TE UVS Tirol 2006/06/27 2006/23/1453-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Mag. G. S., XY, M., vertreten durch RA Mag. P. G., XY-Platz, I., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.04.2006, Zl 703-4-213-2006-FSE, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird die Berufung als unbegründet

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerber aufgefordert, sich hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vom Amtsarzt Dr. R. der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck binnen 1 Woche ab Rechtskraft des Bescheides untersuchen zu lassen. Bei Nichtbefolgung müsse die Lenkberechtigung entzogen werden. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Hall iT möglicherweise gesundheitliche Probleme bestehen könnten, welche negative Auswirkungen auf das sichere Lenken von Kraftfahrzeugen haben könnten. Das in der Folge vom Berufungswerber vorgelegte internistische Facharztgutachten lasse noch Fragen offen und müsse daher eine genaue amtsärztliche Begutachtung erfolgen. Insbesondere sei eventuell ein neurologisches, augenärztliches bzw ein verkehrspsychologisches Gutachten notwendig.

 

In seiner dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bringt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass er keinerlei Übertretungen begangen habe, welche unter § 7 Abs 3 FSG zu subsumieren seien. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte vor, die den Verdacht der mangelnden gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Fahrzeuges begründen könnten. Des Weiteren sei nicht ersichtlich, weshalb die Behörde Zweifel an der Verkehrszuverlässigkeit habe, Verdachtsmomente seien nicht konkret genannt worden. Der Berufungswerber bringt weiter vor, dass er sich bereits einer ärztlichen Untersuchung unterzogen habe. Dr. S. H. sei ein gemäß § 34 FSG bestellter sachverständiger Arzt und habe dieser die Verkehrstauglichkeit des Berufungswerbers festgestellt. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die im Bescheid genannten Gutachten notwendig seien. Hinsichtlich der Anzeige wird vorgebracht, dass es sich um eine Missinterpretation von unklaren Handzeichen gehandelt habe und dies nicht ausreiche, um die gesundheitliche Eignung bzw die Fahrtauglichkeit des Berufungswerbers in Frage zu stellen. Der Berufungswerber beantragt der Berufung Folge zu geben, den Bescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt, insbesondere in die Anzeige der Polizeiinspektion Hall iT vom 04.02.2006, in Gutachten Dr. H. S. vom 31.03.2006, in Versicherungsbestätigung vom 13.04.2006, in Handskizze, durch Einvernahme des RI D. E., RI A. W. sowie des Berufungswerbers.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

Am 03.02.2006 ereignete sich auf der B 171, Bundesstraße in Hall ein Verkehrsunfall, im Zuge dessen die Polizeibeamten GI R., RI W., Insp G. und RI E. eine Fotogrammetrie-Unfallvermessung durchführten. Die Straße wurde gesperrt und wurden auf der Fahrbahn Markierungen für eine Fotogrammetrieauswertung aufgelegt. Hierbei handelt es sich um Kreuze, die ca 7 bis 8 cm dick und ca 30 cm lang sind und aus einem schwarzen sowie weißen Teil bestehen. Diese Kreuze dienen der Markierung von Spurten für die Fotogrammetrie und lagen auf der Unfallstelle alle 6 m auf. Für die Durchführung der Unfallsaufnahme wurde der aus beiden Richtung kommende Verkehr angehalten. Vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers wurde ein Geländefahrzeug durchgewunken, da dieses die Sicht behinderte. Dem Berufungswerber wurde um 10:57 Uhr von RI E., welcher uniformiert und mit weißer Tellerkappe sowie Verkehrs-Warnweste bekleidet war, mit der erhobenen linken Hand ein Anhaltezeichen gegeben, wobei der Beamte quer zur Fahrtrichtung stand. Zunächst blieb der Berufungswerber zwar stehen, überfuhr aber in der Folge mit dem rechten Vorderrad das auf der Straße liegende Fotogrammetriezeichen, welches mit einem klackenden Geräusch zerbrach. RevInsp E. trat sodann vor das Fahrzeug und gab dem Berufungswerber ein Haltezeichen, indem er seine Handfläche vor die Windschutzscheibe hielt. Der Berufungswerber zeigte eine verwunderte Reaktion, befolgte aber die Anweisung und blieb ca 4,5 m vor dem nächsten Markierungszeichen bzw mitten in der Unfallstelle stehen. Aufgrund weiterer auf der Fahrbahn liegenden Zeichen wurde der Berufungswerber aufgefordert, nach rechts in einer Bushaltestelle zu reversieren, um mit seinem Fahrzeug niemanden zu behindern oder zu gefährden. Der Beamte befand sich auf Höhe der Vorderachse und zeigte dem Berufungswerber mit ausgestrecktem Arm, dass dieser schräg zurückfahren soll. Beim Zurücksetzen musste der Beamte allerdings wiederum einschreiten, da der Berufungswerber beinahe mit dem hinter ihm stehenden PKW kollidierte. Der Berufungs

werber setzte mit viel Gas zurück, ohne in den Spiegel zu schauen oder einen Schulterblick durchzuführen, auch schlug dieser die Lenkung nicht ein. RevInsp E., welcher aus diesem Grund neben dem Fahrzeug mitging, klopfte an die Beifahrerscheibe und forderte den Berufungswerber auf, stehen zu bleiben. Das Fahrzeug kam etwa 50 cm vor dem hinter ihm stehenden PKW zum Stillstand.

 

In der Folge wurde dem Berufungswerber mittels Handzeichen mitgeteilt, dass er in der Straßenmitte zwischen den Fotogrammetriezeichen hindurchfahren solle, da sein Fahrzeug noch immer die Anfertigung von Fotos behinderte. Der Berufungswerber ignorierte diese Anordnung und überfuhr nochmalig ein Markierungszeichen. Beim jeweiligen Überfahren der Fotogrammetriezeichen zeigte der Berufungswerber keinerlei Reaktion, obwohl dabei ein markantes Geräusch vernommen werden müsste. Der Berufungswerber bemerkte das Überfahren der Kreuze nicht bzw konnte er keinerlei Angaben hinsichtlich der Fotogrammetriekreuze machen.

 

Die gesamten Anordnungen bzw Verkehrsregelungen erfolgten mittels Handzeichen und wurden die geschilderten Handzeichen mehrfach gegeben. Insgesamt leistete der Berufungswerber den deutlich und mehrfach gegebenen Anordnungen nur äußerst langsam Folge und machte er einen überforderten Eindruck.

 

Das in der Folge vom Berufungswerber vorgelegte Privatgutachten besagt im Wesentlichen, dass beim Berufungswerber zum derzeitigen Zeitpunkt kein Einwand gegen das Führen eines Kraftfahrzeuges besteht. Nach Aktenstudium und Durchsicht des ärztlichen Attests kam der Amtsarzt zur Ansicht, dass eine genaue amtsärztliche Untersuchung notwendig ist und möglicherweise ein neurologisches sowie augenärztliches Gutachten einzuholen sei oder eine verkehrspsychologische Untersuchung zu erfolgen hat.

 

Die Lenkberechtigung wurde dem Berufungswerber am 27.03.1979 von der Bundespolizeidirektion zu Zahl 1280/1979 ausgestellt. Seit 23.06.1980 besteht bei der G. Versicherung AG ein Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag, wobei bisher keine Schäden gemeldet wurden.

 

Die getroffenen Feststellungen beruhen einerseits auf der diesem Verwaltungsverfahren beruhenden Anzeige der Polizeiinspektion Hall iT, welche sich insoweit widerspruchslos und nachvollziehbar darstellt, sowie andererseits auf den glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des RI D. E. und RI A. W.. Insbesondere konnte der einschreitende Beamte RI E. die festgestellten Vorgänge genau schildern, und konnte dieser auch wiederholt angeben, dass die Haltezeichen sowie Richtungsanweisung mehrfach und deutlich gegeben wurden. Diese Angaben sowie auch die Tatsache, dass die Markierungszeichen zweimalig überfahren wurden, konnten von RI A. W. bestätigt werden. Zwar konnte dieser den Vorgang nicht selbst beobachten, doch konnte er die Geräusche, welche beim Überfahren entstehen, vernehmen. Weiters konnte auch dieser angeben, dass der Berufungswerber zum Rücksetzen aufgefordert wurde und dies mittels Handzeichen geschah. Aus dem Umstand, dass RI W. nicht beobachten konnte, in welche Richtung RI E. zeigte, um den Berufungswerber zum Zurücksetzen zu bewegen, ist keine Widersprüchlichkeit der Aussagen ersichtlich. Am festgestellten Sachverhalt, wie er auch in der Anzeige festgehalten wurde, war daher letztlich nicht zu zweifeln. Insofern war den Angaben des Berufungswerbers, wonach ihm keine Richtung angegeben worden sei und er sowohl in den Seiten- als auch Rückspiegel geschaut habe, nicht zu folgen. Insbesondere ist nicht hervorgekommen, dass unklare Handzeichen gegeben worden seien, sodass eine Missinterpretation derselben ausgeschlossen werden kann. Vielmehr wurden dem Berufungswerber wiederholt deutliche Handzeichen gegeben und hat dieser den Anordnungen nur langsam Folge geleistet. RI E. veranschaulichte die damaligen Geschehnisse anhand einer Skizze, welche die Schilderungen noch weiter verdeutlichen und nachvollziehbar machen.

 

Die Feststellung hinsichtlich des Gesundheitszustandes sowie der bisherigen Unfallfreiheit ergibt sich eindeutig aus den beigelegten Urkunden bzw Schreiben und bedarf es hierzu keinerlei weiterer Ausführungen.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gemäß § 24 Abs 4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 leg cit einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

§ 8 Abs 1 FSG normiert die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung eines Lenkberechtigungswerbers. Abs 2 leg cit bestimmt weiter, dass das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen ist, sofern besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich ist. Der Amtsarzt hat im vorliegenden Fall nach Aktenstudium und nach Durchsicht des beigebrachten ärztlichen Attestes ausgeführt, dass ein neurologisches sowie ein augenärztliches Gutachten sowie eine verkehrspsychologische Untersuchung erforderlich seien. In diesem Fall ist die Begutachtung der gesundheitlichen Eignung einem sachverständigen Arzt, welcher gemäß § 34 FSG bestellt ist, verwehrt und hat die Untersuchung zwingend durch den Amtsarzt zu erfolgen. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungswerbers ist daher im vorliegenden Fall nur der Amtsarzt befugt, das ärztliche Gutachten zu erstellen.

 

Zulässig ist ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs 4 aber nur dann, wenn begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hierbei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl VwGH 30. 09.2002, Zl 2002/11/0120, VwGH 24.05.2005, Zl 2004/11/0016).

 

Hinsichtlich den Angaben des Berufungswerbers, wonach dieser nicht bemerkt habe, dass er die Markierungskreuze überfahren hat, ist auszuführen, dass diese Tatsache in Verbindung mit dem Umstand, dass der Berufungswerber weder das markante Geräusch, noch sonst etwas gemerkt haben soll bzw die 6 bis 8 cm hohen Kreuze gar nicht gesehen haben will, jedenfalls Bedenken hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Berufungswerbers aufwirft. Die gegenständlichen Fotogrammetriekreuze lagen alle 6 m auf und waren folglich leicht erkennbar und müsste das zweimalige Überfahren derselben jedenfalls sowohl akustisch als auch im Hinblick darauf, dass ein Hindernis überfahren wurde, auch sonst körperlich wahrgenommen werden. Dass der Berufungswerber den mehrmals gegebenen deutlich sichtbaren Halte- und Richtungszeichen eines uniformierten und mit Signalweste ausgestatteten Polizeibeamten nicht oder nur zeitlich verzerrt Folge leistet, ist nicht erklärbar. Insbesondere erscheint auch die von RI Egger geschilderte Reaktion des Berufungswerbers ungewöhnlich. Dass möglicherweise gesundheitliche Probleme bestehen, wird weiter durch die festgestellte Verhaltensweise des Berufungswerbers untermauert, insbesondere ist die Verlangsamung im Reaktionsvermögen und in der Gedankenführung bedenklich.

 

Es lagen daher begründete Bedenken vor, sodass eine Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges notwendig ist. Die Tatsache, dass der Berufungswerber bisher unfallfrei mit Fahrzeugen der Gruppe 1 unterwegs war, ist nicht geeignet, daraus Schlüsse auf seinen momentanen Gesundheitszustand zu ziehen. Der angefochtene Bescheid erging rechtmäßig und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
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Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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