TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/22 99/09/0116

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Veröffentlicht am 22.01.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §8 Abs1;
ZustG §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. C in Krakau, vertreten durch die Rechtsanwälte John & John in 1010 Wien, Tuchlauben 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Jänner 1998, Zl. UVS- 07/A/25/00374/96, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 41 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Jänner 1998 wurde der Beschwerdeführer - unter Bedachtnahme auf die inhaltlich unverändert übernommenen Spruchteile des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - der Begehung von vier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F Baugesellschaft mbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin vier namentlich näher bezeichnete polnische Staatsangehörige während der näher bezeichneten Tatzeiten an diversen Baustellen des Betriebes ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG vier Geldstrafen in der Höhe von je S 80.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je acht Tage) sowie ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von insgesamt S 32.000,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in den aus den "§§ 21 AVG, 67d AVG, 31 VStG, 45 VStG, 37 AVG und 39 AVG" sich ergebenden Rechten verletzt. Er beantragt, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, erklärte von der Erstattung einer Gegenschrift abzusehen und stellte den Antrag, die Beschwerde unter Zuerkennung des verzeichneten Vorlageaufwandes als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, die von der belangten Behörde gemäß § 8 Abs. 2 ZustG vorgenommene Zustellung (gemeint unter der Anschrift Wien, A-Gasse 65/20) sei deshalb rechtswidrig, weil der belangten Behörde die Änderung der Abgabestelle mit Schriftsatz vom 4. August 1997 bekannt gegeben worden sei. Aber selbst wenn er seiner Verpflichtung gemäß § 8 Abs. 1 ZustG nicht nachgekommen wäre, also der genannte Schriftsatz der belangten Behörde nicht zugekommen wäre, hätte eine Hinterlegung gemäß § 8 Abs. 2 ZustG nur erfolgen dürfen, wenn die belangte Behörde eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten hätte feststellen können. Dem Verwaltungsstrafakt sei nicht entnehmbar, auf welche Weise die belangte Behörde feststellte, dass er Anfang 1998 eine Abgabestelle in Wien, A-Gasse 65/20 gehabt habe; an dieser Anschrift habe er seinen Wohnsitz nur vom

17. bis 29. Oktober 1997 gehabt. Ab November 1997 habe er seinen Wohnsitz in Krakau (Polen) gehabt. Von dem (nach der mündlichen Verhandlung am 12. Jänner 1998 mündlich verkündeten) angefochtenen Bescheid habe sein rechtsfreundlicher Vertreter am 26. April 1999 durch Akteneinsicht Kenntnis erlangt.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten erhob der Beschwerdeführer gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Berufung; im Berufungsschriftsatz (vom 9. Juli 1996) wurde seine Abgabestelle mit dem Sitz der von ihm vertretenen Gesellschaft in Wien, R-Gasse 16, angegeben. Diese Abgabestelle findet sich des Weiteren in den Schriftsätzen seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 17. September 1996 und vom 15. Oktober 1996.

Die belangte Behörde ließ den an den Beschwerdeführer gerichteten Ladungsbescheid vom 7. Oktober 1997 (betreffend die mündliche Verhandlung am 3. November 1997) an den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers zustellen; diese Zustellung erfolgte am 13. Oktober 1997.

Am 15. Oktober 1997 langte bei der belangten Behörde ein mit 14. Oktober 1997 datiertes Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters mit folgendem Inhalt ein:

"Unter Hinweis auf die Vollmachtskündigung vom 5. August 1997 retourniere ich Ihnen beiliegend den Ladungsbescheid vom 7. Oktober 1997."

Die im genannten Schreiben erwähnte Vollmachtskündigung vom 5. August 1997 findet sich nicht in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsstrafakten.

Die belangte Behörde ließ den Ladungsbescheid vom 16. Oktober 1997 (betreffend die Verhandlung vom 3. November 1997) neuerlich, aber an den Beschwerdeführer persönlich unter der aktenkundigen Anschrift Wien, R-Gasse 16, zustellen; der darüber ausgestellte Zustellnachweis trägt die Eingangsstampiglie eines Masseverwalters. Am 4. November 1997 (nach Durchführung der mündlichen Verhandlung) informierte dieser Masseverwalter die belangte Behörde dahingehend, dass er zur Vertretung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren (noch) nicht bevollmächtigt sei, und dass der Beschwerdeführer die Ladung (betreffend die Verhandlung vom 3. November 1997) erst am 29. Oktober 1997 erhalten habe.

Die belangte Behörde ließ deshalb den Ladungsbescheid vom 5. November 1997 betreffend die (fortgesetzte) Verhandlung vom 16. Dezember 1997 an den Beschwerdeführer unter seiner aktenkundigen Anschrift mit dem zusätzlichen Vermerk "trotz Konkurses persönlich zustellen" zustellen; dem bei der belangten Behörde eingelangten Bericht des Zustellers zufolge war die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft "verzogen, jedoch Masseverwalter Dr. ...".

Daraufhin stellte die belangte Behörde am 28. November 1997 eine Anfrage beim Zentralmeldeamt, die am 3. Dezember 1997 folgende Auskunft erbrachte:

"Hr. C, Krakau/Polen geb., österreichischer Stbg., zuletzt whft. Wien, A-Gasse 65/20, am 29.10.1997 nach Deutschland unbekannt abgemeldet".

Die belangte Behörde vertagte die Verhandlung auf den 12. Jänner 1998 und ließ den Ladungsbescheid zu dieser Verhandlung an den Beschwerdeführer unter der Anschrift Wien, A-Gasse 65/20, gemäß § 23 ZustG durch Hinterlegung ohne vorangehenden Zustellversuch zustellen; der Ladungsbescheid wurde beim Zustellpostamt ab 10. Dezember 1997 hinterlegt, aber nicht behoben. Der angefochtene Berufungsbescheid wurde nach der mündlichen Verhandlung am 12. Jänner 1998 mündlich verkündet.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er seine Abgabestelle während des Berufungsverfahrens änderte.

§ 8 Abs. 2 ZustG regelt die Folgen der Unterlassung der Mitteilung der Änderung der Abgabestelle in jenen Fällen, in denen die Behörde vor der zu veranlassenden Zustellung wohl von der Änderung weiß, die neue Abgabestelle aber nicht kennt. Diese Regelung ist von dem Gedanken getragen, dass die Unterlassung der Mitteilung dann zu Lasten der Partei geht, wenn die Behörde die geänderte Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten in Erfahrung bringen kann. Eine Partei, die der in § 8 Abs. 1 ZustG normierten Mitteilungspflicht nicht nachkommt, hat die Gefahr zu tragen, dass Zustellungen an ihrer früheren Abgabestelle ohne Zustellversuch erfolgen, weil ihre geänderte Abgabestelle für die Behörde nicht feststellbar war (vgl. hiezu auch den hg. Beschluss vom 5. September 1994, Zl. 94/20/0139, und die darin angegebene Judikatur).

Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Beschwerde auf einen Schriftsatz vom 5. August 1997, mit dem er die Lösung des Vollmachtsverhältnisses und die neue Anschrift in Polen gemeldet habe, der sich aber nicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakten findet. Entgegen dieser Meldung ist einer mit der Beschwerde vorgelegten Erklärung des Beschwerdeführers vom 7. Mai 1999 zu entnehmen, dass er vom 17. Bis 29. Oktober 1997 seinen Hauptwohnsitz in Wien, A-Gasse 65/20, hatte. Dass er auf andere Weise als durch den Schriftsatz vom 5. August 1997 seiner Mitteilungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 ZustG nachgekommen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht. In diesem Zusammenhang ist des Weiteren darauf hinzuweisen, dass der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers mit der am 15. Oktober 1997 bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe vom 14. Oktober 1997 den Ladungsbescheid retournierte und darin auf die am 5. August 1997 erfolgte Vollmachtskündigung hinwies, der belangten Behörde jedoch mit diesem Schriftsatz eine geänderte Abgabestelle des Beschwerdeführers nicht mitteilte; aus welchem Grund damals die geänderte Abgabestelle des Beschwerdeführers nicht bekannt gegeben wurde, ist der Beschwerde nicht entnehmbar.

Die Meldung des Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers in Wien wurde - wie aus seinem Vorbringen selbst ersichtlich - nicht einmal versucht. Der Schriftsatz vom 4. bzw. die Vollmachtskündigung vom 5. August 1997, die sich in den vorgelegten Verwaltungsstrafakten nicht finden, konnten der (belangten) Behörde keine Kenntnis einer geänderten Abgabestelle des Beschwerdeführers verschaffen. Des Weiteren ist zu diesem in der Beschwerde ins Treffen geführten Schriftsatz zu bemerken, dass die - auch mit dem Beschwerdevorbringen eingeräumten - danach im Oktober 1977, nach Wien, A-Gasse 65/20, und im November 1997, nach Polen, vom Beschwerdeführer vorgenommenen Änderungen seiner Abgabestelle in diesem Schriftsatz nicht berücksichtigt wurden und der Beschwerdeführer jedenfalls diese Änderungen nicht unverzüglich der Behörde mitgeteilt hat. Da der Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet gewesen wäre, die geänderte Abgabestelle der Behörde mitzuteilen, und dies unterlassen hat bzw. die Behörde tatsächlich keine Kenntnis von seiner geänderten Abgabestelle erhalten hat war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Mitteilungspflicht des § 8 Abs. 1 ZustG als durch den Beschwerdeführer verletzt ansah und von der Bestimmung nach § 8 Abs. 2 ZustG Gebrauch gemacht hat.

Entgegen den Beschwerdebehauptungen hat die belangte Behörde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten im November bzw. Dezember 1997 eine Anfrage beim Zentralmeldeamt gestellt und derart taugliche und hinreichende Nachforschungen zur Feststellung einer (geänderten) Abgabestelle des Beschwerdeführers unternommen (vgl. in dieser Hinsicht etwa den hg. Beschluss vom 28. Juni 1995, Zl. 95/01/0033, sowie das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 99/20/0487, und die darin angegebene Judikatur). Dass die belangte Behörde die in der Beschwerde ins Treffen geführte Anschrift in Polen bei dieser Sachlage hätte ausforschen müssen, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die angegebene Rechtswidrigkeit der Zustellung ist somit nicht vorgelegen. Davon ausgehend wurde der Berufungsbescheid am 12. Jänner 1998 durch mündliche Verkündung wirksam erlassen. Die - auf der behaupteten Rechtswidrigkeit der Zustellung aufbauende - Einrede des Eintritts der Strafbarkeitsverjährung ist demnach unberechtigt.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, Zl. 96/09/0152, und vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999090116.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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