TE UVS Tirol 2007/04/30 2007/23/0003-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn J. E., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K. R. und Mag. R. R., K., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 07.12.2006 zur Zahl 4a-06/488630 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die örtliche Beschränkung: Kraftfahrzeuge dürfen nur auf Fahrten innerhalb der Bezirke Kitzbühel, Kufstein und Zell am See gelenkt werden, ersatzlos gestrichen wird.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid verfügte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eine örtliche und sachliche Beschränkung der Lenkberechtigung für die Klasse B des Herrn J. E. gemäß § 24 Abs 3 FSG iVm § 8 Abs 3 FSG wie folgt:

 

Sachliche Beschränkung: Die gelenkten Kraftfahrzeuge müssen mit einem Automatikgetriebe und mit Servolenkung ausgestattet sein. Das Gaspedal muss sich auf der linken Seite befinden.

 

Örtliche Beschränkung: Kraftfahrzeuge dürfen nur auf Fahrten innerhalb der Bezirke Kitzbühel, Kufstein und Zell am See gelenkt werden.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die gegenständlichen Auflagen nur dadurch zustande kamen, da auf den Maßstab einer Durchschnittsperson abgestellt worden sei und diese im vorliegendem Sachverhalt nicht heranzuziehen seien. Sowohl bei der verkehrspsychologischen Untersuchung als auch beim amtsärztlichen Gutachten sei in keiner Weise auf die körperlichen Beschränkungen des Berufungswerbers Rücksicht genommen worden. Aus diesem Grunde wurde die neuerliche medizinische Untersuchung und Befundung beantragt und im Anschluss daran die ersatzlose Streichung der örtlichen Beschränkung im angefochtenen Bescheid.

 

Auf Grund dieses Berufungsvorbringens wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol über die Landessanitätsdirektion ein ergänzendes amtsärztliches Gutachten eingeholt und ergibt sich daraus folgende amtsärztliche Stellungnahme:

 

?Auftragsgemäß wurde Herr E. am 17.04.2007 amtsärztlich untersucht. Bei Herrn E. liegen an körperlichen Einschränkungen ein Zustand nach Unterschenkelamputation rechts mit Prothesenversorgung, ein Zustand nach komplexer Armverletzung links mit plastisch-chirurgisch nachgebildeter Hand und Zustand nach Knieendoprothesenversorgung links und ein Zustand nach Schulterteilendoprothesenversorgung links vor.

Aufgrund der Befragung des Herrn E. kann festgehalten werden, dass die Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erteilt wurde als Herr E. bereits invalide war.

Entsprechende technische Änderungen im Sinne eines Invalidenfahrzeugs waren offensichtlich durch sachliche Beschränkungen der Lenkberechtigung für die Klasse B für Herrn E. seit Jahren gegeben.

Aus dem Auszug der VPU geht hervor, dass bei Herrn E. derzeit eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vorliegt. Eine bislang unauffällige Verkehrsvorgeschichte und vorhandene kompensatorische Persönlichkeitsfaktoren werden als Grund angeführt, die festgestellten Leistungsmängel auszugleichen. Welche Leistungsmängel bei der Begutachtung vorgelegen sind ist aus dem Akt nicht ersichtlich, es wird unsererseits davon ausgegangen, dass die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mit Reaktionsverhalten, Sensomotorik etc. betroffen sein wird.

Aufgrund der seit vielen Jahren bestehenden Invalidität des Herrn E. mit eingeschränkter Motorik und fehlender Sensibilität der rechten unteren Extremität durch die Unterschenkelprothese und motorischen und sensiblen Defizite im Bereich der linken Hand als Folge des Arbeitsunfalls sind die festgestellten Ergebnisse der Leistungstests aus ho Sicht am Computer nachvollziehbar und erklärbar. Andererseits fährt Herr E. seit jeher ein Invalidenfahrzeug mit entsprechenden technischen Änderungen ohne durch diese körperlichen Einschränkungen verkehrsauffällig geworden zu sein. Aus amtsärztlicher Sicht ist daher festzuhalten, dass aufgrund der vorhandenen Geübtheit des Berufungswerbers mit seinem Fahrzeug eine zusätzliche örtliche Beschränkung für nicht notwendig erachtet wird.?

 

Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 24 Abs 2 FSG kann die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung auch nur hinsichtlich bestimmter Klassen ausgesprochen werden, wenn der Grund für die Entziehung oder Einschränkung nur mit der Eigenart des Lenkens dieser bestimmten Klasse zusammenhängt. Die Entziehung bestimmter Klassen ist, wenn zumindest noch eine weitere Lenkberechtigung aufrecht bleibt, in den Führerschein einzutragen. Eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung für die Klassen C (C1) und D nach sich, eine Entziehung einer der Klassen C (C1) oder D zieht die Entziehung der jeweils anderen Klasse nach sich.

 

Gemäß § 24 Abs 3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4), wegen einer zweiten in § 7 Abs 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs 2 nicht befolgt oder wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder wurde bei diesen Maßnahmen die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

§ 24 Abs 4 FSG normiert, dass wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen ist. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat sich ergeben, dass der Berufungswerber auf Grund seiner kompensatorischen Persönlichkeitsfaktoren in der Lage ist, die festgestellten Leistungsmängel auszugleichen. Im Wesentlichen ergibt sich auf Grund des Verkehrsmedizinischen Gutachtens der Landessanitätsdirektion, dass der Berufungswerber in der Lage ist, ein Fahrzeug ohne weitere örtliche Einschränkung zu lenken und war daher der Berufung Folge zu geben und die gegenständliche örtliche Beschränkung ersatzlos zu beheben.

Schlagworte
Aufgrund, des, durchgeführten, Ermittlungsverfahrens, hat, sich, ergeben, dass, der, Berufungswerber, aufgrund, seiner, kompesatorischen, Persönlichkeitsfaktoren, in, der, Lage, ist, die, festgestellten, Leistungsmängel, auszugleichen, war, daher, der, Berufung, Folge, zu, geben, die, gegenständliche, örtliche, Beschränkung, ersatzlos, aufzuheben
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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