TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/19 97/12/0375

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Veröffentlicht am 19.02.2003
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §14;
PG 1965 §4 idF 1996/201;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der Mag. A in S, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 18. September 1997, Zl. 55 5110/61-II/15/96, betreffend Bemessung des Ruhegenusses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1950 geborene Beschwerdeführerin steht als Professorin in Ruhe seit dem 1. September 1996 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Ihre letzte Dienststelle war die Handelsakademie X .

Im Beschwerdefall ist die Ruhebezugsbemessung strittig. Da hiefür auch Umstände aus dem Ruhestandsversetzungsverfahren bedeutsam sind, ist zunächst auf dieses Verfahren und seine "Vorgeschichte" - soweit es erforderlich ist - einzugehen. A. "Vorgeschichte" und Ruhestandsversetzungsverfahren

Auf Grund eines seit 17. September 1992 andauernden "Krankenstandes" wurde die Beschwerdeführerin am 21. Jänner 1993 über ein entsprechendes Ersuchen des Stadtschulrates für Wien (im Folgenden: SSR) bei der MA 15-Gesundheitsamt, amtsärztliche Untersuchungsstelle, einer Untersuchung durch Dr. P. unterzogen. Laut deren Gutachten vom 21. Jänner 1993 war die Dienstverhinderung der Beschwerdeführerin gerechtfertigt. Bei weiterer Besserung ihres Gesundheitszustandes wurde der voraussichtlich mögliche Dienstantritt mit Mitte Februar 1993 angegeben. Am 21. Jänner 1993 ersuchte die Beschwerdeführerin um Ermäßigung der Lehrverpflichtung für das zweite Semester 1993 und das Schuljahr 1993/94. Die Ausübung einer vollen Lehrverpflichtung sei ihr auf Grund ihres derzeitigen Gesundheitszustandes nicht möglich. Dr. P. erstattete daraufhin am 28. Jänner 1993 ein Ergänzungsgutachten, demzufolge im Sommersemester 1992/93 eine eingeschränkte Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin vorliege. Zwei bis drei Unterrichtsstunden täglich seien ihr zumutbar. Die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit sei derzeit nicht bestimmbar. Auf Grund dieses Gutachtens gewährte der SSR mit Bescheid vom 16. Februar 1993 der Beschwerdeführerin für die Dauer des zweiten Semesters des Schuljahres 1992/93 gemäß § 8 Abs. 2 des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes eine Lehrpflichtermäßigung von 50 v.H. der vollen Lehrverpflichtung.

Gestützt auf ein weiteres amtsärztliches Gutachten vom 17. Juni 1993, wonach eine Beeinträchtigung der vollen Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Gesundheitszustandes gegeben und die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit derzeit nicht bestimmbar sei, gewährte der SSR mit Bescheid vom 17. August 1993 antragsgemäß die Lehrpflichtermäßigung im vorgenannten Umfang auch für die Dauer des Schuljahres 1993/94.

Auf Grund eines neuerlichen Ansuchens um Lehrpflichtermäßigung beauftragte der SSR die amtsärztliche Untersuchungsstelle am 14. Juni 1994 mit der Erstattung eines Gutachtens, ob bei der Beschwerdeführerin völlige Dienstunfähigkeit vorliege, ob auf Grund ihres Gesundheitszustandes eine Beeinträchtigung der vollen Dienstfähigkeit gegeben sei, wie viele Unterrichtsstunden täglich ihr zumutbar seien und ob die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit in einem absehbaren Zeitraum wahrscheinlich sei. In ihrem Gutachten vom 24. August 1994 kam Dr. P. zum Ergebnis, dass auf Grund des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin eine Beeinträchtigung ihrer vollen Dienstfähigkeit gegeben sei. Zwei bis drei Unterrichtsstunden täglich seien ihr zumutbar. Die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit im Schuljahr 1995/96 sei orthopädischerseits nicht auszuschließen, wenn die dadurch gewonnene Zeit für die Rehabilitation der Knieproblematik und der Wirbelsäulenbeschwerden verwendet werde. Daraufhin wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 6. September 1994 auch für die Dauer des Schuljahres 1994/95 eine Lehrpflichtermäßigung im Ausmaß von 50 Prozent der vollen Lehrverpflichtung gewährt.

Am 19. Mai 1995 ersuchte die Beschwerdeführerin um Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf die Hälfte "bis auf weiteres", weil sich ihr Gesundheitszustand nicht gebessert habe. Unter Hinweis darauf, dass im Hinblick auf die bereits gewährten Lehrpflichtermäßigungen die Gewährung einer weiteren Lehrpflichtermäßigung auf Grund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr möglich sei, ersuchte der SSR die amtsärztliche Untersuchungsstelle um Erstattung eines Gutachtens, ob bei der Beschwerdeführerin völlige Dienstunfähigkeit vorliege und ob die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit in einem absehbaren Zeitraum wahrscheinlich sei. Auf Grund eines orthopädischen (Zusatz-)Befundes vom 8. September 1995, demzufolge (zusammengefasst) eine Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin bei Vermeidung langen Stehens wieder erreicht werden können müsste und eine Frühpensionierung aus orthopädischer Sicht sicher nicht gerechtfertigt sei, kam Dr. P. in ihrem Gutachten vom 18. September 1995 zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin "orthopädischerseits" nur bei Vermeidung langen Stehens dienstfähig sei. Die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit sei derzeit nicht bestimmbar.

Laut einem diesbezüglichen Aktenvermerk vom 31. August 1995 wurde die Beschwerdeführerin vom zuständigen Sachbearbeiter telefonisch informiert, dass ihr für das Schuljahr 1995/96 keine Lehrpflichtermäßigung gewährt werde. Ein entsprechendes Dienstrechtsmandat sei unterwegs. Der Beschwerdeführerin seien als weitere Möglichkeiten eröffnet worden: "1. Dienstantritt volle Lehrverpflichtung, 2. wenn dies nicht möglich 'Krankenstand',

3. freiwillige Teilzeit". Über Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen das ihren Antrag auf Lehrpflichtermäßigung abweisende Dienstrechtsmandat vom 8. August 1995 wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des SSR vom 24. Oktober 1995 für die Dauer des Schuljahres 1995/96 gemäß § 8 Abs. 2 Z. 1 des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes wieder eine Lehrpflichtermäßigung auf 50 v.H. der vollen Lehrverpflichtung gewährt. Die "sonstigen Hinweise" im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung führen aus, dass laut dem amtsärztlichen Gutachten vom 18. September 1995 Dienstfähigkeit nur bei Vermeidung langen Stehens gegeben sei. Bei Dienstausübung im Rahmen einer halben Lehrverpflichtung könnte die volle "Lehrverpflichtung" wieder erreicht werden, insbesondere wenn die erforderlichen Behandlungen durchgeführt würden. Die Beschwerdeführerin werde daher ersucht, entsprechende Nachweise bzw. ärztliche Bestätigungen über die durchgeführten Behandlungen dem SSR vorzulegen.

Am 8. März 1996 beantragte die Beschwerdeführerin beim SSR die Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen, da sie sich nicht mehr in der Lage sehe, ihren Dienstverpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen.

Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 19. August 1996 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 31. August 1996 in den Ruhestand versetzt, weil sie laut chefärztlichem Gutachten vom 20. Juni 1996 als Lehrkraft dauernd dienstunfähig sei.

B. Ruhebezugsbemessungsverfahren

Mit Bescheid vom 10. September 1996 nahm die Pensionsbehörde erster Instanz die Bemessung des der Beschwerdeführerin ab 1. September 1996 zustehenden monatlichen Ruhegenusses vor. In der Folge begründete die erstinstanzliche Behörde nach Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen näher die Bemessung des Ruhegenusses, der von einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 28 Jahren, einem Monat und sieben Tagen und einer Ruhegenussbemessungsgrundlage von 62 % (Mindestausmaß) des ruhegenussfähigen Monatsbezuges ausgeht.

Im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung wird in "Sonstige Hinweise" angemerkt, dass für den Fall der Zurechnung von Jahren gemäß § 9 PG 1965 der Ruhegenuss von Amts wegen neu bemessen werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die - nunmehr gewerkschaftlich durch Dr. E. vertretene (Hinweis auf Vollmacht gemäß § 10 Abs. 4 AVG) - Beschwerdeführerin Berufung, die am 1. Oktober 1996 beim Bundesrechenamt einlangte. Sie brachte im Wesentlichen vor, ihr Ruhestandsversetzungsverfahren sei bereits vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden; die Behörde habe daher zu Unrecht § 4 PG 1965 in der seit 1. Mai 1996 geltenden Fassung angewendet.

Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 27. September 1996 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 idF BGBl. Nr. 426/1985 jener Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch zehn Jahre, zur ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit zugerechnet und ausgesprochen, dass "wegen Anweisung" das Weitere durch den SSR veranlasst werde. In der Begründung wird ausgeführt, dass auf Grund des ärztlichen Gutachtens vom 29. August 1996 bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 PG 1965 idF der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, vorlägen.

Mit dem nunmehr angefochtenen (am 24. September 1997 zugestellten) Bescheid vom 18. September 1997 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Pensionsbehörde erster Instanz vom 10. September 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im Hinblick auf die Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin mit Ablauf des 31. August 1996 seien bei der Bemessung des Ruhegenusses die Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden. Diese umfassten auch die vom 1. Mai 1996 an geltenden, durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 neu geschaffenen Bestimmungen. Lediglich auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand bereits vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden sei, sei § 4 PG 1965 in der bis zum 30. April 1996 geltenden Fassung zu Folge des § 62c Abs. 1 leg. cit. weiter anzuwenden. Ein Ruhestandsversetzungsverfahren werde durch einen entsprechenden Antrag des Beamten auf Ruhestandsversetzung oder die Ruhestandsversetzung von Amts wegen durch die erste nach außen hin erkennbare Maßnahme, die die Dienstbehörde treffe, um den Beamten in den Ruhestand zu versetzen, eingeleitet. Es könne daher von keiner Einleitung - auch von keiner "faktischen Einleitung" (Hervorhebung im Original) - eines Ruhestandsversetzungsverfahrens gesprochen werden, wenn die Beschwerdeführerin im Mai 1995 erneut aus gesundheitlichen Gründen um die Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf die Hälfte für das Schuljahr 1995/96 angesucht habe, nachdem ihr bereits diese Maßnahme für die beiden vorangegangenen Schuljahre gewährt worden sei. Es seien nämlich zum fraglichen Zeitpunkte seitens der Dienstbehörde keinerlei Maßnahmen gesetzt worden, die Beschwerdeführerin in den Ruhestand zu versetzen. Vielmehr sei ihr auf Grund ihrer Vorstellung gegen ein den Antrag auf Weitergewährung der Lehrpflichtermäßigung abweisendes Dienstrechtsmandat vom SSR mit Bescheid vom 24. Oktober 1995 erneut die Lehrpflichtermäßigung für das Schuljahr 1995/96 gewährt worden. Es widerspreche dem klaren Wortlaut des § 62c Abs. 1 PG 1965, die Weiteranwendung des § 4 leg. cit. in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung nicht davon abhängig zu machen, wann das Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet worden sei, sondern davon, wann es eingeleitet hätte werden sollen.

Das Verfahren, das dazu geführt habe, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich in den Ruhestand versetzt worden sei, sei daher erst durch ihren Antrag vom 8. März 1996, also nach dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden. Daher sei die Bestimmung des § 4 PG 1965 in der durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 geschaffenen Fassung bei der Ruhegenussbemessung anzuwenden (es folgen Ausführungen zur Kürzungsbestimmung des § 4 Abs. 3 PG 1965).

Nach Übermittlung dieses Bescheides wurde mit Bescheid der Pensionsbehörde erster Instanz vom 2. Oktober 1997 der der Beschwerdeführerin zustehende monatliche Ruhegenuss ab 1. September 1996 - ausgehend von einer nunmehrigen Gesamtdienstzeit von 35 Jahren - neu bemessen. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 14. Oktober 1997 zugestellt (eigenhändige Übernahme).

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes teilte die belangte Behörde mit, dass dieser Zustellung die Rechtsansicht zu Grunde lag, dass die Beschwerdeführerin nur im Berufungsverfahren gegen den Bescheid vom 10. September 1996 gewerkschaftlich vertreten war. Da nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten bei Erhebung der Berufung die Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt, vielmehr von einer vermuteten Bevollmächtigung gemäß § 10 Abs. 4 AVG ausgegangen wurde, forderte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 11. Dezember 2002 auf, die dem Einschreiten Dris. E. im Berufungsverfahren zu Grunde liegende Vollmacht vorzulegen bzw. - sollte dies nicht möglich sein - bekannt zu geben, wie der Inhalt der Vertretungsbefugnis ermittelt werden könne.

Auf Grund der in weiterer Folge vorgelegten, im Wesentlichen gleich lautenden und unbedenklichen Erklärungen der Beschwerdeführerin und Dris. E. geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass Dr. E. bevollmächtigt war, die Beschwerdeführerin im gesamten verwaltungsbehördlichen Verfahren betreffend Bemessung des Ruhegenusses zu vertreten. Der Bescheid des Bundespensionsamtes vom 2. Oktober 1997 hätte daher richtigerweise der Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt werden müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass eine Sanierung des Zustellmangels dieses Bescheides durch tatsächliches Zukommen im Sinne des § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustG nicht stattgefunden hat.

Gegen den Bescheid vom 18. September 1997 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Bemessung ihres Ruhegenusses in gesetzlicher Höhe, nämlich gemäß der Fassung des Pensionsgesetzes 1965 in der bis zum 30. April 1996 geltenden Fassung, durch unrichtige Anwendung des § 62c Abs. 1 dieses Gesetzes sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht sie geltend, dass nach § 62c Abs. 1 PG 1965 die Anwendbarkeit der neuen und ungünstigen Abschlagsregelung laut § 4 Abs. 3 leg. cit. davon abhänge, ob das Ruhestandsversetzungsverfahren vor dem 16.Februar 1996 eingeleitet worden sei. Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur amtswegigen Einleitung eines Verwaltungsverfahrens komme im Beschwerdefall der Einholung des amtsärztlichen Gutachtens vom 18. September 1995 wesentliche Bedeutung zu. Dementsprechend hätten darüber nähere Feststellungen getroffen werden müssen. Dabei hätte sich ergeben, dass es dabei um das Ausmaß der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin gegangen sei; das Resultat habe gelautet, dass sie gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage sei, eine volle Arbeitsleistung zu erbringen, und dass auch keine Besserung mehr zu erwarten, also ein Dauerzustand vorgelegen sei.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin (zusammengefasst) vor, eine krankheitsbedingte Verminderung der Leistungsfähigkeit könne das Motiv des Beamten für die Antragstellung auf Herabsetzung seiner Arbeitszeit sein; diese sei jedoch völlig ohne Einfluss auf die Frage, ob der Beamte im Sinne des § 14 BDG 1979 als dienstunfähig einzustufen sei. In dieser Beziehung trete lediglich ein gesetzlich ermöglichter Ausnahmezustand ein; der Beamte könne trotz Dienstunfähigkeit im Sinne der vorbezeichneten Norm noch weiter verwendet werden. Dafür seien die Antragstellung durch den Beamten und die dienstliche Akzeptanz erforderlich. Es handle sich um einen bedingten und provisorischen Zustand. Falle die Antragstellung des Beamten oder die dienstliche Akzeptanz weg, so müsse der Beamte in den Ruhestand versetzt werden, weil das dafür normierte Erfordernis der Dienstunfähigkeit - im Bezug auf seine Vollleistung - schon gegeben sei. Genau dieser Zustand sei in ihrem Fall gegeben gewesen. Die Begutachtung vom 18. September 1995 habe der Klärung dieses Sachverhaltes gedient und sein Vorliegen bestätigt. Es sei damit klargestellt gewesen, dass sie als dienstunfähig im Sinne des § 14 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen gewesen sei, sobald die Voraussetzungen für die Verwendung im Rahmen einer herabgesetzten Lehrverpflichtung wegfallen würden. Es sei daher ein Ruhestandsversetzungsverfahren anhängig und nur vorläufig für die Zeit der herabgesetzten Lehrverpflichtung in Schwebe gewesen. Die Anhängigkeit sei vor dem 16. Februar 1996 gegeben gewesen, sodass zufolge § 62c Abs. 1 PG 1965 die mit 1. Mai 1996 in Kraft getretene Abschlagsregelung (insbesondere § 4 Abs. 3 PG 1965) nicht anzuwenden gewesen wäre.

Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 14 Abs. 1, 3 und 5 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 (Abs. 1 idF BGBl. Nr. 820/1995), lautet:

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

...

(5) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam."

§ 4 Abs. 1 bis 5 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) (Abs. 3 bis 5 idF des Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201) lautet:

"Ruhegenussermittlungsgrundlagen und Ruhegenussbemessungsgrundlagen

§ 4. (1) Der Ruhegenuss wird auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

(2) 80 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges bilden die Ruhegenussbemessungsgrundlage.

(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monats liegt, indem der Beamte seit 60. Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.

(4) Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt:

1.

Im Fall des im Dienststand eingetretenen Todes des Beamten,

2.

wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten aus diesem Grund eine Versehrtenrente aus der Unfallversicherung der öffentlich Bediensteten gebührt.

(5) Die Ruhegenussbemessungsgrundlage darf 62 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges nicht unterschreiten."

§ 62c Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), eingefügt durch Art. 3 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautet:

"§ 62c. (1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Im Beschwerdefall ist zunächst strittig, ob das Ruhestandsversetzungsverfahren der Beschwerdeführerin vor oder nach dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist. Dies ist für die für die Bemessung des Ruhegenusses maßgebliche Fassung des § 4 PG 1965 von Bedeutung.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass die Beschwerdeführerin selbst erst mit Schreiben vom 8. März 1996 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt hat. Zu prüfen bleibt daher, ob das Ruhestandsversetzungsverfahren von Amts wegen vor dem genannten Stichtag eingeleitet wurde.

Die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens setzt jedenfalls einen entsprechenden Willensakt voraus, der der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen ist und seinem Inhalt nach - objektiv betrachtet - darauf abzielt, den Sachverhalt der (dauernden) Dienstunfähigkeit des Beamten im Sinn des § 14 BDG 1979 zu klären. Ein solcher Willensakt kann auch bereits in der Befassung eines Amtsarztes durch die zuständige Dienstbehörde gelegen sein oder im Auftrag an den Beamten, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens muss sich jedoch - bei objektiver Betrachtung - aus dem Inhalt des der zuständigen Dienstbehörde zurechenbaren Auftrages zur Erstellung eines Gutachtens (insbesondere aus der Fragestellung, die der Sachverständige aus medizinischer Sicht klären soll) hinreichend klar ergeben. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Durchführung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Gutachtensauftrag ist nicht erforderlich. Für die Qualifikation eines solchen Auftrages als amtswegige Einleitung ist im Allgemeinen ausreichend, dass darin gezielt um die Klärung von Tatsachen aus medizinischer Sicht ersucht wird, die im Lichte des § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 rechtserheblich sind und eine eindeutige Zuordnung unter diesen Tatbestand zulassen, d.h. die ausdrücklich und zweifelsfrei darauf abzielen, die Frage zu klären, ob eine (dauernde) Dienstunfähigkeit des Beamten aus medizinischer Sicht gegeben ist oder nicht. Ein bloß allgemein gehaltener Auftrag, das Vorhandensein der Dienstfähigkeit zu klären, enthält diese erforderliche Klarstellung nicht, um ihn als amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens zu werten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. März 2002, Zl. 2000/12/0275, mwN).

Beurteilt man das an die Magistratsabteilung 15- Gesundheitsamt, amtsärztliche Untersuchungsstelle, gerichtete Auftragsschreiben des SSR vom 8. August 1995 unter diesen Gesichtspunkten, war dieses zweifellos - objektiv (und nicht bloß vor dem Hintergrund der der Beschwerdeführerin bereits gewährten Lehrpflichtermäßigungen und des diesbezüglichen neuerlichen Antrages) betrachtet - seinem Inhalt nach auf die Abklärung von für eine Ruhestandsversetzung maßgeblichen Fragen gerichtet, nämlich, ob bei der Beschwerdeführerin völlige Dienstunfähigkeit vorliegt. Selbst wenn aber damit bejaht wird, dass vor dem maßgeblichen Stichtag bereits eine (amtswegige) Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens erfolgt ist, ist damit für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil jedenfalls dieses Verfahren nicht zur Ruhestandsversetzung geführt hat und nicht bloß auf das Faktum der Einleitung (losgelöst vom weiteren Ausgang des Verfahrens) abzustellen ist. Das von Dr. P. erstattete Gutachten bejahte nämlich - wie bereits die Vorgutachten - die Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin "bei Vermeidung langen Stehens" und erachtete die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit als derzeit nicht bestimmbar, wobei in diesem Zusammenhang im orthopädischen Zusatzbefund vom 8. September 1995 ausdrücklich angemerkt ist, dass aus orthopädischer Sicht eine Frühpensionierung sicher nicht gerechtfertigt sei. Aus dem weiteren bereits eingangs dargestellten Vorgehen des SSR (insbesondere aus dem Aktenvermerk vom 31. August 1995) ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass seitens der Dienstbehörde eine Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin überhaupt in Erwägung gezogen worden wäre. Die Gewährung einer weiteren Lehrpflichtermäßigung gemäß § 8 Abs. 2 Z. 1 des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes ("aus gesundheitlichen Gründen") spricht vielmehr für die (weitere) Annahme der Dienstbehörde, die Beschwerdeführerin sei - wenn auch eingeschränkt - dienstfähig. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch noch, dass der SSR wegen der Änderung der DVV 1981 durch die Novelle BGBl. Nr. 540/1995 (Wegfall der Delegation betreffend die Verfügung der Versetzung in den Ruhestand hinsichtlich bestimmter Beamtengruppen) ab 1. September 1995 nicht mehr zuständig war, als nachgeordnete Dienstbehörde (im eigenen Namen) das Ruhestandsversetzungsverfahren der Beschwerdeführerin einzuleiten.

Es ist daher davon auszugehen, dass das von Amts wegen eingeleitete Verfahren - vor dem Antrag der Beschwerdeführerin - (formlos) eingestellt worden ist und das Ruhestandsversetzungsverfahren (das Verfahren, das tatsächlich zur Versetzung in den Ruhestand geführt hat) erst über entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. März 1996 eingeleitet wurde. Mangels Anwendbarkeit des § 62c Abs. 1 PG 1965 idF des Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 BGBl. Nr. 201/1996 ist daher § 4 leg. cit. idF dieses Bundesgesetzes anzuwenden.

Eine Kürzung nach § 4 Abs. 3 PG 1965 findet daher nur dann nicht statt, wenn der Beamte im Dienststand verstorben ist oder wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten aus diesem Grund eine Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung gebührt. Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus der Aktenlage ergeben sich jedoch Hinweise auf das Vorliegen eines Dienstunfalles oder eine Berufskrankheit.

Dessen ungeachtet ist der Beschwerde Erfolg beschieden:

Ausgehend vom Verfahrensgegenstand "Ruhegenussbemessung" wäre die belangte Behörde - ungeachtet des Hinweises im erstinstanzlichen Bescheid auf die amtswegige Neubemessung im Fall der Zurechnung von Jahren gemäß § 9 PG 1965 - verpflichtet gewesen, den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 27. September 1996 und die Auswirkungen der damit erfolgten Zurechnung von Jahren auf die Bemessung des Ruhegenusses der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Für das fortgesetzte Verfahren wird noch darauf hingewiesen, dass bei der Bemessung des Ruhegenusses der Beschwerdeführerin für die Zeit ab dem 1. Jänner 1998 auch die möglichen Auswirkungen des ab 1. Jänner 1998 eingefügten § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 PG 1965 (Entfall der Kürzung im Fall der dauernden Erwerbsunfähigkeit ab diesem Zeitpunkt) zu berücksichtigen sein werden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500).

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 zuzuerkennen.

Wien, am 19. Februar 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1997120375.X00

Im RIS seit

14.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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