TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 2002/12/0288

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Veröffentlicht am 19.03.2003
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Index

L26003 Lehrer/innen Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §56;
LDG 1984 §45 Abs1;
LDHG NÖ 1976 §2;
LDHG NÖ 1976 §3;
LDHG NÖ 1976 §4 idF 2600-2;
LDHG NÖ 1976 §5 Abs1;
LDHG NÖ 1976 §7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Mario Noe-Nordberg, Rechtsanwalt in 3830 Waidhofen an der Thaya, Hamernikgasse 10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 2002, Zl. K4-L-1291, betreffend Anrechnung von Wegzeiten auf die Lehrverpflichtung gemäß § 45 Abs. 1 LDG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich; seine Stammschule ist die SES A.

Mit Eingabe vom 4. August 2000 beantragte der Beschwerdeführer die Anrechnung von Wegzeiten im Ausmaß von mindestens drei Jahreswochenstunden auf die Lehrverpflichtung für das Schuljahr 1999/2000 gemäß § 45 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 (im Folgenden: LDG).

Am 26. Jänner 2001 erließ der Bezirksschulrat Zwettl einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautete:

"Gem. § 45 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG) wird Ihnen im Schuljahr 1999/2000 eine Stunde auf die Lehrverpflichtung angerechnet."

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 26. März 2001 abgewiesen und neuerdings ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer für das Schuljahr 1999/2000 eine Stunde auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet werde.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit näherer Begründung Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 26. März 2001 keine Folge gegeben.

In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die nach den örtlichen Verhältnissen erforderliche Gesamtfahrzeit des Beschwerdeführers montags 127 Minuten, mittwochs 76 Minuten, donnerstags 76 Minuten und freitags 132 Minuten betragen habe. Von diesen Zeiten sei die Wegzeit zwischen dem Wohnsitz des Beschwerdeführers und seiner Stammschule im Ausmaß von 38 Minuten sowie weitere 60 Minuten, welche bei der Anrechnung auf die Wegzeit unberücksichtigt zu bleiben hätten, abzuziehen. Es ergebe sich daher lediglich montags und freitags ein Überhang von 29 bzw. 34 Minuten, woraus sich eine Summe anrechenbarer Wegzeiten von 63 Minuten errechne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Anrechnung der Wegzeiten auf die Lehrverpflichtung gemäß § 45 Abs. 1 LDG 1984 für das Schuljahr 1999/2000 verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Beschwerdeführer erstattete zu dieser Gegenschrift eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 45 Abs. 1 LDG in der im Schuljahr 1999/2000 in Kraft gestandenen Stammfassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 302/1984 lautete:

"§ 45. (1) Hat ein Landeslehrer an mehreren Schulen (Exposituren) zu unterrichten (§ 19 Abs. 3), so wird ihm die nach den örtlichen Verhältnissen erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) für die Zurücklegung des Hin-, Zwischen- und Rückweges zwischen seinem Wohnsitz und den einzelnen Schulen (Exposituren) soweit auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet, als sie die jeweils an einem Tage erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) für die Zurücklegung des Hin- und Rückweges zwischen seinem Wohnsitz und dem Sitz der Stammschule um mehr als eine Stunde überschreitet. Die Vorschriften über Reisegebühren werden dadurch nicht berührt."

Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides des Bezirksschulrates Zwettl vom 26. Jänner 2001 stand § 4 des Niederösterreichischen Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes 1976, LGBl. 2600 (im Folgenden: NÖ LDHG), in der Fassung der zweiten Novelle, LGBl. 2600-2, § 5 Abs. 1 und § 7 LDHG demgegenüber in der Stammfassung LGBl. 2600-0, in Geltung. Sie lauteten:

"§ 4

Zuständigkeit des Bezirksschulrates

Dem Bezirksschulrat obliegt bei Landeslehrern des Dienststandes für allgemein bildende Pflichtschulen:

     a)        die Zuweisung und Versetzung innerhalb des

Amtsbereiches (§ 19 LDG 1984);

     b)        die Bewilligung des Diensttausches innerhalb des

Amtsbereiches, ausgenommen die Bewilligung des Diensttausches

zwischen Inhabern schulfester Stellen (§ 20 LDG 1984);

     c)        die vorübergehende Zuweisung innerhalb des

Amtsbereiches (§ 21 LDG 1984);

d) die Entbindung von der Vertretungspflicht (§ 27 Abs. 3 LDG 1984);

e)

die Untersagung der Verwendung (§ 28 Abs. 2 LDG 1984);

f)

die Entbindung von der Verpflichtung zur

Amtsverschwiegenheit (§ 33 Abs. 3 LDG 1984);

              g)              das Verlangen einer ärztlichen Bescheinigung (§ 35 Abs. 2 LDG 1984);

              h)              die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung (§ 36 LDG 1984);

     i)        die Entgegennahme der Meldung einer erwerbsmäßigen

Nebenbeschäftigung (§ 40 Abs. 3 LDG 1984) sowie einer Tätigkeit

nach § 40 Abs. 5 bzw. die Genehmigung nach § 40 Abs. 4 LDG 1984;

     j)        die Genehmigung zur Erteilung des

Privatunterrichtes an Schüler der eigenen Schule und die Aufnahme

solcher Schüler in Kost und Quartier (§ 40 Abs. 5 LDG 1984);

     k)        die Untersagung der Annahme eines Ehrengeschenkes

(§ 41 LDG 1984);

l)

die Rückberufung vom Urlaub (§ 56 Abs. 5 LDG 1984);

m)

die Beurlaubung (§§ 57 und 58 LDG 1984) bis zu 2 Monaten;

     n)        die Feststellung eines Anspruches auf Pflegeurlaub

(§ 59 LDG 1984);

     o)        die Gewährung einer Dienstbefreiung für die Dauer

eines Kuraufenthaltes (§ 60 LDG 1984) und

     p)        die Erteilung von Dienstreiseaufträgen für

Dienstreisen innerhalb des Bezirkes und Schulveranstaltungen im Inland (ausgenommen Dienstreiseaufträge für schulbezogene Veranstaltungen gemäß § 13a des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986).

...

§ 5

Zuständigkeit des Landesschulrates

(1) Die Durchführung der nicht in den §§ 2, 3 und 4 angeführten Maßnahmen zur Ausübung der Diensthoheit obliegt dem Landesschulrat.

...

§ 7

Instanzenzug

(1) Bei Ausübung der Diensthoheit über die Landeslehrer geht der Instanzenzug vom Bezirksschulrat an den Landesschulrat und von diesem oder von der Landeslehrerkommission an die Landesregierung.

(2) Gegenüber dem Bezirksschulrat ist der Landesschulrat und gegenüber diesem oder der Landeslehrerkommission ist die Landesregierung sachlich in Betracht kommende Oberbehörde."

Maßgebend für die Zuständigkeit einer Behörde zur Erlassung eines Bescheides ist die im Zeitpunkt der Erlassung geltende Rechtslage (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 82). Jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides des Bezirksschulrates Zwettl vom 26. Jänner 2001 zählte die den Gegenstand dieses Bescheides bildende Anrechnung von Wegzeiten auf die Lehrverpflichtung nicht zu jenen Angelegenheiten, welche gemäß § 4 NÖ LDHG in den Zuständigkeitsbereich des Bezirksschulrates fielen. Da diese Angelegenheiten auch nicht gemäß § 2 NÖ LDHG in die Zuständigkeit der Landesregierung oder gemäß § 3 leg. cit. in die Zuständigkeit der Landeslehrerkommission fielen, ergab sich aus § 5 Abs. 1 NÖ LDHG die Zuständigkeit des Landesschulrates für Niederösterreich zum Abspruch in erster Instanz über den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. August 2000. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht etwa aus § 7 NÖ LDHG, weil diese Regelung lediglich den Instanzenzug betrifft und sich daher in der Festlegung der funktionellen Zuständigkeit als jeweilige Berufungsbehörde erschöpft (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0321). Demnach war der Bezirksschulrat Zwettl nicht zuständig, in erster Instanz über den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. August 2000 abzusprechen.

Hieraus wiederum folgt, dass der Landesschulrat für Niederösterreich als gemäß § 7 NÖ LDHG zur Erledigung von Berufungen gegen Bescheide des Bezirksschulrates zuständige Berufungsbehörde gehalten gewesen wäre, die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde wahrzunehmen. Indem er dies unterließ und unter Inanspruchnahme seiner funktionellen Zuständigkeit als Berufungsbehörde eine Sachentscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers traf, anstatt den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben (und sodann als erstinstanzliche Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden), belastete der Landesschulrat für Niederösterreich seinen Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, den bei ihr angefochtenen zweitinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos aufgehoben wird.

Indem sie dies unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

Für das fortgesetzte Verfahren wird zur Vorgangsweise bei der Ermittlung der nach den örtlichen Verhältnissen erforderlichen Wegzeiten gemäß § 45 Abs. 1 LDG auf die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1995, Zl. 94/12/0290, und vom 25. März 1998, Zl. 96/12/0272, verwiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002120288.X00

Im RIS seit

05.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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