TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/22 2002/15/0078

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Veröffentlicht am 22.05.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde der J GmbH in R, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin Luther Straße 154, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 22. März 2002, Zl. RV518/1-9/00, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH hält an dieser einen Geschäftsanteil im Ausmaß von 90,2% ihres Stammkapitals.

Der Geschäftsführer ist aufgrund des Geschäftsführervertrages vom 2. Jänner 1996 für die Beschwerdeführerin tätig.

Im Zuge einer für den Zeitraum Jänner 1995 bis Dezember 1998 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurden der Beschwerdeführerin für die Bezüge des Geschäftsführers Dienstgeberbeitrag nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.

Die gegen diese Vorschreibung erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Begründend wird ausgeführt, § 3 Abs 1 des Geschäftsführungsvertrages vom 2. Jänner 1996 lege fest, dass der Geschäftsführer ein erfolgsabhängiges Entgelt beziehe, welches 40% des um die Abschreibungen (und den Geschäftsführerbezug) erhöhten Betriebserfolges betrage. Der Geschäftsführer sei berechtigt, während des Jahres Akontozahlungen zu beheben, die sich am Vorjahresgehalt orientierten. Alle Aufwendungen, Reisekosten und Sozialversicherungsbeiträge würden dem Geschäftsführer von der Beschwerdeführerin ersetzt. Der Geschäftsführer habe - abgesehen von den Sozialversicherungsbeiträgen - Bezüge in folgender Höhe bezogen: 1996: 546.000 S, 1997: 504.000 S, 1998: 693.000 S. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Geschäftsführer keinem wesentlichen Unternehmerrisiko ausgesetzt. Von 1996 auf 1997 seien seine Bezüge um 42.000 S gesunken, von 1997 auf 1998 seien sie wieder um 189.000 S gestiegen. Derartige Schwankungen seien auch bei nichtselbständig Tätigen in leitenden Positionen durchaus üblich, da einem Dienstnehmer dadurch die Möglichkeit geboten werde, seinen Gehalt durch gute Leistungen zu erhöhen.

Die Einkünfte der Beschwerdeführerin wiesen folgende Höhe auf: 1996: 684.275 S, 1997: 186.745 S, 1998: 335.354 S. Aus der Höhe der Einkünfte sei zu ersehen, dass das Jahresgehalt des Geschäftsführers in keiner Relation hiezu stehe. Für das nicht mehr in den Prüfungszeitraum fallende Jahr 1999 weise die Beschwerdeführerin einen Verlust von 212.998 S aus; dennoch habe der Geschäftsführer für dieses Jahr 1999 eine Geschäftsführerentlohnung (Gehalt) von 516.346 S erhalten. Es bestehe also zwischen dem Misserfolg der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführergehalt kein derartiger Zusammenhang, dass ein Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers angenommen werden könnte. Somit sei ein wesentliches einnahmenseitiges Unternehmerrisiko nicht gegeben. Ausgabenseitig sei ebenfalls kein wesentliches Unternehmerrisiko erkennbar, zumal der Geschäftsführer in seinen Einkommensteuererklärungen lediglich das Betriebsausgabenpauschale in prozentuell gleich bleibender Höhe angesetzt habe. Dass der Gesellschafter-Geschäftsführer keine Aufwendungen getragen habe, ergebe sich auch aus dem Geschäftsführervertrag, in welchem festgelegt sei, dass die Beschwerdeführerin seine Aufwendungen ersetze.

Die Eingliederung des Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin ergebe sich aus der kontinuierlichen, über einen längeren Zeitraum andauernd erbrachten Geschäftsführungstätigkeit.

Da die Beschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers somit mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweise, erziele dieser Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988. Die Bezüge zählten daher zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet § 57 Abs. 7 und 8 Handelskammergesetz.

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit eines Gesellschafter-Geschäftsführers ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs 2 Satz 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten gegeben. Ebenso unbestritten ist die kontinuierliche, zumindest jährliche Entlohnung des Geschäftsführers. Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass keine Relation zwischen dem Gewinn (Erfolg) der Beschwerdeführerin und der Höhe der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers feststellbar ist sowie im Hinblick auf die nur mäßigen Schwankungen der Höhe der Geschäftsführerbezüge ein ins Gewicht fallendes einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ausgeschlossen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2002, 2001/13/ 0071). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin konnte die belangte Behörde dabei auch auf die Verhältnisse des im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegende Jahres 1999 Bedacht nehmen. Selbst wenn, wie dies in der Beschwerde vorgebracht worden ist, der für das Jahr 1999 der Jahresverlust der Beschwerdeführerin nicht 212.998 S, sondern nur

131.720 S, und der Jahresbezug des Gesellschaftergeschäftsführers nicht 516.346 S, sondern 421.107 S betragen haben sollte, spricht entscheidend gegen ein Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers, dass er auch in einem Verlustjahr der Beschwerdeführerin einen Bezug (von über 400.000 S) erhalten hat. Gegen das Unternehmerrisiko spricht im Übrigen auch, dass ihm die Beschwerdeführerin die angefallenen Aufwendungen ersetzt hat.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002150078.X00

Im RIS seit

23.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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