TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/30 2001/10/0241

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Veröffentlicht am 30.09.2002
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Index

82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

NWKV 1995 §3 Abs1 litb;
NWKV 1995 §5 Abs3 Z6;
NWKV 1995 §6 Abs9;
NWKV 1995 §8 Abs1 Z4;
NWKV 1995 §8 Abs2;
NWKV 1995 Anl;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/10/0242 2001/10/0243 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/10/0036 E 30. September 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerden des Dr. S in Rankweil, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Fohrenburgstraße 4, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 31. Oktober 2001,

1. Zl. 1-0638/00/E5 (zur Zl. 2001/10/0241), 2. Zl. 1-0639/00/E5 (zur Zl. 2001/10/0242) und 3. Zl. 1-0641/00/E5 (zur Zl. 2001/10/0243), betreffend Übertretungen des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 996;-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen (erst)angefochtenen Bescheid (zur Zl. 2001/10/0241) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"in seiner Eigenschaft als gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlich Beauftragter der Firma R. GmbH in ..., zu verantworten, dass diese Firma am 13.10.1999 um 11.00 Uhr drei Flaschen 'Schwarze Johannesbeere gespritzt' (Probenummer 185/1999- KLI), abgepackt jeweils in eine mit einem Kunststoffdeckel verschlossene 0,5 l Kunststoffflasche und mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 27.3.2000 versehen, durch Lagerung im Auslieferungslager am Firmenstandort dieser Firma in Verkehr gebracht hat, obwohl diese Waren, welche ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt waren, auf Grund der Deklaration von nährwertbezogenen Angaben den Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungsverordnung unterlagen und diese Waren lediglich rund 12 mg/100 ml an Ascorbinsäure enthielten, obwohl der Gehalt an Vitamin C mit 30 mg/100 ml angegeben war."

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen (zweit)angefochtenen Bescheid (zur Zl. 2001/10/0242) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"in seiner Eigenschaft als gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlich Beauftragter der Firma R. GmbH in ..., zu verantworten, dass diese Firma am 13.10.1999 um 11.00 Uhr vier Flaschen 'Orangensaft gespritzt' (Probenummer 177/1999-KLI), abgepackt jeweils in eine mit einem Kunststoffdeckel verschlossene 0,5 l Kunststoffflasche und mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 17.2.2000 versehen, durch Lagerung im Auslieferungslager am Firmenstandort dieser Firma in Verkehr gebracht hat, obwohl diese Waren, welche ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt waren, auf Grund der Deklaration von nährwertbezogenen Angaben den Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungsverordnung unterlagen und diese Waren lediglich rund 6 mg/100 ml an Ascorbinsäure enthielten, obwohl der Gehalt an Vitamin C mit 24 mg/100 ml angegeben war."

3. Mit dem im Instanzenzug ergangenen (dritt)angefochtenen Bescheid (zur Zl. 2001/10/0243) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"in seiner Eigenschaft als gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der Firma R. GmbH in ..., zu verantworten, dass diese Firma am 13.10.1999 um 11.00 Uhr vier Flaschen 'Isotonic' (Probenummer 178/1999-KL I), abgepackt jeweils in eine mit einem Kunststoffdeckel verschlossene 0,5 l Kunststoffflasche und mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 7.3.2000 versehen, durch Lagerung im Auslieferungslager am Firmenstandort dieser Firma in Verkehr gebracht hat, obwohl diese Waren, welche ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt waren, auf Grund der Deklaration von nährwertbezogenen Angaben den Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungsverordnung unterlagen und diese Waren lediglich unter 1 mg/100 ml an Ascorbinsäure enthielten, obwohl der Gehalt an Vitamin C mit 12 mg/100 ml angegeben war."

4. Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, er habe damit jeweils eine Verwaltungsübertretung gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) iVm §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 2, 4, 5 Abs. 1, 2, 3 und 4 sowie 8 Abs. 2 der Nährwertkennzeichnungsverordnung (NWKV) begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in der Höhe von je S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 45 Stunden) verhängt wurden.

5. Nach den - im Wesentlichen gleich lautenden - Begründungen der angefochtenen Bescheide habe der Beschwerdeführer in seinen Berufungen gegen die Straferkenntnisse der Behörde erster Instanz vorgebracht, die gegenständlichen Waren seien nicht in Verkehr gebracht worden, da sie für den Export bestimmt gewesen seien. Vitamin C, welches einem Getränk beigegeben werde, baue bei der Lagerung ständig ab. Dies bedeute, dass bei einer spezifischen Dosierung diese nur im Augenblick der Produktion zutreffe und sich in der Folge durch den natürlichen Abbau verändere. Ein bei der Produktion erreichter Wert an Vitamin C stimme nur bei einer Probenziehung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Produktionsdatum mit dem im Produkt tatsächlich enthaltenem Vitamin C-Gehalt überein. Es sei produktionstechnisch und wirtschaftlich nicht machbar, entweder nur so geringe Mengen zu produzieren, dass keine Lagerung erforderlich sei, oder erst bei der Auslieferung des Produktes den jeweils aktuellen Wert zu messen und auf der Packung zu deklarieren. Der Vitamin C-Gehalt nehme in PET-Flaschen durch die Licht- und Sauerstoffeinwirkung wesentlich stärker ab bzw. sei wesentlich stärkeren Schwankungen ausgesetzt als beispielsweise bei Tetra-Verpackungen. Eine auch nur annähernd exakte Angabe des Vitamin C-Gehaltes sei schon allein aus diesem Grund (faktisch) unmöglich. Kontrollmessungen in der Firma hätten ergeben, dass der Vitamin C-Gehalt in PET-Flaschen schon wenige Tage nach der Abfüllung erheblich abnehme. Es sei technisch unmöglich, den Vitamin C-Gehalt bei der Abfüllung so zu dosieren, dass er über die gesamte Haltbarkeitsdauer auch nur einigermaßen konstant bleibe. Die Nährwertkennzeichnungsverordnung, deren praktische und wirtschaftliche Erfüllung unmöglich sei, könne deshalb nicht zur Bestrafung herangezogen werden. Bei Inkrafttreten dieser Verordnung seien noch keine Getränke in PET-Flaschen abgefüllt worden, weshalb daher auf die spezifischen Gegebenheiten nicht hätte Bedacht genommen werden können. Die Nährwertkennzeichnungsverordnung sei daher auf solche Abfüllungen nicht anwendbar. Das Untersuchungszeugnis sei jeweils gegen Ende der Mindesthaltbarkeitsdauer ausgestellt worden. Ein solches Untersuchungszeugnis könne nicht herangezogen werden, da eine Beurteilung kurz vor Ablauf der Lebensdauer des Produktes ohne tatsächliche und rechtliche Relevanz sei. Es gebe auch keine Vorschrift, dass gegenüber den deklarierten Werten eine Toleranz von plus/minus 20 % einzuhalten sei.

Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde die Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt entgegen. Darin werde dargelegt, dass die Nährwertkennzeichnung im Beschwerdefall freiwillig erfolgt sei. Wenn auf Grund des fehlenden Lichtschutzes und der materialbedingten Sauerstoffmigration eine auch nur annähernd exakte Angabe des im Getränk enthaltenen Vitamin C-Gehaltes faktisch unmöglich sei, so sei konsequenterweise die freiwillige Deklaration zu unterlassen. Es bestehe keine Rechtsvorschrift, die Produkte in einer PET-Flasche abzufüllen, die keinen ausreichenden Schutz bezüglich des Vitamin C-Gehaltes biete. Nach Meinung der Lebensmittelchemischen Gesellschaft - Fachgruppe in der Gesellschaft deutscher Chemiker werde als Toleranz für Nährstoffschwankungen bei der Nährwertkennzeichnung von Vitamin C eine Größenordnung von plus/minus 20 % angegeben. Diese Größenordnung sei bei der Verwendung geeigneter Verpackungsmaterialien durchaus einzuhalten. Selbst bei großzügiger Auslegung der genannten Schwankungsbreite weiche der gegenständliche, analytisch bestimmte Vitamin C-Gehalt deutlich vom deklarierten Wert ab; er betrage lediglich ein Viertel bzw. weniger als ein Zehntel des deklarierten Vitamin C-Gehaltes. Es bestehe die Möglichkeit, mit relativ einfachen analytischen Mitteln, den Vitamin C-Gehalt und dessen zeitlichen Abbau beginnend von der Produktion über die Auslieferung bis zum Ende der deklarierten Mindesthaltbarkeit zu verfolgen. Da die Festlegung der Mindesthaltbarkeit ebenfalls in die Kompetenz des Herstellers falle, bestehe damit zusätzlich eine Möglichkeit, den durchschnittlichen Wert des deklarierten Vitamin C-Gehaltes innerhalb einer bestimmten Streubreite zu halten. Ein deklarierter Vitamin C-Gehalt, von dem der Hersteller selbst wisse, dass er lediglich im Augenblick der Dosierung zutreffe und der schon bei der Warenauslieferung nicht mehr korrekt sei, erfülle nicht die Vorgaben der Nährwertkennzeichnungsverordnung nach Deklaration eines durchschnittlichen Wertes. Es sei zu berücksichtigen, dass die Nährwertkennzeichnung auf freiwilliger Basis erfolgt sei. Die Auswahl des (ungeeigneten) Verpackungsmateriales wie auch die Angabe der Haltbarkeit würden in die Kompetenz des Erzeugers fallen. Auf den Etiketten befänden sich Angaben über den Energiewert sowie den Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten, Fett und Vitamin C. Es liege daher eine Nährwertkennzeichnung vor. In der Regel solle bei Vitaminen eine Menge von mindestens 15 % der empfohlenen Tagesdosis in 100 ml enthalten sein. Die empfohlene Tagesdosis von Vitamin C betrage 60 mg. Der deklarierte Gehalt von 30 mg/100 ml (25 mg/100 ml, 12 mg/100 ml) entspreche somit 50 % (40 %, 20 %) der empfohlenen Tagesdosis. Eine derartige Menge sei durchaus als signifikant anzusehen. So würde beispielsweise bereits beim Verzehr von 200 ml (einem viertel Liter, einer Flasche) des Produktes die empfohlene Tagesdosis an Vitamin C zugeführt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die gegenständlichen Waren seien für den Export bestimmt gewesen, sei entgegenzuhalten, dass diese Waren im Auslieferungslager der Firma gelagert gewesen seien. Damit würden diese Waren zufolge der Bestimmung des § 1 Abs. 1 LMG als in Verkehr gebracht gelten. Die belangte Behörde teile auch nicht die Auffassung des Beschwerdeführers, wonach die richtigen Angaben des Durchschnittswertes bezogen auf den Zeitpunkt der Produktion entscheidend seien. Die Auffassung des Beschwerdeführers sei schon deshalb nicht zutreffend, da die Nährwertkennzeichnung insbesondere der Information des Verbrauchers diene, und für den Konsumenten nicht der Zeitpunkt der Produktion, sondern der der Konsumation von Bedeutung sei. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf einen Konsens in der Unterkommission "Fruchtsäfte und Sirupe" der Kodexkommission, wonach Unterschreitungen der deklarierten Durchschnittswerte von Vitamin C von 25 % jedenfalls zu tolerieren seien, sei schon deshalb unbeachtlich, da im gegenständlichen Fall eine 60 %ige (75 %ige, ca. 90 %ige) Unterschreitung vorliege.

6. Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden.

7. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung zu verbinden und darüber in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe nicht festgestellt, dass er gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der R. GmbH sei, ist darauf zu verweisen, dass er etwa in seiner Stellungnahme vom 28. Juli 2000 zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Juni 2000 diesbezüglich lediglich erklärt hat, er sei "für die ihm zur Last gelegte Verwaltungsstraftat nicht verantwortlich und hat diese nicht begangen". Aus welchem Grund ihn keine Verantwortung treffe, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Ein entsprechendes Vorbringen ist auch in seiner Berufung gegen das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 13. November 2000 nicht enthalten. Auch dem Vorbringen in der Gegenschrift der belangten Behörde, das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer sei auf Grund der amtsbekannten Vereinbarung vom 26. Mai 1993 geführt worden, ist dieser nicht entgegen getreten.

Auf den in den beiden Parallelverfahren (Zlen. 2001/10/0242 und 0243) erfolgten Vorhalt dieser Vereinbarung hat er innerhalb der eingeräumten Frist keine Stellungnahme abgegeben.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführer als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragten der R. GmbH angesehen hat.

2. Dem Beschwerdeführer ist auch nicht zu folgen, wenn er die Auffassung vertritt, die streitgegenständlichen Produkte seien nicht in Verkehr gebracht worden, da sie sich im Auslieferungslager der R. GmbH befunden hätten und für den Export bestimmt gewesen seien.

Gemäß § 1 Abs. 2 LMG ist unter Inverkehrbringen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht.

Wer Waren, allenfalls in einem zollrechtlichen Vormerkverkehr, für die Ausfuhr herzustellen beabsichtigt, deren Beschaffenheit diesem Bundesgesetz nicht entspricht, hat dies gemäß § 34 Abs. 1 LMG dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen unter Angabe der Beschaffenheit und der Menge der Waren sowie des Zeitraumes der Herstellung anzuzeigen. In gleicher Weise ist auch eine beabsichtigte, diesem Bundesgesetz nicht entsprechende Bezeichnung, Aufmachung oder Kennzeichnung von für die Ausfuhr bestimmten Waren anzuzeigen, sofern die Bezeichnung, Aufmachung oder Kennzeichnung nicht eindeutig erkennen lässt, dass die Ware nicht für das Inland bestimmt ist.

Im Beschwerdefall liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass sich schon aus der Bezeichnung, Aufmachung oder Kennzeichnung der in Rede stehenden Ware ergeben hätte, diese Ware wäre - im Sinne des letzten Satzes der soeben zitierten Vorschrift - nicht für das Inland bestimmt gewesen.

Eine demzufolge erforderliche Anzeige beim zuständigen Bundesministerium ist vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden.

3. Hinsichtlich der Deklaration des Vitamin C-Gehaltes der gegenständlichen Produkte besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Übereinstimmung darüber, dass die Deklaration im Sinne des § 2 Abs. 1 NWKV freiwillig erfolgt ist. Auch in einem solchen Fall sind die Vorschriften über die Nährwertkennzeichnung einzuhalten.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln, BGBl. Nr. 896/1995 (NWKV), regelt diese Verordnung die Nährwertkennzeichnung sowie nährwertbezogene Angaben beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher bestimmt sind.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 NWKV gilt diese Verordnung nicht für Angaben, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften vorgeschrieben sind.

Nach § 2 Abs. 1 NWKV ist die Nährwertkennzeichnung vorbehaltlich des Abs. 2 freiwillig.

Erfolgt beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln eine nährwertbezogene Angabe, so muss gemäß § 2 Abs. 2 NWKV - ausgenommen bei produktübergreifenden Werbekampagnen - die Kennzeichnung des Lebensmittels die Angaben gemäß § 5 enthalten.

Nach § 3 Abs. 1 lit. b NWKV ist Nährwertkennzeichnung unter anderem jede in der Etikettierung aufscheinende Angabe über den Gehalt an den in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in signifikanten Mengen vorhandenen Vitaminen oder Mineralstoffen.

Nach § 5 Abs. 3 Z. 6 NWKV hat die Kennzeichnung die in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in signifikanten Mengen vorhandenen Vitamine oder Mineralstoffe zu umfassen.

Bezieht sich eine nährwertbezogene Angabe auf Stoffe, die einer der in Abs. 1 und 3 genannten Nährstoffgruppen angehören oder deren Bestandteil bilden, so ist gemäß § 5 Abs. 4 NWKV zusätzlich die Angabe des Gehaltes dieser Stoffe zwingend vorgeschrieben.

Nach § 8 Abs. 1 Z. 4 NWKV sind bei der Angabe von Vitaminen und Mineralstoffe die in der Anlage angeführten Einheiten zu verwenden.

Die gemäß Abs. 1 anzugebenden Zahlen sind gemäß § 8 Abs. 2 NWKV durchschnittliche Werte, die je nach Fall auf

1.

der Lebensmittelanalyse der Hersteller,

2.

der Berechnung auf der Grundlage der bekannten tatsächlichen oder durchschnittlichen Werte der verwendeten Zutaten,

              3.              der Berechnung auf der Grundlage von generellen nachgewiesenen und akzeptierten Daten beruhen.

§ 6 Abs. 9 umschreibt den Begriff "Durchschnittswert" auf folgende Weise:

"Der Wert, der die in einem bestimmten Lebensmittel enthaltenen Nährstoffmengen am besten repräsentiert und jahreszeitlich bedingte Unterschiede, Verbrauchsmuster und sonstige Faktoren berücksichtigt, die eine Veränderung des tatsächlichen Wertes bewirken können."

Die erwähnte Anlage der Nährwertkennzeichnungsverordnung enthält eine Aufzählung der "Vitamine und Mineralstoffe, die in der Angabe enthalten sein dürfen und ihre empfohlene Tagesdosis". Vitamin C ist danach in Milligramm anzugeben, die empfohlene Tagesdosis beträgt 60 mg. Die Anlage enthält ferner folgenden Hinweis:

"In der Regel sollte eine Menge von mindestens 15 % der in der Anlage angegebenen empfohlenen Tagesdosis in 100 g oder 100 ml oder in einer Packung, sofern die Packung nur eine einzige Portion enthält, bei der Festsetzung der signifikanten Menge berücksichtigt werden. Dies gilt nicht, wenn auf einen verminderten oder geringen Vitamin- oder Mineralstoffgehalt hingewiesen wird."

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde dem Beschwerdeführer im Wesentlichen ein Verstoß gegen die Nährwertkennzeichnungsverordnung vorgeworfen, da die gegenständlichen Produkte wesentlich weniger Gehalt an Vitamin C aufgewiesen hätten als in der Kennzeichnung angegeben worden sei.

Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, bei der im Beschwerdefall gewählten Verpackungsform sei es technisch unmöglich, den Vitamin C-Gehalt bei der Abfüllung so zu dosieren, dass er über die gesamte Haltbarkeitsdauer auch nur einigermaßen konstant bleibe. Ein bei der Produktion erreichter Wert an Vitamin C stimme daher nur bei einer Probenziehung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Produktionsdatum mit dem im Produkt tatsächlich vorhandenen Vitamin C-Gehalt überein. Es sei produktionstechnisch und wirtschaftlich nicht machbar, entweder nur so geringe Mengen zu produzieren, dass keine Lagerung erforderlich sei oder erst bei der Auslieferung des Produktes den jeweils den aktuellen Wert zu messen und auf der Packung zu deklarieren. § 8 Abs. 2 NWKV sage nichts darüber aus, auf welchen Zeitpunkt sich die durchschnittlichen Werte, die angegeben würden, beziehen müssten. Es stehe dem Erzeuger und Vertreiber daher frei, jenen Zeitpunkt zu wählen, auf welchen sich seine Angaben bezögen. Da sich der Vitamin C-Gehalt durch den Zeitablauf erheblich verändere, sei es richtig, wenn der durchschnittliche Wert bei der Produktion angegeben werde. Dieser Wert sei durch Lebensmittelanalyse feststellbar und objektivierbar. Angaben über einen späteren Zeitpunkt könnten nur auf der Grundlage unsicherer Berechnungen gemacht werden und wären daher ohne hinreichend abgesicherte Aussagekraft. Da die Untersuchung des Vitamin C-Gehaltes kurz vor Ablauf der Lebensdauer der Produkte erfolgt sei, sei sie ohne rechtliche Relevanz.

Dieses Vorbringen ist aus folgenden Erwägungen nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen:

Zunächst ist auf § 5 Abs. 3 Z. 6 NWKV zu verweisen, wonach die Kennzeichnung auch die in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in signifikanten Mengen vorhandenen Vitamine oder Mineralstoffe umfassen kann. Daraus ergibt sich, dass der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen, die in einem Lebensmittel in nicht signifikanten Mengen vorhanden sind, gar nicht gekennzeichnet werden dürfen.

Hinsichtlich des Begriffes der "signifikanten Mengen" ist in diesem Zusammenhang der oben wiedergegebene Hinweis in der Anlage der Nährwertkennzeichnungsverordnung zu beachten, wonach in der Regel eine Menge von 15 % der in der Anlage angegebenen empfohlenen Tagesdosis in 100 g oder 100 ml bei der Festsetzung der signifikanten Menge berücksichtigt werden soll. Da dieser Wert als Orientierungsgröße herangezogen werden kann (vgl. Barfuß/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht2, II A 2.4. des Kommentars zur Anlage der Nährwertkennzeichnungsverordnung), wird bei einer Tagesdosis von 60 mg Vitamin C ein Wert von etwa 9 mg als signifikante Menge im Sinne der NWKV anzusehen sein. Im Hinblick auf die im Beschwerdefall angegebenen Werte von 30 mg (24 mg und 12 mg) Vitamin C/100 ml ist - auch bei Anwendung eines großzügigen Maßstabes (vgl. auch dazu Barfuß/Smolka/Onder, aaO, Kommentar zu § 3 Abs. 1 NWKV) - die Auffassung der belangten Behörde, dass die angegebenen Werte jeweils eine signifikante Menge an Vitamin C darstellen, nicht zu beanstanden.

Nach dem oben wiedergegebenen § 8 Abs. 1 Z. 4 NWKV ist bei der Angabe von Vitaminen ein "durchschnittlicher Wert" anzugeben. Nach der Begriffsbestimmung des § 6 Abs. 9 NWKV handelt es sich hier um einen Wert, der die in einem bestimmten Lebensmittel enthaltenen Nährstoffmengen am besten repräsentiert und jahreszeitlich bestimmte Unterschiede, Verbrauchsmuster und sonstige Faktoren berücksichtigt, die eine Veränderung des tatsächlichen Wertes bewirken können. Dem Kennzeichnungspflichtigen stehen dabei zur Ermittlung dieses Wertes die in § 8 Abs. 2 NWKV alternativ angeführten Möglichkeiten zur Verfügung. Aus dieser Regelung ergibt sich nun, dass es nicht auf den durchschnittlichen tatsächlichen Gehalt ankommt, sondern auf einen davon unabhängigen, ermittelten Gehalt (vgl. dazu Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht II, Kommentar zu § 2 der (deutschen) Nährwertkennzeichnungsverordnung, Rz 6 ff, die insbesondere auf die Notwendigkeit zur Berücksichtigung von Faktoren hinweisen, die eine Veränderung des tatsächlichen Wertes bewirken können).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage entsprach es zwar nicht der Nährwertkennzeichnungsverordnung, wenn die belangte Behörde überprüft hat, ob der tatsächlich festgestellte Vitamingehalt der Kennzeichnung entsprach. Es wäre vielmehr zu prüfen gewesen, ob die Analysen bzw. sonstigen Ableitungen des Produzenten richtig vorgenommen worden sind (vgl. Zipfel/Rathke, aaO, Rz. 8). Entsprechende Analysen oder sonstige Ableitungen wurden allerdings im Beschwerdefall vom Produzenten gar nicht vorgenommen. Dieser hat lediglich die im Zeitpunkt der Produktion zugefügte (durchschnittliche) Menge an Vitamin C angegeben, da seiner Ansicht nach nur diese Werte "feststellbar und objektivierbar" seien. Diese Vorgangsweise entsprach jedenfalls nicht den Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungsverordnung, da diese Werte keine Durchschnittswerte im Sinne der Verordnung darstellen.

Eine der Nährwertkennzeichnungsverordnung entsprechende Kennzeichnung war daher in den Beschwerdefällen somit nicht gegeben, weshalb die Bestrafung des Beschwerdeführers insofern im Ergebnis zu Recht erfolgt ist.

              4.              Die Beschwerden erweisen sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

              5.              Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001100241.X00

Im RIS seit

23.12.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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