TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/5 2002/21/0129

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Veröffentlicht am 05.09.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997;
FrG 1997 §33 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des S Ö in Graz, geboren am 7. August 1983, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 28. Mai 2002, Zl. Fr 936/2000, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit dieser vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, im März 2000 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und um Asylgewährung ersucht hat. Dieser Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Juli 2000 gemäß § 6 Z 3 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen und gleichzeitig gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei zulässig sei. Einer dagegen erhobenen, beim Verwaltungsgerichtshof derzeit anhängigen Beschwerde wurde mit hg. Beschluss vom 28. August 2000, Zl. AW 2000/20/0263, die aufschiebende Wirkung zuerkannt und ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte, wobei damit im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, gegenständlich angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark wurde der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Begründung dieses Bescheides zufolge sei dem Beschwerdeführer im Hinblick darauf, dass sein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sei, eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung nach § 19 des Asylgesetzes nicht erteilt worden. Da der Beschwerdeführer auch weder über eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Abs. 1 AsylG noch über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel (nach dem FrG) verfüge, halte er sich im Bundesgebiet nicht rechtmäßig im Sinn des § 33 Abs. 1 FrG auf. Einer Ausweisung nach der letztgenannten Bestimmung stehe der zitierte hg. Beschluss vom 28. August 2000 nicht entgegen, da zufolge § 21 Abs. 1 AsylG die Anwendung des § 33 Abs. 1 FrG auf Asylwerber nicht ausgeschlossen sei. Dessen ungeachtet sei der illegale Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über seinen Asylantrag jedenfalls zu dulden.

Zu § 37 Abs. 1 FrG stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, der Beschwerdeführer wohne seit seiner Einreise in das Bundesgebiet bei seinem Vater, gegen den mit Bescheid vom 17. Mai 2002 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. Die Mutter des Beschwerdeführers und seine drei minderjährigen Geschwister lebten weiterhin in der Türkei. Im Hinblick auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers bei seinem Vater müsse von einem "gewissen relevanten Eingriff" in seine familiären Beziehungen im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG ausgegangen werden. Dennoch sei, da bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt die öffentliche Ordnung in hohem Maße gefährde und der Einhaltung der fremdenrechtlichen Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukomme, im Hinblick auf den zweijährigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die Ausweisung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht ausgewiesen zu werden, solange sein Asylverfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig ist. Mit dem zitierten Beschluss vom 28. August 2000 habe der Verwaltungsgerichtshof seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht nur stattgegeben, sondern auch ausgesprochen, dass im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig sei. Da die belangte Behörde an dieses Verbot, das "wohl auch für die Ausweisung gelten" müsse, gebunden sei, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig.

Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Der Feststellung der belangten Behörde, dass der Asylantrag des illegal in das Bundesgebiet eingereisten Beschwerdeführers gemäß § 6 Z 3 AsylG als "offensichtlich unbegründet" abgewiesen wurde, und der Beurteilung, dass dem Beschwerdeführer daher (siehe § 19 Abs. 1 AsylG) eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zukommt, tritt die Beschwerde ebenso wenig entgegen, wie den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer verfüge weder über einen Einreise- noch über einen Aufenthaltstitel. Dennoch vertritt der Beschwerdeführer unter Verweis auf den bereits mehrfach genannten hg. Beschluss vom 28. August 2000 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an seine Beschwerde gegen die Abweisung seines Asylantrages die Auffassung, die gegen ihn erlassene Ausweisung sei unzulässig. Der Hinweis in diesem Beschluss, dass jede Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist, gibt (lediglich) die Rechtslage, wie sie in § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG normiert ist, wieder (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 20. Oktober 2000, Zl. 99/20/0406). Das dort genannte Zurück- und Abschiebeverbot von Asylwerbern (als solcher ist der Beschwerdeführer durch den genannten Beschluss über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die Dauer des sein Asylverfahren betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anzusehen) hindert die belangte Behörde mangels gegenteiliger gesetzlicher Bestimmungen aber nicht, während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in der Asylangelegenheit bereits die Voraussetzungen für eine (allfällige künftige) Abschiebung in Form einer Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG zu schaffen. Gemäß § 21 Abs. 1 AsylG findet nämlich (abgesehen von im Beschwerdefall nicht zutreffenden Ausnahmen) das Fremdengesetz insgesamt auch auf Asylwerber Anwendung. Daher besteht entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kein Widerspruch darin, dass einerseits aufgrund des zitierten hg. Beschlusses vom 28. August 2000 der Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zur Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über seinen Asylantrag nicht zwangsweise beendet, andererseits aber bereits seine Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG verfügt werden kann (vgl. zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/21/0076). Ein Zuwarten der Ausweisung bis zur Erledigung des Asylverfahrens bzw. zur Entscheidung über eine gegen den letztinstanzlichen Asylbescheid eingebrachte Beschwerde ist gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/21/0360). Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Ansicht des Beschwerdeführers, die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG seien nicht erfüllt und die belangte Behörde habe angesichts des bereits mehrfach zitierten hg. Beschlusses vom 28. August 2000 ihr Ermessen bei Erlassung der Ausweisung überschritten, nicht zu teilen.

Zu § 37 Abs. 1 FrG wendet die Beschwerde ein, die belangte Behörde übergehe, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einreise noch minderjährig gewesen sei und seit seiner Einreise bei seinem Vater lebe, zu welchem er eine enge familiäre Beziehung habe. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerde, dass die belangte Behörde ohnedies von einem relevanten Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers (der im Übrigen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte) durch die Ausweisung ausgegangen ist. Vor dem Hintergrund des über zwei Jahre andauernden unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und des von der belangten Behörde zu Recht angenommenen hohen Stellenwerts, der aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten zukommt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 99/21/0360) vermag der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Wenn die Beschwerde schließlich bemängelt, die belangte Behörde übergehe die Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren, wonach dieser in der Türkei von religiösen Mitgliedern mit dem Leben bedroht werde, so ist sie darauf zu verweisen, dass die Frage einer allfälligen Gefährdung oder Bedrohung des Beschwerdeführers in dem von ihm bezeichneten Heimatstaat im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG nicht im Rahmen der Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren (hier: im Rahmen der Entscheidung nach § 8 AsylG, bzw. später nach § 56 Abs. 2 FrG) zu beurteilen ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 VwGG als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002210129.X00

Im RIS seit

07.11.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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