TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/22 2001/02/0161

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Veröffentlicht am 22.02.2002
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §43 Abs2 lita;
StVO 1960 §45 Abs2b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der Z Gesellschaft mbH in N, vertreten durch Dr. Christian Konzett, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Fohrenburgstraße 4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 4. Juli 2000, Zl. Ib-127- 150/2000, betreffend Ausnahmebewilligung vom Fahrverbot für bestimmte Lastkraftfahrzeuge gemäß § 45 Abs. 2 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Jänner 1991 wurde gemäß § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 und Abs. 2 lit. a StVO 1960 zur Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch und Schadstoffe, das Fahren mit Fahrzeugen, die mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen beladen sind und deren Gesamtgewicht 7,5 t überschreitet, auf bestimmten Straßenzügen in Höchst, Lustenau, Mäder und Meiningen jeweils im Ortsgebiet verboten (mit Ausnahmen für den örtlichen Abhol- und Zustellverkehr).

Mit Schreiben vom 19. Juni 2000 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen für Fahrten mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen mit Fahrzeugen über 7,5 t Gesamtgewicht auf der Fahrstrecke "Betriebsgelände Z Ges.m.b.H. - A 14 bis Ausfahrt Hohenems - B 203 bis Grenze Lustenau - Au" für die beabsichtigten Gesamttransportmengen "nach Anforderung ca. 30-50.000 to/a".

Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit, dass auf Grund anhaltender Vermurungen im Vorarlberger Oberland die Geschieberückhaltebecken der Wildbach- und Lawinenverbauung ständig zu räumen seien. Es falle eine große Menge an eingeschränkt brauchbarem Gesteinsschuttmaterial an, die auf dem heimischen Markt nicht gänzlich absetzbar sei. Eine notwendige Aufbereitung für höherwertige Einsatzzwecke sei mit hohen Kosten verbunden. Jedoch herrsche im Schweizer Rheintal ein Mangel an Gesteinsmaterialien für Schüttzwecke. Dieser Materialbedarf sei bisher aus Vorarlberger Steinbrüchen gedeckt worden. Bei Verwendung des Gesteinsschuttmaterials aus den Wildbächen entstünde kein Mehrexport und daher kein erhöhtes Lkw-Aufkommen durch Lustenau. Eine Fahrt durch Lustenau sei unumgänglich, da eine Fahrt über das Zollamt Hohenems auf Grund der "28 to-Beschränkung der dortigen Rheinbrücke wirtschaftlich und ökologisch unsinnig" sei. Andere Verkehrsmittel zur Abwicklung des Transportes stünden nicht zur Verfügung. Die Verwertung von Geschiebematerial liege "unbestritten im öffentlichen Interesse". Durch die Ausnahmebewilligung würde eine Verwertung ermöglicht, ohne dass hiefür öffentliche Mittel benötigt würden. Des Weiteren würden keine Bodenabbauanlagen für die Deckung des Schweizer Materialbedarfes in Anspruch genommen werden, wie dies in den letzten 20 Jahren der Fall gewesen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. Juli 2000 gab die belangte Behörde diesem Antrag keine Folge. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung ua. mit dem Fehlen eines "erheblichen öffentlichen Interesses".

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 20. Juni 2001, B 1396/00, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2a StVO 1960 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 518/1994, hat die Behörde Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverboten (§ 42 Abs. 6 und § 43 Abs. 2 lit. a) nur für Fahrten zu bewilligen, die ausschließlich der Beförderung von Milch, Schlacht- und Stechvieh, leicht verderblichen Lebensmitteln, von periodischen Druckwerken, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen oder dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs dienen. In allen anderen Fällen ist eine Ausnahmebewilligung nur zu erteilen, wenn daran ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Der Antragsteller hat in beiden Fällen glaubhaft zu machen, dass die Fahrt weder durch organisatorische Maßnahmen noch durch die Wahl eines anderen Verkehrsmittels vermieden werden kann.

Im Beschwerdefall kommt die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von dem mit der genannten Verordnung angeordneten Fahrverbot nach dem ersten Satz des § 45 Abs. 2a StVO 1960 sachverhaltsbezogen nicht in Betracht. Es handelt sich vielmehr um einen "anderen Fall" im Sinne des zweiten Satzes der angeführten Bestimmung, für den das Vorliegen eines "erheblichen öffentlichen Interesses" erforderlich ist. Dieses muss für die jeweilige vom Antragsteller beabsichtigte Fahrt bzw. "für alle Straßenbenützungen des Antragstellers von der annähernd gleichen Art" im Sinne des § 45 Abs. 2b StVO 1960 gegeben sein, etwa wegen der Wichtigkeit des Transportgutes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1996, Zl. 95/03/0273). Im Hinblick auf den bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen von Verordnungen nach § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 anzuwendenden besonders strengen Maßstab kann ein "erhebliches öffentliches Interesse" nur bei solchen Fahrten bejaht werden, die aus einem allgemeinen Interesse unbedingt erforderlich und unaufschiebbar sind (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 95/03/0269, sowie auch Dittrich-Stolzlechner, österreichisches Straßenverkehrsrecht, I. Teil, Straßenverkehrsordnung3, Rz 28 zu § 45). Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis vom 15. Mai 1996, Zl. 95/03/0273, ausgesprochen, dass ein derartiges Interesse "bei der Beförderung von Baumaterialien im Allgemeinen nicht erblickt werden" kann.

Der Transport von Gesteinsschuttmaterial aus Wildbächen, welcher ähnlich zu beurteilen ist wie die Beförderung von Baumaterial, mag zwar bei Zutreffen der von der Beschwerdeführerin im Antrag ohne nähere Darlegung behaupteten Umstände im "öffentlichen Interesse" liegen, dass dieses Interesse aber auch im Sinne des obigen Verständnisses ein "erhebliches" ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden. Auch der Beschwerdeführer geht letzten Endes nur vom Bestehen eines "öffentlichen Interesses" ohne Zutreffen der notwendigen höheren Qualifikation aus.

Solcherart begegnet die Verneinung des Vorliegens des Tatbestandselementes des "erheblichen öffentlichen Interesses" durch die belangte Behörde keinen Bedenken.

Bei dieser Sachlage braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob der Beschwerdeführerin die Glaubhaftmachung im Sinne des letzten Satzes des § 45 Abs. 2a StVO 1960 gelungen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001020161.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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