TE UVS Tirol 2007/09/24 2007/22/2476-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn M. A., geb XY, XY-Straße 20, D-G., vd Rechtsanwälte L. und Partner, XY-Straße 37/41, D-E. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22.03.2007, Zl VK-3313-2007, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als verspätet zurückgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber eine Übertretung nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft zur Last gelegt. Dem erstinstanzlichen Akt ist dabei zu entnehmen, dass dieses Straferkenntnis im Rechtshilfeweg über die Bezirksregierung Köln durch ein Organ der Deutschen Post AG am 05.05.2007 durch Einlegung des Schriftstückes in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt wurde.

In der dagegen erhobenen Berufung, eingebracht per Telefax vom 02.07.2007, brachte der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber vor wie folgt:

 

?... in vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, dass uns Herr A. M., XY-Straße 20, G. mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt hat. Eine auf uns lautende Vollmacht fügen wir in Kopie bei.

 

Ihr Schreiben vom 20.03.2007 liegt uns vor.

Unser Mandant bestreitet den ihm zur Last gelegten Vorwurf.

 

Wegen eines mehrwöchigen geschäftlichen Auslandsaufenthaltes in dem Zeitraum vom 03.05. bis 24.06.2007 hat unser Mandant erst am 24.06.2007 von Ihrem Schreiben Kenntnis erlangt.

Namens und im Auftrag unseres Mandanten legen wir gegen den Bescheid vom 20.03.2007 Berufung ein.

 

Zur Vorbereitung der Berufungsbegründung bitten wir um Akteneinsicht.

Weiter teilen wir mit, dass unser Mandant ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und lediglich aus verfahrenökonomischen Gründen bereit ist, zur Beendigung des Verfahrens einen Betrag in Höhe von Euro 300,00 zu zahlen.

 

Wir bitten um eine kurze schriftliche Mitteilung, ob mit dieser Verfahrensweise Ihrerseits Einverständnis besteht.

 

Falls dies nicht der Fall sein sollte, bitten wir, unserem Akteneinsichtsgesuch stattzugeben. wir werden sodann die Berufung begründen.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol als Berufungsbehörde richtete folgendes, mit 25.07.2007 datiertes Schreiben an den Berufungswerber:

 

?Laut der im erstinstanzlichen Akt einliegenden Zustellungsurkunde wurde Ihnen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 20.03.2007, Zl VK-3313-2007, betreffend eine Übertretung nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft, am Samstag, dem 05.05.2007, durch Einlegen in den zu Ihrer Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.

 

Die Berufung gegen das Straferkenntnis ist allerdings erst am Montag, dem 02.07.2007, per Fax bei der Behörde eingelangt und wäre daher verspätet.

 

Sie bringen nunmehr vor, dass Sie sich vom 03.05.2007 bis 24.06.2007 aus geschäftlichen Gründen im Ausland aufgehalten haben. Nähere Angaben zum Auslandsaufenthalt fehlen.

 

Sie werden deshalb aufgefordert,

1. Ihre Behauptung zum durchgehenden Auslandsaufenthalt während des vorbezeichneten Zeitraumes zu präzisieren (wo genau haben Sie sich in welcher Zeit und zu welchem Zweck aufgehalten?) und dieses Vorbringen durch entsprechende Beweismittel zu belegen sowie

2. darzulegen, weshalb diese vorübergehende Abwesenheit aus Ihrer Sicht dazu geführt haben soll, dass Sie unter der Anschrift XY-Straße 20, D-G., keine Wohnung iSd § 178 bzw 180 ZPO mehr gehabt haben und damit durch Einlegung des Schriftstückes in den Briefkasten keine rechtswirksame Zustellung desselben bewirkt werden konnte.

 

Für die Rückantwort und die Vorlage bzw Bekanntgabe der Beweismittel wird eine Frist von 2 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens vorgemerkt (§ 24 VStG iVm § 45 Abs 3 AVG).

 

Zu Ihrem Ersuchen um Akteneinsicht wird mitgeteilt, dass es Ihnen freisteht, beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol während der Amtsstunden in den Gegenstandsakt Einsicht zu nehmen. Eine Übersendung des Aktes ist nicht möglich.?

 

Der Berufungswerber beantwortete dieses Schreiben mit Eingabe vom 22.08.2007 wie folgt:

 

?... in obiger Angelegenheit danke ich zunächst für die gewährte Fristverlängerung zur Stellungnahme.

 

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 25.07.2007 teile ich Ihnen nach Rücksprache mit meinem Mandaten mit, dass sich dieser vom 03.05.2007 bis 24.06.2007 nicht im Ausland, sondern gemeinsam mit seiner schwangeren Ehefrau G. M. bei seinen Schwiegereltern Frau Z. V. und Herrn D. V. in Berlin aufgehalten hat.

 

Beweis: 1) Zeugnis der Frau G. M.,

XY-Straße 20, G.

2) Zeugnis der Frau Z. V.,

XY-Straße 46, B.

3) Zeugnis des Herrn D. V.,

zu laden wie vor

 

Die Zeugen Z. und D. V. haben zu diesem Zeitpunkt eine Wohnung in der XY-Straße in B. bewohnt. Mein Mandant hielt sich in dem vorgenannten Zeitraum dort auf, um eine Wohnung und ein neues Ladenlokal in B. zu suchen.

Beweis: wie vor

 

Die Ehefrau meines Mandanten erwartet in zwei Monaten ihr zweites Kind und hat sich in B. regelmäßigen Kontrolluntersuchen unterzogen.

Beweis: wie vor

 

Da mein Mandant sich ununterbrochen in dem vorgenannten Zeitraum in B. aufgehalten hat, war es ihm erst nach seiner Rückkehr am 24.06.2007 möglich, Kenntnis von dem Schriftstück zu nehmen. Nach erfolgter Kenntnisnahme hat mein Mandant rechtzeitig und unverzüglich Berufung gegen das Straferkenntnis eingelegt.

 

Wie bereits unter Beweisantritt dargelegt, war mein Mandant, dessen geplante Rückkehr nach G. sich mehrfach verzögert hat, ohne Verschulden daran gehindet, zu einem früheren Zeitpunkt von dem Schriftstück Kenntnis zu nehmen. Der Zugang ist somit erst am 24.06.2007 erfolgt.?

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständliche Berufungsangelegenheit (Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h) laut § 6 lit f der Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eine Zuständigkeit der Mitglieder der Gruppe ?Verkehrsrecht I? begründet. Mit Verfügung des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12.09.2007 wurde die gegenständliche Berufungsangelegenheit daher dem gefertigten Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zugeteilt.

 

Nach § 63 Abs 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in I. Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Nach § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Gemäß § 33 legcit wird der Beginn und Lauf einer Frist durch Sonn- oder Feiertage nicht behindert (Abs 1). Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, so ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist (Abs 2). Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet (Abs 3).

Durch die Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG ist zunächst klargestellt, dass der Berufungsbehörde die Befugnis zu einer inhaltlichen Prüfung eines Bescheides nur dann zukommt, wenn die Berufung nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist.

Gemäß Art 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl 1990/526, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art 10 des genannten Vertrages geregelt. Gemäß dessen Art 10 Abs 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art 1 Abs 1 (somit auch im hier vorliegenden österreichischen Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen ?Eigenhändig? und ?Rückschein? zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstücks nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

Als zentrale Anlaufstelle für die Vornahme von Zustellungen für den Wohnort des Beschuldigten in Deutschland ist die Bezirksregierung Köln eingerichtet. Im vorliegenden Fall konnte das Straferkenntnis zunächst, wie auf Grund des erstinstanzlichen Akteninhaltes ersichtlich ist, im unmittelbaren Verkehr durch die Post nicht zugestellt werden. Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein richtete daraufhin ein Zustellersuchen an die Bezirksregierung Köln, worin auch gebeten wurde, das Straferkenntnis mit dem Vermerk ?eigenhändig? zuzustellen. Das Schriftstück wurde schließlich am 05.05.2007 durch ein Organ der Deutschen Post AG durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Dieser Vorgang wurde mit Zustellurkunde der Bezirksregierung Köln Zl 21.07.01-10.6452 bestätigt.

 

Die Zustellung war im gegenständlichen Fall, über die zentrale Stelle, nach dem Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz, LZG NRW) vorzunehmen (vgl § 1 LZG NRW oder zur Abgrenzung des Geltungsbereiches des deutschen Verwaltungszustellungsgesetzes von den einzelnen Landes-Zustellungsgesetzen, Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz6, Kommentar, 2004, § 1 VwZG, RZ 1f). § 3 LZG NRW regelt den Fall der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde. Soll nach Abs 1 legcit durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde. Für die Ausführung der Zustellung gelten gemäß Abs 2 legcit die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend.

 

§ 180 dZPO normiert die Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten. Ist demnach die Zustellung nach § 178 Abs 1 Nr 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

 

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit einer Ersatzzustellung durch Einlegung in den Briefkasten ist, dass der Beschuldigte am Ort der Zustellung eine ?Wohnung? hat. Der Berufungswerber wurde mit dem oben zitierten Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 25.07.2007 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 178 bis 180 dZPO eingeladen, nähere Angaben zur Frage des Vorliegens einer Wohnung ungeachtet seines in der Berufung vorgebrachten Auslandsaufenthaltes, zu machen.

 

In der Eingabe vom 22.08.2007 änderte er seine in der Berufung noch vertretene Verantwortung (Auslandsaufenthalt) dahingehend, das er sich gemeinsam mit seiner schwangeren Ehegattin vom 03.05.2007 bis 24.06.2007 (ununterbrochen) in B. aufgehalten habe, um dort eine Wohnung und ein neues Ladenlokal zu suchen. Die Ehegattin habe ein zweites Kind erwartet und habe sich in B. regelmäßigen Kontrolluntersuchungen unterzogen. Es sei ihm erst nach seiner Rückkehr (die geplante Rückkehr verzögerte sich mehrfach) am 24.06.2007 möglich gewesen, Kenntnis vom Schriftstück zu nehmen.

 

Selbst wenn man von den nach wie vor vage begründeten Angaben des Berufungswerbers in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.08.2007 ausgeht und den Widerspruch zwischen Berufung (Auslandsaufenthalt) und weiterem Vorbringen außer acht lässt, ist für den Berufungswerber nichts gewonnen. Der ca siebenwöchige Aufenthalt in B. vom 03.05.2007 bis 24.06.2007 vermag nämlich nichts daran zu ändern, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Zustellung (05.05.2007) nach wie vor (im übrigen offenkundig bis heute , siehe die Adressenangabe in der Berufung) an der Adresse XY-Straße 20, D-G. eine Wohnung im Sinne der oben zitierten Bestimmungen des § 180 dZPO hatte.

 

Der diesbezüglichen Judikatur der deutschen Höchstgerichte ist zu diesem Fragenkomplex nämlich zu entnehmen, dass unter einer ?Wohnung? im Sinne der obzitierten Bestimmung der §§ 178f dZPO Räumlichkeiten zu verstehen sind, in denen der Zustellempfänger hauptsächlich lebt, insbesondere schläft (BGH Urteil vom 24.11.1977, III ZR 1/76 (Karlsruhe), NJW 1978/1858 mwNachw, siehe auch öVwGH 18.03.1998, 96/03/0030). Benutzt er die Räume in dieser Weise, hebt auch eine vorübergehende Abwesenheit selbst bei längerer Dauer die Eigenschaft als ?Wohnung? nicht auf (BVerwG, Urteil vom 01.03.1991, 8 c 31/89 (VG Stuttgart), NJW 1991/1904, hier: 10-wöchiger vorübergehender XY-Aufenthalt des Klägers schadet nicht, zumal damit nicht der räumliche Mittelpunkt seines Lebens nach dort verlegt wird). Diese Eigenschaft geht vielmehr erst verloren, wenn sich während der Abwesenheit des Zustellempfängers auch der räumliche Mittelpunkt seines Lebens an den neuen Aufenthaltsort verlagert. Ob das der Fall ist, lässt sich jeweils nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen, wobei die Zwecke des Zustellungsverfahrens zu beachten sind, das einerseits dem Interesse des Zustellenden an einer einfachen und effektiven Zustellungsmöglichkeit Rechnung tragen soll, andererseits aber auch den Interessen des Zustellungsempfängers, der unter Wahrung des rechtlichen Gehörs in die Lage versetzt werden soll, Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück zu nehmen und seine Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung darauf einzurichten (BGH, Beschluss vom, 12.07.1984, IVb ZB 71/84 (Zweitbrücken), NJW 1985/2197).

 

Im gegenständlichen Fall gibt es keine Ansatzpunkte dafür, dass der Berufungswerber seinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen nach B. verlegen wollte. So war es für ihn offenkundig klar, nach seinem XY-Aufenthalt, der nach seinen eigenen Angaben der Suche nach einer neuen Wohnung (ob es sich dabei um eine Zweitwohnung handelt oder diese Wohnung einem geplanten Wohnsitzwechsel dienen soll, bleibt offen) und nach einem neuen Ladenlokal diente, wieder zurück nach G. zu kehren (?...die geplante Rückkehr nach G. verzögerte sich mehrfach...?, siehe Eingabe vom 22.08.2007).

 

Der Berufungswerber brachte auch nicht vor, an seinem Wohnsitz in G. nicht mehr polizeilich gemeldet zu sein. Wenngleich die Aufgabe der bisherigen Wohnung und die Begründung einer neuen Wohnung nicht voraussetzt, dass sich der Zustellempfänger polizeilich ummeldet, kann der polizeilichen Meldung in einer Gesamtbeurteilung eines Sachverhaltes durchaus auch entsprechende Bedeutung zukommen (vgl etwa BGH, Urteil vom 13.10.1993, XII ZR 120/92 (Karlsruhe), NJW-RR 1994, 564).

 

Entscheidend ist jedoch, dass der Wille des Wohnungsinhabers zur Aufgabe der Wohnung  nach außen erkennbar in seinem Verhalten Ausdruck gefunden hat. Dazu brachte der Berufungswerber, obwohl ihm dazu ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt wurde, nichts vor (etwa, dass er keine Miete mehr für die Wohnung in G. bezahle oder er die Wohnung bereits geräumt habe, zum in diesem Zusammenhang rechtlich unbedeutsamen vorübergehenden Bezug einer Zweitwohnung siehe BGH, Urteil vom 13.10.1993, XII ZR 120/92 (Karlsruhe), NJW-RR 1994/564).

 

Die deutschen Höchstgerichte messen auch der Freiwilligkeit der vorübergehenden Abwesenheit von der Wohnung eine entscheidende Bedeutung zu. Damit bringen sie zum Ausdruck, dass bei einer freiwilligen vorübergehenden Abwesenheit der Zustellempfänger ja die Möglichkeit gehabt hätte, dafür Sorge zu tragen, dass ihm aus dieser, von ihm geplanten, Abwesenheit von der Wohnung keine Nachteile erwachsen. So hat der BGH eine Abwesenheit für die Dauer von zwei Monaten zur Verbüßung einer Strafhaft als nicht mehr mit einer vorübergehenden Urlaubsabwesenheit, welche den Charakter einer Wohnung im Sinne der Zustellvorschriften unberührt lasse, vergleichbar angesehen. Bei einem zweimonatigen Klinikaufenthalt (der Zustellempfänger hat sich dabei lediglich zwei Wochen in der geschlossenen Abteilung, sodann in der offenen Nachbehandlungsstation befunden) besteht hingegen kein begründeter Anhaltspunkt dafür, dass der Zustellempfänger während seines Aufenthaltes in der Klinik den räumlichen Mittelpunkt seines Lebens in die Klinik verlegt habe, zumal er jedenfalls nach den zwei Wochen in der geschlossenen Abteilung Gelegenheit gehabt hätte, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern und auch dafür zu sorgen, dass ihm aus seiner vorübergehenden Abwesenheit kein Nachteil erwachse (vgl dazu BGH, Beschluss vom 12.07.1984, IVb ZB 71/84 (Zweibrücken), NJW 1985/2197 mwNachw., siehe zur Irrelevanz einer mehrmonatigen vorübergehenden beruflich bedingten Abwesenheit BFH, Urteil vom 04.06.1987, VR 131/86 (FG Düsseldorf), NJW 1988/1999). Aufgrund der Angaben der Berufungswerbers (Suche nach einer Wohnung und nach einem Ladenlokal) ist auch von der Freiwilligkeit der vorübergehenden Abwesenheit des Berufungswerbers auszugehen.

 

Zusammenfassend geht die Berufungsbehörde daher aufgrund der Angaben des Berufungswerbers davon aus, dass er den räumlichen Mittelpunkt seines Lebens während des von ihm angegebenen Zeitraumes vom 03.05. bis 24.06.2007 nicht nach B. verlagert hat. Somit wurde das gegenständliche Straferkenntnis dem Berufungswerber durch Einlegen in den zur Wohnung in Gelsenkirchen gehörenden Briefkasten am 05.05.2007 rechtswirksam zugestellt und ist sohin die erst am 02.07.2007 per Telefax eingebrachte Berufung als verspätet anzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Der, diesbezüglichen, Judikatur, der, deutschen, Höchstgerichte, ist, zu, diesem, Fragenkomplex, zu, entnehmen, dass, unter, einer, Wohnung, im, Sinne, der, obzitierten, Bestimmung, der, §§ 178 f dZPO, Räumlichkeiten, zu, verstehen, sind, in, denen, der, Zustellempfänger, hauptsächlich, lebt, insbesondere, schläft. Benutzt, er, die, Räume, in, dieser, Weise, hebt, auch, eine, längere, Abwesenheit, selbst, bei, längerer, Dauer, die, Eigenschaft, der, Wohnung, nicht, auf
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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