TE Vwgh Beschluss 2001/11/20 95/09/0077

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2001
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
77 Kunst Kultur;

Norm

ABGB §1025 impl;
AVG §62 Abs3;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1990/473;
DMSG 1923 §1 Abs3 idF 1990/473;
DMSG 1923 §3 idF 1990/473;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ZPO §35 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde der GI in Klosterneuburg und der SR in Dornbirn, beide vertreten durch Dr. Peter Gatternig in Wien I., Renngasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Bildung vom 31. Dezember 1994, Zl. 25.302/1-IV/3/94, betreffend Unterschutzstellung nach den §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. Mai 1988 stellte das Bundesdenkmalamt fest, dass die Erhaltung der "Villa M" in P, EZ 171 der KG P, gemäß §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Dieser Bescheid wurde der (damaligen) Eigentümerin dieser Liegenschaft - BJ - , an die er auch adressiert war, zu Handen ihres Rechtsvertreters zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Liegenschaftseigentümerin BJ Berufung.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Dezember 1994 wurde der von "BJ ... vertreten durch ... gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 16. Mai 1988, Zl. 1456/3/88, eingebrachten Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz ... keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt." Dieser Bescheid wurde laut Rückschein dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin am 2. Februar 1995 zugestellt; an diesem Tag erfolgte auch die Zustellung an den Bürgermeister der Gemeinde P bzw. an die genannte Gemeinde. Was die Zustellung an den Landeshauptmann von Kärnten betrifft, bescheinigt der Rückschein die erfolgte Übernahme; ein Datum enthält der Rückschein jedoch nicht.

Gegen diesen Bescheid erhoben GI und SR Beschwerde (datiert mit 13. März 1995) an den Verwaltungsgerichtshof (bei diesem am 14. März 1995 eingelangt). Zu ihrer Beschwerdebefugnis führten sie aus, dem Unterschutzstellungsbescheid komme dingliche Wirkung zu. Grundbücherlicher Eigentümer werde eine Person mit der Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch. BJ sei am 4. März 1993 verstorben. Die Erstbeschwerdeführerin (I) sei Alleinerbin gewesen. Auf Grund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung sei in der (vorgelegten) Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 1. Oktober 1993 u.a. ausgesprochen worden, dass ihr ob der Liegenschaft EZ 171 KG P die Einverleibung des Eigentumsrechts zu bewilligen sein werde. Die Erstbeschwerdeführerin habe der Zweitbeschwerdeführerin mit Schenkungsvertrag vom 23. November 1993 die betreffende Liegenschaft geschenkt. Die Einverleibung des Eigentumsrechts der Zweitbeschwerdeführerin sei auf Grund des (vorgelegten) Beschlusses des Bezirksgerichts K vom 2. Februar 1995 am Tag der Zustellung des nunmehr angefochtenen Bescheides erfolgt. Sei die Einverleibung des Eigentumsrechts der Zweitbeschwerdeführerin zeitlich nach Zustellung des bekämpften Bescheides erfolgt, wäre die Beschwerde namens der Erstbeschwerdeführerin einzubringen, andernfalls durch die Zweitbeschwerdeführerin. Da die genaue Uhrzeit der Zustellung bzw. Eintragung in das Grundbuch nicht festgehalten werde, sei im Beschwerdefall ein Unsicherheitsfaktor in Bezug auf die Beschwerdelegitimation gegeben, sodass beide Beschwerdeführerinnen als zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde berechtigt angesehen werden müssten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Die Beschwerde ist aus folgenden Gründen nicht zulässig:

Auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerinnen und der von ihnen vorgelegten Nachweise ist davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid entsprechend seiner Zustellverfügung "Frau BJ" zu Handen deren Rechtsvertreter erst nach ihrem Ableben sowie dem Landeshauptmann von Kärnten, dem Bürgermeister von P und der Gemeinde P zugestellt worden ist.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Beschwerden sind nach § 34 Abs. 1 VwGG (und zufolge Abs. 3 leg. cit. in jeder Lage des Verfahrens) wegen des Mangels der Berechtigung zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass nach dem Inhalt des Berufungsbescheides (einschließlich seiner Zustellverfügung) unzweifelhaft BJ Bescheidadressatin und Verpflichtete der bescheidmäßigen Feststellung, an der Erhaltung des näher bezeichneten (und in ihrem Eigentum gestandenen) Denkmals bestehe ein öffentliches Interesse, ist und nach dem Willen der belangten Behörde sein sollte. Der in einem Verfahren betreffend die Unterschutzstellung eines unbeweglichen Denkmals ergangene Berufungsbescheid wurde demnach gegen eine bereits verstorbene Liegenschaftseigentümerin erlassen.

Mit dem Tod einer physischen Person endet deren Rechtsfähigkeit. Ein verstorbener Liegenschaftseigentümer kann daher nicht Adressat des Bescheides über die Unterschutzstellung eines (bis zu seinem Ableben in seinem Eigentum gestandenen) unbeweglichen Denkmals sein. Der in einem solchen Verfahren ergangene Berufungsbescheid konnte daher nicht wirksam gegen die verstorbene Berufungswerberin (und frühere Liegenschaftseigentümerin) erlassen werden. Der angefochtene Bescheid ist daher jedenfalls gegenüber der Liegenschaftseigentümerin und Berufungswerberin ins Leere gegangen (vgl. dazu Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz 431) und hat die Berufung nicht erledigt; denn die im Zeitpunkt des Todes bestandene Rechtsposition kann auch nicht mehr dadurch verändert werden, dass - in Unkenntnis der Sachlage - der Bescheid an den rechtsfreundlichen Vertreter der Verstorbenen zugestellt worden ist (vgl. auch die hg. Beschlüsse vom 21. Juni 1994, Zl. 94/07/0064, vom 13. November 1990, Zl. 89/08/0288, vom 7. Oktober 1976, Slg. NF Nr. 5027/F, und vom 11. Juni 1974, Slg. NF Nr. 4703/F).

Ist somit der angefochtene Berufungsbescheid (vom 31. Dezember 1994) aber der Liegenschaftseigentümerin gegenüber ins Leere gegangen, dann kann selbst der Umstand, dass (dem Liegenschaftseigentümerin gegenüber) wirksam erlassene Bescheide nach § 3 DMSG "dingliche Wirkung" haben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 1997, Zl. 96/09/0208) im vorliegenden Fall nicht dazu führen, dass der insoweit keine Rechtswirkungen hervorrufende Berufungsbescheid (vgl. dazu auch den Beschluss eines verstärkten Senates vom 24. September 1968, Slg. NF Nr. 7409/A) gegenüber den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - gestützt auf ihren nach dem Tod von BJ (hintereinander) erfolgten Eigentumserwerb der hier maßgebenden Liegenschaft - als beschwerdeführende Parteien auftretenden Personen Rechtswirkungen entfaltet und diese demnach durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt sein können (vgl. dazu den in einem Unterschutzstellungsverfahren ergangenen hg. Beschluss vom 15. April 1998, Zl. 96/09/0136 mwN). Die belangte Behörde wird daher das Verfahren über die Berufung der verstorbenen Liegenschaftseigentümer mit dem aktuellen Eigentümer der betroffenen Liegenschaft fortzusetzen haben.

Die Beschwerde der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin erweist sich daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat mit Beschluss zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage näher einzugehen war, wem im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung die Stellung als grundbücherlicher Liegenschaftseigentümer zukam.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2, 49 und 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. November 2001

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Tod des Beschwerdeführers Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit natürliche Person Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche Wirkung Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Allgemein VwRallg10/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995090077.X00

Im RIS seit

24.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten