TE UVS Tirol 2006/09/07 2006/17/0965-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2006
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des K. T., D-14057 Berlin, vertreten durch RAe J. und R., D-10707 Berlin, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.03.2006, Zl VK-805-2005, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 15,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 27.12.2004 um 14.30 Uhr

Tatort: Vomp, auf der A12 Inntalautobahn, auf Höhe Strkm 50,273

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,55 Sekunden festgestellt. Die Übertretung wurde am zweiten Fahrstreifen in Fahrtrichtung Innsbruck begangen.?

 

Er habe hierdurch die Rechtsvorschrift des § 18 Abs 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 75,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde.

 

In seiner dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung bringt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vor, dass der Berufungswerber nicht Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Er verfüge über zwei Fahrzeuge, wobei diese häufig von verschiedenen Familienmitgliedern verwendet würden. Das hier gegenständliche Fahrzeug sei im Tatzeitpunkt vom Cousin des Berufungswerbers, Herrn D. K., XY in 13451 Athen, gelenkt worden.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Es wird als erwiesen festgestellt, dass der Berufungswerber am 27.12.2004 um 14:30 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XY auf der A12 Inntalautobahn in Fahrtrichtung Innsbruck am zweiten Fahrstreifen selbst lenkte. Bei Strkm 50,273 wurde mittels einer Videomessung festgestellt, dass der Berufungswerber zu einem vor ihm am selben Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Der Berufungswerber wurde mit einer Geschwindigkeit von 117 km/h gemessen und wurde nach Abzug der relevanten Messtoleranz von 4 km/h ein zeitlicher Abstand von 0,55 Sekunden (entspricht 17 m) festgestellt. Die Reaktionszeit allein beträgt bereits 1 Sekunde, wobei dies wiederum rund 31 m entspricht. Der Bremsweg hätte bereits 127,7 m betragen.

 

Die Messung wurde mittels einem Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät (Type VKS 3.0) der Marke SUWO EDV-Service durchgeführt. Das Gerät wurde am 18. Juli 2002 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht. Die Nacheichfrist endete am 31. Dezember 2005.

 

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 16.12.2005 aufgefordert, binnen 2 Wochen eine Stellungnahme betreffend den erhobenen Einspruch abzugeben, woraufhin der Berufungswerber mitteilte, dass er im Tatzeitpunkt nicht der Lenker gewesen sei. In der Folge wurde der Berufungswerber aufgefordert, binnen 2 Wochen eine Lenkerauskunft zu erteilen. Der Berufungswerber teilte sodann mit, dass er sich an den Fahrzeuglenker nicht mehr erinnern könne und auch nicht wisse, wer darüber Auskunft erteilen kann. Mit weiterem Schreiben der Erstbehörde vom 13.01.2006 wurde der Berufungswerber unter Hinweis auf die bestehende verstärkte Mitwirkungspflicht und unter Fristsetzung (27.01.2006) nochmalig aufgefordert, Auskunft über den Lenker im Tatzeitpunkt zu erteilen.

 

Auch innerhalb dieser Frist kam der Berufungswerber der Aufforderung nicht nach, eine Lenkerauskunft wurde nicht erteilt.

 

Die getroffenen Feststellungen unterliegen nachstehender Beweiswürdigung:

 

Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend des gemessenen Abstandes gründet sich auf die Aufnahmen zweier Videokameras, wobei das gegenständliche Fahrzeug auf Videorecorder aufgezeichnet wurde. Das verwendete VKS 3.0 System ermöglicht es, aus einer Videoaufzeichnung Geschwindigkeiten von Fahrzeugen und deren Abständen zu vorausfahrenden Fahrzeugen zu bestimmen. Hierzu wird der Verkehr in einem Fahrbahnabschnitt mit einer Videokamera von einem, festen, mindestens 3 m über der Fahrbahnoberfläche liegenden Kamerastandpunkt aufgenommen. Die zur Geschwindigkeitsmessung erforderlichen Zeitmessungen werden durch automatisches Zählen von Videohalbbildern durchgeführt. Die Messergebnisse selbst resultieren aus einem Weg-Zeit-Zusammenhang, wobei das Fahrzeug zweimalig gemessen wurde. Zur Messung ist weiters auszuführen, dass keine Auswertung vorgenommen werden kann, sofern sich die Geschwindigkeit von der ersten zur zweiten Messung um mehr als die vom Eichamt vorgeschriebene Messtoleranz ändert. Wie festgestellt, handelt es sich um eine im Tatzeitpunkt geeichte Anlage, sodass zweifellos von der Richtigkeit des Ergebnisses auszugehen war. Die Nacheichfrist war nicht abgelaufen. Ein Ausdruck der Tatvideos erliegt im erstinstanzlichen Akt und ist das Kennzeichen XY (D) klar und deutlich erkennbar. An der Richtigkeit des ermittelten Abstandes war somit nicht zu zweifeln und sind diesbezüglich auch keinerlei Widersprüchlichkeiten hervorgekommen.

 

Hinsichtlich der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers ist auszuführen, dass seiner Behauptung, wonach Herr D. K., wohnhaft in 13451 Athen, im Tatzeitpunkt der Lenker gewesen sei, nicht zu folgen war. In diesem Zusammenhang ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach den im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Zulassungsbesitzer, der im Verfahren den Einwand erhoben hat, eine Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält, habe sein bzw das ihm vom Zulassungsbesitzer überlassene Fahrzeug gelenkt, eine verstärkte Mitwirkungspflicht trifft (vgl VwGH 19.4.1989, Zl 88/02/0210).

 

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur ist zunächst festzustellen, dass sich der Berufungswerber im gesamten erstinstanzlichen Verfahren mit der Bestreitung seiner Lenkereigenschaft begnügt hat. Er hat weder bei der Sachverhaltsermittlung mitgewirkt, schon gar nicht kam er der Aufforderung hinsichtlich der Erteilung einer Lenkerauskunft nach. Die nunmehrige Lenkereigenschaft des in Griechenland wohnhaften Cousins, welchen der Beschuldigte erst im Berufungsverfahren namhaft macht, stellt sich äußerst fragwürdig und zweifelhaft dar. Dieser Aussage war mangels Glaubhaftigkeit nicht zu folgen. Der Berufungswerber stellt diese Behauptung lediglich auf, ohne weitere Konkretisierungsversuche zu unternehmen. Insbesondere erstattet der Berufungswerber keinerlei geeignetes Tatsachenvorbringen und bietet keinerlei Beweis an, die dieser Behauptung Glaubwürdigkeit verleihen könnten. Die bloße Bestreitung des Tatvorwurfes reicht zu seiner Entlastung aber nicht aus, vielmehr ist unter diesem Gesichtspunkt anzumerken, dass der Berufungswerber vormals mangels Erinnerungen weder einen Lenker noch eine Auskunftsperson benennen konnte, dies unter Hinweis auf die bereits verstrichene Zeit, nunmehr sieht sich der Berufungswerber im Rahmen seiner Berufungsausführung aber dazu in der Lage. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung und unter Bedachtnahme auf das bisherige Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers war daher davon auszugehen, dass der Berufungswerber selbst Lenker im Tatzeitpunkt war.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Zunächst ist wiederum auf die vom VwGH geforderte verstärkte Mitwirkungspflicht Bezug zu nehmen. Diese ist vor allem darin begründet, dass die verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung, sowie die Heranziehung zur Mitwirkung am administrativen Ermittlungsverfahren bei im Ausland aufhältigen Personen zumindest erheblich erschwert ist. Bei Verletzung dieser Mitwirkungspflicht kann die Behörde die Behauptung, eine bestimmte, ständig oder überwiegend im Ausland aufhältige Person habe das Fahrzeug gelenkt, als unrichtig qualifizieren (siehe VwGH 27.9.1999, Zl 98/17/0363).

 

Wie bereits ausgeführt, hat der Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt keinerlei Auskunft erteilt und lediglich seine Lenkereigenschaft bestritten. Auch im nunmehrigen Berufungsverfahren begnügt sich der Berufungswerber mit dem bloßen Leugnen der Tat, ohne dies durch konkrete Behauptungen zu untermauern. Die Lenkereigenschaft des im Ausland wohnhaften Cousins stellt sich äußerst unglaubwürdig dar, nicht zuletzt deshalb, da dieser Einwand erst im Zuge des Berufungsverfahrens erhoben wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Berufungswerber mehrmals aufgefordert, einerseits eine Stellungnahme und andererseits eine Lenkerauskunft zu erteilen, wobei er auch über die Folgen des Untätigbleibens informiert wurde. Der Berufungswerber war offenbar aber nicht bereit, der ihn treffenden Mitwirkungspflicht nachzukommen und wird ihm die anhaltende Verletzung derselben zur Last gelegt. Daraus resultierend sieht sich die Berufungsbehörde nicht veranlasst, weitere Ermittlungsschritte zu pflegen.

 

Vor dem Hintergrund der dargestellten Beweislage konnte mit der für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das gegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit vom Berufungswerber selbst gelenkt wurde.

 

Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Der notwendige Abstand ist auch dann einzuhalten, wenn mit der Möglichkeit des plötzlichen Abbremsens nicht gerechnet werden braucht. Jedenfalls ist mindestens ein zeitlicher Abstand von einer Sekunde Reaktionszeit einzuhalten. Im vorliegenden Fall wurde aber überhaupt nur 0,55 Sekunden (17 m) zeitlicher Abstand festgestellt. Dem Berufungswerber wäre es nicht möglich gewesen, innerhalb dieser Zeit sein Fahrzeug zum Stillstand zu bringen, vielmehr hätte der allein der Reaktionsweg 33,9 m (1,1 Sekunden) betragen, der Bremsweg bereits 127,7 m (4, 1 Sekunden). Für die Berechnung des Reaktionsweges wird 1/10 der Geschwindigkeit mit dem Faktor 3 multipliziert. Der Bremsweg errechnet sich aus ein Zehntel der Geschwindigkeit zum Quadrat. Folglich wurde nicht der von § 18 Abs 1 StVO geforderte Abstand eingehalten und hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand verwirklicht.

 

Strafzumessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Schutzzweck des § 18 Abs 1 StVO liegt darin, alle Gefahren im Straßenverkehr zu vermeiden, die ein zu geringer Abstand mit sich bringt. Das Verhalten des Berufungswerbers war geeignet eine Gefahrensituation herbeizuführen, woraus ein Verkehrsunfall mit schweren Folgen resultieren könnte.

 

Als Verschuldensgrad ist dem Berufungswerber Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Mildernd konnte die bisherige Unbescholtenheit gewertet werden, erschwerend war nichts.

 

In Anbetracht des hier anwendbaren Strafrahmens des § 99 Abs 3 lit a StVO von bis zu Euro 726,--, sowie unter Berücksichtigung obgenannter Strafzumessungsgründe ergibt sich, dass die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 75,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) für die gegenständliche Verwaltungsübertretung schuld- und tatgangemessen und auch bei allenfalls bestehenden ungünstigen Einkommens- Familien- und Vermögensverhältnissen keinesfalls überhöht sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
VwGH 19.4.1989, Zl 88/02/0210, dem Hintergrund, dieser, Judikatur, ist, zunächst, festzustellen, dass, sich, der, Berufungswerber, im gesamten, erstinstanzlichen, Verfahren, mit, der Bestreitung, seiner Lenkereigenschaft, begnügt, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten