TE Vwgh Beschluss 2001/12/12 2001/03/0044

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Veröffentlicht am 12.12.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VwGG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard sowie Senatspräsident Dr. Sauberer und Hofrat Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über den Antrag des Mag. R in K, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/1, auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0212, abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem im Spruch dieses Beschlusses genannten Erkenntnis wurde die vom Antragsteller gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 2. März 2000, Zl. UVS 30.2-128/1999-8, betreffend Übertretung der StVO 1960, gerichtete Beschwerde abgewiesen.

Der Antragsteller stützt seinen vorliegenden Antrag auf Wiederaufnahme des genannten Beschwerdeverfahrens ausdrücklich "auf sämtliche Wiederaufnahmegründe, insbesondere den § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG". Der Verwaltungsgerichtshof sei nämlich in dem genannten Erkenntnis auf Grund von vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos zum Ergebnis gekommen, dass dieser "die entsprechenden Verkehrszeichen vor dem Einbiegen habe sehen können", womit der Gerichtshof "letztendlich" in der Tatfrage selbst entschieden hätte. Hätte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 8 VwGG offen gelegt, dass der Erfolg seiner Beschwerde von der Beurteilung der tatsächlichen Tatbegehung abhängen werde und vorgehalten, dass die von ihm vorgelegten Fotos nach Ansicht des Gerichtshofes den Standpunkt des Beschwerdeführers widerlegen würden, hätte der Beschwerdeführer die dem vorliegenden Antrag beigeschlossenen Fotos zu den örtlichen Verhältnissen vorgelegt, die genau am Jahrestag der Tat zur selben Zeit wie die seinerzeitige Tatzeit erstellt worden seien. Dass der Verwaltungsgerichtshof in keiner Weise berücksichtigen würde, dass sich die Tat um 19.15 Uhr im Februar ereignet hätte und daher entsprechende örtliche Verhältnisse anzunehmen gewesen wären, sei für den Antragsteller nicht vorhersehbar gewesen. Da der Beschwerdeführer "im gesamten bisherigen Verfahren kein Gehör" gefunden habe und sich daher "nicht effektiv" habe verteidigen können, wäre die besagte Offenlegung unbedingt erforderlich gewesen. Zur Rechtzeitigkeit seines Wiederaufnahmeantrags nach § 45 Abs. 2 VwGG führt der Beschwerdeführer aus, dass er seinen Standpunkt folglich nur nach Vorlage von Fotos zum Jahrestag der Tatbegehung am 7. Februar darlegen könnte; die am 8. Februar d.J. entwickelten Fotos hat der Beschwerdeführer seinem Antrag angeschlossen.

2. § 45 Abs. 1 und 2 VwGG lauten:

"(1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.

(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen."

3. Der vom Antrag in den Blick genommene Punkt 2.5. des oben genannten Erkenntnisses lautet:

"2.5. Mit dem Vorbringen, die in Rede stehenden Verkehrszeichen habe er - da diese quer zur Fahrtrichtung des herannahenden Fahrzeuges stünden - nicht wahrnehmen können, und man könne die Schrift auf diesen Schildern erst wahrnehmen, nachdem man bereits aus der Fahrtrichtung kommend abgebogen sei, ist für den Beschwerdeführer ebenfalls nichts gewonnen. Gleiches gilt für das Vorbringen, die besagten Verbotsschilder seien 'durch Reihen von Fahrrädern völlig verdeckt' gewesen. Anhand der vom Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Beschwerde vorgelegten Beilagen, insbesondere den im Rahmen der Beilage ./3 vorgelegten 'Foto 2' und '5. Foto' sowie der Beilage ./4 'Skizze des Tatortes', ergibt sich nämlich, dass die in Rede stehenden Verkehrszeichen vom Lenker eines Kraftfahrzeuges bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht erst beim Einbiegen, sondern (wie insbesondere auf dem genannten 'Foto 2' abgebildet) schon bedeutend früher wahrgenommen werden können. Von daher war es vorliegend auch nicht erforderlich, zu diesem Fragenbereich den vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenschein durchzuführen."

4. Der vorliegende Wiederaufnahmeantrag wurde später als zwei Wochen von dem Tag an gestellt, an dem der Antragsteller vom behaupteten Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat und erweist sich daher als verspätet. Das im Spruch genannte Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers - somit für letzteren wirksam - nach Ausweis des Aktes am 17. Jänner 2001 zugestellt. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieser Entscheidung war dem Beschwerdeführer auch die oben unter 3. zitierte Passage dieser Entscheidung und damit der im Antrag als maßgeblich erachtete Umstand bekannt, dass der Verwaltungsgerichtshof in dieser Passage auch sein Vorbringen herangezogen hat. Da für den Beginn der zweiwöchigen Frist zur Stellung des Wiederaufnahmeantrags nach § 45 Abs. 2 VwGG nicht der Zeitpunkt maßgebend ist, zu dem der Wiederaufnahmewerber (vermeintlich) in die Lage versetzt wird, das Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes zu beweisen, sondern der Zeitpunkt, zu dem er vom Vorliegen des Grundes Kenntnis erlangt hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 7. November 1983, Zlen. 82/12/0129, 0132), erweist sich die Überlegung des Beschwerdeführers, seinen Standpunkt nur nach Vorlage von Fotos zum Jahrestag der Tatbegehung vom 7. Februar darlegen zu können, als verfehlt. Der mit 12. Februar 2001 datierte und am 13. Februar 2001 zur Post gegebene Wiederaufnahmeantrag wurde somit erst nach Ablauf der im Beschwerdefall am 31. Jänner 2001 endenden zweiwöchigen Frist gemäß § 45 Abs. 2 VwGG und damit verspätet gestellt.

5. Abgesehen davon wäre dem Wiederaufnahmeantrag auch sonst kein Erfolg beschieden gewesen. Da es - auch im Antrag - keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Wiederaufnahmegründe gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 bis 3 oder Z. 5 zum Tragen kommen könnten, käme nur der Tatbestand des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG in Betracht. Danach ist - wie oben erwähnt - die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte. Der Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass es für die Beurteilung der Frage, ob er die ihm im oben zitierten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vorgeworfene Tat begangen hatte, darauf ankam, ob er das Verbotszeichen "Einfahrt verboten" zum Tatzeitpunkt tatsächlich wahrnehmen konnte. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat diesbezüglich festgestellt, dass dieses Straßenverkehrszeichen "zum Tatzeitpunkt jedenfalls ohne Sichtbehinderung durch dort abgestellte Fahrräder ohne weiteres erkennbar gewesen" sei. Der Beschwerdeführer hat die dieser Feststellung zu Grunde liegende Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft. Bei der vom Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich vorzunehmenden Schlüssigkeitskontrolle (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) hat der Verwaltungsgerichtshof (auch) das Vorbringen des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (die vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos sowie eine vorgelegte Tatortskizze) berücksichtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem besagten Erkenntnis daher - entgegen dem Antrag - nicht in der Tatfrage selbst entschieden und keine eigenständigen Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Schon von daher ginge die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen, ins Leere. Darüber hinaus wäre dem Antragsteller auch entgegenzuhalten, dass Gegenstand des Parteiengehörs nur das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens, nicht aber die von einer Behörde auf Grund des maßgeblichen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht ins Auge gefasste Vorgangsweise bilden kann (vgl. in diesem Sinne etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2000, Zl. 2000/03/0019), und daher nicht die vom Verwaltungsgerichtshof bezüglich des von der belangten Behörde im genannten Verwaltungsstrafverfahren festgestellten Sachverhalts getroffene - rechtliche - Beurteilung erfassen kann.

6. Nach den Ausführungen unter Punkt 4. war der vorliegende Wiederaufnahmeantrag nach § 45 Abs. 2 VwGG von dem gemäß § 12 Abs. 1 lit. d VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 12. Dezember 2001

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung Parteiengehör Rechtliche Würdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001030044.X00

Im RIS seit

02.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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