TE UVS Steiermark 2007/11/13 20.3-10/2007

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Veröffentlicht am 13.11.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 25. Juni 2007 eingelangte Beschwerde des L G, vertreten durch Dr. K K und Mag. W B, beide Rechtsanwälte in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), 113 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 88 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) Art 5 Staatsgrundgesetz vom 21.12.1967, RGBl 1867/142, und Erstes Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention BGBl 1958/210 (1. ZP EMRK), wie folgt entschieden: Die Einbehaltung von Barmitteln des Beschwerdeführers in der Höhe von ? 650,-- am 13. Mai 2007 und Nichtausfolgung bis 23. Juli 2007 durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur wird für rechtswidrig erklärt. Der Antrag, dass die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer abgenommenen Barmittel ausfolgt, wird als unzulässig zurückgewiesen. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II 2003/334, einen mit ? 1.500,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I. 1. In der Beschwerde vom 22. Juni 2007 wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 12. Mai 2007 im Zuge einer Personenkontrolle als Staatsangehöriger der Bundesrepublik Nigeria von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und am 13. Mai 2007 der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur, Fremdenpolizeibehörde, vorgeführt wurde. Es wurde die Schubhaft verhängt und befindet sich der Beschwerdeführer seit 13. Mai 2007 im Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Leoben. Mit Kostenbescheid vom 13. Mai 2007 wurde dem Beschwerdeführer der Ersatz der Kosten in der Höhe von insgesamt ?

650,-- vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung einen Betrag von ? 800,-- bei sich, wobei ?

650,-- sofort bei der Amtskasse der belangten Behörde verblieben seien. Gegen den Kostenbescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben. Da die Abnahme der Barmittel aufgrund eines der Vollstreckbarkeit nicht zugänglichen und inhaltlich rechtwidrigen Bescheides als verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu werten war und auch die Weigerung, rechtswidrig eingehobene Barmittel trotz Kenntnis nicht auszuhändigen, handle es sich um einen Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, der rechtswidrig sei. Im Übrigen sei der Kostenbescheid auch deshalb rechtswidrig, da die ziffernmäßige Bestimmung der Kosten einem gesonderten Bescheid vorbehalten sei (VwGH 20.01.1994, 90/06/0193). Kosten seien erst dann vorzuschreiben, wenn sie auch tatsächlich bereits angefallen sind (UVS Burgenland vom 04.07.1996, Zl 13/02/96049). Da im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch keine Schubhaftkosten angefallen sind, sei dieser inhaltlich rechtswidrig. Die eingebrachte Vorstellung habe aufschiebende Wirkung und könne bis zur abschließenden Entscheidung auch nicht vollstreckt werden. Von einer Vollstreckungsverfügung gemäß § 8 VVG, die die sofortige Vollstreckung des Kostenbescheides zulässig machen würde, wurde nicht Gebrauch gemacht. Die Einbehaltung der Barmittel stellt einen massiven Eingriff in das Recht auf Eigentum im Sinne des Art 5 StGG und Art 1 1. ZP EMRK dar. Es wurden daher die Anträge gestellt festzustellen, dass die rechtsgrundlose Einbehaltung der Barmittel des BF am 13.05.2007 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur bzw. in ihrem Namen oder Auftrag handelnde Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes rechtswidrig war und dadurch in die oben demonstrativ genannten Rechte des BF eingegriffen worden ist, feststellen, dass die Weigerung der Ausfolgung der rechtsgrundlos eingehobenen Barmittel des BF durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur rechtswidrig ist und dadurch in die oben demonstrativ genannten Rechte des BF eingegriffen worden ist und nach wie vor wird und aus diesem Grunde der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur auftragen, unverzüglich den der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates entsprechenden Rechtszustand herzustellen und dem BF die eingehobenen Barmittel auszufolgen. Zudem wurde ein Kostenantrag gestellt. Als Beilage wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 13. Mai 2007, GZ.: 2.2G 891-07/03, betreffend der Verhängung der Schubhaft, der Kostenbescheid der belangten Behörde vom 13. Mai 2007, GZ.:

2.2-1305/2007, als auch die dagegen eingebrachte Vorstellung vom 29. Mai 2007 beigelegt. Ebenso ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 04. Juni 2007 an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, GZ.: 2.2G 891-2007/15, wonach mitgeteilt wurde, dass die Dolmetschkosten in der Höhe von ? 234,37 dem Beschwerdeführer vorgeschrieben werden und die in der Zwischenzeit angefallenen Haftkosten durch einen neuerlichen Kostenbescheid festgelegt werden. 2. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur legte am 03. August 2007 eine Gegenschrift mit nachfolgendem Inhalt vor: Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 13.5.2007, GZ.: 2.2 G 891/07, wurde im Zuge einer fremdenpolizeilichen Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens der Abschiebung verhängt. Gleichzeitig wurde am 13.5.2007 ein Kostenbescheid gemäß § 113 Abs. 1 FPG 2005 i.d.g.F., unter GZ.: 2.2 - 1305/2007, erlassen, mit dem Kosten in der Höhe von ? 650,--, die bei der Erlassung und Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes entstanden sind, vorgeschrieben wurden, und in einem Barmittel des Beschwerdeführers in der Höhe von ? 650,-- von der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur einbehalten (siehe hierzu Empfangsauftrag an die Amtskasse der Bezirkshauptmannschaft Bruck a. d. Mur vom 14.5.2007, GZ.: 2.2 G 891/2007, und Einzahlungsbestätigung über ? 650,--, Beleg Nr.: 658669 vom 14.5.2007). Aus dem Gegenstandsakt ist ersichtlich, dass lt.

Anzeige der PI Bruck a.d. Mur vom 13.5.2007, GZ.: B 1/9203/2007-Kö., wegen Übertretung nach dem Fremdengesetz eine Sicherheitsleistung von ? 100,-- durch die Exekutive eingehoben worden ist und wurde dieser Betrag am 14.5.2007 bei der Amtskasse der BH Bruck a.d. Mur gesondert zur Einzahlung gebracht. Aus ha. Sicht ist damit der Verbleib der vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers angezogenen ? 100,-- geklärt und sind die in der Begründung des oben zitierten Kostenbescheides angeführten ?

750,-- als nicht korrigierter Schreib- und Rechenfehler anzusehen. Gegen diesen Mandatsbescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben und von der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mit ha. Schreiben vom 4.6.2007, GZ.: 2.2 G 891 - 2007/15, wurden die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, den Kostenbescheid abzuändern, da die tatsächlich angefallenen Dolmetschkosten ? 234,37 betragen. Gleichzeitig wurde darüber informiert, dass über die zwischenzeitlich angefallenen Haftkosten ein gesonderter Kostenbescheid ergehen würde. Den Rechtsvertretern wurde im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen eingeräumt und haben diese daraufhin die verfahrensgegenständliche Maßnahmenbeschwerde beim UVS für Steiermark eingebracht. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach der belangten Behörde qualifizierte Untätigkeit durch Nichtauszahlung der einbehaltenen Gelder zum Vorwurf gemacht wird, ist auszuführen, dass der Betrag von ? 650,-- auf ein Verwahrgeldkonto der BH Bruck a.d. Mur, Voranschlagstelle 03657001, zur Einzahlung gebracht wurde. Es ist amtsbekannt, dass im Zuge einer Festnahme bzw. Einlieferung einer Person in ein Gefangenenhaus deren Effekten festgestellt und in Verwahrung genommen werden. Wie aus dem im Akt befindlichen Haftbericht unter IV. - Effekten ersichtlich, wurde neben diversen Gegenständen auch ein Bargeldbetrag in der Höhe von ? 807,20 festgestellt und in Verwahrung genommen. Lediglich aus verwaltungsökonomischen Gründen sind ? 650,-- bei der BH Bruck a.d Mur als zuständiger Behörde verblieben, um allenfalls zukünftig rechtskräftig angefallene Kosten direkt abrechnen zu können. Diese Vorgangsweise wird auch durch den Vermerk über die entnommenen ?

100,-- betreffend die angefallene Sicherheitsleistung untermauert. Von der belangten Behörde wurde und wird das Eigentum des Beschwerdeführers an den auf dem oben angeführten Verwahrgeldkonto verbliebenen Barmitteln nicht bestritten und würden diese jederzeit wieder ausbezahlt werden, sofern dies begehrt worden wäre oder wird. Die von den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers getroffene Feststellung, wonach ein solches Begehren an die Behörde gerichtet worden sei, ist ha. nicht aktenkundig. Vielmehr hat der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung lediglich die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, die Einräumung des Parteiengehörs, das Recht auf Akteneinsicht sowie die Behebung des bekämpften Bescheides begehrt. Es wurde der Antrag gestellt, die Beschwerde abzuweisen, da kein rechtswidriges Verhalten von Behörden bzw Exekutivorganen vorliege. Zudem wurde der Fremdenpolizeiakt der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur, GZ.: 2.2 G 891-07, vorgelegt. 3. Mit Schriftsatz vom 02. Oktober 2007 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass im Zuge seiner Festnahme ein Betrag von ? 100,-- wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz als Sicherheitsleistung einbehalten worden sei. Am 09. Juli 2007 seien zwei Kostenbescheide über die Schubhaftkosten sowie über die Dolmetschkosten samt Vollstreckungsverfügung ergangen. Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass ein Betrag von ? 650,-- bei der belangten Behörde verblieben sei, wodurch der Beschwerdeführer nicht frei über diese Barmittel im Zuge der Effektensammlung verfügen konnte. Auch habe der juristische Mitarbeiter der Rechtsvertreter, R F, den Beschwerdeführer am 15. Juni 2007 im PAZ Leoben aufgesucht und feststellen können, dass der Beschwerdeführer lediglich eine Verfügungsgewalt über ? 50,--, die im Rahmen der Effektenverwaltung im PAZ verwahrt wurden, hatte. Im aktengegenständlichen Empfangsauftrag an die Amtskasse der belangten Behörde vom 14. Mai 2007, unterzeichnet von der Sachbearbeiterin, Frau R, findet sich der Vermerk mit obigen GZ wurde im Gegenstande dem/der G L folgende Geldleistungen vorgeschrieben. Sodann sei zum Betrag in der Höhe von ? 650,-- der Zweck des vorgeschriebenen Betrages vermerkt worden: Refundierung uneinbr. Kosten. Aus dem Dokument gehe eindeutig hervor, dass die Einbehaltung des Barbetrages auf einer Vorschreibung beruhe und beabsichtigt gewesen sei, den Betrag zu Gunsten der belangten Behörde und nicht, wie in der Gegenschrift behauptet worden sei, zur Verwahrung einzubehalten. Sofern die Behörde vermeint, dass die Barmittel jederzeit wieder ausgefolgt worden wären, falls ein dementsprechendes Begehren gestellt worden wäre, wird darauf verwiesen, dass der juristische Mitarbeiter der Rechtsvertreter am 29. Mai 2007 und 01. Juni 2007 mit dem zuständigen Referenten der belangten Behörde, M U, Kontakt aufgenommen habe. Im Rahmen des Gespräches hätte der Referent eingeräumt, dass Mag. B, Journaldienstbeamter am Tag der Schubhaftverhängung, wohl einen Fehler gemacht hätte, da er keine Vollstreckungsverfügung ausgestellt habe, jedoch wurde der Aufforderung auf Ausfolgung der Barmittel insofern entgegnet und nicht stattgegeben, als mitgeteilt wurde, es sei Drogengeld. Die nicht rechtskonforme Vorgangsweise des Journalbeamten werde durch einen neuerlichen Bescheid samt Vollstreckungsverfügung saniert. II. 1. Aufgrund des Akteninhaltes sowie der Einvernahme der Zeugen Mag. A B und R F in der Verhandlung am 05. Oktober 2007 geht der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark von nachfolgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürger und wurde am 12. Mai 2007 im Sprengel der belangten Behörde festgenommen. Am 13. Mai 2007 erließ die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur zur Durchsetzung des bestehenden und mit Bescheid erlassenen Aufenthaltsverbotes der BPD Wien vom 26.01.2005, GZ.: III-1153566/FRB/05 und der mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.03.2006, GZ.: 03 36.945 - BAW verhängten Ausweisung eine Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens der Abschiebung und sprach noch aus, dass gemäß § 113 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 die Kosten der Vollziehung der Schubhaft vom Fremden zu ersetzen sind. Ebenfalls am 13. Mai 2007 erließ die belangte Behörde einen Kostenbescheid, GZ.: 2.2-1305/2007, wonach gemäß § 113 Abs 1 FPG die Kosten, die bei der Erlassung und Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes entstanden sind, vorgeschrieben wurden, dh Gebühren für Sachverständigen und Dolmetscher ? 200 und Schubhaftkosten ? 450, zusammen ? 650,--. Beide Bescheide wurden dem Beschwerdeführer am 13. Mai 2007 ausgehändigt. Gegen den Kostenbescheid brachte der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Vorstellung am 29. Mai 2007 ein. Im Zuge der Festnahme wurde beim Beschwerdeführer ein Barbetrag von ? 800,-- vorgefunden. Am 14. Mai 2007 stellte die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur einen Empfangsauftrag unter dem Titel Refundierung uneinbringlicher Kosten in der Höhe von ?

650,-- aus. Von der Polizeiinspektion Bruck/Mur wurde im Zuge der Festnahme eine Sicherheitsleistung in der Höhe von ? 100,-- wegen einer Übertretung nach dem Fremdengesetz eingehoben und zusammen mit der Strafanzeige der Einzahlungsbeleg dem Strafreferat der belangten Behörde vorgelegt. Mit Auszahlungsanordnung, GZ.: 2.2 G 891-2007/12, wurden am 23. Mai 2007 Dolmetschkosten in der Höhe von ? 234,37 überwiesen. Am 24. Mai 2007 wurde an das Bundesministerium für Inneres ein Ersuchen übermittelt, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu beantragen. Am 03. Juli 2007 erließ die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur einen neuerlichen Kostenbescheid, GZ.: 2.2 G 891-2007/25, in der Höhe von ? 415,63 gemäß § 113 Abs 1 FPG als Schubhaftkosten. Zudem wurde am 03. Juli 2007 von der belangten Behörde eine Vollstreckungsverfügung, GZ.: 2.2 G 891-2007/24, in der Höhe von ?

415,63 als Schubhaftkosten (52 Hafttage a 27,52 vom 13.05. bis 03.07.2007, gesamt ? 1.431,04) anteilig erlassen. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, dass der Berufung dagegen gemäß § 10 Abs 3 VVG keine aufschiebende Wirkung zukomme. Ebenso wurde am 03. Juli 2007 von der belangten Behörde ein weiterer Kostenbescheid, GZ.: 2.2 G 891-2007/23, in der Höhe von ? 234,37 als Gebühr für Sachverständigen und Dolmetscher vorgeschrieben und desgleichen eine Vollstreckungsverfügung, GZ.: 2.2 G 891-2007/24, in der Höhe von ? 234,37 erlassen. Durch die Einzahlung in der Amtskasse der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur hatte der in Schubhaft befindliche Beschwerdeführer keinen Zugriff auf den Betrag von ? 650,--. Als R F, Mitarbeiter der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, über Auftrag des Beschwerdeführers am 19. Mai 2007 zwecks Rückerlangung des Betrages von ? 650,-- Kontakt mit der belangten Behörde, insbesondere mit dem Fremdenreferenten M U, fernmündlich aufnahm, wurde ihm mitgeteilt, dass man zwar wisse, dass die Vorgangsweise nicht ganz korrekt sei, da keine Vollstreckbarkeitsverfügung ergangen sei, jedoch werde man den Betrag nicht ausfolgen. Des Weiteren gab M U an, dass bei Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Betrag ohnehin zu leisten wäre und es handle sich um Drogengeld. In der Folge wurde noch ein paar Mal mit dem Fremdenreferenten von Seiten des Vertreters des Beschwerdeführers fernmündlich Kontakt aufgenommen und der Betrag verlangt, jedoch das Begehren jedes Mal abgewiesen. 2. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich im Wesentlichen auf den Akteninhalt, als auch die Zeugenaussagen des Mag. B und R F. Grosso modo steht auch der festgestellte Sachverhalt bei den Parteien außer Streit. Einzig der Umstand, dass die belangte Behörde davon ausgeht, dass der Betrag von ? 650,-- im Verwahrgeldkonto der belangten Behörde blieb und bei Begehren jederzeit wieder ausbezahlt worden wäre, ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar. Aufgrund der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Zeugenaussage des R F, juristischer Mitarbeiter des Vertreters des Beschwerdeführers, hat dieser fernmündlich im Rahmen eines Gespräches mit dem Fremdenreferenten, M U, der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur bereits am 29. Mai 2007 das Begehren gestellt, den Betrag ausgehändigt zu bekommen. Der Zeuge R F schildert das Gespräch durchaus in einer detaillierten Weise und gab noch an, dass der Fremdenreferent das Geld als Drogengeld bezeichnete, als auch die Bemerkung, dass der Betrag am Ende des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ohnedies einzubehalten wäre. Dass hierüber, insbesondere über das Begehren des Zeugen R F, kein Aktenvermerk von Seiten der belangten Behörde angefertigt wurde, lässt jedoch noch nicht den Schluss zu, dass ein derartiges Herausgabebegehren nicht gestellt wurde. Zudem räumt der Zeuge Mag. A B, Journalbeamter bei der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Festnahme, ein, dass der Beschwerdeführer keinen Zugriff auf den einbehaltenen Betrag von ? 650,-- hatte, da dieser in der Amtskasse der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur deponiert war. Der Betrag wurde deshalb einbehalten, damit er zur künftigen Sicherung der Dolmetschkosten als auch der Schubhaftkosten vorhanden sei und nicht vom Beschwerdeführer ausgegeben wird. Dies sei auch mit den beiden Fremdenreferenten der belangten Behörde, M U und R, abgesprochen worden. Auch die Tatsache, dass gegen den Kostenbescheid das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben wurde, erhärtet die Annahme, dass der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter das Begehren auf Herausgabe des Geldbetrages gestellt hat. III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Die Beschwerde über die Amtshandlung am 13. Mai 2007 und danach langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 25. Juni 2007 ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da sich der Vorfall im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ereignete. Gemäß § 67 a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht auch fest, dass die Deponierung des Geldbetrages von ? 650,-- bei der Amtskasse der belangten Behörde im Zuge der Verhängung der Schubhaft, als auch die Nichtherausgabe des Betrages trotz Begehrens, am 29. Mai 2007 durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein Akt der unmittelbaren Zwangsgewalt darstellt. Insbesondere hat die belangte Behörde durch die Nichtweitergabe der Barmittel in die Effektenkammer des PAZ Leoben und der damit der Verfügungsgewalt des Beschwerdeführers entzogenen Barmittel weiterhin unmittelbaren Zwang ausgeübt. Zudem wurde die Einbeziehung des Geldbetrages im Hinblick auf den § 113 FPG durchgeführt, wodurch auch der § 88 Abs 2 SPG zur Anwendung gelangt. Dass der Beschwerdeführer hiebei in seinem Recht über sein Bargeld - wenn auch in concreto über den Umweg der Effektenkammer - nicht mehr frei verfügen konnte, wird selbst von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt und würde somit zumindest einen Beschwerdegegenstand nach § 88 Abs 2 SPG darstellen. Eine derartige Beschwerde erfährt die gleiche rechtliche Behandlung wie die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Zwangsgewalt (siehe § 88 Abs 4 SPG). 2. Gemäß § 113 Abs 1 FPG sind von Fremden die Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes, der Ausweisung oder Zurückschiebung entstehen, sowie die Kosten der Vollziehung der Schubhaft, einschließlich der Aufwendungen für den Ersatz gelinderer Mittel und der Dolmetschkosten, zu ersetzen. Die belangte Behörde gründet ihren Kostenbescheid auf den § 113 Abs 1 FPG. Wenn die belangte Behörde hiebei einräumt, dass der Geldbetrag auf ein Verwahrgeldkonto der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur zur Einzahlung gebracht wurde und es amtsbekannt sei, dass im Zuge der Festnahme bzw Einlieferung einer Person in ein Gefangenenhaus deren Effekten in Verwahrung genommen werden, so ist es vorerst folgerichtig. Gemäß § 9 Abs 2 der Anhalteordnung (AnhO), BGBl II 1999/128, sind derartige Effekten in Verwahrung zu nehmen, der Häftling kann jedoch über diese Gegenstände verfügen. Auf dem Wege wäre es daher durchaus zulässig, dass der Beschwerdeführer mittels Verfügung den bei ihm sichergestellten Geldbetrag seinem Rechtsvertreter aushändigen lässt, da der Beschwerdeführer als Schubhäftling nur geringfügige Geldbeträge bei sich haben darf (§ 9 Abs 1 leg cit). Dass eine derartige Verfügungsgewalt jedoch nicht bestand, da der Betrag bei der Amtskasse der belangten Behörde deponiert war, wird vom Zeugen Mag. A B bestätigt, weil der Betrag zur zukünftigen Sicherung der Dolmetschkosten als auch Schubhaftkosten herangezogen werden sollte. Aufgrund des Kostenbescheides der belangten Behörde vom 13. Mai 2007 gemäß § 113 Abs 1 FPG ergibt sich jedenfalls kein Auftrag zum Erlag des dort genannten Betrages als Sicherheit (etwa nach § 37 VStG). Ein Kostenersatz, -vorschuss nach § 76 Abs 4 AVG kommt ebenfalls nicht in Betracht, da kein Antragsverfahren vorliegt. Im Anlassfall liegt eine beschlagnahmeähnliche Geldabnahme zum Zwecke der Sicherung des im § 113 Abs 1 FPG vorgesehenen Kostenersatzes vor, die nebenbei bemerkt auch nicht eine gesetzliche Deckung erfährt. Dies deshalb, da sich die Pflicht zum Kostenersatz nach dem Wortlaut des § 113 Abs 1 FPG nur auf die Kosten der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes, der Ausweisung oder der Zurückschiebung bezieht, sowie auf die Kosten der Vollziehung der Schubhaft. Diese Regelung des Ersatzes von Vollzugskosten ermächtigt die Fremdenbehörde, dem betroffenen Fremden den Ersatz von Vollzugskosten aufzuerlegen. Diese Vollzugskosten stellen keine Barauslagen dar. Sie fallen erst nach Verfahrensabschluss (Bescheiderlassung) mit dem Vollzug der Schubhaft an. Eine Anwendung des § 76 Abs 1 und 2 AVG ist ausgeschlossen, da Abschiebekosten und Schubhaftkosten weder über Antrag noch aus Verschulden des Fremden, sondern aufgrund einer amtswegigen Verfügung anfallen. Die Bestimmungen über die Kostentragung (§ 59 Abs 1 iVm § 74 AVG) lassen eine Feststellung der Kostentragungspflicht im Vorhinein mit einem bestimmten Betrag nicht zu, da hiefür die erforderliche gesetzliche Grundlage fehlt. Ein Bescheid, in dem die ziffernmäßige Bestimmung der Kosten einem gesonderten Bescheid vorbehalten wird, ist rechtswidrig (VwGH 20.01.1994, 90/06/0193). Daraus ergibt sich zwingend, dass die tatsächlich angefallenen Kosten betragsmäßig mit Bescheid vorzuschreiben sind. Die Erlassung von Zwischenbescheiden (analog § 393 ZPO) ist unzulässig (siehe Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht, Manz Verlag, 6. Auflage, RZ 416). Dies gilt auch für den Kostenersatz, der schon begrifflich voraussetzt, dass Kosten, die von der Behörde zu bestreiten sind, betragsmäßig feststehen müssen. Hiebei wird erwähnt, dass die vom Beschwerdeführer angeführte Entscheidung des UVS Burgenland vom 07. Juli 1996, GZ.: 13/02/96049, sinngemäß angewendet werden kann, wobei jedoch bei der dortigen Sachlage kein Kostenbescheid erlassen wurde. Der von der Behörde am 13. Mai 2007 erlassene Kostenbescheid sieht im Falle der Nichteinbringung eine Zahlungsfrist von 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides vor. Da jedoch rechtzeitig das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht wurde, hat diese - wie die Behörde zutreffend in der Rechtsmittelbelehrung ausführt - aufschiebende Wirkung, dh, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden. Eine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 8 VVG wurde nicht erlassen. Die Vollstreckungsverfügungen vom 03. Juli 2007 sind für den zu beurteilenden Zeitraum nicht relevant. Vielmehr wäre dem Herausgabebegehren des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers am 29. Mai 2007 als auch danach, von Seiten der belangten Behörde stattzugeben gewesen und der Betrag auszuhändigen. Dass ein derartiges Anbringen nur schriftlich gestellt werden kann, wird selbst von der belangten Behörde nicht behauptet und ist auch nicht dem § 13 AVG zu entnehmen. Durch die Nichtherausgabe des dem Beschwerdeführer abgenommenen Geldbetrages ohne eine gesetzliche Grundlage, hat die belangte Behörde in das Eigentumsrecht, nämlich der freien Verfügbarkeit derartiger Geldbeträge, eingegriffen. Abschließend wird noch bemerkt, dass die von der Behörde gewählte Vorgangsweise keine Deckung im Gesetz findet, da es die Fremdenbehörde in der Hand hätte, Geldbeträge, die von in Schubhaft genommenen Fremden mitgeführt werden, einfach (ohne jedes Verfahren und in beliebiger Höhe) einzubehalten und später - offenbar nach Bekanntsein der tatsächlichen Kosten - abzurechnen. Es mögen hiefür praktische Überlegungen ausschlaggebend sein, eine gesetzliche Deckung besteht jedoch hiefür nicht. Eine Sicherung von zukünftigen Kosten, die voraussichtlich anfallen, deren Höhe im Zeitpunkt der Einbehaltung aber noch nicht bekannt ist, was die belangte Behörde offenbar im Sinn hatte, sehen das FPG und auch das AVG jedenfalls nicht vor (siehe auch obgenannte Entscheidung des UVS Burgenland). Die Einbehaltung des Betrages von ? 650,-- durch die belangte Behörde trotz Begehrens von Seiten des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers war somit trotz Erlassung des Kostenbescheides - der eine Vollstreckung noch nicht zugänglich machte - rechtswidrig und stellt somit einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers nach Art 5 StGG und Art 1 1. ZP EMRK dar. 3. Der Antrag der belangten Behörde, auftragen, unverzüglich den der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates entsprechenden Rechtszustand herzustellen und dem BF die eingehobenen Barmittel auszufolgen, war als unzulässig zurückzuweisen. Die Entscheidungskompetenz des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark i.S.d. § 67 c Abs 3 AVG beschränkt sich auf die Feststellung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes und beinhaltet keinen Leistungs- bzw Unterlassungsabspruch. 4. Gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II 2003/334, waren dem Beschwerdeführer Kosten in der Höhe von ? 1.500,-- zuzusprechen. Dem Beschwerdeführer gebühren ?

660,80 an Schriftsatzaufwand, ? 826,-- an Verhandlungsaufwand und ? 13,20 an Stempelgebührenersatz.

Schlagworte
Geldbetrag Abnahme Verwahrung Kostenersatz Schubhaft Sicherheit Verfügungsgewalt Vollstreckungsverfügung Eigentumsrecht Ausfolgungspflicht
Zuletzt aktualisiert am
09.07.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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