TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 2000/03/0275

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §123 Abs4;
VStG §27 Abs1;
VStG §28;
VStG §29a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des L H in S, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 26. Juni 2000, Zl. UVS- 7/11011/3-2000, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem genannten im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" der Firma "S OHG" und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Zulassungsbesitzerin "S OHG" eines nach dem Kennzeichen bestimmten PKW zu verantworten, dass die Zulassungsbesitzerin auf schriftliches Verlangen vom 4. August 1999 innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung nicht bekannt gegeben habe, wer dieses Fahrzeug am 1. Juli 1999 um 0.00 Uhr in "Thalgau A 1 Westautobahn StrKm 275.900" in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt habe bzw. keine Person genannt habe, welche die gewünschte Auskunft erteilen könnte. Er habe dadurch eine Übertretung des § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 begangen und wurde hiefür mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) bestraft.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten erwogen hat:

Mit Beschluss vom 20. März 2002 gab der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 VwGG Folgendes bekannt:

"1. Das Verwaltungsstrafverfahren geht auf eine vom 'Landesgendarmeriekommando für Salzburg, Verkehrsabteilung, 5081 Außenstelle Anif' an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung gerichtete Anzeige vom 6. Juli 1999 zurück, die nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten nicht bei dieser Bezirkshauptmannschaft, sondern am 21. Juli 1999 bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein einlangte, und von dieser mit Schreiben vom 22. Juli 1999 der Bundespolizeidirektion Salzburg (dort eingelangt am 23. Juli 1999) nach § 29a VStG abgetreten wurde.

In dieser - eine Übertretung nach § 31 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 2 lit. e StVO 1960 betreffenden - Anzeige wird unter den 'Angaben zur Tatausführung' als 'Ort, Straße': 'Thalgau A 1 (Westautobahn)' genannt, näherhin ergibt sich daraus, dass der 'Lenker des Pkw Kennzeichen S-... Marke ...' auf der A 1 von Mondsee kommend in Richtung Salzburg gefahren sei und dabei bei km 275, 900 einen Verkehrsunfall verursacht habe, wobei er nach links von der Fahrbahn abgekommen sei und gegen die Mittelschiene geprallt sei. Damit ereignete sich dieser Verkehrsunfall im politischen Bezirk Salzburg-Umgebung (vgl. den Österreichischen Amtskalender 2001/2002, Wien 2001, vgl. S 1455 ff, 1458).

2.1. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des VStG lauten wie folgt:

'§ 27. (1) Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

§ 28. Die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, ist zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs. 1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.

§ 29 a. Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat. Das Strafverfahren darf nur an eine Behörde im selben Bundesland, der Strafvollzug nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde übertragen werden.'

2.2. § 123 Abs. 2 KFG 1967 lautet:

'(4) Die im § 103 Abs. 2 und § 103a Abs. 2 angeführten Erhebungen sind im Sinne des § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG, außer bei Gefahr im Verzug, schriftlich oder telefonisch durchzuführen. Liegt einer Erhebung gemäß § 103 Abs. 2 die Begehung einer Verwaltungsübertretung zugrunde, ist die Erhebung von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes zuständigen Behörde, sofern diese eine Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde ist, zu führen. In diesen Fällen ist diese Behörde auch sachlich für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 zuständig.'

3. Die Übertragung des Strafverfahrens nach § 29 a VStG stellt nach der hg. Rechtsprechung eine Verfahrensanordnung dar, durch die eine Änderung einer örtlichen Zuständigkeit der Behörde herbeigeführt wird (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 20. Jänner 1982, Zl. 03/0858/80, Slg. Nr. 10.638/A, vgl. weiters vom 16. April 1997, Zl. 96/03/0368, und vom 17. März 1999, Zl. 97/03/0364). Nach dem Wortlaut des § 29 a VStG kann eine solche Zuständigkeitsänderung nur durch eine von der 'zuständigen Behörde' stammende Verfahrensanordnung bewirkt werden.

Nach § 123 Abs. 4 KFG 1967 ist dann, wenn einer Erhebung gemäß § 103 Abs. 2 leg. cit. die Begehung einer Verwaltungsübertretung zugrundeliegt, die Erhebung von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes zuständigen Behörde, sofern diese eine Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde ist, zu führen, die dann auch sachlich für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 zuständig ist.

Dies bedeutet, dass im Beschwerdefall - in dem der Erhebung nach Ausweis der Verwaltungsstrafakten die Begehung von Verwaltungsübertretungen (bezüglich derer von der Erstbehörde das Verfahren nach § 34 VStG abgebrochen wurde) zugrundeliegt - die Bundespolizeidirektion Salzburg zur Erlassung des dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Straferkenntnisses vom 7. Dezember 1999 nur dann gemäß § 29 a VStG zuständig gewesen wäre, wenn ihr die Zuständigkeit von der nach § 123 Abs. 4 KFG 1967 sachlich und nach § 27 Abs. 1 VStG örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung übertragen worden wäre, zumal einer Zuständigkeit der die Verfahrensanordnung nach § 29 a VStG vornehmenden Bezirkshauptmannschaft Hallein - auch wenn die besagte Anzeige zunächst bei ihr einlangte - entgegenstand, dass auf Grund der Angaben in der Anzeige die örtliche Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (an die die Anzeige auch gerichtet war) betreffend den angezeigten Sachverhalt nicht in Zweifel stehen konnte (vgl. § 28 zweiter Halbsatz VStG). Da die belangte Behörde die - allfällige - Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde nicht wahrgenommen hat, könnte der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet sein.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden gemäß § 41 Abs. 1 VwGG aufgefordert, zu dieser vorläufigen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes binnen drei Wochen Stellung zu nehmen."

Dieser vorläufigen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes schloss sich der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 17. April 2002 ausdrücklich an. Die belangte Behörde nahm mit Schreiben vom 8. Mai 2002 wie folgt Stellung:

"Bezugnehmend auf do Beschluss vom 20.3.2002, Zl. 2000/03/0275-7 wird mitgeteilt, dass die Bundespolizeidirektion Salzburg bezüglich der Ahndung von Falsch bzw. Nichtauskünften auf Anfragen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung iS von 103 Abs. 2 KFG insofern örtlich zuständig ist, als Sitz der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, und damit Tatort, die Landeshauptstadt Salzburg ist. Für Übertretungen gem KFG ist im Sprengel der Landeshauptstadt Salzburg die Bundespolizeidirektion die örtlich zuständig Behörde.

Bezüglich des Grunddeliktes wäre die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung örtlich zuständig gewesen."

Die belangte Behörde räumt damit ein, dass "bezüglich des Grunddeliktes" - nämlich der im hg. Beschluss angesprochenen Verwaltungsübertretungen (bezüglich derer von der Erstbehörde das Verfahren nach § 34 VStG abgebrochen wurde) - die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zuständig war. Nach § 123 Abs. 4 KFG 1967 war daher - wie im zitierten hg. Beschluss dargestellt - diese Bezirkshauptmannschaft zur Erhebung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 und zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen Übertretung der zuletzt genannten Bestimmung zuständig. Nach § 29a VStG hätte daher die Übertragung der Zuständigkeit von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung an die im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren als Erstbehörde tätig gewordene Bundespolizeidirektion Salzburg erfolgen müssen. An dieser Rechtslage vermag der Hinweis der belangten Behörde, dass sich der Sitz der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung in der Landeshauptstadt Salzburg befinde, damit als Tatort die Landeshauptstadt Salzburg in Betracht komme und für Übertretungen nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 im Sprengel dieser Landeshauptstadt die genannte Bundespolizeidirektion die örtlich zuständige Behörde sei, nichts zu ändern.

Vor diesem Hintergrund erhebt der Verwaltungsgerichtshof die vorläufige Rechtsansicht in seinem Beschluss vom 20. März 2002 zu seiner endgültigen. Daraus folgt, dass die Bundespolizeidirektion Salzburg zur Durchführung des gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verwaltungsstrafverfahrens nicht zuständig war. Diese Unzuständigkeit wurde von der belangten Behörde nicht wahrgenommen, sodass der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig ist (vgl. aus der hg. Rechtsprechung das Erkenntnis vom 17. März 1999, Zl. 98/03/0169).

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 509/2001. Für die auf Grund der hg. Aufforderung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG erstattete Stellungnahme des Beschwerdeführers gebührt kein zusätzlicher Ersatz des Schriftsatzaufwandes (vgl. das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 17. März 1999).

Wien, am 23. Mai 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000030275.X00

Im RIS seit

14.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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