TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/28 99/21/0335

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Veröffentlicht am 28.02.2002
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Index

23/04 Exekutionsordnung;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ExMinV 1999;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 14. Juni 1980 geborenen N, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 4. November 1999, Zl. FR 641/1999, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 4. November 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsbürger, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 7 sowie den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

Der Beschwerdeführer sei nach der Begründung dieses Bescheides laut eigenen Angaben am 18. September 1998 auf dem Luftwege über den Flughafen Wien Schwechat illegal in das österreichische Bundesgebiet gelangt, wobei er im Zuge seiner illegalen Einreise über kein gültiges nationales Reisedokument bzw. über ein sonstiges geeignetes Dokument zum Nachweis seiner Identität verfügt habe. Er habe einen Asylantrag gestellt, ihm sei jedoch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 erteilt worden. Er sei aber in die Bundesbetreuung für Asylwerber aufgenommen und aus dieser mit Wirksamkeit vom 13. Jänner 1999 entlassen worden.

Zum Zeitpunkt seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme am 16. August 1999 habe er lediglich einen Bargeldbetrag von S 100,-- nachweisen können. Seit seiner Ankunft in Graz würde er von der Caritas betreut werden und bekomme er auch monatlich S 1.000,-- Taschengeld. Seit einiger Zeit verkaufe er als Kolporteur die Zeitschrift "Megaphon" und verdiene dadurch S 1.000,-- monatlich dazu. Gegen den negativen Asylbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. Juli 1999 habe er eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht, Entscheidung hierüber sei noch keine getroffen worden.

Der Beschwerdeführer habe angegeben, derzeit nicht nach Nigeria zurückkehren zu können, weil er befürchten müsste, dass er dort getötet würde. Bei seiner Asyleinvernahme hätte er bereits die Gründe geschildert. Er ersuchte daher, für einige Zeit in Österreich bleiben zu können, bis sich die Situation wieder beruhigt habe. Er hätte keine Familienangehörigen in Österreich.

Seit dem Zeitpunkt seiner illegalen Einreise halte sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf, da er weder über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfüge, noch ihm in irgendeinem Stadium des Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei.

Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei im konkreten Fall erfüllt, zumal der Beschwerdeführer selbst ausgeführt habe, seinen Lebensunterhalt lediglich durch Zuwendungen der Caritas Graz bestreiten zu können. Er würde von der Caritas Graz Unterkunft erhalten und mit Essen versorgt werden. Zusätzlich erhalte er von der Caritas Graz monatlich ein Taschengeld in der Höhe von S 1.000,--. Zudem verkaufe er auch seit einiger Zeit die Zeitschrift Megaphon und verdiene dadurch monatlich nochmals S 1.000,-- dazu. Abgesehen von einem Bargeldbetrag von S 100,-- habe er kein weiteres Vermögen im Bundesgebiet nachweisen können. Er sei daher auf Grund seiner eigenen Ausführungen von der Unterstützung der Caritas Graz abhängig. Da sein Einkommen als Kolporteur ausschließlich von der Anzahl der verkauften Zeitschriften abhänge, könne diese Tätigkeit nicht als geregeltes, ausreichendes Einkommen bezeichnet werden. Da der Beschwerdeführer somit nicht initiativ von sich aus nachweisen habe können, dass er selbst in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt aus ausreichend vorhandenen finanziellen Mitteln zu bestreiten, liege in seinem konkreten Fall der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG vor, weshalb ein weiterer Aufenthalt unweigerlich zu einer Belastung des Staatshaushaltes führen würde, da er im Falle einer medizinischen Heilbehandlung nicht in der Lage wäre, die dafür anfallenden Kosten selbst zu bestreiten. Zur Tragung solcher Kosten müsste daher regelmäßig die öffentliche Hand herangezogen werden. Finanzielle Zuwendungen der Caritas Graz als öffentliche karitative Einrichtung könnten nicht als ein ausreichendes, dauerhaftes und regelmäßiges Einkommen gewertet werden.

Die Bestimmungen des FrG seien in vollem Umfang anzuwenden, weil § 21 Abs. 1 AsylG nicht zum Tragen komme, da der Beschwerdeführer derzeit nicht über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG verfüge, weshalb der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auf der Rechtsgrundlage des § 36 Abs. 1 und 2 Z. 7 iVm §§ 37, 38 und 39 FrG nichts entgegenstehe. Weiters komme noch hinzu, dass er nicht in der Lage sei, durch Vorlage geeigneter Dokumente bzw. Identitätspapiere seine Identität nachzuweisen. Es stehe nicht einmal eindeutig fest, ob er tatsächlich nigerianischer Staatsbürger sei.

Im Zuge seines gegenständlichen fremdenpolizeilichen Verfahrens habe der Beschwerdeführer weder nahe Familienangehörige, noch sonstige Bezugspersonen, die in Österreich lebten, für eine etwaige nahe Beziehung geltend machen können. Aus diesem Grund stehe auch die belangte Behörde auf dem Standpunkt, dass mit der gegen ihn gesetzten fremdenpolizeilichen Maßnahme kein relevanter Eingriff in sein in Österreich geführtes Privat- und Familienleben bewirkt werde. Dennoch beurteile die belangte Behörde das gegenständliche Aufenthaltsverbot im Falle des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten, zumal sein illegaler Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet als Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens anzusehen sei und er maßgebliche Vorschriften des FrG bewusst missachtet habe, um sich seinen Aufenthalt in Österreich zu verschaffen.

Was die Zulässigkeit iSd § 37 Abs. 1 FrG betreffe, sei zu bedenken, selbst wenn durch das Aufenthaltsverbot ein relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vorliegen würde, könne es keinem Zweifel unterliegen, dass die Verhinderung des Aufenthaltes "undokumentierter", mittelloser, illegal ins Bundesgebiet gelangter und sich hier nicht rechtmäßig aufhaltender Fremder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, sowie zum Schutz des wirtschaftlichen Wohles des Landes iSd Art. 8 EMRK dringend geboten sei.

Die Art und Weise des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens lasse ein Charakterbild erkennen, das zweifelsohne den Schluss zulasse, er sei gegenüber der österreichischen Rechtsordnung negativ eingestellt und bilde solcherart eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Daraus folge, dass unter Abwägung aller Tatsachen im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen schienen als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation, weshalb das Aufenthaltsverbot auch zulässig iSd § 37 Abs. 2 FrG sei.

Auch habe sich die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 1 FrG davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sei. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit nur ganz geringfügig berührt werde, werde im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensausübung von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abzusehen sein. Dies treffe im gegenständlichen Fall jedoch nicht zu.

Auch könne die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer auf Grund seiner Mittellosigkeit in Hinkunft seinen Unterhalt durch Straftaten verschaffen könnte, aus der Sicht der belangten Behörde nicht ausgeschlossen werden. Weiters sei es auch eine Erfahrungstatsache der belangten Behörde, dass mittellose Fremde über kurz oder lang zu strafbaren Handlungen oder Schwarzarbeit Zuflucht nähmen, um sich ihr Fortkommen im österreichischen Bundesgebiet zu sichern.

Ansätze einer beruflichen und sozialen Integration seitens des Beschwerdeführers seien, bedingt durch die relativ kurze Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet, der noch dazu seit der Einreise als unrechtmäßig anzusehen sei, nicht erkennbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte unter Verzicht auf die Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 98/21/0270, m.w.N.).

Weder aus den Verwaltungsakten noch aus der Beschwerde ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis erbracht worden wäre. Wenn der Beschwerdeführer angibt, durch seine Tätigkeit als Kolporteur monatlich S 1.000,-- (EUR 72,67) ins Verdienen zu bringen, so reicht dieser Betrag nicht aus, um den Unterhalt des Beschwerdeführers als gesichert erscheinen zu lassen. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er werde von der Caritas mit Unterkunft, Essen und einem Taschengeld von S 1.000,-- (EUR 72,67) versorgt, reicht zum Nachweis ausreichender Mittel zu seinem Unterhalt nicht aus, bringt doch der Beschwerdeführer selbst vor, Sozialhilfe zu beziehen. Dies untermauert nach der ständigen Rechtsprechung geradezu die Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2001, Zl. 99/21/0090). Diese Auffassung begegnet daher auch keinen Bedenken. Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis), ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet.

Ferner bekämpft der Beschwerdeführer den Bescheid im Grunde des § 37 FrG. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid gar keine Interessenabwägung durchgeführt.

Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde zwar irrt, wenn sie behauptet, dass im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensausübung lediglich in jenen Fällen von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abgesehen werden könne, in denen die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit nur ganz geringfügig berührt werde. Auf Grund der mit der Mittellosigkeit verbundenen Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich ist ihre Ansicht, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes iSd § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, dennoch nicht als rechtswidrig anzusehen.

Angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Erlassung dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme als zulässig iSd des § 37 Abs. 2 FrG bezeichnet. Dies insbesondere deshalb, weil er über keine familiäre Beziehungen in Österreich verfügt und auch beruflich nicht als besonders integriert anzusehen ist.

Dem Argument des Beschwerdeführers, er werde eine Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen die Abweisung seines Asylantrages erheben und es sei ihm zuzubilligen, den Ausgang des anhängig zu machenden Verfahrens in Österreich abzuwarten, ist entgegenzuhalten, dass seiner Beschwerde diesbezüglich erst mit Wirkung vom 16. Dezember 1999 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (zur hg. Zl. AW 99/20/0325). Somit lag im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids ein rechtskräftiger, negativer letztinstanzlicher Asylbescheid vor und kommen schon deshalb die Bestimmungen des § 21 AsylG nicht zum Tragen. Hinzuweisen ist aber darauf, dass der Beschwerdeführer bis zur Beendigung des Asylverfahrens im Grunde des § 21 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997 ohnehin vor einer Abschiebung geschützt ist, auch würde durch die Gewährung von Asyl der angefochtene Bescheid außer Kraft treten (§ 1 Z. 2 Asylgesetz 1997).

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die belangte Behörde habe den Bescheid mit Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, da sie den Beschwerdeführer nicht vernommen hätte, so ist nicht ersichtlich, inwiefern sie im Falle der Durchführung einer Vernehmung zu einem für den Beschwerdeführer günstigen Bescheid hätte kommen können.

Aus dem Erwähnten ergibt sich, dass die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist und sie auch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in ausreichender Klarheit und Übersichtlichkeit zusammengefasst hat. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, auf Grund welcher Umstände die belangte Behörde in Anwendung des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätte absehen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999210335.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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