TE UVS Tirol 2006/09/06 2006/22/2434-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn H. S., XY 152, S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.08.2006, Zl-SB-58-2006-WIR, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis behoben.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt wie folgt:

 

?Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.01.1992, Zahl 5805/1x-91, wurde Herrn H. S., XY 152, S., die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Spänefeuerungsanlage im bestehenden Tischlereibetrieb auf Gp XY KG S. erteilt.

 

Der Beschuldigte, Herr H. S., hat als Gewerbeinhaber zu verantworten, dass die gegenständliche Betriebsanlage zumindest bis 31.05.2006 in vollem Umfang betrieben wurde, ohne dass die Auflagen 12 und 13 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.01.1992, Zahl 5805/1x-91 erfüllt waren.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 25 GewO 1994 begangen und wurde über ihn gemäß § 47 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt und ein anteiliger Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten vorgeschrieben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin vorgebracht wie folgt:

 

?Begründung:

Ich teile Ihnen mit, dass wir diese Strafe als ungerecht empfinden. Am 27.04.2005 wurde von der Fa. S. (Fa. Für Heizung-Sanitär-Lüftung) bestätigt, dass die thermische Ablaufsicherung funktioniert. Dies wurde von Ihnen als nicht ausreichend begründet. Aufgrund dessen haben wir die Erzeugerfirma Polytechnik beauftragt, die Überprüfung vorzunehmen. Der zuständige Techniker Herr Bauer versicherte uns, dass er sich mit Mag. K. P., BH Schwaz, in Verbindung setzt und uns über die Vorgangsweise informieren wird. Als Ihr Schreiben vom 14.03.2006 uns zugesandt wurde, haben wir uns wiederum mit Herrn B. in Verbindung gesetzt, doch auf unsere Beschwerde, warum er diese Angelegenheit nicht geregelt hat, rechtfertigte er sich leichthin mit der Aussage, das Telefon bei Mag. P. sei besetzt gewesen. Die Abgasmessung konnte noch nicht erfolgen, da zum Jahresende 2005 ein neuer Filter eingebaut und im Juni/Juli 2006 der Kessel neu ausgemauert wurde. Nach einigen Wochen Trockenzeit werden wir ihnen fristgerecht, bis zum 20.09.2006, die neuen Gutachten übermitteln. Wir sind bestrebt laufend Verbesserungen der Heizanlage, auch. aus eigenem Interesse, durchzuführen. Wir hoffen deshalb, dass Sie von der Strafe Abstand nehmen werden.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

Ungeachtet des Vorbringens des Beschuldigten war der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese muss im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Die Tat ist also hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl etwa VwGH 13.06.1984, 82/03/0265).

 

Dem angefochtenen Straferkenntnis kann nun der Inhalt jener Auflagen, gegen die der Berufungswerber verstoßen haben soll, weder im Spruch noch in der Begründung  entnommen werden. Dies wäre jedoch nach der ständigen Judikatur des VwGH erforderlich gewesen. So führte der VwGH in seinem Erkenntnis vom 29.03.1994, 93/04/0255, zur gegenständlichen Problematik aus wie folgt:

 

?Ein Bescheid, der in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, entspricht insofern nicht dem Sprucherfordernis des § 44 a lit a VStG. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ist nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale aus dem Spruch des Straferkenntnisses - unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - selbst ergeben muss?.

 

Die zur Last gelegte Tat wurde dem Beschuldigten jedoch auch dahingehend mangelhaft vorgeworfen, als die Behörde I. Instanz nicht im Ansatze dargelegt hat, worin nun ihrer Ansicht nach die Nichteinhaltung der betreffenden Auflagen liege.

 

Wenngleich die Berufungsbehörde grundsätzlich innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist  die Tat noch um Sachverhaltselemente ergänzen kann, welche die Tat im erforderlichen Ausmaße konkretisieren, ist dabei jedoch zu beachten, dass die Berufungsbehörde nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa VwGH 22.02.1996, 95/06/0031) trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt. Sache des Berufungsverfahrens ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Die Berufungsbehörde ist daher nur im Rahmen der von der erstinstanzlichen Behörde vorgeworfenen Sache zu einer Spruchänderung berechtigt. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus oder ergänzt sie die Tat um eine weitere, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl VwGH 22.01.2002, 99/09/0050).

 

Die Tat wurde dem Berufungswerber gegenständlich in derart unbestimmter Art und Weise vorgeworfen, dass eine Ergänzung bzw Konkretisierung durch die Berufungsbehörde jedenfalls einer (unzulässigen) Auswechslung der Tat gleichkäme. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde zu beheben.

 

Ergänzend wird jedoch bemerkt, dass aus Sicht der Berufungsbehörde eine Bestrafung des Beschuldigten, ungeachtet der oben angeführten formalrechtlichen Aspekte, auch aus folgenden Erwägungen ausscheidet:

 

Bei einer Auflage handelt es sich um eine pflichtbegründende Nebenbestimmung eines an sich begünstigenden Aktes (hier einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung). Sie wird dann wirksam, wenn der Genehmigungswerber von der ihm erteilten Genehmigung Gebrauch macht. Im Lichte dieser Ausführungen erscheint die Tatzeitumschreibung mit ?zumindest bis 31.05.2006? bedenklich, zumal auch bei Dauerdelikten (um ein solches handelt es sich bei der Nichteinhaltung von Auflagen) ein Beginn der Tatzeit anzuführen ist.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren hat die Behörde die Gesetzmäßigkeit einer nicht erfüllten Auflage grundsätzlich nicht (mehr) zu prüfen (vgl etwa VwGH 31.03.1992, 92/04/0003). Diese Frage wurde in dem der Bestrafung zugrunde liegenden Genehmigungsverfahren abschließend entschieden. Prüfgegenstand ist sohin ?lediglich?, ob eine Auflage nicht eingehalten wurde oder allenfalls, weil sie zu unbestimmt abgefasst wurde, nicht eingehalten werden konnte.

 

Auflagen müssen nämlich dem Bestimmtheitsgebot entsprechen. Sie müssen daher konkrete Gebote oder Verbote enthalten, damit dem Verpflichteten jederzeit klar ist, war er zu tun hat und wo die Grenzen seines Verhaltens liegen. Nun hat der VwGH (vgl etwa VwGH 24.02.2004, 2001/05/1155) grundsätzlich ausgesprochen, dass der Verweis in Anordnungen auf bestimmte technische Richtlinien der österreichischen Brandverhütungsstellen oder auf bestimmte ÖNORMEN zulässig ist und die Auflage dadurch entsprechend präzisiert wird. Mit dem Verweis auf derartige Richtlinien oder auch auf ÖNORMEN werden diese in dem betreffenden Einzelfall

verbindlich.

So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 27.09.2000, 2000/04/0121, etwa eine Auflage folgenden Inhalts als ausreichend konkretisiert angesehen:

?Die im Plan mit ?FHT? gekennzeichneten Türen sind brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen.? Hier ist nach Ansicht der Berufungsbehörde für den Rechtsunterworfenen in ausreichend klarer Art und Weise festgeschrieben, was die Behörde von ihm verlangt, zumal im der entsprechenden Ausgabe (hier vom 1.5.1976) dieser ÖNORM der Begriff ?brandhemmend? eindeutig umschrieben ist.

 

Im gegenständlichen Fall lauten jene Auflagen, die der Beschuldigte nicht eingehalten haben soll, wie folgt:

 

?12) Die Feuerungsanlage ist hinsichtlich Brandschutz entsprechend den Technischen Richtlinien TRVB H 118 des österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes auszuführen (bauliche Maßnahmen, Heizraum, Brennstofflager, Silo, Einrichtungen gegen Rückbrand).

13) Zum Schutz gegen Überhitzung und Überdruck müssen Heizkesseleinrichtungen im Sinne der ÖNORM B 8130 bis 8133 besitzen. Überdies sind Zentralheizungskessel nach ÖNORM M 7550 auszuführen und zu prüfen.?

 

Lässt man bei der Auflage 12 außer Acht, dass der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol grundsätzlich Bedenken dahingehend hegt, die Errichtung einer größeren technischen Anlage, wie hier einer Spänefeufeuerungsanlage, allein mit dem Verweis auf eine, mitunter komplexe und umfangreiche, technische Richtlinie näher zu spezifizieren, ist in dieser Auflage ?lediglich? von der Ausführung der Feuerungsanlage die Rede. Nun mag die Technische Richtlinie TRVB H 118 durchaus auch Bestimmungen im Hinblick auf eine, allenfalls auch wiederkehrende, Prüfung einer Anlage enthalten. Mit der gegenständlichen Auflage wurden jedenfalls diese Bestimmungen nicht für verbindlich erklärt. Dieser Auflage kann sohin keinesfalls die seitens der Behörde I. Instanz angenommene Verpflichtung des Beschuldigten entnommen werden, ?er müsse die Spänefeuerungsanlage von einer österreichischen staatlichen oder staatlich autorisierten Prüfanstalt oder von einem Ziviltechniker überprüfen lassen und das Ergebnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz zukommen lassen? (so die Erstinstanz in den im Straferkenntnis zitierten ?mehreren Schreiben? an den Beschuldigten).

 

Die Auflage 13 ist überhaupt unverständlich, zumal nicht erkenntlich ist, was Heizkesseleinrichtungen im Sinne der ÖNORM B 8130 bis 8133 ?besitzen? müssen.

 

Unabhängig von diesen Bestimmtheitsdefiziten ist für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar, wie die Behörde I Instanz angesichts des Inhaltes des Betriebsanlagenaktes zum Tatvorwurf gelangt.

 

Diesem Akt sind mehrere Überprüfungsberichte des gewerbetechnischen Sachverständigen zu entnehmen. Im Bericht vom 30.11.1994 führte er zB aus, dass ua auch die Auflagen 12 bis 15 erfüllt sind. Dem Bericht vom 27.04.1999 ist zu entnehmen, dass ?eine Überprüfung ergab, dass die vorhandene Spänefeuerungsanlage noch immer bescheidgemäß betrieben wird?. Auch weitere Überprüfungen (z.B. vom 13.01.2000 oder 16.04.2002) ergaben keine Beanstandungen. Erstmals per 28.04.2005, mithin nach über 13 Jahren (!) seit Inbetriebnahme der Anlage, wurde seitens des gewerbetechnischen Sachverständigen mitgeteilt, dass ?bis auf die Auflagen 12 und 13? alle Auflagen erfüllt sind.  Seiner Auffassung nach hätte der Beschuldigte zur ?vollständigen? Erfüllung dieser Auflagen die Sicherheitseinrichtungen am Festbrennstoffkessel entweder von der Errichterfirma oder einem Heizungsinstallateur auf die Funktionstüchtigkeit ?gemäß diesen Auflagen? überprüfen zu lassen.

 

Dabei wird auch offenkundig übersehen, dass einem Schreiben des Beschuldigten vom 06.07.2006 eine Bestätigung der Firma ?P.? vom 27.05.1992 beigelegt ist, wonach zur Auflage 13 bestätigt wird, dass das eingebaute Sicherheitsthermostat gegen Überhitzung den ÖNORMEN B 8130 bis 8133 entspricht und der Kessel nach ÖNORM M 7550 ausgeführt und geprüft wurde. Auf diese Bestätigung wird mit keinem Wort eingegangen. Dass der Beschuldigte in einem Telefonat mitteilt, ?er wisse nicht, welche Bestätigungen er zur Erfüllung der Auflagen an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz übermitteln solle? (vgl Aktenvermerk vom 01.02.2006), ist für die Berufungsbehörde im Lichte der obigen Ausführungen durchaus nachvollziehbar.

 

Unabhängig von diesen Anmerkungen ist dem Akt zu entnehmen, dass die Heizungsanlage offenkundig im Jahre 1999 ?nach dem neuesten Stand der Technik? ausgetauscht wurde (so die Eingabe des Berufungswerbers vom 10.12.1999). Diesbezüglich finden sich jedoch keinerlei behördliche Erledigungen (zB Aufforderung, diesen Austausch der Behörde gemäß § 81 Abs 3 GewO 1994  anzuzeigen bzw eventuell ein Änderungsansuchen einzubringen) bzw wird auf dieses Schreiben überhaupt nicht eingegangen.

 

Im übrigen wird seitens der Berufungsbehörde nur ergänzend angemerkt, dass in jenen Fällen, in denen eine Auflage einen Verweis auf eine ÖNORM enthält, im Fall der Missachtung der Auflage der entsprechende Punkt der ÖNORM als verletzte Norm im Spruch des Straferkenntnisses gemäß § 44a Z 2 VStG zu zitieren ist (zB VwGH 3.9.1996, 95/04/0209). Warum die Behörde I. Instanz als Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) § 47 VStG anführt, ist für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar. Richtig wäre gegenständlich § 367 Einleitungssatz GewO 1994 gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Die, Tat, wurde, dem, Berufungswerber, in, derart, unbestimmter, Weise, vorgeworfen, dass, eine, Ergänzung, Konkretisierung, jedenfalls, einer, unzulässigen, Auswechslung, der, Tat, gleichkäme
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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