TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/28 96/13/0077

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Veröffentlicht am 28.11.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §93 Abs1 Z1 idF 1987/312;
EStG 1972 §93 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;
VwGG §36 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der H Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Harald Essenther, Rechtsanwalt in Wien I, Walfischgasse 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. März 1996, GZ. 11-94/2139/07, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1987 und 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende GesmbH, deren Betriebsgegenstand laut Gesellschaftsvertrag unter anderem im Erwerb und in der Verwaltung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Bestandrechten bestand, verfügte im Streitzeitraum über Liegenschaftsbesitz.

Als Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin war im Streitzeitraum Rechtsanwalt Dr. F. tätig.

Eine für den Zeitraum 1985 bis 1988 durchgeführte Betriebsprüfung führte u.a. zur Feststellung des Prüfers, dass die Beschwerdeführerin durch Kaufvertrag vom 30. Juli 1987 die Eigentumswohnung S-Straße 47 TOP 3 gegen Barzahlung von S 440.000,-

- an G.J. veräußert habe. Die Käuferin habe gemäß Niederschrift vom 8. März 1991 u.a. zu Protokoll gegeben, dass sie den Kaufpreis durch Übergabe eines Barschecks in Höhe von S 440.000,-- an Dr. F. entrichtet habe.

Der angeführte Vorgang sei bis Beginn der Betriebsprüfung im Rechenwerk der Beschwerdeführerin nicht erfasst worden. Die bis dahin nicht verbuchten Erlöse in Höhe von S 440.000,-- seien außerbilanzmäßig dem Betriebsergebnis 1987 zugerechnet worden und würden infolge Zufließens an den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. F. als Vermögensvorteil, der an einen der Gesellschaft nicht nahe stehenden Fremden nicht gewährt worden wäre, eine verdeckte Gewinnausschüttung an diesen darstellen.

Weiters habe die Beschwerdeführerin durch Kaufvertrag vom 22. November 1988 die Eigentumswohnung S-Straße 47 TOP 8 gegen Bezahlung von S 400.000,-- an G.M. veräußert. Die Übergabe des Kaufobjektes sei mit Vertragsunterfertigung erfolgt. Die Bezahlung des Kaufpreises sei durch Überweisung auf das Konto (Bankverbindung) Kanzleigemeinschaft Dr. E./Dr. F. am 7. Dezember 1988 erfolgt. Der angeführte Vorgang sei ebenfalls bis Beginn der Betriebsprüfung im Rechenwerk der Beschwerdeführerin nicht erfasst worden.

Die bisher nicht verbuchten Erlöse in Höhe von S 400.000,-- seien außerbilanzmäßig dem Betriebsergebnis 1988 zugerechnet worden. Infolge Zufließens an den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. F. stelle dieser Betrag einen Vermögensvorteil dar, der einem der Gesellschaft nicht nahe stehenden Fremden nicht gewährt worden wäre, und sei daher als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren.

Mit Bescheid vom 23. Mai 1991 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Haftung für die sich aus den verdeckten Gewinnausschüttungen ergebende Kapitalertragsteuer für 1987 und 1988 heran und verwies in der Begründung des Bescheides auf den Betriebsprüfungsbericht.

In der dagegen erhobenen Berufung wird eingeräumt, dass beide Wohnungsverkäufe ausschließlich durch Versehen nicht im Rechenwerk der Beschwerdeführerin aufgenommen worden seien. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liege aus folgenden Gründen nicht vor: Bei der Beschwerdeführerin werde ein Verrechnungskonto mit Dr. F. geführt. Dieses Verrechnungskonto habe in der betreffenden Zeit einen Habensaldo in Höhe von rund S 1,8 Mio. ausgewiesen und sei vor allem dadurch entstanden, dass Dr. F. immer wieder Zahlungen für die Beschwerdeführerin geleistet habe, wie etwa Darlehensrückzahlungen, Zahlungen an das Finanzamt, an Lieferanten usw. Diese Zahlungen hätten z.B. im Jahr 1987 insgesamt S 651.254,88 betragen. Hiebei sei das Honorar noch nicht berücksichtigt, das Dr. F. für Leistungen, die er der Beschwerdeführerin als Anwalt erbringe, am Jahresende verrechne. Auf Grund dieser Tatsache sei ersichtlich, dass die angeblich verdeckte Gewinnausschüttung in Wahrheit wieder für die Beschwerdeführerin verwendet worden sei.

Anders verhalte es sich beim Wohnungsverkauf laut Vertrag vom 22. November 1988. Der Kaufpreis dieser Wohnung sei am 21. Dezember 1988 auf das Anderkonto der Rechtsanwaltskanzlei Dr. F. überwiesen worden. Mit gleichem Datum sei dieser Betrag mittels Scheck an die A.P. GesmbH übergeben worden. Damit sei ein Teil einer Schuld, den die Beschwerdeführerin bei der A.P. GesmbH gehabt habe, beglichen worden. In diesem Fall habe also keinerlei Bereicherung des Herrn Dr. F. stattgefunden, denn er habe ja den der Beschwerdeführerin zustehenden Kaufpreis in der Höhe von S 400.000,-- postwendend für die Bezahlung einer Schuld der Beschwerdeführerin verwendet. Es hätten hier beide Zahlungsvorgänge im Rechenwerk der Beschwerdeführerin keinen Niederschlag gefunden, höchstwahrscheinlich deshalb, weil auf Grund der sofortigen Weitergabe des Betrages dieser sozusagen nicht bemerkt worden sei und weil sich beide Zahlungsvorgänge auf dem Bankkonto ja aufgehoben hätten.

Vom Finanzamt um Ergänzung der Berufung ersucht, legte die Beschwerdeführerin eine Ablichtung eines Auszugs des für Dr. F. geführten Verrechnungskontos sowie Belegkopien vor. Dabei erläuterte die Beschwerdeführerin, dass der gesamte Betrag in Höhe von S 400.000,-- am 21. Dezember 1988 vom Anderkonto Dr. F., auf welches am 20. Dezember 1988 die Gutschrift aus dem Wohnungsverkauf erfolgt sei, abgehoben und bar der A.P. GesmbH übergeben worden sei. Die Kassenbestätigung dafür werde in Kopie ebenfalls beigelegt.

In einer Stellungnahme zur Berufung wies der Prüfer zunächst darauf hin, dass der in der Berufung angeführte Sachverhalt mehrfach zu berichtigen bzw. zu ergänzen wäre. Zunächst sei der Kaufpreis vom Käufer der im Jahr 1988 verkauften Wohnung bereits mit 7. Dezember 1988 auf das im Bp-Bericht angeführte Konto überwiesen worden. Die in der Berufung angeführte Überweisung sei auf ein anderes Bankkonto der Kanzlei Dr. F. erfolgt, nämlich eine Gutschrift laut Kontoauszug vom 21. Dezember 1988 auf das Konto (Bankverbindung) Bezeichnung "Dr. F. Anderkonto" in Höhe von S 400.000,--. Ob und inwieweit ein Zusammenhang mit der im Bp-Bericht angeführten Kaufpreiszahlung bestanden habe, habe nicht ermittelt werden können. Mit 21. Dezember 1988 seien S 400.000,-- von dem in der Berufung angeführten Konto mittels Scheck abgehoben worden. Damit habe angeblich laut in Kopie vorgelegter Kasseneingangsbeleg eines H.L. (Machthaber bei der A.P. GesmbH) eine Verbindlichkeit der Beschwerdeführerin, resultierend aus einer Ausgangsrechnung der A.P. GesmbH vom 16. August 1988, beglichen werden sollen. Diese "Schuldtilgung" sei, wie in der Berufung angeführt, auch nicht im Rechenwerk der Beschwerdeführerin erfasst. Auf Grund einer Erhebung gemäß § 143 BAO bei der A.P. GesmbH sei dazu Folgendes festgestellt worden:

Die A.P. GesmbH habe zum 1. Jänner 1988 eine Verbindlichkeit in Höhe von S 637.711,75 gegenüber der Beschwerdeführerin gehabt. Die angeführte Ausgangsrechnung der A.P. GesmbH vom 16. August 1988 in Höhe von S 1,140.000,-- sowie eine Überweisung auf das Konto (Bankverbindung) der A.P. GesmbH am 6. September 1988 in Höhe von S 600.000,-- habe zu einer fast vollständigen Begleichung dieser Schuld geführt. Laut Jahresabschluss der A.P. GesmbH zum 31. Dezember 1988 habe die Beschwerdeführerin gegenüber der A.P. GesmbH eine Forderung in Höhe von S 97.711,75 gehabt. Die Behauptung, Dr. F. habe die abgehobenen S 400.000,-- für die Bezahlung einer Schuld der Beschwerdeführerin gegenüber der A.P. GesmbH verwendet, gehe daher völlig ins Leere.

In einer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Prüfers wiederholte die Beschwerdeführerin teils ihre Berufungsausführungen, teils verwies sie auf "das dem Finanzamt übersandte Verrechnungskonto Dr. F.". Dass der Kaufpreis bereits am 7. Dezember 1988 auf ein bestimmtes Konto und erst später auf das Konto Dr. F. Anderkonto weitergeleitet wurde, sei nicht erheblich, denn sofort nach Einlangen auf dem Anderkonto Dr. F. sei der Betrag von S 400.000,-- zur Teilzahlung einer Rechnung in Form der Übergabe an den Geschäftsführer der A.P. GesmbH verwendet worden. Es stimme wohl, dass diese Schuldtilgung nicht im Rechenwerk der Beschwerdeführerin erfasst worden sei. Die Darstellung des Prüfers stimme insoweit nicht, als die Beschwerdeführerin am 31. Dezember 1988 folgende Verbindlichkeiten an die A.P. GesmbH gehabt habe:

"ER vom 16. August 1988 S 1.140.000,-- Zahlung 6. September 1988 S 600.000,-- Verbindlichkeit per 31. Dezember 1988 S -

540.000,--"

Diese Verbindlichkeit sei in der Bilanz zum 31. Dezember 1988 der Beschwerdeführerin ausgewiesen und vom Betriebsprüfer im Zuge der Betriebsprüfung auch nicht berichtigt worden. Auf die Prüferbilanz wird in der Gegenäußerung hingewiesen. Wieso jetzt auf einmal die angebliche Forderung der Beschwerdeführerin in Höhe von S 637.711,15 doch bestanden haben solle, sei nicht erklärlich.

Zur Nichtberücksichtigung der Zahlung von S 400.000,-- in der Bilanz der A.P. GesmbH zum 31. Dezember 1988 könne die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde stellt in der Begründung fest, es sei aktenkundig, dass die Ende 1987 und 1988 durchgeführten Wohnungsverkäufe nicht ins Rechenwerk der Beschwerdeführerin aufgenommen worden seien. Auf Grund von Recherchen durch die Betriebsprüfung sei erwiesen, dass die Verkaufserlöse dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer Dr. F. zugekommen seien und folglich verdeckte Gewinnausschüttungen darstellten. Der Einwand in der Berufung, die entsprechenden Beträge seien für die Beschwerdeführerin verwendet worden, weil Dr. F. immer wieder Zahlungen für die Beschwerdeführerin geleistet habe, gehe ins Leere, weil die Verbuchung einerseits und eindeutige wechselseitige Vereinbarungen zur Dokumentation jedes einzelnen Rechtsgeschäftes zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer andererseits fehlten. Auch sei der innere Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung im vorliegenden Fall nicht so offenkundig, dass von einer ausdrücklichen Vereinbarung über den Vorteilsausgleich abgesehen werden könne.

Der Zufluss an die Beschwerdeführerin sei bereits dadurch bewirkt, dass Dr. F. die Beträge als Rechtsfreund der Beschwerdeführerin in Empfang genommen habe. Durch die Vereinnahmung auf dem Anderkonto der Kanzlei sei eine Forderung der Beschwerdeführerin auf Herausgabe der Beträge entstanden. Als Verfügungsberechtigter des Anderkontos sei Dr. F. somit um die berufungsgegenständlichen Beträge bereichert worden. Gleichzeitig sei die Identität des vereinnahmten Betrages mit einem später zufällig in gleicher Höhe vom Anderkonto Dr. F. behobenen Betrag nicht mehr gegeben. Da der Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin sowohl Gläubiger der Kapitalerträge als auch der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sowie deren Rechtsfreund sei, sei durch den Empfang der streitgegenständlichen Beträge auf dem Anderkonto der Zufluss an den Gläubiger der Kapitalerträge der Beschwerdeführerin vollzogen. Die Voraussetzungen für die Haftung der Beschwerdeführerin als Schuldnerin der Kapitalerträge seien erfüllt. Durch die Unterlassung der Verbuchung von insgesamt S 840.000,-- sei daher eine Bereicherung des Dr. F. in dieser Höhe erfolgt, welche als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln sei. Daran vermöge auch das Vorbringen des Gesellschafter-Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, die Verbuchungen seien aus Versehen nicht erfolgt, nichts zu ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 93 EStG 1972 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 312/1987 lautete:

"§ 93. (1) Bei folgenden inländischen Kapitalerträgen wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben:

1. Gewinnanteilen (Dividenden), Zinsen und sonstigen Bezügen aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie aus Genussrechten und aus Partizipationskapital im Sinne des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979, in der jeweils geltenden Fassung, oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 569/1978, in der jeweils geltenden Fassung,

2. .....

(2) Steuerabzugspflichtige Kapitalerträge sind auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den im Abs. 1 bezeichneten Kapitalerträgen oder an deren Stelle gewährt werden. Zu den besonderen Entgelten oder Vorteilen gehören insbesondere Freianteile, Genussrechte, Sachleistungen, Boni und ähnliche Kapitalerträge, weiters nominelle Mehrbeträge auf Grund einer Wertsicherung. Bestehen die Kapitalerträge nicht in Geld, so sind sie mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen (§ 15 Abs. 2).

(3) ....."

Kapitalerträge in Form verdeckter Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1966 setzen voraus, dass es sich um außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegene Zuwendungen einer Körperschaft handelt, welche ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben und Anteilsinhaber an der Körperschaft zugerechnet werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 2001, Zl. 95/13/0013, und vom 12. September 2001, Zl. 96/13/0043 und 0044).

Hinsichtlich des Wohnungsverkaufes aus dem Jahr 1987 ist unbestritten, dass der Kaufpreis durch Übergabe eines Barschecks an den Alleingesellschafter Dr. F. entrichtet wurde. Über das weitere Schicksal dieses Barschecks sind zwar keine Feststellungen getroffen. Die Beschwerde lässt aber die Feststellung der belangten Behörde unbestritten, dass der Verkaufserlös dem Alleingesellschafter Dr. F. zugekommen ist und dieser Vorgang im Rechenwerk der Beschwerdeführerin nicht aufschien. Der Beschwerdeeinwand, dass ein Verrechnungskonto zwischen dem Alleingesellschafter und der Beschwerdeführerin mit einem Haben-Saldo bestanden habe und daher der Zahlung an den Alleingesellschafter Zahlungen des Alleingesellschafters für die Beschwerdeführerin, die eben zu diesem Haben-Saldo am Verrechnungskonto geführt hätten, gegenüber gestanden seien, kann als Behauptung einer Art Vorteilsausgleich verstanden werden.

Ein die verdeckte Gewinnausschüttung ausschließender Vorteilsausgleich liegt vor, wenn dem Vorteil, den eine Gesellschaft ihrem Gesellschafter einräumt, ein Vorteil gegenübersteht, den der Gesellschafter der Gesellschaft gewährt. Voraussetzung für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich ist allerdings eine eindeutige, wechselseitige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen. Diese muss bereits zum Zeitpunkt der Vorteilsgewährung vorliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 99/13/0024).

Dass gegenständlich die Voraussetzungen für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich erfüllt wären, insbesondere eine entsprechende Vereinbarung erfolgte, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan. In der Beurteilung der belangten Behörde, im Zufluss des Erlöses aus dem Wohnungsverkauf 1987 liege eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Alleingesellschafter vor, kann daher keine Rechtswidrigkeit gefunden werden.

Hinsichtlich des Wohnungsverkaufes aus 1988 ist dem in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Beleg über die Entrichtung des Kaufpreises durch den Käufer zu entnehmen, dass die Überweisung "laut Treuhandvertrag mit der X-Bank AG, vom 23. November 1988, wegen Kauf der Eigentumswohnung in Wien, EZ xy," erfolgte und als Empfänger dieser Überweisung durch den Käufer ein Dr. E., Rechtsanwalt, Anderkonto (Name des Käufers) angeführt ist.

Der belangten Behörde ist zu folgen, wenn sie ausführt, der Zufluss an die Beschwerdeführerin sei bereits dadurch bewirkt, dass Dr. F. die Beträge als Rechtsfreund der Beschwerdeführerin in Empfang genommen habe, und durch die Vereinnahmung auf dem Anderkonto der Kanzlei sei eine Forderung der Beschwerdeführerin auf Herausgabe der Beträge entstanden.

Allerdings vermeint die belangte Behörde, als Verfügungsberechtigter des Anderkontos sei Dr. F. somit um die berufungsgegenständlichen Beträge bereichert worden, gleichzeitig sei die Identität des vereinnahmten Betrages mit einem später zufällig in gleicher Höhe vom Anderkonto Dr. F. behobenen Betrag nicht mehr gegeben. Mit dieser Feststellung lässt die belangte Behörde offen, ob sie das Anderkonto des in einer Kanzleigemeinschaft mit Dr. F. verbundenen Dr. E. meint, worauf die Zahlung des Käufers am 7. Dezember 1988 eingegangen war, oder das Anderkonto Dris. F., auf dem eine Gutschrift in der selben Höhe am 20. Dezember 1988 aufscheint und von dem am nächsten Tag ein Betrag in der selben Höhe bar abgehoben wurde.

Da der Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin sowohl Gläubiger der Kapitalerträge als auch der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sowie deren Rechtsfreund sei, sei nach Ansicht der belangten Behörde durch den Empfang der streitgegenständlichen Beträge der Zufluss an den Gläubiger der Kapitalerträge vollzogen.

Allein im Zufluss des Geldes auf dem Anderkonto kann aber ein das Gesellschaftsvermögen mindernder Vermögensvorteil des Gesellschafters noch nicht gesehen werden. Dem Wesen eines Anderkontos und eines Treuhandvertrages entsprechend handelt es sich bei diesem Geld am Anderkonto um sog. Fremdgeld (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 14. November 1990, Zl. 90/13/0104), welches noch keine Vorteilszuwendung an den Rechtsanwalt bewirkt. Erst mit einem Entziehen der Erträge durch endgültige Vereinnahmung des Verkaufserlöses durch den Rechtsanwalt und gleichzeitigen Gesellschafter wäre dies bewirkt. Eine treuwidrige Verfügung über dieses Geld, insbesondere ein Zufluss an den Alleingesellschafter, wird von der belangten Behörde nicht festgestellt. Die mangelnde Verbuchung des Verkaufserlöses im Rechenwerk der Beschwerdeführerin ließe darauf hindeuten, dass der Verkaufserlös vom Anderkonto in den eigenen Bereich des Gesellschafters übertragen worden und damit dem Gesellschafter ein Vorteil zugeflossen wäre. Die vorigen Ausführungen der belangten Behörde, (bereits) mit dem Zufluss der strittigen Beträge auf dem Anderkonto wäre Dr. F. als Verfügungsberechtigter des Anderkontos bereichert, steht im Widerspruch zur Feststellung, (erst) durch die Unterlassung der Verbuchung von insgesamt 840.000 S sei daher eine Bereicherung des Dr. F. in dieser Höhe erfolgt.

Die Beschwerdeführerin behauptete, dass der Verkaufserlös vom Anderkonto des Rechtsanwaltes der Beschwerdeführerin aus "postwendend" im Namen der Beschwerdeführerin zur Abstattung einer Verbindlichkeit an die A.P. GesmbH verwendet worden wäre. Träfe diese Behauptung der Beschwerdeführerin zu, dann wäre ein Vermögensvorteil des Gesellschafters nicht eingetreten.

Mit dem Berufungsvorbringen einer solchen Verwendung des Verkaufserlöses setzt sich die belangte Behörde jedoch nur insoweit auseinander, als sie feststellt, dass die "Identität" des vereinnahmten Betrages mit einem später zufällig in gleicher Höhe vom Anderkonto Dris. F. behobenen Betrag nicht mehr gegeben sei. Eine Erklärung, worauf die belangte Behörde diese Annahme stützt, bleibt sie schuldig, zumal die oben dargestellte Unklarheit bestehen bleibt, ob die belangte Behörde die "Identität" des am 7. Dezember 1988 am Anderkonto Dr. E. gutgebuchten mit dem am 21. Dezember 1988 vom Anderkonto Dris. F. abgehobenen Betrag oder die "Identität" des am 21. Dezember 1988 (mit Wert 20. 12.) am Anderkonto Dris. F. gutgebuchten mit dem am selben Tag vom selben Konto abgehobenen Betrag meint.

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde wie schon im Verwaltungsverfahren vor, dass unmittelbar nach Überweisung des Geldbetrages auf das Anderkonto Dris. F. dieser Geldbetrag zur Abstattung einer Verbindlichkeit der Beschwerdeführerin an die A.P. GesmbH verwendet worden wäre. Die Abhebung des strittigen Geldbetrages vom Anderkonto Dris. F erfolgte am 21. Dezember 1988, die Gutschrift eines Betrages in der selben Höhe mit Wert 20. 12. ebenfalls am 21. Dezember 1988. Nun mögen die vorgelegten Verwaltungsakten Zweifel am Bestehen einer solchen Verbindlichkeit rechtfertigen (die Gegenäußerung des Prüfers zur Berufung der Beschwerdeführerin spricht davon, dass bei einer Nachschau im Rechenwerk der A.P. GesmbH eine solche Verbindlichkeit nicht mehr festgestellt worden ist und auch die strittige Zahlung im Rechenwerk nicht aufscheint), mag auch die Zahlung an die A.P. GesmbH in Zweifel gezogen werden können (den Beleg über die im Rechenwerk der A.P. GesmbH nicht aufscheinende Barzahlung "Akonto" der strittigen Verbindlichkeit habe derselbe H.L. - den Prüferfeststellungen zufolge Machthaber der A.P. GesmbH - bestätigt wie der H.L., an den ein Übersiedlungskostenzuschuss geflossen sei, dem die Betriebsprüfung unter Tz. 38 des Prüfberichtes die Anerkennung als Betriebsausgaben verweigerte), so hat die belangte Behörde doch keinerlei Feststellungen getroffen, weshalb die von der Beschwerdeführerin behauptete Zahlung an die A.P. GesmbH zur Abdeckung einer Verbindlichkeit der Beschwerdeführerin nicht erfolgt ist. Sollte eine solche Zahlung einer bestehenden Verbindlichkeit im Namen der Beschwerdeführerin durch ihren Geschäftsführer vom Anderkonto aus erfolgt sein, so würde dies einen Zufluss eines Geldvorteiles an den Alleingesellschafter nicht zulassen. Bemerkt wird, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann.

Da der von der belangten Behörde festzustellende Sachverhalt in diesem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, welcher sich infolge des Zusammenfassens der für beide Jahre des Streitzeitraumes geschuldeten Beträge in einen Gesamtbetrag nicht teilen lässt, zur Gänze mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betrifft den über dem in der erwähnten Verordnung festgelegten Pauschale beantragten Schriftsatzaufwand.

Wien, am 28. November 2001

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996130077.X00

Im RIS seit

03.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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