TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/20 2002/05/0982

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Veröffentlicht am 20.12.2002
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1996 §14 Z4;
BauO NÖ 1996 §15 Abs3;
BauO NÖ 1996 §15 Abs4;
BauO NÖ 1996 §16 Abs1;
BauO NÖ 1996 §16 Abs3;
BauO NÖ 1996 §17 Abs1 Z5;
BauO NÖ 1996 §4 Z3;
BauO NÖ 1996 §43 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §56;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;
BauTV NÖ 1997 §10;
BauTV NÖ 1997 §2;
BauTV NÖ 1997 §4 Abs1;
BauTV NÖ 1997 §50 Abs4;
BauTV NÖ 1997 §50;
BauTV NÖ 1997 §51;
BauTV NÖ 1997 §52 Abs2;
BauTV NÖ 1997 §52 Abs3 Z2;
BauTV NÖ 1997 §52 Abs3;
BauTV NÖ 1997 §52;
BauTV NÖ 1997 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde der HM in H, vertreten durch Dr. Martin Wandl & Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwaltspartnerschaft in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Juni 2002, Zl. RU1-V-00024/02, betreffend Bauanzeige gemäß § 15 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 24. Jänner 2001 erstattete die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin und Bauwerberin mittels eines Planes im Maßstab 1:100 die "Bauanzeige der im Sinne des baupolizeilichen Auftrages der Marktgemeinde Hohenruppersdorf vom 13. 9. 1999 (Z. 599/131-9/99), durchzuführenden Maßnahmen zur geforderten Abänderung des bestehenden Wohnhauses auf der Bauparzelle Nr. .175/1, EZ.: 101, in 2223 Hohenruppersdorf, Nr. 101". Der planlichen Darstellung lässt sich entnehmen, dass im Erdgeschoss und Obergeschoss der an der Grundstücksgrenze zum nördlich gelegenen Nachbargrundstück Nr. 176 befindlichen Mauer des Wohnhauses und des Nebengebäudes der Beschwerdeführerin jeweils 4 "Solaris Glassteine F 1990; F 90" in verschiedenen, genau angegebenen Größen eingebaut werden sollen. Im Schreiben vom 3. Februar 2001 ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Bauanzeige mit dem Hinweis, dass die Glasbausteine von einem Professionisten "nach den Bestimmungen der ÖNORM" eingebaut würden.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2001 untersagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 15 Abs. 3 Niederösterreichische Bauordnung 1996 in der Verbindung mit § 10 Niederösterreichische Bautechnikverordnung 1997 die Ausführung des angezeigten Bauvorhabens. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die neuen Glasbausteine anstelle der derzeit bestehenden Betonsteinfenster versetzt werden sollen. Die hievon betroffene Außenwand liege jedoch an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück und sei somit eine Brandwand, welche im Sinne der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung 1997 öffnungslos herzustellen sei. Durch den Einbau von Glasbausteinen in die aus Ziegel bestehende Brandwand sei die Homogenität nicht mehr gegeben. Die abgeänderte Mauer würde somit nicht einer durchgehenden Brandwand im Sinne der genannten Verordnung entsprechen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. Mai 2001 als unbegründet abgewiesen.

Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerin holte die belangte Behörde ein bautechnisches Gutachten zur Frage ein, ob die Voraussetzungen "für ein gleichwertiges Abweichen" im Sinne des § 2 der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung 1997 vorlägen. Der Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 14. Mai 2002 aus, die Brandwand sei eine 25 cm dicke Ziegelmauer; die als Belichtungsöffnungen vorgesehenen Glasbausteine hätten die Qualifikation F 90, seien brandbeständig und entsprächen der ÖNORM B 3800 Teil 2 und 3. Der Begriff Brandwand sei im § 9 der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung 1997 definiert. Der im § 10 dieser Verordnung verwendete Begriff "öffnungslos" in Bezug auf Außenwände an einer Grundstücksgrenze sei aus bautechnischer Sicht dahingehend zu interpretieren, dass jeder Einbau von Fenstern oder Belichtungsöffnungen in eine Wand jedenfalls eine Öffnung an der Wand darstelle, unabhängig vom Material, mit dem diese Öffnungen dann verschlossen werden. Dies gehe u. a. auch aus § 52 Abs. 3 dieser Verordnung hervor. Aus der dort gewählten Formulierung der zulässigen Öffnungen bei Innenwänden als Brandwänden gehe klar hervor, dass auch brandbeständig verschlossene Teile einer Brandwand, unabhängig von der Ausführungsart (z. B. F-Verglasung oder G-Verglasung) und der Brandwiderstandsklasse (z. B. F 90 nach ÖNORM B 3800 Teil 3) Öffnungen von Brandwänden darstellten. Eine Brandwand an der Grundstücksgrenze mit Öffnungen, welche mit Glassteinen verschlossen sind, sei mit einer öffnungslosen Brandwand an der Grundstücksgrenze unter Betrachtung der festgelegten Zielvorgaben demnach nicht gemäß § 2 Niederösterreichische Bautechnikverordnung 1997 gleichwertig.

Die Beschwerdeführerin gab zu diesem Gutachten eine Stellungnahme ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Das Sachverständigengutachten sei schlüssig, die Beschwerdeführerin sei dem Gutachten nicht mit auf gleicher Stufe stehenden Beweismitteln entgegengetreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist von folgender Rechtslage auszugehen:

Niederösterreichische Bauordnung 1996:

"§ 14

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

4. die Abänderung von Bauwerken, wenn die Standsicherheit tragender Bauteile, der Brandschutz oder die hygienischen Verhältnisse beeinträchtigt, ein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen oder Rechte nach § 6 verletzt werden könnten;

§ 15

Anzeigepflichtige Vorhaben

(3) Widerspricht das angezeigte Vorhaben den Bestimmungen

einer Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze, hat die Baubehörde das Vorhaben mit Bescheid zu untersagen.

Ist zu dieser Beurteilung des Vorhabens die Einholung eines Gutachtens notwendig, dann muss die Baubehörde dies dem Anzeigeleger nachweislich mitteilen.

(4) Wenn von der Baubehörde innerhalb der in Abs. 1 gesetzten Frist keine Untersagung oder Mitteilung nach Abs. 3 erfolgt, dann darf der Anzeigeleger das Vorhaben ausführen.

(5) War die Einholung von Gutachten notwendig, hat die Baubehörde bei einem Widerspruch nach Abs. 3, 1. Satz, binnen 3 Monaten ab der Mitteilung des Gutachtenbedarfs das Vorhaben mit Bescheid zu untersagen. Verstreicht auch diese Frist, darf der Anzeigeleger das Vorhaben ausführen.

§ 16

Anzeigemöglichkeit

(1) Bauvorhaben nach § 14 Z. 2, 4, 5 und 8, die nach Ansicht des Bauherrn keiner Bewilligung bedürfen, weil die hiefür vorgesehenen Voraussetzungen fehlen, darf der Bauherr der Baubehörde schriftlich anzeigen.

(2) Der Bauanzeige sind zumindestens eine zur Beurteilung des Vorhabens ausreichende Skizze und Beschreibung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen.

(3) Die Baubehörde hat binnen 8 Wochen nach Einlangen der Anzeige dem Anzeigeleger mitzuteilen, ob das Vorhaben bewilligungspflichtig ist. Ist es nur anzeigepflichtig, gilt § 15 Abs. 3 bis 5 sinngemäß.

§ 43

Allgemeine Ausführung, wesentliche Anforderungen

(1) Die Planung und die Ausführung von Bauwerken müssen den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechen. Bauwerke müssen als Ganze und in ihren Teilen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit gebrauchstauglich sein und - soweit nach ihrer Art erforderlich - die nachfolgend angeführten wesentlichen Anforderungen erfüllen. Diese Anforderungen müssen bei normalerweise vorhersehbaren Einwirkungen und bei normaler Instandhaltung über einen wirtschaftlich angemessenen Zeitraum erfüllt werden.

Wesentliche Anforderungen an Bauwerke sind:

….

2. Brandschutz

Das Bauwerk muss derart geplant und ausgeführt sein, dass bei Brand

a) die Tragfähigkeit des Bauwerks während eines bestimmten Zeitraumes erhalten bleibt,

b) die Entstehung und Ausbreitung von Feuer und Rauch innerhalb des Bauwerks begrenzt wird,

c) die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Bauwerke begrenzt wird,

d) die Benützer das Bauwerk unverletzt verlassen oder durch andere Maßnahmen gerettet werden können,

e) die Sicherheit der Rettungsmannschaften berücksichtig ist. ….

5. Schallschutz

…Das Bauwerk muss derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von in der Nähe befindlichen Personen wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufriedenstellende Nachruhe- , Freizeit- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.

….

(2) Diese wesentlichen Anforderungen sind dem Stand der Technik entsprechend zu erfüllen. Dies ist jedenfalls anzunehmen, wenn harmonisierte Normen, europäische technische Zulassungen oder österreichische technische Zulassungen eingehalten werden.

...."

Niederösterreichisches Bautechnikverordnung 1997 (NÖ BTV 1997):

"§ 2

Gleichwertiges Abweichen

Von den nachfolgenden bautechnischen Bestimmungen darf über die bereits vorgesehenen Ausnahmen hinaus dann abgewichen werden, wenn die Abweichung die wesentlichen Anforderungen nach § 43 Abs. 1 Z. 1 bis 6 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, die in dieser Verordnung als Zielvorgaben näher bestimmt sind, gleichwertig erfüllt.

2. Teil

Ein- oder Zweifamilienhäuser

1. Abschnitt

Allgemeine Anforderungen

….

§ 4

Allgemeiner Brandschutz

(1) Brandbeständige Bauteile müssen in ihren wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; dies gilt nicht für brandbeständige Abschlüsse von Öffnungen.

2. Abschnitt

Wände, Decken, Fußböden, Verputze, Verkleidungen, Dächer und Vorbauten

1. Kapitel

Wände

§ 8

Brandwiderstand von Wänden

(1) Außenwände, tragende Innenwände und Wohnungstrennwände müssen mindestens brandhemmend sein.

§ 9

Brandwände

(1) Brandwände müssen brandbeständig und so beschaffen sein, dass sie bei einem Brand ihre Standsicherheit nicht verlieren und die Ausbreitung von Feuer auf andere Gebäude, Gebäudeteile oder Nachbargrundstücke verhindern.

§ 10

Außenwände als Brandwände

Außenwände sind als Brandwände und öffnungslos zu errichten

1. an einer Grundstücksgrenze, sofern nicht das angrenzende Grundstück als Verkehrsfläche, Parkanlage oder Grüngürtel gewidmet oder ein Gewässer (mindestens 5 m breit) ist;

…"

Im Beschwerdefall wurde der Beschwerdeführerin im gemeindebehördlichen Instanzenzug die Ausführung des angezeigten Bauvorhabens im Grunde des § 15 Abs. 3 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) untersagt. Unerörtert blieb im Verfahren (auch vor der belangten Behörde), ob das von der Beschwerdeführerin angezeigte Bauvorhaben ein anzeigepflichtiges Vorhaben im Sinne des § 15 BO ist. Tatsächlich ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, welchem der im § 15 Abs. 1 BO abschließend aufgezählten Vorhaben das beschwerdegegenständliche zugeordnet werden könnte.

Die Umgestaltung einer Mauer eines Einfamilienhauses durch Einbau von Glas(bau)steinen ist als Abänderung eines Bauwerkes (siehe § 4 Z. 3 BO) zu qualifizieren, die - sofern es sich um Abänderungen im Inneren des Gebäudes, die nicht die Standsicherheit und den Brandschutz beeinträchtigen (siehe § 17 Abs. 1 Z. 5 BO) - ein bewilligungs- und anzeigefreies Vorhaben sein können. Ist jedoch von derartigen Umbauten eine Außenwand (siehe § 10 Niederösterreichische Bautechnikverordnung, in der Folge NÖ BTV) betroffen, wird grundsätzlich von einem bewilligungspflichtigen Bauvorhaben im Sinne des § 14 Z. 4 BO auszugehen sein.

Gemäß § 16 Abs. 1 BO steht dem Bauherrn auch bei solchen Bauvorhaben die Möglichkeit einer schriftlichen Anzeige offen, wenn seiner Ansicht nach eine Bewilligungspflicht deshalb ausscheidet, weil die hiefür vorgesehenen Voraussetzungen fehlen. Das wäre dann der Fall, wenn die beabsichtigte Abänderung der Außenwand des Gebäudes nicht die Standsicherheit tragender Bauteile, den Brandschutz oder die hygienischen Verhältnisse beeinträchtigen könnte, kein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen könnte oder keine Rechte nach § 6 BO verletzt werden könnten.

Obwohl die Baubehörden dies nicht geprüft haben, steht für den Verwaltungsgerichtshof schon auf Grund der Bauanzeige der Beschwerdeführerin fest, dass für das beabsichtigte Bauvorhaben die im § 14 Z. 4 BO genannten Voraussetzungen für die Baubewilligungspflicht vorliegen. Die Baubehörden hätten das Bauvorhaben der Beschwerdeführerin nicht im Grunde des § 15 Abs. 3 BO untersagen dürfen. Vielmehr wären sie verpflichtet gewesen, der Beschwerdeführerin gemäß § 16 Abs. 3 BO mitzuteilen, dass das Vorhaben bewilligungspflichtig ist. Durch das Verstreichen der im § 16 Abs. 3 BO genannten Frist von 8 Wochen wird das bewilligungspflichtige Bauvorhaben nicht zum anzeigepflichtigen Bauvorhaben. Unmittelbare Rechtsfolgen - wie z. B. im § 15 Abs. 4 BO - werden an das Unterlassen der fristgerechten Mitteilung durch die Behörde nicht geknüpft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 93/05/0139, BauSlg. 115).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid schon aus diesem Grunde mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Verfehlt ist aber auch die in der Sache vertretene Rechtsansicht, in Außenwände dürften gemäß § 10 NÖ BTV grundsätzlich keine Glas(bau)steine eingesetzt werden, weil sie als Brandwände und öffnungslos zu errichten seien. Der für Ein- oder Zweifamilienhäuser geltende § 10 NÖ BTV ist mit "Außenwände als Brandwände" überschrieben, dient demnach im Wesentlichen dem Brandschutz. In Erfüllung der im § 43 Abs. 1 Z. 2 BO genannten gesetzlichen Vorgaben für den Brandschutz sieht daher § 10 NÖ BTV vor, dass Außenwände auch öffnungslos zu errichten sind. Dies bedeutet, dass Außenwände von Ein- und Zweifamilienhäusern keine Öffnungen, wie z. B. Fenster, Türen, Be- und Entlüftungsöffnungen, haben dürfen. Durchgehende, als Brandwände auszugestaltende Außenwände (also geschlossene Wände ohne Öffnungen) von Ein- oder Zweifamilienwohnhäusern können aber mit unterschiedlichen Baumaterialien errichtet werden, wenn die verwendeten Materialien brandbeständig (§ 4 Abs. 1 NÖ BTV) sind und die weiteren für Brandwände gemäß § 9 NÖ BTV genannten Voraussetzungen erfüllen. Bei unterschiedlichen Baumaterialen wird nur zu fordern sein, dass Übergänge und Verbindungen (Abschlusswirkung) ebenfalls die geforderte Brandbeständigkeit erfüllen. Ob die für eine öffnungslose Außenwand zur Verwendung vorgesehenen Baumaterialien die geforderte Brandbeständigkeit haben, ist im Verfahren durch Gutachten bautechnischer Sachverständiger zu klären, sofern die Behörde selbst nicht in der Lage ist, auf Grund der vorgelegten Nachweise diese (Fach-)Frage selbst zu klären. Der Verwaltungsgerichtshof kann selbst nicht beurteilen, ob die beschwerdegegenständlichen Glas(bau)steine den Anforderungen gemäß § 10 NÖ BTV entsprechen. Ob die von Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, in den Anmerkungen  3 zu § 4 und zu § 10 und in der Anmerkung 8 zu § 50 NÖ BTV, Seiten 665, 677 und 723, vertretene Auffassung zutrifft, es gäbe zwar brandbeständige Brandschutzverglasungen, nicht jedoch Glasbausteine dieser Qualität, kann vom Verwaltungsgerichtshof abschließend mangels Sachkenntnis ebenfalls nicht beurteilt werden. Für die auf Sachverständigenbasis zu ermittelnde Frage der Brandbeständigkeit dieser Bausteine sind auch die Voraussetzungen des § 2 NÖ BTV über "Gleichwertiges Abweichen" zu berücksichtigen.

Ein anderes Ergebnis lässt sich auch aus § 52 Abs. 3 Z. 2 NÖ BTV nicht ableiten, wie die belangte Behörde vermeint. § 52 NÖ BTV bezieht sich auf andere Gebäude und Bauwerke als Ein- oder Zweifamilienhäuser und regelt die Ausführung der Innenwände als Brandwände. Für die Außenwände als Brandwände hingegen enthält § 51 NÖ BTV gesonderte Vorschriften. § 50 NÖ BTV enthält die Regelung für sämtliche Brandwände dieser Gebäude und Bauwerke. Abs. 4 des letztgenannten Paragraphen ordnet an, dass Brandwände öffnungslos sein müssen, "sofern nichts anderes bestimmt ist."

§ 52 Abs. 3 NÖ BTV ist eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel, wonach Brandwände öffnungslos sein müssen, und bestimmt unter welchen Voraussetzungen in Innenwänden, die als Brandwände auszugestalten sind, Öffnungen zulässig sind. Z. 2 dieser Bestimmung ordnet nur an, dass Öffnungen in diesen Brandwänden zulässig sind, wenn es der Verwendungszweck des Gebäudes erfordert und diese Öffnungen brandbeständig abgeschlossen sind. Im Zusammenhang mit der weiteren Regelung im letzten Satz des § 52 Abs. 3 NÖ BTV ergibt sich daraus eindeutig, dass damit nur die Brandbeständigkeit der Abschlüsse dieser Öffnungen angeordnet wird. Eine kürzere Brandwiderstandsdauer der Abschlüsse ist nämlich zulässig, wenn die Sicherheit von Personen und Sachen durch andere bauliche Maßnahmen (z. B. Brandschutzschleuse) gewährleistet ist. Aus der beispielsweisen Aufzählung folgt zweifelsfrei, dass auch in diesen Brandwänden Tür- und Fensteröffnungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich sind.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Dezember 2002

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050982.X00

Im RIS seit

03.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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