TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/29 99/13/0179

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Veröffentlicht am 29.01.2003
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des JK in W, vertreten durch Dr. Hellmut Weiser, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Geologengasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. Juli 1999, Zl. RV/194 - 16/13/99, betreffend Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der im Jahr 1996 Pensionseinkünfte bezog, beantragte im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für dieses Jahr die Berücksichtigung eines Betrages von insgesamt 235.480 S als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988. Seine Stiefmutter habe mit ihrer Witwenpension und der Hilflosenzulage (später Pflegegeld), die sie ab März 1983 erhalten habe, die Mittel für den durch ihren schlechten Gesundheitszustand erforderlichen Pflegeaufwand nicht aufbringen können. Sie habe den Beschwerdeführer deshalb ersucht, sie mit einem monatlichen Betrag von 2.500 S zu unterstützen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Stiefmutter bereits im 84. Lebensjahr gestanden und ihr Gesundheitszustand "besonders schlecht" gewesen. Sie habe keine eigenen Kinder und auch keine Verwandten gehabt, von denen sie mit einer finanziellen Unterstützung hätte rechnen können. Aus diesem Grund habe sich der Beschwerdeführer moralisch verpflichtet gefühlt, ihrer Bitte um finanzielle Hilfe nachzukommen. Die Stiefmutter habe sich dafür bereit erklärt, dem Beschwerdeführer nach ihrem Tod alle Vermögenswerte, insbesondere Sparbücher, zur Abdeckung seiner Aufwendungen zu überlassen. Darüber sei am 1. Jänner 1989 eine Vereinbarung abgeschlossen worden. Die monatlichen Zahlungen auf Grund dieser Vereinbarung hätten am 1. Jänner 1989 begonnen und mit Februar 1996 (also monatliche Unterstützung von 2.500 S für insgesamt 86 Monate) geendet. Der Gesamtbetrag der diesbezüglichen Aufwendungen habe somit 215.000 S betragen. Da die Stiefmutter das "Darlehen an sie" von 215.000 S bis zum Todeszeitpunkt nicht zurückbezahlt habe, habe der Beschwerdeführer die diesbezügliche Forderung sowie die von ihm bezahlten Kosten des Begräbnisses in Höhe von 36.510 S als Forderung in der Verlassenschaft geltend gemacht. Mangels ausreichender Aktiva sei dem Beschwerdeführer der Nachlass in der Höhe von 15.407 S an Zahlungs statt überlassen worden. Damit errechne sich insgesamt der als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende Betrag von 235.480 S.

Nach der dem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1996 angeschlossenen Vereinbarung vom 1. Jänner 1989 verpflichtete sich der Beschwerdeführer, seine Stiefmutter bis zu ihrem Lebensende mit vorläufig monatlich 2.500 S zu unterstützen. Die Stiefmutter verpflichtete sich ihrerseits, dem Beschwerdeführer dafür nach ihrem Ableben alle ihre Vermögenswerte, insbesondere Sparbücher, zur Abdeckung seiner obigen Aufwendungen zu überlassen.

Im Bescheid über die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1996 fanden die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Beträge bei der Einkommensermittlung des Beschwerdeführers keine Berücksichtigung. Nach Ansicht des Finanzamtes enthalte die Vereinbarung vom 1. Jänner 1989 weder die für einen Darlehens- noch einen Kreditvertrag wesentlichen Bestandteile. Die Verpflichtung des Beschwerdeführers stelle die Verpflichtung zur Leistung einer Unterhaltsrente dar. In der Tatsache, dass die bis zum Todeszeitpunkt geleisteten Unterhaltszahlungen im Nachlassvermögen keine Deckung gefunden hätten, könne "weder ein Forderungsausfall noch ein irgendein anderer Umstand, der eine außergewöhnliche Belastung darstellt, erblickt werden". Die Begräbniskosten seien zwar nach Abzug der Nachlassaktiva als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, sie überstiegen jedoch nicht den Selbstbehalt von 111.998 S.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das Finanzamt versuche, den Charakter seiner Zahlungen und seiner endgültigen Forderung an seine Stiefmutter in Höhe von 215.000 S, die sich im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung als uneinbringlich herausgestellt habe, in Zweifel zu ziehen. Tatsache sei, dass er die monatlichen Zahlungen an seine Stiefmutter in der Überzeugung geleistet habe, sein Geld spätestens nach ihrem Tod zurückzuerhalten. In den wesentlichen Punkten, außer in der Bezeichnung "Vereinbarung" statt Darlehensvertrag, besage die mit seiner Stiefmutter getroffene Vereinbarung "das gleiche wie ein Darlehensvertrag". Jedenfalls sei diese Vereinbarung vom wirtschaftlichen Effekt her als Darlehensvertrag zu werten. Es habe sich "aber zum Schluss bedauerlicherweise herausgestellt, dass die Forderung aus dem Darlehen uneinbringlich war". Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei der Streitfall somit durchaus vergleichbar mit jenem des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1989, 88/14/0163, wonach ein Darlehen an Angehörige in Notfällen im Jahr des Ausfalles als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Das vom Beschwerdeführer herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes könne nichts zur Klärung der Rechtsfrage beitragen, weil es im Wesentlichen nur den Zeitpunkt der Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung behandle. Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich bei der Vereinbarung vom 1. Jänner 1989 im Wesentlichen um einen Hoffnungskauf iS des § 1276 ABGB, jedenfalls aber eindeutig um einen Glücksvertrag. Gegenüber Stiefkindern bestehe kein rechtlicher Unterhaltsanspruch. Auch das Berufungsvorbringen, dass ein Darlehen beabsichtigt gewesen sei (wogegen allerdings einzuwenden sei, dass nicht vereinbart worden sei, jedenfalls die Darlehenssumme zurückzuzahlen), spreche gegen die Leistung von Unterhalt. Es handle sich bei der den Beschwerdeführer treffenden Aufwendung daher letztlich um das Ergebnis eines Verhaltens, zu dem sich der Beschwerdeführer aus freien Stücken, nämlich in der Hoffnung auf Erwerb von Wirtschaftsgütern aus dem Nachlass, entschlossen habe. Derartige Aufwendungen seien aber als außergewöhnliche Belastung nicht abzugsfähig. Die Berufung sei damit schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen. Wenn der Beschwerdeführer das Vorliegen von "moralischen" Gründen für die Zahlungen anspreche, sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer zumindest zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung mit Gegenleistungen gerechnet habe. Sollten sittliche Gründe - solche seien offenbar gemeint - für die Leistung der in Rede stehenden Zahlungen ausschlaggebend gewesen sein, sei weiters die Bestimmung des § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 zu beachten, nach der Unterhaltszahlungen nur insoweit abzugsfähig seien, als sie zur Deckung von Aufwendungen geleistet werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Im Rahmen der Begünstigungsvorschrift des § 34 habe der Steuerpflichtige selbst das Vorliegen der Voraussetzungen darzulegen. Insoweit habe er aber nicht ziffernmäßig vorgebracht, inwieweit die eigenen Einkünfte der Stiefmutter unter Einbeziehung von Hilflosenzuschuss bzw. Pflegegeld "nicht zur Deckung derjenigen Aufwendungen ausreichen, die bei ihr selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, wobei weiters auch eine genaue Auflistung dieser Aufwendungen nicht beigebracht wurde". Selbst bei Vorliegen von Unterhaltsleistungen könnte daher der Berufung kein Erfolg zukommen.

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, "den Forderungsausfall gemäß § 34 EStG als außergewöhnliche Belastung anerkannt zu erhalten", verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

1.

Sie müssen außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2.

Sie müssen zwangsläufig sein (Abs. 3).

3.

Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

§ 34 Abs. 7 EStG 1988 schränkte bereits in der Stammfassung die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung bedeutsam ein. Nach dieser Regelung (nach der Neufassung durch das Familienbesteuerungsgesetz 1992, BGBl Nr. 312/1992, nunmehr § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988) sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden (vgl. z.B. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III B, Tz 1 zu § 34 allgemein und Tz 6 zu § 34 Abs. 3).

Auch im Sinne des vom Beschwerdeführer angesprochenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1989, 88/14/0163, könnte ein Forderungsausfall nur dann als Aufwendung nach § 34 EStG 1988 Berücksichtigung finden, wenn die zur Forderungsentstehung führenden Zahlungen die Kriterien zur Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastung erfüllten (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1998, 96/15/0152).

Nach dem Beschwerdevorbringen verpflichtete sich der Beschwerdeführer am 1. Jänner 1989, seiner Stiefmutter "ein Darlehen" in Form einer monatlichen Unterstützung in Höhe von 2.500 S bis zu ihrem Lebensende zu gewähren, wobei sich diese dem Beschwerdeführer gegenüber verpflichtete, zur Abdeckung der ihm dadurch entstandenen Aufwendungen alle Vermögenswerte, insbesondere Sparbücher, zu hinterlassen. Auch wenn der Beschwerdeführer im Hinblick auf diese getroffenen Vereinbarungen für seine monatlichen Zahlungen eine Rückzahlung bzw. Gegenleistung durch zukünftige Überlassung der Vermögenswerte erwartete, handelte es sich doch um Unterhaltsleistungen an seine Stiefmutter, die den oben erwähnten einschränkenden Bestimmungen des § 34 Abs. 7 EStG 1988 unterliegen. Nur aus dem Titel der Unterhaltsleistung ließe sich außerdem allenfalls die in der Beschwerde angesprochene sittliche Verpflichtung (und damit Zwangsläufigkeit iS des § 34 Abs. 3 leg.cit.) zur (darlehensweisen) Unterstützung begründen, die im Übrigen beim Vorhandensein von Vermögenswerten, insbesondere Sparbüchern, bei der zu unterstützenden Person ohnedies nicht zu erkennen wäre. Unterhaltsleistungen sind nach der zitierten Bestimmung nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung (im Wesentlichen wegen Krankheit) darstellen würden. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei abgabenrechtlichen Begünstigungen Aufgabe der Partei ist, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2002, 2002/13/0077). Sie hat dazu im angefochtenen Bescheid auch ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nicht ziffernmäßig vorgebracht, inwieweit die eigenen Einkünfte der Stiefmutter (unter Einbeziehung von Hilflosenzuschuss bzw. Pflegegeld) nicht zur Deckung von iS des § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 abzugsfähigen Aufwendungen ausreichten, wobei zudem eine genaue Auflistung dieser Aufwendungen nicht beigebracht worden sei. In der Beschwerde wird zwar vorgebracht, als "meine Stiefmutter an mich herantrat, ihr monatlich S 2.500,-- als Darlehen zu gewähren, um dadurch den durch ihren schlechten Gesundheitszustand erforderlichen Pflegeaufwand, soweit er nicht durch Hilflosenzuschuss bzw. Pflegegeld abgedeckt war, bezahlen zu können, erklärte ich mich dazu bereit", ohne allerdings in irgendeiner Weise die im angefochtenen Bescheid zu Recht als erforderlich erachtete Konkretisierung vorzunehmen. Solcherart vermag der Verwaltungsgerichtshof aber insgesamt nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit belastet hätte.

Die Beschwerde war damit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999130179.X00

Im RIS seit

02.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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