TE Vfgh Erkenntnis 1999/6/7 B1815/98

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Veröffentlicht am 07.06.1999
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
AsylG 1991 §2
FremdenG 1997 §57
FremdenG 1997 §75

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung eines Feststellungsantrages betreffend ein Refoulement-Verbot hinsichtlich Mazedoniens; nur auf die Vergangenheit bezogene Feststellung der Asylbehörde betreffend die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers in Ungarn aufgrund der alten Rechtslage kein Zurückweisungsgrund iSd FremdenG

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit S 27.000,-- bestimmten Kosten dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Über Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers vor dem Verfassungsgerichtshof vom 19. Februar 1996 stellte die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 25. Juni 1998 fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Beschwerdeführer in Jugoslawien gemäß §57 Abs1 oder Abs2 Fremdengesetz 1997 bedroht sei.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. August 1998 mit der Maßgabe keine Folge gegeben, daß der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen wurde. Dies unter Berufung auf den zweiten Satz des §75 Abs1 Fremdengesetz, BGBl. I 75/1997, wonach eine Feststellung über das Vorliegen von Refoulementsverbotsgründen nicht zu erfolgen habe, "insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, daß für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht". Das Bundesasylamt Wien habe mit Bescheid vom 15. Februar 1996 den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers abgewiesen, da der Antragsteller vor seiner Einreise nach Österreich in Ungarn vor Verfolgung gemäß §2 Abs2 AsylG 1991 sicher gewesen sei. Die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. März 1996 abgewiesen worden. Auf Grund der rechtskräftigen Feststellung der Asylbehörden sei über den gestellten Antrag gemäß §75 FremdenG 1997 nicht mehr zu entscheiden und der diesbezügliche Antrag sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie mit näherer Begründung die Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Der hier zu beurteilende Sachverhalt gleicht in allen wesentlichen Belangen jenem, der der zu B349/98 protokollierten Beschwerde zugrunde gelegen ist. Mit Erkenntnis vom 24. Februar 1999 - eine Ausfertigung dieses Erkenntnisses ist der vorliegenden Erledigung angeschlossen - erkannte der Verfassungsgerichtshof, daß der damalige Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei.

Nichts anderes gilt auch hier: Die Beschwerde rügt im Ergebnis zu Recht, daß die belangte Behörde die Berufung nicht hätte zurückweisen dürfen, vielmehr verpflichtet gewesen wäre, in der Sache zu entscheiden. Indem der bekämpfte Bescheid dies verkannte, verletzt er den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Der angefochtene Bescheid war deshalb aufzuheben.

II. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Kostenbetrag sind S 4.500,-- an Umsatzsteuer enthalten. Dem Antrag auf Zuspruch der Pauschalgebühr war nicht stattzugeben, da diese im Hinblick auf die Gewährung der Verfahrenshilfe nicht zu entrichten war.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Fremdenrecht, Asylrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1815.1998

Dokumentnummer

JFT_10009393_98B01815_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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