TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/27 2000/03/0085

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Veröffentlicht am 27.02.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

GelVerkG 1996 §16 Abs1;
GelVerkG 1996 §16 Abs2;
GelVerkG 1996 §16 Abs6;
GelVerkG 1996 §5 Abs5;
GewO 1973 §344 Abs3;
GewO 1994 §28 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2 lita;
GewO 1994 §28 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der IW in Salzburg, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwalt in Salzburg, Künstlerhausgasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 18. Februar 2000, Zl. UVS-23/10.001/10-2000, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 24. November 1998 beantragte die Beschwerdeführerin die Nachsicht vom Befähigungsnachweis als Voraussetzung zum Erwerb einer Mietwagenkonzession, eingeschränkt auf die Beförderung von maximal 8 Personen mit einem PKW oder Kleinbus, ausschließlich zum Zwecke der Mitnahme von Personen zu Fremdenführungen lediglich im Raum Salzburg und Salzkammergut, ohne Verrechnung eines Fahrpreises. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 3. August 1999 abgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen damit begründet, dass im vorliegenden Nachsichtsantrag weder ein Hinweis auf das Vorliegen einer Unzumutbarkeit im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1994 noch das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b GewO 1994 enthalten sei. Wenn die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren diesbezüglich vorgetragen habe, es sei wirtschaftlich nicht möglich und nicht zumutbar, für die Personenbeförderung zu den Sehenswürdigkeiten ein Taxi anzumieten, würden damit nur wirtschaftliche Interessen der Beschwerdeführerin, keinesfalls jedoch in ihrer Person gelegene wichtige Gründe oder besondere örtliche Verhältnisse im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 für eine Nachsichtserteilung dargetan.

Somit fehlten die Ausnahmegründe für eine Nachsichtserteilung bei "hinreichender tatsächlicher Befähigung" und sei daher im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob die Nachsichtswerberin im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 die "volle Befähigung" besitze, um die dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbstständig auszuführen. Den Maßstab dafür bilde § 5 Abs. 5 Gelegenheitsverkehrsgesetz i.V.m. der Berufszugangsverordnung Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr, BGBl. Nr. 889/1994 (in der Folge: BZP-VO). Demnach dürfe eine Nachsicht für das mit Personenkraftwagen ausgeübte Mietwagen-Gewerbe nur erteilt werden, wenn der Nachsichtswerber nachweise, dass er den gesamten Stoff aus allen in der betreffenden Befähigungsnachweisverordnung angeführten Sachgebieten - somit aus den im § 4 Abs. 1 BZP-VO angeführten Sachgebieten der Anlage 2 der Verordnung - beherrsche und zudem im Rahmen einer fachlichen Tätigkeit - in dem angestrebten Gewerbe, in einem Betrieb, in dem dieses Gewerbe gemeinsam mit einem anderen ausgeübt werde, oder in einem fachlich nahe stehenden Berufszweig - die Erfahrungen und Kenntnisse erworben habe, die zur Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Gewerbes erforderlich seien. Zu den nachzuweisenden Erfahrungen und Kenntnissen gehöre neben jenen im kaufmännischen Bereich auch das Lenken eines entsprechenden Fahrzeuges während eines bestimmten Zeitraumes. Die Nachsicht könne somit nicht von der Befähigung selbst, sondern lediglich von dem - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung erteilt werden. Die Beschwerdeführerin habe also im vorliegenden Fall nachzuweisen, dass sie auf Grund eines abweichenden Ausbildungsweges für den angestrebten eingeschränkten Tätigkeitsbereich mindestens die gleiche Befähigung besitze, wie sie im Gelegenheitsverkehrsgesetz und der BZP-VO vorgezeichnet werde.

Eine Tätigkeit im Gast- und Fremdenführergewerbe (wie sie die Beschwerdeführerin geltend mache) könne schon naturgemäß nur marginal jene fachspezifischen Kenntnisse vermitteln, wie sie in der BZP-VO normiert seien und für die Ausübung des angestrebten Gewerbes erforderlich seien. Auch die angeführte Tätigkeit im Sachverständigenbüro ihres Vaters könne die vorgeschriebene Tätigkeit im angestrebten Gewerbe nicht ersetzen, zumal sie lediglich für das Formulieren von Gutachten zuständig gewesen sei und bei Unfallerhebungen mitgewirkt habe. Zudem sei ein Nachweis über die Dauer dieser Tätigkeit in keiner Weise erbracht worden. Auch der Hinweis, sie habe als Gastgewerbetreibende das Nebenrecht, Bus- und Ausflugsfahrten für beherbergte Gäste zu veranstalten, weise eine Praxis in diesem Tätigkeitsbereich nicht nach. Inwiefern ein zwanzigjähriges privates unfall- und straffreies Fahren mit einem PKW die vorgeschriebene einschlägige fachliche Praxis ersetzen solle, habe die Beschwerdeführerin erst gar nicht dargetan. Auch bei der von der Beschwerdeführerin angestrebten Einschränkung der Konzession auf die Beförderung von maximal 8 Personen zum Zwecke von Fremdenführungen in einem eingeschränkten räumlichen Bereich müsse eine einschlägige praktische Tätigkeit über einen bestimmten Zeitraum nachgewiesen werde. Hätte der Gesetzgeber für die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes die von der Beschwerdeführerin angeführten Voraussetzungen für ausreichend erachtet, hätte er nicht ausdrücklich eine mindestens dreijährige fachliche Praxis im angestrebten Gewerbe oder in einem fachlich nahe stehenden Berufszweig normiert. Da das Mietwagen-Gewerbe schon definitionsgemäß nur die Beförderung eines geschlossenen Personenkreises umfasse, der Zweck der Beförderung hinsichtlich der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht relevant sei, und die anzuwendenden Normen bezüglich der Befähigung auch nicht darauf abstellten, ob bei der Ausübung des Gewerbes ein oder mehrere Fahrzeuge verwendet würden, sei eine Einschränkung der nachzuweisenden Erfahrungen und Kenntnisse im vorliegenden Fall nur insofern möglich, als diese den räumlich begrenzten Bereich der Ausübung beträfen. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin jedoch überhaupt keine Praxis im angestrebten Gewerbe selbst oder einem fachlich nahe stehenden Berufszweig aufzuweisen. Es mangle daher an der Nachsichtsvoraussetzung einer entsprechenden fachlichen Tätigkeit und sei die Berufung daher schon aus diesem Grunde abzuweisen gewesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass die belangte Behörde für die Erledigung der verfahrensgegenständlichen Berufung nicht zuständig gewesen sei. § 16 Abs. 6 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz, der nach einem Bescheid des Landeshauptmannes eine Berufung an die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern vorsehe, beziehe sich nur auf die im § 16 Abs. 1 und 2 Gelegenheitsverkehrsgesetz genannten Zuständigkeiten. Davon sei die Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis nicht erfasst. Es komme daher die allgemeine Regelung des § 346 GewO 1994 zur Anwendung. Danach wäre der Bundesminster für Wirtschaft und Arbeit für die Berufung zuständig.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht.

Gemäß § 1 Abs. 2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 (GelverkG), BGBl. Nr.  112, gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten.

Gemäß § 16 Abs. 1 GelverkG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 135/1999 ist der Landeshauptmann u.a. für die Erteilung der Konzessionen für den Betrieb des Ausflugswagen- (Stadtrundfahrten-)Gewerbes (§ 3 Abs. 1 Z. 1) und des Mietwagen-Gewerbes (§ 3 Abs. 1 Z. 2). Gemäß § 16 Abs. 2 leg. cit. erteilt die Bezirksverwaltungsbehörde u.a. Konzessionen für den Betrieb des Mietwagen-Gewerbes (§ 3 Abs. 1 Z. 2), sofern die Gewerbeausübung auf dem Betrieb mit Personenkraftwagen eingeschränkt wird, sowie Bewilligungen zur vorübergehenden Ausübung des Mietwagen-Gewerbes (§ 7).

§ 16 Abs. 6 GelverkG ordnet an:

"(6) In den Fällen, in denen gegen den Bescheid des Landeshauptmannes eine Berufung zulässig ist, entscheiden über die Berufungen in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern."

Abgesehen von bestimmten Fällen der Erteilung der Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu einer Prüfung ist gemäß § 346 Abs. 1 GewO 1994 für die Erteilung der Nachsicht in allen sonstigen Nachsichtsfällen der Landeshauptmann zuständig.

Der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, dass sich die Regelung des § 16 Abs. 6 GelverkG nur auf die Fälle des § 16 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes bezieht. Der Gesetzgeber spricht in dieser Bestimmung ganz allgemein von Berufungen "in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes" gegen Bescheide des Landeshauptmannes, gegen die eine Berufung zulässig ist. Hätte sich § 16 Abs. 6 GelverkG nur auf die Absätze 1 und 2 beziehen wollen, dann hätte der Gesetzgeber dies entsprechend unter Zitierung dieser beiden Ansätze zum Ausdruck bringen müssen. Auch aus den Erläuterungen in den Gesetzesmaterialien betreffend die erstmalige Erlassung dieser Bestimmung (RV 295 XVIII. GP, S 22, zu § 15 Abs. 4 GelverkG 1952 i.d.F. BGBl. Nr. 452/1992,) ergibt sich, dass man im Bereich des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes generell abweichend von der Instanzenzugregelung in der Gewerbeordnung als Berufungsinstanz die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern vorsehen wollte. Abgesehen davon hat § 16 Abs. 6 GelverkG für die in § 16 Abs. 2 leg. cit. genannten Angelegenheiten seit der Novelle der GewO 1973, BGBl. Nr. 29/1993, keine Bedeutung mehr, da die Regelung eines dreigliedrigen Instanzenzuges bis zum Bundesminister in § 344 Abs. 3 GewO 1973 (diese Rechtslage findet sich auch in der wiederverlautbarten GewO 1994, BGBl. Nr. 194) in dieser Novelle aufgehoben wurde.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, dass sie die Ausübung des Mietwagengewerbes nur in einem eingeschränkten Umfang beantragt habe. Dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin an den Voraussetzungen der Erlangungen einer Vollkonzession messe, ergebe sich schon daraus, dass zentraler Abweisungsgrund für die Nichterteilung der beantragten Nachsicht das Fehlen des Nachweises einer dreijährigen fachlichen Praxis im angestrebten Gewerbe oder einem fachlichen nahe stehenden Berufszweig sei. Die belangte Behörde spreche in ihrer Entscheidung davon, dass durch ein mehrjähriges straf- und unfallfreies Lenken eines PKW und das mehrjährige Ausüben irgendeines Gewerbes die volle Befähigung für das Mietwagengewerbe mit PKW's nicht erlangt werde. Die belangte Behörde setze zu Unrecht die gemäß § 5 GelverkG geforderte mindestens dreijährige fachliche Praxis dem Lenken eines entsprechenden Fahrzeuges gleich. § 5 Abs. 5 Z. 2 leg. cit. verlange eine mindestens dreijährige fachliche Tätigkeit in dem jeweils angestrebten Gewerbe selbst oder in einem Betrieb, in dem dieses Gewerbe gemeinsam mit anderen Gewerben ausgeübt werde, oder in einem dem Gewerbe fachlich nahe stehenden Berufszweig. Der Nachweis des Lenkens eines Fahrzeuges werde nicht gefordert.

§ 28 Abs. 1 bis 3 Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194 (GewO 1994) in der Fassung der Kundmachung BGBl. Nr. 264/1995, lauten:

"§ 28. (1) Sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist,

b)

oder

c)

wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

(2) Die Nachsicht gemäß Abs. 1 Z 1 darf nur für einen Teil des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises erteilt werden, sofern der Bildungsgang und die bisherige Tätigkeit des Nachsichtswerbers lediglich diesen Teil der Berufsausbildung zu ersetzen vermögen.

(3) Die Nachsicht gemäß Abs. 1 kann auch mit der Beschränkung auf eine Teiltätigkeit des Gewerbes erteilt werden, wenn die Befähigung lediglich in diesem Umfang gegeben ist."

Gemäß § 5 Abs. 5 GelverkG  ist die Voraussetzung der fachlichen Eignung (Befähigungsnachweis) erfüllt durch

"1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungskommission, die vom Landeshauptmann bestellt wird, oder

2. eine Bescheinigung der Prüfungskommission auf Grund von Hochschul- oder Fachschuldiplomen, die gründliche Kenntnisse aller Sachgebiete der Prüfung im Sinne des Abs. 8 Z 1 gewährleisten. Werden durch die Hochschul- und Fachschuldiplome nicht alle Sachgebiete der Prüfung abgedeckt, so ersetzt die Bescheinigung die Prüfung im Sinne der Z 1 nur für jene Sachgebiete, für die auf Grund der Hochschul- und Fachschuldiplome gründliche Kenntnisse gewährleistet sind.

Beim Taxi-Gewerbe und Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen ist zusätzlich eine mindestens dreijährige fachliche Tätigkeit in dem jeweils angestrebten Gewerbe selbst oder in einem Betrieb, in dem dieses Gewerbe gemeinsam mit anderen Gewerben ausgeübt wird, oder in einem dem Gewerbe fachlich nahe stehenden Berufszweig durch eine Bestätigung eines Sozialversicherungsträgers nachzuweisen."

Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist das Vorliegen der vollen Befähigung (vgl. das Erkenntnis vom 24. Jänner 1995, Zl. 94/04/0111). In diesem Sinne umfasst die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. vorliegt. Im Falle der Nachsicht vom Befähigungsnachweis für eine Teiltätigkeit des Gewerbes ist in gleicher Weise von den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften auszugehen, wobei gemäß § 28 Abs. 3 GewO 1994 zu prüfen ist, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, deren Nachweis in der betreffenden Befähigungsnachweisregelung vorgeschrieben ist, auch für die Ausübung der in Aussicht genommenen Teiltätigkeit erforderlich sind (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1995, Slg. Nr. 14.038).

Aus § 5 Abs. 5 GelverkG ergibt sich u.a. das Erfordernis, dass für das Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen eine mindestens 3-jährige fachliche Tätigkeit in dem jeweils angestrebten Gewerbe selbst oder in einem Betrieb, in dem dieses Gewerbe gemeinsam mit anderen Gewerben oder in einem dem Gewerbe fachlich nahe stehenden Berufszweig nachgewiesen wird. Unter fachlicher Tätigkeit im Mietwagen-Gewerbe ist - wie dies für das Taxigewerbe schon ausgesprochen wurde - das Lenken von Mietwagen oder von diesen vergleichbaren Fahrzeugen während eines entsprechenden Zeitraumes auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (vgl.  das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, Zl. 90/03/0279, betreffend die Nachsicht für die selbstständige Ausübung des Taxi-Gewerbes) zu verstehen. Das unfall- und straffreie Fahren mit einem privaten PKW viele Jahre hindurch kann nicht als eine dem Lenken eines Mietwagens oder einem vergleichbaren Fahrzeug entsprechende Tätigkeit qualifiziert werden. Auch für die verfahrensgegenständliche Teiltätigkeit muss eine solche Praxis gegeben sein. Auch die Befugnis im Rahmen der Gastgewerbekonzesssion der Beschwerdeführerin, Bus- und Ausflugsfahrten für beherbergte Gäste zu veranstalten, stellt keine tatsächliche Tätigkeit in diesem Sinne dar (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis Zl. 90/03/0279, im Hinblick auf den Besitz eines Taxilenkerausweises, der nicht das geforderte tatsächliche Lenken eines Taxis für eine bestimmte Zeit belegt).

Eine derartige einschlägige Tätigkeit wurde von der Beschwerdeführerin nicht belegt.

Die belangte Behörde ist daher schon im Hinblick auf die erforderliche fachliche Tätigkeit im Mietwagen-Gewerbe zu Recht vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Nachsicht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Abs. 3 GewO 1994 ausgegangen. Es bedarf daher keines weiteren Eingehens auf die übrigen Beschwerdeausführungen zu § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Nachsicht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 vorgelegen seien. Die Beschwerdeführerin sei 1961 geboren, verfüge über mehrere abgeschlossene Berufsausbildungen (Gastgewerbekonzession, Fremdenführerkonzession, abgeschlossenes Studium). Die Beschwerdeführerin betreibe sowohl ein Gastgewerbe als auch das Fremdenführergewerbe. Die Mitnahme von Personen im Rahmen des Fremdenführergewerbes mit dem eigenen PKW zu verschiedenen Orten mit Sehenswürdigkeiten diene ausschließlich der besseren Ausübung und Wirtschaftlichkeit des Fremdenführergewerbes. Sie tue dies zur Erhaltung der Lebensfähigkeit und Steigerung des Standards des Fremdenführergewerbes. Es sei auch ausführlich dargelegt worden, dass es zur Ausübung des Fremdenführergewerbes in qualifizierter und lebensfähiger und dem allgemeinen wirtschaftlichen und öffentlichen Interesse dienenden Form, zur Darstellung der geschichtlichen Zusammenhänge, erforderlich sei, Führungen an verschiedenen, zusammengehörigen Orten durchzuführen. Dies sei aber nur dann möglich, wenn die Beschwerdeführerin die Möglichkeit habe, die von ihr zu führenden Fremden im Rahmen der Ausübung des Fremdenführergewerbes zu den verschiedenen Orten der Sehenswürdigkeiten mit einem eigenen Kraftfahrzeug mitzunehmen. Nur dann seien derartige Fremdenführungen finanziell und zeitlich überhaupt durchführbar. Die Zusammenschau all dieser Umstände (Alter der Beschwerdeführerin, Festigung der Wirtschaftlichkeit ihres Unternehmens, öffentliches Interesse zur Förderung des Fremdenverkehrs, Bestehen von mehreren abgeschlossenen Berufsausbildungen und tatsächliche Ausübung derselben) seien so bedeutsam, dass der Beschwerdeführerin die formale Beibringung des Befähigungsnachweises nicht zumutbar wäre. Zusätzlich begründete die Tatsache, dass sich die Sehenswürdigkeiten, die in einem geschichtlichen Zusammenhang stünden, an verschiedenen, so weit auseinanderliegenden Orten befänden, dass sie nur unter Verwendung eines Fahrzeuges gemeinsam besucht werden könnten, den Tatbestand besonderer örtlicher Verhältnisse.

Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Beschwerdeführerin vorwiegend wirtschaftliche Interessen geltend macht, nicht aber sonstige in ihrer Person gelegene wichtige Gründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1994, aus denen ihr die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises nicht zuzumuten ist. Auch das von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Alter (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war die Beschwerdeführerin 39 Jahre alt) stellt im Sinne der hg. Judikatur keinen Grund dar, aus dem ihr die Erbringung des Befähigungsnachweises für das von ihr angestrebte Gewerbe des Mietwagen-Gewerbes nicht zuzumuten wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0171).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Februar 2002

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 fachlicher Tätigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000030085.X00

Im RIS seit

27.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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