TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/25 99/07/0211

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Veröffentlicht am 25.04.2002
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Index

L66202 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Kärnten;
L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §36;
FlVfLG Krnt 1979 §48 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §51;
GSGG §11;
GSGG §12;
GSLG Krnt 1998 §14;
GSLG Krnt 1998 §15 Abs6;
VwGG §23 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der Bringungsgemeinschaft "S", vertreten durch den Vorsitzenden Ing. HB in S, dieser vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in 9100 Völkermarkt, Hans Wiegele-Straße 3, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 26. April 1999, Zl. Agrar-11-96/3/99, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Bringungsrechtes (mitbeteiligte Partei: WS in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist eine Bringungsgemeinschaft im Sinne des § 14 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes - K-GSLG, LGBl. Nr. 4/1998.

In einer am 18. Oktober 1997 abgehaltenen ordentlichen Vollversammlung der beschwerdeführenden Partei wurde zu Tagesordnungspunkt 8) ein aus vier Punkten bestehender Beschluss gefasst, der eine Beitragsleistung der mitbeteiligten Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) zum Gegenstand hat.

Auf Grund einer Eingabe der mP vom 11. April 1998 wurde dieser Beschluss der Vollversammlung der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde K vom 17. April 1998 ersatzlos behoben.

Die gegen diesen Bescheid vom Vorsitzenden der beschwerdeführenden Partei namens dieser erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid mit der Begründung als unzulässig zurück, weder den Bestimmungen des K-GSLG noch den Verwaltungssatzungen der beschwerdeführenden Partei lasse sich eine Legitimation des Vorsitzenden entnehmen, alleine ohne Befassung weiterer Gremien zur Erhebung einer Berufung für die Bringungsgemeinschaft ermächtigt zu sein. Sache des Vorsitzenden wäre es gewesen, einen Auftrag der Vollversammlung zur Erhebung der Berufung spätestens bei der von der belangten Behörde durchgeführten Verhandlung vorzulegen. Da dies nicht geschehen sei, sei die von einem dazu nicht legitimierten Vorsitzenden erhobene Berufung zurückzuweisen gewesen. Inhaltlich hätte der Berufung im Übrigen ein Erfolg auch versagt bleiben müssen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird von der beschwerdeführenden Partei die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der aus dem Beschwerdevorbringen ableitbaren Erklärung begehrt, dass sich die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf meritorische Behandlung einer für sie wirksam erhobenen Berufung als verletzt erachtet; zusätzlich erstattet die beschwerdeführende Partei noch ausführliches Vorbringen zur Sache der Verwaltungsangelegenheit.

Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mP hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren trotz

gebotener Gelegenheit nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall geht es allein um die Frage, ob die von der belangten Behörde getroffene verfahrensrechtliche Zurückweisung der vom Vorsitzenden der beschwerdeführenden Partei für diese erhobenen Berufung aus dem Grunde fehlender Legitimation des Vorsitzenden zur Erhebung einer Berufung für die Bringungsgemeinschaft ohne Vorliegen eines Vollversammlungsbeschlusses mit dem Gesetz in Einklang steht. Ein Eingehen in die Sache der dieser verfahrensrechtlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Verwaltungsangelegenheit hat demgemäß zu unterbleiben.

Die von der belangten Behörde zur Begründung ihrer Zurückweisungsentscheidung ins Treffen geführte Bestimmung des § 15 Abs. 6 K-GSLG hat folgenden Wortlaut:

"(6) Der Vorsitzende hat bei Vollversammlungen und Vorstandssitzungen den Vorsitz zu führen. Er vertritt die Bringungsgemeinschaft nach außen. Ihm obliegen die Geschäftsführung und, wenn kein Vorstand zu wählen ist, auch die Aufgaben des Vorstandes. Dem Vorstand obliegt die laufende Verwaltung. Alle übrigen Geschäfte hat die Vollversammlung zu besorgen. Für die Dauer der Verhinderung des Vorsitzenden tritt sein Stellvertreter mit allen Rechten und Pflichten an seine Stelle."

Da die beschwerdeführende Bringungsgemeinschaft, wie dies sowohl aus der Begründung des angefochtenen Bescheides erschlossen werden kann, als auch von der beschwerdeführenden Partei in ihrem Vorbringen erwähnt wird, über eine Satzung verfügt, erweist sich die Stützung der belangten Behörde auf die Bestimmung des § 15 Abs. 6 K-GSLG schon deshalb als verfehlt, weil die rechtserhebliche Frage einer Legitimation des Vorsitzenden der beschwerdeführenden Partei zur Erhebung einer Berufung auch ohne Vorliegen eines Vollversammlungsbeschlusses aus der Satzung und nicht aus der genannten Gesetzesvorschrift zu beurteilen war, welche ja nur die Funktion hat, den Inhalt zu genehmigender Satzungen zu determinieren.

Was die Satzung der beschwerdeführenden Partei über die Befugnisse des Vorsitzenden der Bringungsgemeinschaft tatsächlich regelt, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilen, weil die belangte Behörde in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten die Satzungen der beschwerdeführenden Partei nicht angeschlossen hat. Zufolge der Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG geht der Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Beschwerdevorbringens davon aus, dass die Satzung der beschwerdeführenden Partei die Befugnisse des Vorsitzenden nach Maßgabe der Bestimmung des § 15 Abs. 6 K-GSLG geregelt und keinen weiteren als den in der genannten Gesetzesstelle festgelegten Beschränkungen unterworfen hat. Hievon scheint ohnehin auch die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgegangen zu sein, worauf ihr Hinweis auf die Bestimmung des § 15 Abs. 6 K-GSLG hindeutet.

Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Slg. NF Nr. 10.147/A, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Organe als zur Erhebung eines Rechtsmittels berechtigt anzusehen sind, wenn die ordnungsgemäß kundgemachten Organisationsnormen der juristischen Person von einer "Vertretung nach außen schlechthin" sprechen. Auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen ist in einem solchen Fall nicht zurück zu greifen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2001, 2000/07/0218 und 2000/07/0270). Die in den genannten Erkenntnissen zu Agrargemeinschaften im Sinne des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979, LGBl. Nr. 64, angestellten Erwägungen gelten in gleicher Weise auch für Bringungsgemeinschaften im Sinne des § 14 K-GSLG.

Da im Beschwerdefall von einer solchen Vertretungsbefugnis des Vorsitzenden der beschwerdeführenden Bringungsgemeinschaft nach außen auszugehen ist, wie sie die Vorschrift des § 15 Abs. 6 K-GSLG beschreibt und der in den zitierten hg. Erkenntnissen vom 22. Februar 2001, 2000/07/0218 und 2000/07/0270, angesprochenen Vertretungsbefugnis entspricht, widersprach die Zurückweisung der vom Vorsitzenden der beschwerdeführenden Partei für diese erhobenen Berufung aus dem von der belangten Behörde genannten Grund dem Gesetz. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den Ersatz von Stempelgebühren, welche die gebührenbefreite beschwerdeführende Partei nicht zu entrichten hatte.

Wien, am 25. April 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Handlungsfähigkeit Prozeßfähigkeit juristische Person Personengesellschaft des Handelsrechts Öffentliches Recht Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Vertretungsbefugter juristische Person Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999070211.X00

Im RIS seit

11.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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