TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/21 98/04/0075

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Veröffentlicht am 21.11.2001
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §52;
AVG §56;
B-VG Art20 Abs1;
GewO 1994 §353;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs3;
GewO 1994 §75 Abs1;
GewO 1994 §75 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77;
StGB §289;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des G und der M in K, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 26. Februar 1998, Zl. 5/02- 1203/3-1998, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: E GmbH in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Dr. Dietmar Lirk und Dr. Claudia Csaky, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Franz-Josef-Straße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage zur Erzeugung von Matratzen und verschiedenen dazugehörigen Handelswaren samt technischen Einrichtungen und Nebenanlagen auf einem näher beschriebenen Standort erteilt. Weiters wurde im Instanzenzug (u.a.) einem Antrag auf "Erlassung eines Feststellungsbescheides auf Grund einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union" keine Folge gegeben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Betriebsanlagengenehmigung dürfe nur dann versagt werden, wenn eine oder mehrere der Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlägen und die Genehmigungsfähigkeit auch nicht durch Vorschreibung entsprechender Auflagen hergestellt werden könne. Andernfalls hätte der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der angestrebten Genehmigung. Ein gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens dürfe nur auf Grund eines entsprechenden Antrages mit den daran angeschlossenen, gemäß § 353 GewO 1994 erforderlichen Unterlagen eingeleitet und durchgeführt werden. Das Genehmigungsansuchen samt den angeschlossenen Unterlagen bestimme insofern die Sache, über die die Behörde im Genehmigungsverfahren zu entscheiden habe, als sich die Beurteilung der Auswirkungen einer geplanten Betriebsanlage nur darauf erstrecken könne. Auf Grund dieser Rechtslage sei das Vorbringen, es hätte eine Prüfung sämtlicher Lärm- und Luftschadstoffimmissionen, die ein zur Gänze bebautes und betrieblich genutztes "Gewerbegebiet B" verursachen würde, vorgenommen werden müssen, rechtlich verfehlt und nicht geeignet, eine Versagung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung zu begründen. Verfahrensgegenstand sei eben nur eine Betriebsanlage zur Erzeugung von Matratzen und verschiedenen dazugehörigen Handelswaren und nicht das "Gewerbegebiet B". Es stelle einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar, dass die Behörden ihren Entscheidungen die Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu Grunde zu legen hätten. Daher sei jenes Berufungsvorbringen, welches auf künftige Eigentumsnutzungen oder sonstige mögliche zukünftige Entwicklungen Bezug nehme, rechtlich irrelevant. Die Behörde erster Instanz habe ein äußerst ausführliches Ermittlungsverfahren durchgeführt und dabei unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen mögliche Auswirkungen der geplanten Anlage auf beinahe jede der im § 74 Abs. 2 GewO 1994 angeführten Schutzinteressen geprüft. Ausgeklammert sei zu Recht auf Grund der vorhandenen örtlichen Gegebenheiten die im § 74 Abs. 2 Z. 3 GewO 1994 erwähnten Schutzinteressen, wie z.B. eine Beeinträchtigung der Religionsausübung in Kirchen. Nach Durchführung eines Lokalaugenscheines habe seitens der Berufungsbehörde festgestellt werden können, dass diese in ihrem Umfang über das übliche Maß hinaus gehende Begutachtung durch die Behörde erster Instanz keiner weiteren Ergänzung bedürfe. Angesichts der umfangreichen Entscheidungsgrundlagen der Amtssachverständigen könne im Hinblick auf die Charakteristik der geplanten Betriebsanlage nicht erwartet werden, dass irgendeine zusätzliche technische Erhebung, etwa in Bezug auf Lärm- oder Luftschadstoffe, ein Ergebnis mit sich bringen könnte, welches zur Versagung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung führen müsse. Maßgebend für diese Schlussfolgerung sei insbesondere die große Entfernung der Wohnobjekte der einzelnen Berufungswerber zum geplanten Betriebsstandort und andererseits der wahrgenommene und auch durch die vorliegenden Lärmmessungen bestätigte relativ hohe Umgebungslärm des Gebietes, welcher vor allem durch häufige Zugfahrten auf der nahen ÖBB-Strecke und durch ständige Verkehrsgeräusche von der Salzachtal-Bundesstraße geprägt sei. Das in der Berufung vorgebrachte "Vorhandensein einer natürlichen Ruhe und Stille, also Lärmfreiheit" stelle sicherlich nicht ein wesentliches Qualitätskriterium des Standortes des geplanten Betriebes und dessen Umgebung dar. Die lärmtechnische Begutachtung durch den gewerbetechnischen Amtssachverständigen und das darauf aufbauende Gutachten der ärztlichen Amtssachverständigen hätten ergeben, dass bei den nächstgelegenen Objekten die Abfahrt von sechs firmeneigenen LKW im Zeitraum einer halben Stunde nach Schichtbeginn (also um ca. 05.30 Uhr) dann den einzig wahrnehmbaren Betriebslärm darstelle, wenn sowohl auf der Bundesstraße als auch auf der ÖBB-Strecke Ruhe herrsche. Sämtliche sonstige Betriebslärmemissionen lägen bei allen Nachbarn unter der Hörbarkeitsschwelle. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass der gewerbetechnische Amtssachverständige für die LKW-Fahrbewegungen inklusive Reversiervorgänge eine Dauer von 5 Minuten in Rechnung gestellt und erläuternd ausgeführt habe, dass im vorliegenden Projekt für Reversiervorgänge ein ausreichender Freiraum zur Verfügung stehe, sodass diese Vorgänge in einer sehr kurzen Zeit durchzuführen seien und somit rasch abgewickelt werden könnten. Wenn man zusätzlich bedenke, dass bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h im 5 Minuten die Strecke von 1,2 km zurückgelegt werde, komme man zu dem Ergebnis, dass die Beurteilungsprämissen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen sicherlich nicht ungünstig für die Nachbarn wären. Die chemischumwelttechnische Begutachtung habe selbst bei einer Worst-Case-Berechnung ergeben, dass hinsichtlich sämtlicher möglicher Luftschadstoffe die dem Stand der Technik entsprechenden Immissionsgrenzwerte teilweise um "mehrere Kommastellen" unterschritten würden, sodass nach Ansicht der belangten Behörde zu diesem Thema ebenfalls keine weitere Erörterung erforderlich sei. In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Partei, sofern sie die Richtigkeit der Gutachtensergebnisse in Zweifel ziehe, diesen Ausführungen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten habe. Nach dieser Judikatur könne jedenfalls den Ausführungen des Amtssachverständigen nicht allein mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise entgegen getreten werden. Es sei daher zu bemerken, dass die Berufungswerber dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen in keinem Stadium des Verfahrens auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten seien. Als derartig laienhafte Äußerung im Sinne der erwähnten Rechtsprechung sei wohl auch jenes Berufungsvorbringen zu werten, wonach dem Verfahren "unabhängige, nicht weisungsgebundene, nicht beamtete Sachverständige" beigezogen hätten werden müssen, weil es sich bei der Errichtung einer Betriebsansiedlungszone im Bereich des "B" um ein politisches Projekt handle, das von der Salzburger Landesregierung seit dem Jahr 1989 massiv betrieben würde. Möchte man dem Rechtsvertreter der Berufungswerber nicht unterstellen, mit diesem Vorbringen unterschwellig den Vorwurf eines von den Amtssachverständigen begangenen Amtsmissbrauches durch eine wissentlich unrichtige Begutachtung erheben zu wollen, sei darauf hinzuweisen, dass dem Beurteilungsgegenstand der technischen Amtssachverständigen im Wesentlichen Naturgesetze zu Grunde lägen und auch einem naturwissenschaftlichen Laien bekannt sein müsste, dass diese Gesetze nicht der politischen Willensbildung unterlägen. Für die belangte Behörde bestehe daher nicht die geringste Veranlassung, das gegenständliche Vorhaben einer neuerlichen Begutachtung durch nichtamtliche Sachverständige unterziehen zu lassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien bei der Ermittlung des betriebskausalen Störlärms Vorgänge im engen örtlichen Bereich der Betriebsanlage vom Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr abzugrenzen. Es seien daher die Ein- und Abbiegevorgänge der Anlage zuzurechnen, Fahrbewegungen vor bzw. nach diesen Vorgängen jedoch nicht mehr. Da es sich bei der "B-Aufschließungsstraße" eindeutig um eine öffentliche Verkehrsfläche handle, die den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung unterliege, sei im Sinne dieser Rechtslage auf jenes Berufungsvorbringen, welches Emissionen durch Betriebsfahrzeuge im Nahbereich der Kreuzung "B-Aufschließungsstraße" mit der Bundesstraße zum Gegenstand habe, nicht geeignet, eine Versagung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung zu begründen, weil diese Vorgänge nicht mehr der Betriebsanlage zuzurechnen seien. Eine durch eine gewerbliche Betriebsanlage verursachte Gefährdung des Eigentums der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 liege nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn die Substanz des Eigentums bedroht sei, wenn die Sachnutzung bedroht sei, wenn eine sinnvolle Nutzung der Sache wesentlich beeinträchtigt werde oder überhaupt nicht mehr möglich sei oder aber auch, wenn eine wesentliche bestimmungsgemäße ortsübliche Nutzungsweise des Eigentums vereitelt werde. Dass die geplante Betriebsanlage zur Erzeugung von Matratzen keine Bedrohung der Substanz des Eigentums oder der Sachnutzung bewirke, ergebe sich aus den von der Behörde erster Instanz eingeholten schlüssigen Sachverständigengutachten. Das Berufungsvorbringen, welches eine Eigentumsgefährdung durch Verlust der Freude an der bäuerlichen Arbeit, Zerstörung der landschaftlichen Schönheit, Aufeinanderprallen von Industrienutzung mit Grünlandnutzung u.ä. zum Gegenstand habe, lasse sich nach Überzeugung der belangten Behörde nicht unter einen der aufgezählten Tatbestände der Eigentumsgefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 subsumieren, zumal die Behörde bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Anlage nach objektiven Maßstäben vorzugehen habe und schon nach den Erfahrungen des täglichen Lebens festgestellt werden könne, dass eine landwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu Betrieben sehr wohl möglich sei. Mit dem Berufungsvorbringen hinsichtlich einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung und einem Verstoß gegen eine EU-Richtlinie könne ebenfalls eine Versagung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung nicht begründet werden. Weder im Anhang 1 noch im Anhang 2 des UVP-Gesetzes fänden sich Anlagen zur Erzeugung von Matratzen, sodass für das vorliegende Projekt kein Verfahren nach dem UVP-Gesetz durchzuführen sei. Was das Vorbringen bezüglich eines Verstoßes gegen die EU-Richtlinie Nr. 85/337/EWG betreffe, so wäre dies, selbst wenn das Vorbringen rechtlich zutreffe, nicht von der Gewerbebehörde wahrzunehmen. Aus der Begründung zu diesem Berufungsvorbringen lasse sich entnehmen, dass die Errichtung einer "gewerblich-industriellen Nutzungszone" im Bereich des "B" von den Beschwerdeführern nach europäischem Recht als UVP-pflichtig angesehen werde. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei jedoch nicht die Errichtung eines Gewerbe- oder Industriegebietes, also ein raumordnungsrechtlicher Sachverhalt, sondern die Errichtung eines einzelnen Betriebes durch die mitbeteiligte Partei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde:

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 zumutbar sind, ist nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Gemäß § 75 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen. Nach Abs. 2 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.

Wenn in der weitwendigen Beschwerde vor allem darauf abgestellt wird, die Umwidmung der Betriebsliegenschaft widerspreche den Grundsätzen der Raumordnung und Raumplanung (wie etwa: "Das Problem sitzt an der Wurzel: In der falschen Widmung der Grundflächen des B, die die bestehenden gewachsenen, historisch tradierten und großräumig vorhandenen Strukturverhältnisse in extremster Weise ignoriert und sich dazu in Widerspruch setzt."), so vermögen die Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil einerseits die Frage der Rechtsmäßigkeit einer derartigen Umwidmung nicht Gegenstand des gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahrens ist und andererseits die Lösung der Frage, ob von einer Betriebsanlage ausgehende Emissionen eine Gefährdung oder unzumutbare Belästigung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994 bewirken, nicht von der Widmung des Betriebsstandortes im Flächenwidmungsplan abhängt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 1999, Zl. 98/04/0114, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Aber auch das umfangreiche Vorbringen zur Gefährdung und Verletzung des Eigentums der Beschwerdeführer (insbesondere hinsichtlich ihrer an die Betriebsanlage anrainenden Grundstücke) vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

§ 74 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 75 Abs. 1 GewO 1994 sieht im Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage den Schutz des Eigentums eines Nachbarn vor der Vernichtung seiner Substanz und nicht vor einer bloßen Minderung des Verkehrswertes vor. Einer solchen Substanzvernichtung ist der Verlust der Verwertbarkeit der Substanz gleichzuhalten. Ein solcher Verlust der Verwertbarkeit ist nicht nur dann anzunehmen, wenn jedwede auch nur entfernt denkbare Nutzung des Eigentums unmöglich ist, sondern vielmehr bereits dann, wenn die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße (Sach-)Nutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, 91/04/0004).

Dass (zumindest) eine solche nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße (Sach-)Nutzung oder Verwertung der Grundstücke der Beschwerdeführer ausgeschlossen wäre, ist auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringen nicht zu erkennen.

Im Hinblick auf das Gesagte fehlt es weiters (schon) an der Wesentlichkeit der im Zusammenhang mit einer Eigentumsgefährdung geltend gemachten Verfahrensrügen.

Zu einer anderen Beurteilung der geltend gemachten Eigentumsgefährdung vermag es auch nicht zu führen, wenn in der Beschwerde eine Beeinträchtigung der zukünftigen Eigentumsnutzungsmöglichkeit auf den an die geplante Betriebsanlage unmittelbar anrainenden Grundstücken geltend gemacht wird. Hat die Behörde bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer Betriebsanlage doch von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen und hiebei nicht konkret absehbare Entwicklungen außer Betracht zu lassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 97/04/0026, und die dort zitierte Vorjudikatur).

In diesem Zusammenhang ist im Zusammenhang mit dem Beschwerdevorbringen über zukünftige Änderungen der Betriebsanlage darauf hinzuweisen, dass § 74 Abs. 2 und 3, § 75 Abs. 2 und § 77 GewO 1994 tatbestandsmäßig "auf die "Betriebsanlage", und zwar entsprechend dem normativen Zusammenhang mit den §§ 353 ff GewO 1994, auf das den jeweiligen Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens bildende Projekt einer Betriebsanlage, abgestellt sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juli 1999, Zl. 97/04/0002, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Soweit geltend gemacht wird, es hätten dem Verfahren unabhängige, nicht weisungsgebundene Sachverständige beigezogen werden müssen, so sind die Beschwerdeführer zunächst auf die Regelung des § 52 AVG zu verweisen, wonach die Behörde (nur) ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen kann, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist. Im Übrigen sind die Beschwerdeführer - im Hinblick auf die in der Beschwerde geltend gemachten realpolitisch und lebenswirklich betrachteten "Rahmenbedingungen" - darauf zu verweisen, das der Sachverständige in Ausübung dieser Funktion vor einer Verwaltungsbehörde unter strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht (vgl. § 289 StGB) steht, gegen die im Hinblick auf Art. 20 Abs. 1 B-VG das Weisungsrecht nicht durchzudringen vermag (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1982, Zl. 81/07/0209, nur Leitsatz in VwSlg. Nr. 10.714/A; vgl. zum Problem W. Pesendorfer, Das Recht des Sachverständigen im Verwaltungsverfahren, ÖJZ 1999, 372 ff).

Die Beschwerdeführer machen weiters eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides "infolge Nichtbeachtung und Nichtanwendung der unmittelbar anwendbaren EU-Richtlinie Nr. 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, hier Anhang II, Projekte nach Art. 4 Abs. 2, und zwar Z. 10 Infrastrukturprojekte, und hier wiederum 'A) Anlage von Industriezonen' sowie 'B) Städtebauprojekte, einschließlich der Errichtung von Einkaufszentren und Parkplätzen'", geltend.

Auch mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen vermag schon aus folgendem Grund eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden. Die Beschwerdeführer wenden sich dagegen, dass im Tennengauer Salzachtal im Bereich zwischen K und G eine ca. 120.000 m2 große Zone industriell-gewerblicher Nutzung errichtet werden soll. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend erkannt hat, ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens jedoch nicht die Errichtung eines Gewerbe- oder Industriegebietes, sondern die Errichtung eines einzelnen Betriebes durch die mitbeteiligte Partei. Es kann daher die Frage der unmittelbaren Wirkung der von den Beschwerdeführern angesprochenen Vorschrift der Richtlinie dahingestellt bleiben; ebenso jene, ob ein Nachbar im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ein subjektiv-öffentliches Recht auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hat.

Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu sehen, dass die Beschwerdeführer dadurch, dass dem Antrag auf "Erlassung eines Feststellungsbescheides auf Grund einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union" keine Folge gegeben wurde, in ihren Rechten verletzt wurden.

Schließlich ist - soweit in der Beschwerde in weiten Passagen die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte angesprochen wird - darauf hinzuweisen, dass Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, nach Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft Stempelgebühren (die Gebühr von S 2.500,-- nach § 24 Abs. 3 VwGG ist nur für Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu entrichten).

Wien, am 21. November 2001

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltSachverständiger Weisungsgebundenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998040075.X00

Im RIS seit

05.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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