TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/27 98/17/0363

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Veröffentlicht am 27.09.1999
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Index

L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §103;
ParkometerG Wr 1974 §1a;
ParkometerG Wr 1974 §4 Abs2;
VStG §24;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Oktober 1998, Zl. UVS-05/K/41/00578/98, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 11. März 1998 des Magistrates der Stadt Wien wurde der Verein, dessen Obmann zu diesem Zeitpunkt der Beschwerdeführer unbestritten war, unter Hinweis auf § 1a des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974 idgF, als Zulassungsbesitzer ersucht, Auskunft darüber zu geben, wem er sein dem behördlichen Kennzeichen nach näher bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug, welches am 20. Dezember 1997 um 09.35 Uhr an einem näher umschriebenen Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien abgestellt war, zu diesem Zeitpunkt überlassen habe. In seiner am 2. April 1998 beim Magistrat der Stadt Wien eingelangten Beantwortung dieser Anfrage wurde angeführt, dass zum fraglichen Zeitpunkt das Kraftfahrzeug von Q, China, (unter Bekanntgabe des Geburtsdatums und einer näheren Anschrift) gelenkt worden sei.

In der Folge wurde ein an Q gerichtetes Schreiben mit einem auch in chinesischer Schrift gehaltenen Formular zurückgestellt, in dem der dafür vorgesehene Vermerk (auch) in französisch "Adresse insuffisante" angekreuzt war.

Mit Strafverfügung vom 15. Mai 1998 wurde hieraufhin dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers nach außen berufene Person, nämlich als Obmann des näher genannten Vereines, dem am 24. März 1998 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats Wien vom 11. März 1998, Auskunft zu geben, wem dieses Fahrzeug überlassen worden sei, nicht entsprochen, da die erteilte Auskunft unrichtig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 1a iVm § 4 Abs. 2 des Wiener Parkometergesetzes iVm § 9 Abs. 1 VStG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

In seinem Einspruch vom 10. Juni 1998 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien gleichfalls am 10. Juni 1998) gab der Beschwerdeführer an, er habe ordnungsgemäß innerhalb offener Frist den Lenker der Behörde wahrheitsgemäß bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom 1. Juli 1998 wurde hieraufhin der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekannt zu geben, wie lange sich Q in Wien aufgehalten habe, wo diese Person während des Aufenthaltes gewohnt habe und zu welchem Zweck diese das verfahrensgegenständliche Fahrzeug überlassen erhalten habe. Weiters solle der Beschwerdeführer bekannt geben, wann bzw. wo er dieses Fahrzeug (Q) übergeben habe und wann er es wieder zurückerhalten habe. Der Beschwerdeführer habe weiters Gelegenheit, seine Angaben durch geeignete Beweismittel (z.B. Namhaftmachung von Zeugen, etc.) glaubhaft zu machen.

Eine Antwort des Beschwerdeführers hierauf ist nicht aktenkundig. In den Verwaltungsakten findet sich nur ein Schreiben vom 7. Juli 1998, in dem der Beschwerdeführer auf ein Schreiben des Magistrats der Stadt Wien vom 16. Juni 1998 Bezug nimmt. In diesem Schreiben führt der Beschwerdeführer unter anderem aus, dass es ihm nicht bekannt sei, wie lange sich Herr L. in Wien aufgehalten und wo er gewohnt habe. Als Begründung für die Überlassung des KFZ habe Herr L. lediglich angegeben, dass er geschäftliche Besorgungen in Wien zu tätigen habe. Aus den vorliegenden Aufzeichnungen gehe hervor, dass Herr L. das KFZ am 5. Dezember 1997 um 08.00 Uhr früh übernommen und am 18.30 Uhr zurückgestellt habe. Zeuge der Übergabe sei Herr F., p.A. des Vereins. Herr F. spreche nur kantonchinesisch, so dass im Falle einer Befragung ein Dolmetscher beigezogen werden müsse.

In den Akten der belangten Behörde findet sich eine Gesprächsnotiz vom 24. September 1998. In dieser ist hinsichtlich des Antwortschreibens auf die Anfrage vom 1. Juli 1998 festgehalten, dass auch bei einer Nachschau in weiteren anhängigen Verfahren kein Antwortschreiben gefunden werden konnte, obwohl laut Computer eine Antwort mit 17. Juli 1998 aufscheine.

Mit Bescheid vom 17. Juli 1998, zugestellt dem Beschwerdeführer am 13. August 1998, erkannte die Erstbehörde den Beschwerdeführer schuldig, dem am 24. März 1998 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom 11. März 1998 Auskunft darüber zu geben, wem das Fahrzeug mit dem näher umschriebenen behördlichen Kennzeichen überlassen worden sei, das am 20. Dezember 1997 um 09.35 Uhr an einer näher bezeichneten Stelle in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien abgestellt gewesen sei, nicht entsprochen zu haben, da die am 2. April 1998 erteilte Auskunft insofern unvollständig gewesen sei, als die Adresse ungenügend angegeben worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 1a Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr. 47/1974 idgF, iVm § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er könne für das Misslingen des Zustellversuches in China nicht zur Verantwortung gezogen werden; die Anschrift des Herrn Q habe er vollständig und richtig angegeben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer aufgefordert, nähere Daten des angegebenen Lenkers sowie seiner Einreise und seines Aufenthaltes im Bundesgebiet mitzuteilen; hierauf habe der Beschwerdeführer nur erwidert, dass die Vereinsstatuten diesbezüglich nichts vorgesehen hätten bzw. bei dem derartigen Aufwand sogar ein eigenes Büro unterhalten werden müsste. Die gestellten Fragen seien jedoch nicht beantwortet worden.

In rechtlicher Hinsicht bejahte die belangte Behörde das Vorliegen der Übertretung des § 1a des Parkometergesetzes für Wien.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1a des Wiener Parkometergesetzes lautet wie folgt:

"(1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.

(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."

Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. sind die sonstigen (nicht zu einer Abgabenverkürzung führenden) Übertretungen der Gebote und Verbote des Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 1.000,-- zu bestrafen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat (vgl. nur das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991, Zl. 90/18/0091 = VwSlg NF 13451 A/1991, mwN), verpflichtet die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält und deren verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung aber auch deren Heranziehung zur Mitwirkung an administrativen Ermittlungsverfahren zumindest erheblich erschwert ist, als Lenker im Sinne der mit § 1a des Wiener Parkometergesetzes vergleichbaren Regelung des § 103 Abs. 2 KFG, den befragten Zulassungsbesitzer zu einer verstärkten Mitwirkung an dem Verwaltungs(straf)verfahren. Die Behörde kann dann, wenn ihr Versuch, mit der als Lenker bezeichneten Person in Kontakt zu treten, scheitert, den Zulassungsbesitzer dazu verhalten, zumindest die Existenz dieser Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen. Verweigert es der Zulassungsbesitzer grundlos, die Glaubhaftmachung im oben genannten Sinn zu versuchen, wird die Behörde in der Regel berechtigt sein, die Angabe eines im Ausland befindlichen Lenkers als unrichtig zu qualifizieren. Ist der Zulassungsbesitzer dazu grundsätzlich bereit, reichen aber dessen Behauptungen zur Glaubhaftmachung nach Auffassung der Behörde (noch) nicht aus, so hat ihn die Behörde zu zweckdienlichen Ergänzungen zu verhalten und darüber hinaus selbstständige Ermittlungen anzustellen. Die Unterlassung dieser Vorgangsweise wird regelmäßig die Bestrafung des Zulassungsbesitzers wegen Verletzung seiner Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG (ebenso nach § 1a Wiener Parkometergesetz) mit Rechtswidrigkeit belasten.

Im Beschwerdefall war daher die Verwaltungs(straf)behörde im Sinne der Grundsätze der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt, nach Scheitern der Kontaktaufnahme mit dem vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Lenker, zweckdienliche Angaben vom Beschwerdeführer im Rahmen dessen erhöhter Mitwirkungspflicht zu verlangen.

Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang auch zutreffend erkannt, dass es Sache des Zulassungsbesitzers ist, entsprechende Angaben zu machen; falls etwa im Hinblick auf die Häufigkeit der Zurverfügungstellung von Kraftfahrzeugen für die Evidenzhaltung der benötigten Daten eine eigene - büromäßige - Organisation erforderlich sein sollte, so wird der Zulassungsbesitzer nicht durch den Hinweis auf die damit verbundenen Kosten sich seiner ihm gesetzlich auferlegten Auskunftspflicht entziehen können.

Den Verwaltungs(straf)behörden ihrerseits obliegt es aber im Sinne der dargestellten Rechtsprechung, zweckdienlichen Anträgen nachzukommen und Hinweise aufzugreifen.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof verweist der Beschwerdeführer darauf, dass er mit Schreiben vom 17. Juli 1998 der Erstbehörde einen Zeugen, Herrn F., für die erfolgte KFZ-Übergabe an den in der Lenkerauskunft genannten Herrn Q. bekannt gegeben habe; die Behörden hätten es unterlassen, diesen Zeugen einzuvernehmen.

Es kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen werden, dass die Einvernahme des hier genannten Zeugen geeignet gewesen wäre, den Aufenthalt des Lenkers in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt glaubhaft zu machen. Die Unterlassung seiner Einvernahme bedeutet daher eine Rechtswidrigkeit bereits des erstinstanzlichen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; dadurch dass die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit nicht aufgegriffen hat, hat sie auch ihren Bescheid mit dem erwähnten Verfahrensmangel belastet.

Daran ändert auch nichts, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer (nochmals) zur Glaubhaftmachung der Anwesenheit des Lenkers Q. in Österreich in der umschriebenen Weise aufgefordert hat. Der Beschwerdeführer durfte nämlich davon ausgehen, dass eine von ihm in erster Instanz über die entsprechende Aufforderung gemachte Äußerung in den Verwaltungsakten enthalten ist und daher die Bekanntgabe des Zeugen nicht wiederholt zu werden braucht. Nur dann, wenn die belangte Behörde auf Grund von Beweisergebnissen davon hätte ausgehen dürfen, dass der Beschwerdeführer keine oder eine anders lautende Äußerung (ohne Bekanntgabe des Zeugen) erstattet hätte, hätte sie sich mit einer allfälligen Äußerung des Beschwerdeführers vom 17. Juli 1998 nicht oder aber entsprechend deren festgestellten Inhalt auseinander zu setzen gehabt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. September 1999

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998170363.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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