TE UVS Tirol 2008/03/12 2008/22/0134-3

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Veröffentlicht am 12.03.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn XY geb. XY, vertreten durch RA Dr. W. W., 6020 Innsbruck, gegen den Bscheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 26.11.2007, Zl 703-4-1637-2007-FSE, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) wird der Berufung Folge gegeben und der gegenständliche Bescheid behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerber gemäß den §§ 8 und 24 Abs 4 Führerscheingesetz (FSG) aufgefordert, sich hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck binnen eines Monates ab Zustellung dieses Bescheides untersuchen zu lassen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass sich auf Grund der vorliegenden Strafanzeige der Polizeiinspektion Steinach am Brenner vom 11.07.2007 an den Bezirksanwalt des Bezirksgerichtes Innsbruck Hinweise (aggressives Verhalten gegenüber der Ehefrau) ergebe, dass möglicherweise durch aggressives Verhalten im Straßenverkehr die Verkehrssicherheit gefährdet werden könnte und somit die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ in Frage zu stellen sei.

 

In der rechtzeitigen Berufung wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der Berufungswerber Beamter des Oberlandesgerichtes Innsbruck und niemals auch im Entferntesten gewalttätig in Erscheinung getreten sei. Die Anzeigen der Ehefrau seien im Zuge des Scheidungsverfahrens getätigt worden und daher äußerst vorsichtig zu bewerten. Weiters sei auch eine massive Streiterei zwischen Ehegatten, wenn nicht einmal eine Verletzung einer Person gegeben ist, nicht als Begründung heranzuziehen, dass die Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Fahrzeugen in Zweifel zu ziehen ist. Daher werde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt sowie den Akt des BG Innsbruck XY.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

 

Zentrale Frage im gegenständlichen Verfahren ist, ob das dem Berufungswerber vorgeworfene aggressive Verhalten gegenüber seiner Ehefrau einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs 4 FSG rechtfertigt.

 

Aus dem erstinstanzlichen Akt und aus dem Akt des Bezirksgerichtes Innsbruck ergibt sich, dass gegen den Berufungswerber eine Wegweisung nach § 38a Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) sowie ein Betretungsverbot gemäß § 38a Abs 6 SPG und in der Folge auch eine Einstweilige Verfügung nach § 382b der Exekutionsordnung (EO), wonach dem Berufungswerber verboten wurde, in das Haus XY und dessen unmittelbare Umgebung zurückzukehren, ausgesprochen wurden. In der Einstweiligen Verfügung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 382 Abs 2 EO das Gericht einer Person, die einem nahen Angehörigen durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einer solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, auf dessen Antrag den Aufenthalt an bestimmt bezeichneten Orten zu verbieten hat, soweit nicht schwerwiegende Interessen des Antragsgegners dem zuwiderlaufen. Diese Tatbestandsmerkmale seien im vorliegenden Fall durch den als bescheinigt festgestellten Sachverhalt erfüllt. Somit wurde dem Berufungswerber verboten, die gemeinsame Ehewohnung und deren Umgebung zu betreten.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes BGBl I 1997/120 idF BGBl I 2006/32 (FSG) maßgebend:

 

?§ 3.

(1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

 

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9,

 

§ 24.

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl II 1997/322 idF BGBl 2006/64 (FSG-GV) lauten:

 

?§ 3.

(1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

 

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen.

 

§ 5.

(1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

 

2.

organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

3.

Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewußtseinsstörungen oder -trübungen kommt,

4.

schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a)

Alkoholabhängigkeit oder

b)

andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten.

 

Nach der stRsp des VwGH (vgl. VwGH 13.12.2005, 2005/11/0191, sowie jüngst VwGH 25.7.2007, 2007/11/0024, unter Hinw auf VwGH 22.2.2007, 2004/11/0004) ist Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheids nach § 24 Abs 4 FSG, dass begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

 

Im vorliegenden Zusammenhang wäre der Aufforderungsbescheid dann rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dem Berufungswerber ermangle es wegen dem aggressiven Verhalten gegenüber seiner Ehefrau an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Dazu gibt es jedoch keine Anhaltspunkte und führt auch die Behörde I. Instanz nichts Näheres in dieser Richtung aus.

 

Der Berufungswerber versucht zwar in der Berufung das Verhalten gegeben über seiner Ehefrau herabzuspielen, tatsächlich ist jedoch aufgrund der polizeilichen Ermittlungsergebnisse und der Aussagen vor dem Bezirksgericht Innsbruck davon auszugehen (und findet diese Annahme ja auch in der gerichtlichen Entscheidung ihre Bestätigung), dass der Berufungswerber gegenüber seine Ehefrau über längere Zeit ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt hat. Insbesondere die massiven Drohungen (vgl etwa S 7 der oben zitierten Einstweiligen Verfügung) gegen seine Ehefrau sind als besonders verwerflich anzusehen.

 

Aber selbst diese Drohungen begründen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol für sich alleine nicht in ausreichend konkreter Weise den Verdacht, dem Beschwerdeführer fehle es an der nötigen körperlichen und psychischen Gesundheit zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Hier müssten zumindest Indizien vorliegen, die darauf hinweisen, dass der Berufungswerber dieses Verhalten auch im Straßenverkehr setzt.

 

Auch kann von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung (als Teil der gesundheitlichen Eignung eines Inhabers einer Lenkberechtigung) nur bei einem Verhalten gesprochen werden, bei dem es zu relativ schwer wiegenden Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften oder innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu mehreren Vorentziehungen gekommen ist. Nach Auffassung des VwGH liegt mangelnde Verkehrsanpassung dann nicht vor, wenn der Inhaber einer Lenkberechtigung (bloß) ein allenfalls rechtswidriges und strafbares Verhalten setzt, das in keinem näheren Zusammenhang zu kraftfahrrechtlichen oder straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften steht (vgl VwGH 27.01.2005, 2004/11/0217, hier aggressives Verhalten und Tätlichkeiten im Rahmen einer Mietrechtsstreitigkeit).

 

Das vom Berufungswerber an den Tag gelegte aggressive Verhalten und die damit einhergehenden Drohungen gegenüber seiner Ehefrau weisen zusammenfassend keinen ausreichenden Bezug zu einem kraftfahrrechtlichen oder straßenverkehrsrechtlichen Fehlverhalten auf, welches einen Mangel der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung indiziert.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

HINWEIS:

Für die Vergebührung des Berufungsantrages (samt Beilagen) sind Euro 13,20 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.

Schlagworte
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Zuletzt aktualisiert am
22.10.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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