TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/15 99/21/0290

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Veröffentlicht am 15.10.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des 1964 geborenen V, vertreten durch Dr. Klaus Kocher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 24. August 1999, Zl. Fr 237/3-1999, betreffend ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 24. August 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsbürger, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 7 iVm §§ 37, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer am 22. November 1991 illegal, vom damaligen Jugoslawien aus kommend, in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei.

Sein Asylantrag sei in letzter Instanz mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Februar 1993, rechtswirksam erlassen am 1. März 1993, abgewiesen worden. Die Bezirkshauptmannschaft Villach habe gegen ihn mit Bescheid vom 13. April 1993 ein bis zum 13. April 1998 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches ebenfalls in Rechtskraft erwachsen sei. Die Bundespolizeidirektion Graz habe im Jahr 1996 vergeblich versucht, den Beschwerdeführer außer Landes zu schaffen. Diese Außerlandesschaffungen hätten auf Grund seines permanenten Widerstandes - insgesamt drei Mal - nicht durchgeführt werden können.

In seiner gegenständlichen Berufungsschrift beziehe sich der Beschwerdeführer "auf die Unterstützung der so genannten Sozialhilfe", weshalb seiner Ansicht nach keine Mittellosigkeit gegeben sei, zumal er auf Grund des Sozialhilfegesetzes darauf einen Rechtsanspruch hätte. Diese Ansicht vertrete die belangte Behörde nicht. Vielmehr sei die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG schon auf Grund des Bezuges von Sozialhilfe durch seine Person gegeben. Gerade dann, wenn der Beschwerdeführer auf Grund einer bereits eingetretenen Notlage der Sozialhilfe bedürfe, führe er zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich. Dass die Kosten für die Sozialhilfe nicht vom Bund, sondern vom Land und den Gemeinden getragen würden, ändere daran nichts, seien doch diese Gebietskörperschaften Teile der Republik Österreich. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf die daraus resultierende Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt eine ausreichende Grundlage für das Gerechtfertigtsein der in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme.

In der mit ihm am 3. Februar 1999 im Beisein eines Dolmetschers aufgenommenen Niederschrift habe er unter anderem angegeben, seinen Unterhalt durch Prospektverteilung, den Verkauf der Zeitschrift "Megaphon" und eine finanzielle Unterstützung durch das Sozialamt in der Höhe von S 2.800,-- zu finanzieren. Für seine Unterkunft brauche er nichts zu bezahlen und sollte er Hilfe brauchen, würde er auch sonst unterstützt.

Mit diesen Angaben sei er der Verpflichtung, von sich aus initiativ zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge, keinesfalls gerecht geworden, zumal es zur Darlegung des zu erbringenden Nachweises über das Vorhandensein der erforderlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes erforderlich gewesen wäre, die Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhaltspflichten und sonstige finanzielle Verpflichtungen seinerseits, untermauert durch hinsichtlich der Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen, bekannt zu geben. Nur solcherart wäre eine verlässliche Beurteilung dahin möglich gewesen, dass sein Aufenthalt nicht zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führe.

Auch wäre durch die Prospektverteilung und den Verkauf von "Megaphon" für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil mit den daraus erhaltenen Geldmitteln nur notdürftig die Unterhaltskosten für einen bloß kurzfristigen Aufenthalt bestritten werden könnten. Außerdem finde er mit diesem Einkommen für die weiteren Unterhaltskosten nicht das Auslangen, zumal er selbst angebe, noch darüber hinaus Sozialhilfe zu beziehen.

Auch das Argument des Beschwerdeführers, in der J-Pfarre eine Schlafstelle bekommen zu haben, reiche zur Erbringung des Nachweises der Mittel zu seinem Unterhalt nicht aus. Damit werde nämlich nur der derzeitige tatsächliche Zustand beschrieben. Eine nicht bloß vorübergehende Sicherung des künftigen Unterhaltes könne mangels Dartuung eines ihm insoweit zustehenden Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden.

Im Hinblick auf seine illegale Einreise in das Bundesgebiet, den seit Abschluss des Asylverfahrens rechtswidrigen Aufenthalt und die Mittellosigkeit wäre ein Aufenthaltsverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift ausführe, dass er sich seit mehr als sieben Jahren in Österreich befinde und hier eine Vielzahl von Freunden habe, sozial integriert sei, einen Deutschkurs besuche, um sich hier in Österreich verstärkt zu integrieren und letztendlich ein Universitätsstudium aufnehmen wolle, könne dies von der belangten Behörde nicht zu seinen Gunsten gewertet werden, zumal es sich hierbei einerseits um eine während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet geschaffene Tatsache handle, die bei der Bewertung seiner privaten Interessen keinesfalls so schwer ins Gewicht falle, als dass diese die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig machen würde und andererseits er auf Grund dieses Umstandes nicht mit einem längeren rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen dürfen.

Wie sich aus der Darstellung seiner persönlichen Verhältnisse ergebe, erübrige es sich bereits zu erörtern, ob das Aufenthaltsverbot iSd § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten und nach Abs. 2 leg. cit. zulässig sei, da keinesfalls in relevanter Weise in das Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Aber selbst wenn ein solcher Eingriff vorläge, könne es keinem Zweifel unterliegen, dass zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, sowie zum Schutz der Gesundheit (Art. 8 Abs. 2 EMRK) die Verhinderung des Aufenthaltes undokumentierter, mittelloser, illegal ins Bundesgebiet gelangter und sich hier nicht rechtmäßig aufhaltender Fremder dringend geboten sei.

Die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer seinen illegalen Aufenthalt fortsetze, lasse doch ein Charakterbild von ihm erkennen, das zweifelsohne den Schluss rechtfertige, er sei gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt und bilde solcher Art eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Daraus folge, dass unter Abwägung aller oben angeführter Tatsachen im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen schienen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, weshalb das Aufenthaltsverbot auch im Sinne des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte unter Verzicht auf die Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des § 36 Abs. 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über die Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern auch entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/21/0246, m.w.N.).

Weder aus den Verwaltungsakten noch aus der Beschwerde ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis erbracht worden wäre. Wenn der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Kolporteur anführt, so reichen die Einkünfte aus dieser Tätigkeit nicht aus, um den Unterhalt des Beschwerdeführers als gesichert erscheinen zu lassen, bezieht er doch Sozialhilfe in der Höhe von monatlich S 2.800,-- (EUR 203,48). Auch der Hinweis des Beschwerdeführers schon in der Berufung, er werde von einer katholischen Pfarre unterstützt, reicht angesichts des Empfanges von Sozialhilfe zum Nachweis ausreichender Mittel zu seinem Unterhalt nicht aus. Dies untermauert nach der ständigen Rechtsprechung geradezu die Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/21/0335). Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen und einer - hier eingetretenen - finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis), ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet.

Ferner bekämpft der Beschwerdeführer den Bescheid im Grunde des § 37 FrG. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid gar keine Interessenabwägung durchgeführt und auch das ihr eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde zwar irrt, wenn sie behauptet, dass im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensausübung lediglich in jenen Fällen von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abgesehen werden könne, in denen die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit nur ganz geringfügig berührt werde. Auf Grund der mit der Mittellosigkeit verbundenen Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich ist ihre Ansicht, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes iSd § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, dennoch nicht als rechtswidrig anzusehen.

Angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Erlassung dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme als zulässig iSd des § 37 Abs. 2 FrG bezeichnet. Dies insbesondere deshalb, weil er über keine familiären Beziehungen in Österreich verfügt und auch beruflich nicht als besonders integriert anzusehen ist.

Mit seinem Vorbringen, er sei während dieses Aufenthalts in Österreich niemals bestraft worden, legt der Beschwerdeführer keine Umstände dar, die eine Stärkung der persönlichen Interessen oder eine Schwächung der das Aufenthaltsverbot verlangenden öffentlichen Interessen zur Folge hätten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 98/21/0444). Im Übrigen ist die aus der Dauer seines Aufenthaltes ableitbare Integration in Österreich in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass er sich hier jedenfalls seit 1. März 1993 unrechtmäßig aufgehalten hat.

Aus dem Gesagten ergibt sich im Übrigen, dass die belangte Behörde den Sachverhalt zu Genüge festgestellt und den angefochtenen Bescheid ausreichend begründet hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 15. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999210290.X00

Im RIS seit

23.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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