TE UVS Tirol 2006/10/13 2006/25/2718-1

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Veröffentlicht am 13.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn M. G.,XY 2, G., vertreten durch O.? S. Rechtsanwälte GmbH, XY-Platz 1, T., vom 01.09.2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.08.2006, Zl 3.1-474/00-C-52, betreffend die Vorschreibung von Sicherheitsmaßnahmen nach § 360 Abs 4 GewO 1994 gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Mit dem bekämpften Bescheid verfügte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gemäß § 360 Abs 4 GewO 1994 gegenüber M. G. zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die Entfernung sämtlicher Maschinen und Geräte aus der nicht genehmigten Betriebsanlage zur Lagerung und Aufbereitung von Bodenaushub auf Gst XY und XY, KG G. Sollte dieser Aufforderung nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides entsprochen sein, würden die Maschinen und Geräte auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten durch die Behörde entfernt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr G. durch seine Rechtsvertreter vorbringt, dass die Voraussetzungen gemäß § 360 GewO nicht vorlägen. Es wird der wesentliche Verfahrensgang zusammenfassend dargestellt und daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass mit Sicherheit davon auszugehen sei, dass er als Gewerbetreibender sowohl derzeit als auch in Hinkunft die gewerberechtlichen Vorschriften, welche im Detail noch zu erlassen sein werden, einhalten werde. Es werde deshalb der Antrag auf ersatzlose Bescheidbehebung und Verfahrenseinstellung, in eventu Widerruf der getroffenen Maßnahmen beantragt.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 16.02.2004, Zl 3.1-474/00-C-15, wurde M. G. die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für ein Zwischenlager mit Aufbereitung für Aushubmaterial auf Gst XY, KG G., unter diversen Vorschreibungen erteilt. Dagegen erhob der Nachbar P. A. Berufung.

 

Mit Schreiben vom 09.09.2004, Zl 3.1-474/00-C-23, erging seitens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck an Herrn G. gemäß § 360 Abs 1 GewO die Aufforderung, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand unverzüglich herzustellen. Anlass für dieses Schreiben war ein Bericht seitens der Gemeinde G., aus dem die Erstbehörde den Verdacht schöpfte, dass die Betriebsanlage nicht nur im genehmigten Umfang und unter Einhaltung der Auflagen des Bescheides vom 16.02.2004 betrieben wurde.

 

Mit Berufungserkenntnis des Landeshauptmannes von Tirol vom 30.11.2004, Zl U-30.090/3, wurde der Berufung von P. A. insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zurückverwiesen wurde.

 

Im Bescheid vom 15.06.2005, Zl 3.1-474/00-C-34, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck M. G. neuerlich die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für gegenständliches Zwischenlager mit Aufbereitung für Aushubmaterial. Dagegen beriefen F. R., M. A. und P. A.

 

Mit Berufungserkenntnis des Landeshauptmannes von Tirol vom 30.12.2005, Zl U-13.833/4, wurde diesen Berufungen insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zurückverwiesen wurde.

 

Der nunmehr angefochtene Bescheid datiert mit 25.08.2006.

 

§ 360 Abs 4 bis 6 GewO 1994 lauten wie folgt:

?(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.

(5) Die Bescheide gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.?

 

Nach § 78 Abs 1 GewO 1994 dürfen Anlagen oder Teile von Anlagen vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Dieses Recht endet mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid, spätestens jedoch drei Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. ?

 

Aus dem eingangs beschriebenen Verfahrensstand ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides keine erstinstanzliche Betriebsanlagengenehmigung vorhanden war, auf die ein Betrieb im Sinn des § 78 Abs 1 GewO gestützt werden hätte können. Es liegt eine nicht genehmigte Betriebsanlage vor. Das Institut des § 360 Abs 4 GewO kann zur Abwehr einer durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachten unzumutbaren Belästigung der Nachbarn herangezogen werden. Die Begründung des bekämpften Bescheides erschöpft sich in der Anführung des Wortlautes des (nicht spruchgegenständlichen) § 360 Abs 1 GewO. Worin die Erstbehörde die vom angewendeten § 360 Abs 4 leg cit geforderten Voraussetzungen als gegeben erachtet, bleibt im Dunkeln. Es ergibt sich nicht, welche Nachbarn welcher Belästigung ausgesetzt sind. Nach der angewendeten Gesetzesbestimmung müsste es sich um eine Belästigung handeln, die im vorliegenden Einzelfall konkret gegeben ist. Eine abstrakte Belästigungsmöglichkeit reicht nicht aus (VwGH 19.09.1989, Zl 89/04/0058). Das konkrete Vorliegen einer solchen Belästigung ist sachverständig festzustellen. Eine solche sachverständige Feststellung ist aus dem Ermittlungsverfahren betreffend Antrag auf gewerberechtliche Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Anlage zur Aufbereitung sowie Zwischenlagerung auf Gst XY und XY, KG G., nicht zu ersehen bzw. in Ermangelung einer entsprechenden Bescheidbegründung nicht zuordenbar. Auch müssen die nach § 360 Abs 4 verfügten Maßnahmen dem Ausmaß der zugrunde liegenden Gefährdung oder Belästigung angemessen sein (?entsprechend dem Ausmaß?). Der Behörde obliegt es, Feststellungen über das Ausmaß der angenommenen Gefährdungen von Amts wegen zu treffen (VwGH 06.03.1984, Zl 83/04/0294). Eine Sicherheitsmaßnahme nach § 360 Abs.4 muss mit dem Ausmaß der angenommenen Gefährdung oder Belästigung vergleichend in Beziehung gesetzt werden können (VwGH 27.04.1993, Zl 92/04/0174). Da gegenständlich keine diesbezüglichen Erhebungen durchgeführt wurden, könnte

auch gar nicht beurteilt werden, ob die Entfernung sämtlicher Maschinen und Geräte aus der nicht genehmigten Betriebsanlage erforderlich ist, um die angenommenen Belästigungen hintanzuhalten oder ob ein gelinderes Mittel zum gleichen Erfolg führen würde.

 

Aufgrund des bekämpften Bescheides ist davon auszugehen, dass die von § 360 Abs 4 GewO für eine derartige Maßnahme geforderten Voraussetzungen nicht vorliegen, weshalb der Berufung Folge zu geben und der bekämpfte Bescheid zu beheben war.

Schlagworte
Die, Begründung, des, bekämpften, Bescheides, erschöpft, sich, in, der, Anführung, des, Wortlautes, des, nicht, spruchgegenständlichen, § 360 Abs 1 GewO, Worin, die, Erstbehörde, die, vom, angewendeten, § 360 Abs 4 leg cit, geforderten, Voraussetzungen, als, gegeben, erachtet, bleibt, im, Dunkeln, Es, ergibt, sich, nicht, welche, Nachbarn, welcher, Belästigung, ausgesetzt, sind, Eine, abstrakte, Belästigungsmöglichkeit, reicht, nicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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