TE UVS Tirol 2007/09/12 2007/16/1796-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.09.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung des Herrn F. G., D-R. a. A., vertreten durch Rechtsanwalt D. L., XY-Weg 4, D-R. O.T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19.04.2007, Zahl VK-571-2007, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.09.2007 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 180,00 auf Euro 100,00 herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 10,00 neu festgesetzt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber

Folgendes zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 28.12.2006 um 09.40 Uhr

Tatort: Gemeinde Gries am Brenner, auf der Brennerautobahn A 13, bei km 34.200 in Fahrtrichtung Innsbruck, LKW-Einreisewaage Brenner

Fahrzeug: Sattelzugfahrzeug, XY/Anhänger, XY

 

1. Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs 7 a KFG für Kraftwagen mit Anhängern von 40 Tonnen um 900 kg überschritten wurde.?

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 102 Abs 1 KFG iVm § 4 Abs 7a KFG

 

Nach § 134 Abs 1 KFG wurde eine Geldstrafe von Euro 180,00 zusätzlich der Verfahrenskosten erster Instanz von Euro 18,00 verhängt.

 

Das Straferkenntnis wurde im Rechtshilfewege am 03.07.2007 zugestellt.

 

In der Berufung wurde, wie im erstinstanzlichen Verfahren, darauf hingewiesen, dass der Sattelzug vorher mit der Bahn unterwegs gewesen wäre und daher 44 Tonnen hätte laden dürfen. Nach der in Deutschland geltenden 53. Ausnahmeverordnung zur Straßenverkehrs-Zulassungsordnung könne das zulässige Gesamtgewicht bei Fahrzeugkombinationen (Züge und Sattelkraftzeuge) mit mehr als 4 Achsen bis zu 44 Tonnen betragen, bei Fahrten im kombinierten Verkehr Schiene/Straße zwischen Be- und Entladestelle und nächstgelegenem Bahnhof. Es sei darauf hinzuweisen, dass in letzter Zeit ausschließlich Fahrzeuge bei der Einreise nach Österreich von Italien kommend beanstandet worden wären, während bei der Einreise von Deutschland kommend nach Österreich bei der Fahrt bis zum Verladebahnhof Wörgl niemals etwaige Überladungen beanstandet wurden. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich seinen Überladungen zulässig. Es führe ad absurdum, wenn man die wenigen Meter von der Grenze bis zum Verladebahnhof nicht mit der Ladung, wie sie in Deutschland bzw Italien zulässig sei fahren dürfe. Im weiteren Verfahren wurde vorgebracht, dass die Vorgangsweise der Behörde der Richtlinie 92/106/EWG des Rates vom 07.12.1992 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Mitgliedstaaten widerspreche. Deren Präambel laute:

 

?Der Binnenmarkt bringt ein erhöhtes Verkehrsvolumen mit sich; die Gemeinschaft muss daher das Nötige veranlassen, um ihre Verkehrsressourcen zum Wohle der Allgemeinheit bestmöglich zu nutzen; dies erfordert auch den Einsatz des kombinierten Verkehrs. Durch entsprechende Maßnahmen ist die Möglichkeit zu bieten, die Verkehrstechniken entsprechend dem technischen Fortschritt verkehrsträgerübergreifend unter Berücksichtigung der spezifischen Möglichkeiten und Bedürfnisse der Verkehrsunternehmer und Verkehrsteilnehmer zu entwickeln; diese Maßnahmen sind auf den kombinierten Verkehr Straße/sonstige Verkehrsträger auszurichten. Die Aufhebung aller mengenmäßigen Beschränkungen sowie verschiedener im Bereich des Straßentransports noch bestehender einengender Verwaltungsvorschriften fördert eine stärkere Inanspruchnahme des kombinierten Verkehrs?.

 

Artikel 4 der zitierten Richtlinie lautet:

?Alle in einem Mitgliedsstaat niedergelassenen Verkehrsunternehmer, welche die Voraussetzungen für den Zugang zum Beruf und für den Zugang zum Markt für den Güterverkehr zwischen Mitgliedsstaaten erfüllen, dürfen im Rahmen des kombinierten Verkehrs zwischen Mitgliedsstaaten innerstaatliche oder grenzüberschreitende Zuund/oder Ablaufverkehre auf der Straße durchführen, die Bestandteil des kombinierten Verkehrs sind.?

 

In Österreich sei bis vor kurzem eine Änderung und Anpassung auf ebenfalls 44.000 kg nicht vorgenommen worden. Nunmehr sei aber seit 01.08.2007 Folgendes bestimmt:

 

§ 4 Abs 7a KFG idF BGBl I 57/2007 (In Kraft getreten am 01.08.2007)

 

?Bei Kraftwagen mit Anhängern darf die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 40.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr 44.000 kg, und beim Transport von Rundholz aus dem Wald bis zum nächst gelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder zu einem Verarbeitungsbetrieb, höchstens 100 km Luftlinie, wenn die hintere Achse des Anhängers mit Doppelbereifung ausgerüstet ist oder beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, 44.000 kg nicht überschreiten. Die größte Länge von Kraftwagen mit Anhängern darf 18,75 m, vom Sattelkraftfahrzeug jedoch 16,5 m nicht überschreiten.?

 

Der zur Last gelegte Vorwurf der Überladung stamme wohl aus einer Zeit vor der Gesetzesänderung. Gleichwohl erscheine es unverhältnismäßig und nicht vertretbar, noch nicht abgeschlossene und laufende Verfahren entgegen der jetzigen Regelung sowie der Richtlinie zu ahnden. In Bezug auf die Stellungnahme des Meldungslegers zum ursprünglichen Einspruchsvorbringen wurde vorgebracht, dass ein gemessenes Gesamtgewicht von 40.900 kg bestritten werde und auf der Richtigkeit der von der RoLa festgestellten Masse von 40.600 kg bestanden werde. Es habe gar nicht die Möglichkeit bestanden zuzuladen.

 

In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde Beweis aufgenommen durch die Verlesung des erstinstanzlichen Aktes und die Einvernahme des Meldungslegers. Dieser legte entsprechend dem Beweisantrag den Wiegeschein vom damaligen Tatzeitpunkt vor und erklärte die Differenz zwischen dem Übernahmeschein laut ?RoLa? und dem Wiegeschein damit, dass die RoLa keine Waage habe und die Gewichte der Fahrer laut den Frachtbriefen übernehme. Es wären 250 Meter bis zum Tatort gewesen, die der Berufungswerber tatsächlich auf österreichischem Gebiet bis zur Waage gefahren sei. Bis zum Verladebahnhof beim Brennersee wären es ca 3 km gewesen.

 

Es wurden keine weiteren Beweisanträge gestellt. In der letzten Äußerung wurde die Einstellung des Verfahrens mangels Verschulden des Fahrers, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung beantragt.

 

§ 1 Abs 1 und 2 VStG

(1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

 

Sowohl zum Zeitpunkt der Tat als auch zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses erster Instanz galt die Vorschrift des § 4 Abs 7a KFG idF vor der 28. KFG-Novelle, BGBl I 57/2007. Diese Vorschrift lautete:

 

Bei Kraftwagen mit Anhängern darf die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 40.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 41.000 kg, und mit Containern und Wechselaufbauten 44.000 kg und beim Transport von Rundholz aus dem Wald bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder zu einem Verarbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, wenn die hintere Achse des Anhängers mit Doppelbereifung ausgerüstet ist oder beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, 44.000 kg nicht überschreiten.

 

Somit lag die Überladungsgrenze für normale Sattelzüge bei 40.000 kg. Für Spezialfahrzeuge lag sie bei 44.000 kg. Ein solches Spezialfahrzeug lag nicht vor, sodass tatsächlich eine Gewichtsüberschreitung vorlag.

 

Es wird angenommen, dass der Fahrer von den Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen ist und sich auf diese berufen hat. Als Verschuldensgrad ist Fahrlässigkeit anzunehmen, da ein Kraftfahrer sich auch über Abweichungen zwischen den Staaten der Europäischen Union unterrichten muss. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist nicht gering. Als Milderungsgrund ist die Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Tat zu werten. Weiters ist als mildernder Umstand zu werten, dass die Rechtsänderung kurz nach Zustellung des Straferkenntnisses eingetreten ist. Es kann daher die spruchgemäße Herabsetzung bewirkt werden. Die Voraussetzung für eine Ermahnung liegt nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht vor.

Schlagworte
Als, Verschuldensgrad, ist, Fahrlässigkeit, anzunehmen, da, ein, Kraftfahrer, sich, auch, über, Abweichungen, zwischen, den, Staaten, der, Europäischen, Union, unterrichten, muss
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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