (unübersichtlichen) Fahrbahnkuppen ausschließlich das Überholen davor mit Strafe bedroht, während sich aus den Lichtbildern im Akt die Möglichkeit ergibt, dass der Beschuldigte zu überholen begann, als er bereits auf der Fahrbahnkuppe war, wenn auch noch zu Beginn dieser.

 

Dieser gerade genannte Umstand führt im übrigen auch zur Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und zur Ergänzungsbedürftigkeit des Straferkenntnisses, weil im bisherigen Ermittlungsverfahren Beweiserkenntnisse und im angefochtenen Straferkenntnis Feststellungen dazu, ob / dass der Beschuldigte erst überholte, als er bereits auf einer Fahrbahnkuppe war (und nicht davor), fehlen (siehe unten, III).

 

Zu Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses wird betont, dass § 16 Abs 2 lit b StVO im Zusammenhang mit unübersichtlichen Kurven sowohl das Überholen vor solchen als auch das Überholen in solchen unter Strafe stellt, also dahingehend zwei Straftatbestände aufstellt. Die belangte Behörde lastete dem Beschuldigten im angefochtenen Straferkenntnis an, vor einer unübersichtlichen Rechtskurve überholt zu haben. Gerade aus den Lichtbildern lässt sich allerdings der Schluss ableiten, dass der Beschuldigte erst überholte, als er bereits die Rechtskurve durchfuhr, also nicht vor Beginn der Rechtskurve. Weil seit der Tat (28.2.2005) in der Zwischenzeit mehr als sechs Monate vergangen sind, ist es nach hier vertretener Ansicht der Berufungsbehörde auch verwehrt, in dieser Hinsicht den Tatvorwurf auszutauschen, weshalb wohl mit einer Behebung des Straferkenntnisses vorgegangen werden muss - noch einmal betont unter der Voraussetzung, dass das angefochtene Straferkenntnis den Rechtsbeiständen des Beschuldigten auch in dieser Hinsicht mit Wirkung für den Beschuldigten wirksam zugestellt wurde.

 

Spruchpunkte 2 und 3: Eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit der Behauptung, dass die belangte Behörde gegen das Doppelbestrafungsverbot verstieß, erblicken die Rechtsbeistände des Beschuldigten auch in der gleichzeitigen Anlastung der in den Spruchpunkten 2 und 3 genannten Tatbestände. Rechtskurve und Fahrbahnkuppe befuhr der Beschuldigte (im Zweifel) im Zuge eines einzigen Überholvorganges, den die belangte Behörde ihm auch noch an ein und derselben Stelle (nämlich bei Straßenkilometer 27,100) anlastete, wodurch der Beschuldigte nach Auffassung der belangten Behörde bei ein und demselben Überholvorgang an ein und derselben Stelle zweimal gegen die Norm des § 16 Abs 2 lit b) StVO verstoßen habe.

 

III) Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

1) Zu Spruchpunkt 2 (Überholen vor einer Fahrbahnkuppe):

Als einziger Punkt des angefochtenen Straferkenntnisses war dieser Punkt bereits Gegenstand der vom Beschuldigten beeinspruchten Strafverfügung.

 

Bereits im Einspruch vom 13.4.2005 stellten die Rechtsbeistände des Beschuldigten ausführlich begründete Beweisanträge, die im folgenden Umfange aufrecht erhalten werden:

 

Zu den Fragen (siehe das diesbezügliche Vorbringen oben unter II)

1.1.  wo der Beginn und das Ende des Überholens war, kilometrierungsmäßig angegeben

1.2. und wo im Verlauf der Überholstrecke und wie weit entfernt vom Beginn und vom Ende des Überholmanövers

die Rechtskurve einerseits

und die Fahrbahnkuppe andererseits liegen (zur besseren Illustration ist eine Skizze ratsam),

1.3. sowie zur Überholdauer

1.4. und zur Länge der Überholstrecke.

 

Dazu werden folgende

Beweisanträge

erneuert und ausdrücklich aufrecht erhalten:

Einholung einer schriftlichen Stellungnahme der Polizei oder der zuständigen Straßenmeisterei, unter Beifügung einer Skizze, in der die maßgebenden Stellen und der wesentliche Verlauf der Überholstrecke eingezeichnet sind, straßenkilometrierungsbezogen, oder unter Beifügung einer Mappendarstellung über den Verlauf der Straße im Tatortbereich aus dem Luftbildatlas von TIRIS, wieder mit Einzeichnung der maßgeblichen Stellen.

 

2) Zu den beiden anderen Spruchpunkten 1 und 3;

Wieder vorsorglich geltend gemacht wird inhaltlich das selbe, das bereits Gegenstand der Mängelrüge zu Punkt 1) ist. Das ist auch hier relevant, etwa bei Spruchpunkt 3 deshalb, weil der Beschuldigte im Verlauf einer Rechtskurve überholte (während dem Beschuldigten diesbezüglich angelastet wurde, vor der Kurve überholt zu haben).

 

Die aufgezeigten Umstände (Begründungs- und Feststellungsmängel, Nichtaufnahme von Entlastungsbeweisen) führen zu einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Das alles hat die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Folge, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass dann, hätte sich die belangte Behörde mit dem erwähnten Vorbringen des Beschuldigten ausführlich auseinander gesetzt, die in dieser Hinsicht beantragten Beweise eingeholt und so eine größere Entscheidungsgrundlage gehabt und Feststellungen darüber getroffen, sie zu einem anderen Bescheidergebnis, namentlich die Verfahrenseinstellung gegen den Beschuldigten, gekommen wäre.

 

Durch dieses Vorgehen verletzte die belangte Behörde den Beschuldigten im Recht auf eine vollständige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes (vgl §§ 37, 39 und 46 AVG), im sich aus § 46 AVG erwachsenden Recht, dass sich die belangte Behörde aller Beweismittel bedient, die zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes in Betracht kommen, weiters im Recht, dass entlastende Umstände angemessen berücksichtigt werden (§ 25 Abs 2 VStG); vor allem aber auch im Recht auf eine in wesentlichen Punkten (§ 67 AVG) vollständige (§ 58 Abs 2 AVG) zusammenfassend klare und übersichtliche (§ 60 AVG) Begründung von Bescheiden, jedenfalls im Umfange, in dem einem Parteienantrag - gegenwärtig dem Antrag auf Verfahrenseinstellung sowie den Beweisanträgen - nicht vollinhaltlich entsprochen wird.

 

Für den Beschuldigten stellen seine Rechtsbeistände deshalb nachfolgende

Berufungsanträge:

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol wolle der vorliegenden Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis beheben und das wider den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren in allen Punkten einstellen.?

 

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass von Inspektor P. S. eine Anzeige erstattet wurde, wonach der Berufungswerber am 28.02.2005 um 20.10 Uhr bei Strkm 27,100 auf der B 180 in Fahrtrichtung Landeck unterwegs war. Bei Strkm 27,100 setzte er einen Überholvorgang, wobei es dazu kam, dass RI P., der in Richtung Pfunds fuhr, sein Pkw stark abbremsen musste, um eine Kollision zu vermeiden. Bei Strkm 27,200 beginnt eine Sperrlinie. Weiters befindet sich in diesem Bereich eine Rechtskurve sowie davor eine Fahrbahnkuppe.

 

Nachdem die Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Landeck erstattet wurde, wurde dem Berufungswerber eine Strafverfügung gesandt, in dem ihm die Verletzung der Rechtsvorschrift nach § 16 Abs 1 lit a StVO, § 16 Abs 2 lit b StVO und § 9 Abs 1 StVO vorgeworfen wurde.

 

Die Strafverfügung hat der Berufungswerber am 01.04.2005 erhalten.

 

Am 12.04.2005 wurde von ihm ein Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben und ausgeführt, dass der Einspruch sich gegen den Sachverhalt und damit gegen die Strafhöhe richte. Ferner ist ausgeführt, dass der eingeschaltete Rechtsanwalt sich mit der Behörde in Verbindung setze.

 

Am 13.04.2005 wurde durch die Rechtsanwälte Dr. H. K.? Dr. E. P. ein ausführlicher Einspruch erhoben.

 

Von der Erstbehörde wurde RI S. P. als Zeuge einvernommen. Dieser gab an, dass sich der Tatort im Freiland befinde und es in diesem Bereich ohne weiteres möglich ist, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 100 km/h zu fahren. Beim Ausscheren auf die Überholspur habe der angezeigte Fahrzeuglenker sein Fahrzeug noch nicht sehen können. Dies auf Grund der unübersichtlichen Straßenstelle. Er habe sein Fahrzeug stark abbremsen und nach rechts auslenken müssen, um dem Überholer die Möglichkeit zu geben, sich wieder auf dem rechten Fahrbahnstreifen einzuordnen. Bei der Einordnung habe der Angezeigte die befindliche Sperrlinie überfahren. Im Zuge der Einvernahme wurde auch eine Fotobeilage vorgelegt, welche aus 4 Fotos besteht.

 

Aus der Fotobeilage lässt sich entnehmen, dass offensichtlich vom Berufungswerber vor einer Rechtskurve welche sich bei km 27,2 befindet, ein Überholvorgang gesetzt wurde. Auf Grund der in diesem Bereich befindlichen Fahrbahnkuppe und der nachfolgenden Rechtskurve ergibt sich, dass die Sicht auf die Überholstrecke für das Überholmanöver nicht ausreichend war.

 

Nach § 16 Abs 1 lit c darf der Lenker des Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Nach § 16 Abs 2 lit b darf außer in den in Abs 1 angeführten Fällen der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen zum Beispiel vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch Sperrlinie (§ 55 Abs 2) geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.

 

Aus der Aussage des Herrn Inspektor P. sowie aus der im Akt erliegenden Lichtbildbeilage lässt sich entnehmen, dass der Berufungswerber eine Übertretung nach § 16 Abs 1 lit c gesetzt hat, da er beim Ausscheren in Folge der geringen Sichtweite nicht einwandfrei erkennen konnte, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Laut Aussage des Beamten und auch aus der Fotobeilage ergibt sich, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers im Kurvenbereich eingeordnet wurde und der Berufungswerber sich somit erst dort vor dem überholten Fahrzeug befand.

 

Nach § 2 Abs 1 Z 29 gilt als Überholen das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf der selben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug; nicht als Überholen gelten das Vorbeibewegen an einem auf einem Verzögerungs- oder Beschleunigungsstreifen fahrenden Fahrzeug oder an einem auf einem Radstreifen fahrenden Radfahrer sowie das Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen, auch mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit, auf Fahrbahnen mit mehr als einem Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung und das Nebeneinanderfahren, auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit im Sinne des § 7 Abs 3a.

 

Demnach ist der Überholvorgang beendet, wenn sich ein anderes Fahrzeug schon am anderen Fahrzeug vorbei bewegt hat. Das Einscheren auf die rechte Seite gilt nicht als Überholen.

 

Eine Übertretung nach § 16 Abs 2 lit b wird dann begangen, wenn vor (und in) unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen sich ein anderes Fahrzeug an einem anderen Fahrzeug vorbeibewegt und der Einordnungsvorgang nach dem Überholen in einer unübersichtlichen Stelle noch nicht abgeschlossen wurde.

 

Aus dem vorgelegten Akt kann entnommen werden, dass der Berufungswerber eine Übertretung nach § 16 Abs 1 lit c sowie nach § 16 Abs 2 lit b StVO begangen hat und gegen diese zwei Rechtsvorschriften verstieß.

 

Aus dem Einspruch des Berufungswerbers, dass er Rechtsanwälten wegen des Sachverhaltes ? Überholvorgang auf der B180 bei km 27,100 in Fahrtrichtung Landeck am 28.02.2005 um 20.10 Uhr eine Vollmacht erteilt hat, lässt sich entnehmen, dass sich die Vollmacht auch auf einen Schuldvorwurf nach § 16 Abs 1 lit c bezogen hat und ist der diesbezügliche Einwand der Rechtsvertreter nicht berechtigt.

 

Was die Berufung hinsichtlich der Übertretung nach § 16 Abs 2 lit b anlangt, so ist auszuführen, dass die Berufung in diesem Punkt insoferne berechtigt ist, dass nach § 16 Abs 2 lit b ein Überholverbot vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen besteht. Aus der Bestimmung ergibt sich, dass eine unübersichtliche Stelle auch durch zwei Kriterien - wie im vorliegenden Fall ? erfüllt sein kann, jedoch kann kein zweimaliger Schuldvorwurf erhoben werden, da für die Qualifikation einer unübersichtlichen Stelle schon die Erfüllung eines Kriteriums ausreicht.

 

Aus vorgenannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zusatz: Die Behandlung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wurde abgelehnt

Schlagworte
Was, die, Berufung, hinsichtlich, der, Übertretung, nach, § 16 Abs 2 lit b, anlangt, ist, auszuführen, dass, die, Berufung, in, diesem, Punkt, insoferne, berechtigt, ist, dass, nach, § 15 Abs 2 lit b, ein, Überholverbot, vor, in, unübersichtlichen, Kurven, vor, Fahrbahnkuppen, besteht, kein, zweimaliger, Schuldvorwurf, erhoben, werden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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