RS OGH 1972/8/17 13Os80/72, 12Os166/76, 12Os16/81, 13Os55/91, 14Os44/03

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 17.08.1972
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Norm

FinStrG §231
FinStrG §235
StPO §79
StPO §80
StPO §427 Abs1
ZPO §94
ZPO §108

Rechtssatz

Die österreichische Strafprozeßordnung kennt einen "Zustellungsbevollmächtigten" (im Sinne der §§ 94 - 99 ZPO) nicht. Durch die Zustellung der Ladung des im Ausland wohnenden Angeklagten zur Hauptverhandlung in erster Instanz an dessen als inländischer Zustellungsbevollmächtigter einschreitenden Wahlverteidiger wird dem von § 427 Abs 1 StPO aufgestellten Erfordernis der Zustellung der bezüglichen Vorladung an den Angeklagten persönlich (zu eigenen Handen) gemäß § 79 Abs 1 und 3 StPO nicht entsprochen. Auch im § 235 FinStrG ist die Vorladung zur Hauptverhandlung von der Regelung ausgenommen, wonach die Zustellung von Gerichtsstücken an den Flüchtigen (§ 231 FinStrG) als bewirkt gilt, sobald sie seinem Verteidiger zugestellt sind. Einen flüchtigen Beschuldigten im Finanzstrafverfahren kraft dieser Vorschrift dann als gehörig geladen anzusehen, falls die Ladung zur Hauptverhandlung in erster Instanz an einen von ihm vorher bestellten Verteidiger zugestellt wurde, geht daher nicht an. Gegen einen Abwesenden kann demnach wegen eines Finanzdeliktes erstinstanzlich nur verhandelt werden, wenn er entweder nach § 79 Abs 1 und 3 StPO persönlich zu eigenen Handen oder im Sinne des § 234 FinStrG öffentlich geladen worden ist. Eine anderweitige Verständigung vom Hauptverhandlungstermin (in erster Instanz) ist rechtlich irrelevant. Sie bewirkt auch keine Heilung eines Zustellungsmangels nach der sonst im Strafverfahren analog anwendbaren Bestimmung des § 108 ZPO.

Entscheidungstexte

  • 13 Os 80/72
    Entscheidungstext OGH 17.08.1972 13 Os 80/72
    Veröff: EvBl 1973/33 S 80
  • 12 Os 166/76
    Entscheidungstext OGH 03.03.1977 12 Os 166/76
    nur: Die österreichische Strafprozeßordnung kennt einen "Zustellungsbevollmächtigten" (im Sinne der §§ 94 - 99 ZPO) nicht. (T1)
  • 12 Os 16/81
    Entscheidungstext OGH 21.05.1981 12 Os 16/81
    Vgl auch
  • 13 Os 55/91
    Entscheidungstext OGH 10.07.1991 13 Os 55/91
    Vgl auch; Beisatz: Nach der früheren Rechtslage (aufrechter Bestand des § 234 FinStrG, der erst mit Wirkung vom 01.01.1976 aufgehoben worden ist; Bezugnahme des § 235 FinStrG auf den § 234 dieses Gesetzes, die mit Wirkung vom 01.10.1989 beseitigt wurde) war die Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung an den ausgewiesenen Verteidiger unzulässig (vgl 13 Os 30/72, 13 Os 80/72; Mayerhofer - Rieder StPo 3.Auflage E 25 zu § 79; in diesem Sinn auch Sommergruber - Reger, Ausgaben mit Stand vom 01.05.1989 und 01.01.1990). Daran ändert nichts, daß die heutige Rechtslage eine solche Zustellung wirksam erscheinen ließe (vgl dazu Dorazil - Harbich - Reichel - Kropfitsch Anmerkung zu §§ 234, 235 FinStrG). (T2)
  • 14 Os 44/03
    Entscheidungstext OGH 05.08.2003 14 Os 44/03
    Vgl aber; Beisatz: Zu § 235 FinStrG idF BGBl 1989/375. (T3)

Schlagworte

§ 94 und § 108 ZPO aufgehoben durch Art II Z 10 BGBl 1982/201.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1972:RS0036350

Dokumentnummer

JJR_19720817_OGH0002_0130OS00080_7200000_001
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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