RS OGH 1972/12/13 7Ob268/72

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.12.1972
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Norm

ABGB §914 IIId
ABGB §1097

Rechtssatz

Zur Auslegung der Bestimmung eines Bestandvertrages, wonach im Falle der Auflösung des Bestandverhältnisses vor 10 Jahren die Investitionen des Bestandnehmers unter Berücksichtigung eines zehnprozentigen Abzuges pro Jahr zu ersetzen sind, wobei laut Vertragszusatz unter Investitionen Neuanschaffungen zu verstehen sind: Die Erklärung des Begriffs "Investitionen" mit "Neuanschaffungen", ohne daß der Umfang dieser Neuanschaffung irgendwie eingeschränkt worden wäre, rechtfertigt nicht den Schluß, daß nach dem durch den Vertragswortlaut festgehaltenen Willen der Vertragsteile nur jene Aufwendungen vom Bestandgeber zu vergüten seien, die im Rahmen der ordentlichen Erhaltung des Bestandgegenstandes erforderlich sind, sondern alle Anschaffungen, sofern sie für die Benützung des Bestandgegenstandes im Rahmen des bedungenen Gebrauchs notwendig oder auch nützlich waren. Das Fehlen jeder Einschränkung des Umfangs der zum Ersatz verpflichtenden Investitionen läßt nach Treu und Glauben nur den Schluß zu, daß lediglich überflüssige oder mit dem bedungenen Gebrauch nicht in Zusammenhang stehende Aufwendungen vom Bestandgeber nach Auflösung des Bestandvertrages nicht zu ersetzen sein sollten, daß hinsichtlich dieser Aufwendungen dem Bestandnehmer nur das jus tollendi zustehen sollte. (Die Beantwortung der Frage, welche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Bestandrechts notwendig oder nützlich und welche überflüssig sind, hängt hier von der Beurteilung des Vertrages ab, ob nämlich Räume mit Inventar vermietet wurden oder ein Gasthausbetrieb verpachtet wurde). Ebensowenig wie dem Bestandnehmer ein die Amortisationsquote von 10 Prozent übersteigender Anspruch für den Fall zusteht, daß der Wert des Aufwandes nach Ablauf der 10 Jahre nicht auf Null gesunken wäre, kann der Bestandgeber eine Erhöhung der Amortisationsquote deshalb beanspruchen, weil sich der Wert der Aufwendung schneller verringert hat. Für Aufwendungen, die der Bestandnehmer selbst rückgängig gemacht hat, steht diesem allerdings kein Ersatzanspruch zu, da in diesem Fall der Bestandnehmer das jus tollendi vorweggenommen hat.

Entscheidungstexte

  • 7 Ob 268/72
    Entscheidungstext OGH 13.12.1972 7 Ob 268/72
    Veröff: MietSlg 24142 = HS 8058

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1972:RS0017926

Dokumentnummer

JJR_19721213_OGH0002_0070OB00268_7200000_001
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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