TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/11 2001/03/0004

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Veröffentlicht am 11.12.2002
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des A in Augsburg, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ferner, Dr. Hornung und Dr. Wienerroither, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 4. Oktober 2000, Zl. KUVS-K1- 1058/4/2000, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 15. Februar 2000 gegen 11.27 Uhr ein den Kennzeichen nach bestimmtes Sattelkraftfahrzeug von Italien kommend in Richtung Deutschland gelenkt, ohne als Fahrer dieses Sattelkraftfahrzeuges auf dieser im Hoheitsgebiet Österreichs durchgeführten Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr - wie das am 15. Februar 2000 gegen 11.27 Uhr anlässlich einer Zollkontrolle auf der Südautobahn (A 2) auf der Höhe des Parkplatzes Thörl-Maglern festgestellt worden sei - ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten, die in der erforderlichen Anzahl auf der Ökopunktkarte aufgeklebt und durch Unterschrift oder Stempel entwertet sein müssten für die betreffende Fahrt (Ökokarte), oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermögliche und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet werde, oder die "in Art. 13" angeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich "um eine Fahrt gemäß Anhang C" handle, für die keine Ökopunkte benötigt würden, oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handle, und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet sei, dass dieser für diesen Zweck eingestellt sei, mitzuführen, und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, da er weder eine Ökokarte noch einen Umweltdatenträger verwendet, noch Nachweise für eine ökopunktbefreite Fahrt mitgeführt und vorgelegt habe, zumal er im Zug der verfahrensgegenständlichen Einreise in das Bundesgebiet "die PKW-Spur" benutzt und dadurch das elektronische Abbuchungssystem umfahren habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z 8 iVm § 1, § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995, und Art. 15 und Art. 24 Abs. 4 BGBl. Nr. 823/1992 und Art. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 wurde der Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden) bestraft.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe am 15. Februar 2000 das besagte Sattelkraftfahrzeug, in welchem ein funktionstüchtiges Ecotag montiert gewesen sei, auf der Südautobahn (A 2) von Italien kommend in Richtung Deutschland gelenkt. In das Bundesgebiet sei er über die PKW-Spur und nicht über die deutlich gekennzeichnete Ökospur eingereist, sodass eine Abbuchung der Ökopunkte durch das Ecotag nicht erfolgt sei. Er habe auch - obwohl er eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch Österreich durchgeführt habe - keine Ökokarte vorlegen können. Dieser Sachverhalt ergebe sich aus der Anzeige sowie der Zeugenaussage des Zollwachebeamten. Dieser habe zum Tatzeitpunkt den dienstlichen Auftrag zur Durchführung von Zollkontrollen gehabt und in diesem Zusammenhang den ihm völlig unbekannten Beschwerdeführer beanstandet. Aus dem Akt und der Zeugenaussage ergebe sich kein Hinweis auf eine falsche Sachverhaltsschilderung, zumal der Beamte auch anlässlich seiner Befragung vor der belangten Behörde den Sachverhalt gleichlautend, logisch nachvollziehbar und glaubwürdig zu schildern vermocht habe. Auch habe der bei der mündlichen Verhandlung anwesende Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ausgeführt, sein Mandant hätte die "falsche Spur" bei seiner Einreise nach Österreich verwendet. Zur Verantwortung des Beschwerdeführers, er wäre erstmalig in das Bundesgebiet eingereist und hätte daher versehentlich die PKW-Spur benutzt, sei festzuhalten, dass er sich als geprüfter Kraftfahrzeuglenker (und darüber hinaus noch dazu als Berufskraftfahrer) über die von ihm korrekt zu wählende Fahrtroute kundig zu machen habe. Außerdem sei ihm die richtige Deutung der Straßenverkehrszeichen zuzumuten. Ihm sei zumindest bewusst fahrlässiges Handeln vorzuwerfen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, dass er bei seiner Einreise nach Österreich auf einer ökopunktepflichtigen Transitfahrt von Italien kommend auf der Südautobahn (A 2) die PKW-Spur und nicht die Ökospur benutzt habe, weshalb eine Abbuchung von Ökopunkten unterblieb, und er auch keine Ökokarte mitgeführt habe. Angesichts der damit unbestrittenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhalts ist die Verfahrensrüge nicht zielführend, die belangte Behörde habe diesen Sachverhalt (insbesondere betreffend den "angeblichen Deliktsort und die dort aufgestellten Verkehrszeichen") nicht hinreichend festgestellt.

2.2. Entgegen der Beschwerde kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass dem Spruch des bekämpften Bescheides entgegen dem § 44a VStG weder die als erwiesen angenommene Tat, noch die Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden ist, noch die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung entnehmbar seien, ist doch die Fassung des Spruches in der vorliegend angefochtenen Berufungsentscheidung, die zum Ausdruck bringt, dass der Berufung gegen den Erstbescheid nicht Folge gegeben werde, als Erlassung eines mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden Bescheides anzusehen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1992, Zl. 92/02/0186, oder das Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0063). Der Erstbescheid weist aber nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten die in der Beschwerde relevierten Spruchteile auf. Diese Fassung des Spruches steht mit § 44a Z 1 VStG nicht im Widerspruch, zumal vorliegend kein Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder die Gefahr seiner Doppelbestrafung (auch der Beschwerdeführer hat weder einen solchen Anhaltspunkt noch eine solche Gefahr konkret dargetan) gegeben ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl. 2000/03/0223).

2.3. Der Beschwerdeführer wendet ein, er sei im gegenständlichen Fall davon ausgegangen, dass das Ecotag-Gerät ordnungsgemäß funktionieren würde und ein Nichtfunktionieren für ihn nicht erkennbar gewesen sei. Dies sei ihm auf Grund der Örtlichkeiten und des Umstands, dass er erstmals in das Bundesgebiet eingereist sei, nicht vorzuwerfen. Die belangte Behörde interpretiere das ihm zur Last gelegte Ungehorsamsdelikt "in ein Erfolgsdelikt um", ihm falle keine Fahrlässigkeit zur Last. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Beschwerdeführer ist zwar damit im Recht, dass es sich bei der ihm zur Last gelegten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handelt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0119). Der Beschwerde ist aber nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer nach der genannten Bestimmung ein zur Glaubhaftmachung, es treffe ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden, taugliches Vorbringen erstattet hat.

Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, bei seiner in Rede stehenden Einreise in das Bundesgebiet "die PKW-Spur" benutzt und dadurch das elektronische Abbuchungssystem umfahren zu haben. Der Lenker eines Lastkraftwagens ist bei der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs im Fall der beabsichtigten Benutzung des Umweltdatenträgers aber verpflichtet, sich so zu verhalten, dass eine automatische Abbuchung auch tatsächlich vorgenommen werden kann. Dazu zählt auch, dass der Beschwerdeführer eine für die Benutzung des Umweltdatenträgers vorgesehene Fahrspur benützt. Andernfalls würde dem Ziel der in Rede stehenden Regelung, die Entrichtung der Ökopunkte sicherzustellen, nicht entsprochen werden. Ein Lenker, der - wie der Beschwerdeführer - die für eine automatische Abbuchung der Ökopunkte nicht vorgesehene PKW-Spur benützt, ist zur Verwendung einer Ökokarte verpflichtet (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2000/03/0223). Dass er eine solche (ordnungsgemäß) verwendet hätte, wird vom Beschwerdeführer aber nicht vorgebracht.

2.4. In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:

"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht."

Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der Ausspruch über die im Beschwerdefall gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 verhängte Mindeststrafe von S 20.000,-- als inhaltlich rechtswidrig.

2.5. Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 509/2001.

Wien, am 11. Dezember 2002

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001030004.X00

Im RIS seit

01.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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