TE UVS Tirol 2007/12/04 2007/13/1617-3

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Veröffentlicht am 04.12.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des Herrn R. S., vertreten durch Dr. H. P., T., XY-Straße 3/II, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11.06.2007, Zahl 703-4-656-2007-FSE, nach der am 02.10.2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 35 FSG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11.06.2007, Zahl 703-4-656-2007-FSE, wurde der Berufungswerber aufgefordert sich hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides untersuchen zu lassen.

Begründend wurde in diesem Bescheid ausgeführt, dass sich laut Anzeige der Polizeiinspektion Telfs vom 31.05.2007 Hinweise darauf ergeben hätten, dass möglicherweise gesundheitliche Probleme bestehen, welche negative Auswirkungen auf das sichere Lenken von Kraftfahrzeugen haben könnten.

 

In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vor, dass es einem Staatsbürger unumwunden zugestanden werden müsse, sich allenfalls gegen unberechtigte Vorwürfe zur Wehr zu setzen, ohne dass er gleich Gefahr laufe, dass vermutet werde, es würden gesundheitliche Probleme bestehen, welche negative Auswirkungen auf das sichere Lenken von Kraftfahrzeugen haben könnten. Er, welcher auf Grund seines gefestigten Gesundheitszustandes sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht, keine Angst davor habe, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen, sei über die Vorgangsweise der Behörde, welche auch die Anzeige der Polizei Telfs gründe, sehr erstaunt. Dass er sowohl psychisch wie auch physisch uneingeschränkt in der Lage sei, Kraftfahrzeuge, welcher Art auch immer, zu lenken, werde auch durch die Bestätigung seines Hausarztes Dr. G. M., praktischer Arzt in T., vom 18.06.2007 dokumentiert. Aus dieser Bestätigung ergebe sich, dass der erfahrene Arzt Dr. G. M. keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür finde, dass er sich auffallend verhalten würde. Nachdem keinerlei medizinische Anhaltspunkte vorliegen, welche rechtfertigen würden, dass er sich einer amtsärztlichen Begutachtung betreffend seiner Verkehrszuverlässigkeit ergeben haben und auch nicht vorliegen würden, sei davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid unrichtig sei, weshalb beantragt werde, diesen aufzuheben.

Dieser Berufung war die Bestätigung des Dr. G. M., T., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18.06.2007 angeschlossen. Aus dieser Bestätigung geht hervor, dass der Berufungswerber, R. S., seit Jahren in seiner hausärztlichen Behandlung stehe. Der Berufungswerber nehme keinerlei die Psyche oder Reaktionszeit beieinflussende Medikamente und sei bisher in keiner Weise aufgefallen.

 

Auf Grund dieser Berufung wurde am 02.10.2007 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. In dieser wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Zeugen Insp. T. G. sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt als auch in den Akt der Berufungsbehörde. Schließlich wurde Einsicht genommen in den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck in der Strafsache gegen R. S. vom 31.07.2007, Zahl 36 Hv 118/07s, in welchem ausgeführt ist, dass der Berufungswerber, R. S., von der wider ihn erhobenen Anklage, das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB begangen zu haben, begangen zu haben, rechtskräftig gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde.

 

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht nachfolgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

BI P. von der Polizeiinspektion T. erhob gegen den Berufungswerber, R. S., Privatanzeige wegen folgendem Vorfall:

Der Berufungswerber sei auf der Autobahn A 12 von Mötz kommend die Abfahrt Telfs/West abgefahren. Zum selben Zeitpunkt sei BI P. mit seinem Privatdienstfahrzeug von der Autobahn A 12 in Fahrtrichtung Mötz gekommen und ebenfalls bei der Abfahrt Telfs/West abgefahren. Insp. P. ist der Ansicht, dass ihn der Berufungswerber an jener Stelle, wo die Autobahnabfahrt der A 12, Telfs/West und Telfs/Ost, in eine Spur einmünden, um seinen Vorrang gebracht habe.

Am 31.05.2007 gegen 15.20 Uhr befand sich der Berufungswerber im Bereich der Autobahnabfahrt Telfs/West um sich den damaligen Tatort anzuschauen, insbesondere wollte er im Bereich der auf der Autobahnabfahrt A 12 Telfs/West befindlichen Brücke die Vorrangverhältnisse besichtigen, um eine Stellungnahme zu einem gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahren abgeben zu können.

 

Am 31.05.2007 um 15.20 Uhr wurde die Polizeiinspektion Telfs von mehreren Fahrzeuglenkern auf der Inntalautobahn A 12 davon verständigt, dass sich eine ältere Person auf der Autobahnabfahrt Telfs/West befinden soll und im Bereich der dortigen Brücke spazieren gehen solle. Daraufhin begaben sich BI H. P. und Insp. T. G. zum Tatort. Insp. G. konnte den Berufungswerber in der Mitte der Autobahnbrücke am Fahrbahnrand wahrnehmen. Ihm war der Berufungswerber aus mindestens zwei vorhergehenden Amtshandlungen bekannt. Über Frage, warum er sich auf der Autobahn aufhalte, gab der Berufungswerber an, dass er sich die Verkehrszeichen im Bereich der Autobahnabfahrt genau anschauen müsse, weil er von einem Polizisten der Polizeiinspektion Telfs angezeigt worden sei. Insp. G. erklärte dem Berufungswerber, dass er sich als Fußgänger nicht auf der Autobahn aufhalten dürfe. BI P. forderte den Berufungswerber mehrfach auf sich von der Autobahnabfahrt zu entfernen. Der Berufungswerber ignorierte jedoch jegliche Aufforderung durch die Beamten und ging in Richtung Autobahn weiter. BI P. versuchte den Berufungswerber am Arm zu ergreifen um ihn am Weitergehen zu hindern und ihn zum Einsatzfahrzeug zu begleiten, jedoch riss sich der Berufungswerber aus dem lockeren Griff von BI P. los, gestikulierte wild und stellte sein Schreien und Gestikulieren auch noch mehrfache Aufforderung nicht ein. Letztlich konnte der Berufungswerber von Insp. G. durch langwieriges Überreden dazu bewogen werden zum Einsatzfahrzeug mitzukommen.

 

Dieses geschilderte Verhalten hätte beim einvernommenen Zeugen Insp. T. G. noch nicht dazu geführt eine Meldung an die Bezirkshauptmannschaft zur Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers zu erstatten. Ausschlaggebend für die Einleitung dieses Verfahrens war, laut seinen Angaben anlässlich der durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung, der Verlauf der Amtshandlung auf der Polizeiinspektion Telfs. Dort wurde dem Berufungswerber erneut erklärt, dass sein zuvor geschildertes Verhalten gesetzwidrig sei und Anzeigen wegen Verwaltungsübertretungen gegen ihn zur Folge habe. Der Berufungswerber wiederholte mehrfach, dass er die Autobahnabfahrt nur besichtigen habe wollen, um eben eine Stellungnahme zu einem laufenden Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn abgeben zu können. Dabei befand sich der Berufungswerber in einem psychischen Erregungszustand und beschimpfte er die anwesenden Beamten der Polizeiinspektion Telfs lauthals als inkompetente Personen. Auf Grund dieses unkooperativen Verhaltens wurde dem Berufungswerber seitens der kontrollierenden Beamten der Führerschein abgenommen, ebenso der Schlüssel zu seinem Fahrzeug. Weder den Schlüssel zu seinem Fahrzeug noch den Führerschein wollte der Berufungswerber freiwillig herausgeben, weshalb der Berufungswerber seitens der kontrollierenden Beamten wegen aggressiven Verhaltens nach dem Sicherheitspolizeigesetz angezeigt wurde.

 

Festgehalten wird, dass der Meldungsleger Insp. T. G. den Berufungswerber wegen Verdachtes der Nötigung nach § 105 StGB zur Anzeige brachte. Von diesem Vorwurf wurde der Berufungswerber vom Landesgericht Innsbruck freigesprochen. Auf der Polizeiinspektion Telfs wurde mit dem Berufungswerber auch ein Alkotest durchgeführt, welcher ein Ergebnis von 0,0 Promille brachte.

 

Festgehalten wird, dass der Berufungswerber im Besitz eines Behindertenausweises ist. Er ist gehbehindert.

 

Diese Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei und unbestritten aus der diesem Verwaltungsverfahren zu Grunde liegenden Anzeige der Polizeiinspektion Telfs vom 31.05.2007, Zahl E1/17107/2007-Gru, in Verbindung mit der Zeugenaussage des Meldungslegers Insp. T. G. anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 24 Abs 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

 

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.

die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Nach § 24 Abs 4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Ein Aufforderungsbescheid, wie er im Gegenstandsfall erlassen wurde, ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von einer Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt.

 

Hierbei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Zur Annahme von begründeten Bedenken bedarf es nicht eines Gutachtens eines ärztlichen Sachverständigen.

 

Im Gegenstandsfall ging der amtshandelnde Polizeibeamte Insp. T. G., wie er anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung angibt, erst auf Grund des Verlaufes der Amtshandlung auf der Polizeiinspektion Telfs (wiederholtes Aggressionsverhalten des Berufungswerbers) in Verbindung mit zahlreichen früheren Vorfällen mit dem Berufungswerber davon aus, dass bei diesem möglicherweise die Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr gegeben sein könnte.

 

Aktenkundig ist ein solcher vom Zeugen Insp. T. G. genannter früherer Vorfall, nämlich jener, bei dem ein Verfahren zur Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers eingeleitet wurde, weil dieser ein Fahrzeug lenkte ohne angegurtet zu sein. Dieser Sachverhalt wurde in weiterer Folge von der zuständigen Erstbehörde jedoch als nicht ausreichend empfunden, um die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers in Zweifel zu ziehen.

 

Unbestritten handelt es sich beim Berufungswerber, welcher dem entscheidenden Mitglied aus anderen Verfahren bekannt ist, um einen, wie auch der Zeuge Insp. T. G. anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ausführt, um einen schwierigen Menschen. Der vom Zeugen Insp. T. G. beschriebene Erregungszustand des Berufungswerbers anlässlich der Amtshandlung auf der Polizeiinspektion Telfs stand jedoch nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Lenken eines Fahrzeuges. Vielmehr war dieser Erregungszustand auch darauf zurückzuführen, dass der Berufungswerber von den kontrollierenden Beamten zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert wurde (dieser brachte das Ergebnis von 0,0 Promille) sowie weiters ihm eine Anzeige wegen aggressiven Verhaltens nach dem StGB in Aussicht gestellt wurde. Außerdem wurde dem Berufungswerber, wenn auch in der gegebenen Situation berechtigt, sein Führerschein samt Schlüssel vom Fahrzeug abgenommen.

 

Auf Grund dieser beschriebenen Umstände sind nach Ansicht der Berufungsbehörde die Bedenken der Erstbehörde, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, nicht gerechtfertigt. Allein die Tatsache, dass sich der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt die Vorrangverhältnisse am Tatort angesehen hat um eine Stellungnahme in einem gegen ihn laufenden Verwaltungsstrafverfahren abgeben zu können, erachtete selbst der einschreitende Beamte als nicht ausreichend, um ein Verfahren zur Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit einzuleiten. Auch der den Berufungswerbers behandelnde Hausarzt Dr. G. M. (Arzt für Allgemeinmedizin) attestiert dem Berufungswerber keinerlei Verhaltenauffälligkeiten in psychischer oder physischer Hinsicht.

 

Es war daher der angefochtene Bescheid, mit dem der Berufungswerber aufgefordert wurde, sich vom Amtsarzt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen untersuchen zu lassen, zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

HINWEIS:

Für die Vergebührung des Berufungsantrages (samt Beilagen) sind Euro 13,20 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.

Schlagworte
Unbestritten, handelt, es, sich, beim, Berufungswerber, welcher, dem, entscheidenden, Mitglied, aus, anderen, Verfahren, bekannt, ist, um, einen, schwierigen, Menschen. Der, vom, Zeugen, Insp. T.G., beschriebene, Erregungszustand, des, Berufungswerbers, anlässlich, der, Amtshandlung, auf, der, Polizeiinspektion, T., stand, jedoch, nicht, unmittelbar, im, Zusammenhang, mit, dem, Lenken, eines, Fahrzeuges. Vielmehr, war, dieser, Erregungszustand, auch, darauf, zurückzuführen, dass, der, Berufungswerber, von, den, kontrollierenden, Beamten, zur, Durchführung, des, Alkotestes, aufgefordert, wurde, sowie, ihm, weiters, eine, Anzeige, wegen, aggressiven, Verhaltens, nach, dem, StGB, in, Aussicht, gestellt, wurde. Außerdem, wurde, dem, Berufungswerber, wenn, auch, berechtigt, sein, Führerschein, samt, Schlüssel, vom, Fahrzeug, abgenommen. Auf, Grund, dieser, beschriebenen, Umstände, sind, nach, Ansicht, der, Berufungsbehörde, die, Bedenken, der, Erstbehörde, ob, die, Voraussetzungen, der, gesundheitlichen, Eignung, noch, gegeben, sind, nicht, gerechtfertigt
Zuletzt aktualisiert am
24.09.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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