TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 2002/12/0188

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2003
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/02 Familienrecht;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

B-VG Art140;
EheG §49;
PG 1965 §19 Abs1 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs1a idF 1994/016;
PG 1965 §19 Abs4 idF 1994/016;
PG 1965 §19 Abs4 Z1 idF 1994/016;
PG 1965 §19 Abs6 idF 1994/665;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der H in S, nunmehr vertreten durch Mag. Heribert Donnerbauer, Rechtsanwalt in 2070 Retz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Personalamtes beim Vorstand der Österreichischen Post AG vom 12. April 2002, Zl. 105698-HS/02, betreffend Versorgungsbezug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die frühere Ehegattin eines am 18. August 2001 verstorbenen Obermonteurs in Ruhe, der in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund (Post- und Telegrafenverwaltung bzw. zuletzt zur Österreichischen Post Aktiengesellschaft) stand.

Die Beschwerdeführerin hatte mit dem Verstorbenen (im Folgenden: F.H.) am 5. Februar 1957 die Ehe geschlossen. Diese Ehe wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Retz vom 29. Dezember 1987 gemäß § 55a Ehegesetz geschieden und gleichzeitig vor dem Bezirksgericht Retz ein Vergleich geschlossen, nach dessen Punkt 2) sich F.H. verpflichtete, der Beschwerdeführerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 4.200,-

-, jeweils am 1. eines jeden Monats bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage bildete das damalige monatliche Durchschnittseinkommen des Verstorbenen im Betrage von etwa S 10.000,--.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Retz vom 24. Juni 1993 wurde F.H. verpflichtet, der Beschwerdeführerin zuzüglich zu dem im Vergleich vom 29. Dezember 1987 vereinbarten Betrag von monatlich S 4.200,-- einen weiteren Betrag von S 650,--, zusammen daher S 4.850,-- ab dem 8. Oktober 1992, am 1. eines jeden Monates im Vorhinein zu bezahlen. Aus den Entscheidungsgründen dieses Urteiles geht hervor, dass sich die Pensionseinkünfte von F.H. beträchtlich erhöht hätten und er über ein durchschnittliches Monatseinkommen - unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen - von mindestens S 15.000,-- verfüge. Er habe sich in der Zwischenzeit wieder verehelicht und sei für seine nunmehrige Ehegattin sorgepflichtig, welche praktisch über kein eigenes Einkommen verfüge. F.H. habe sich anlässlich der Scheidung von der Beschwerdeführerin im Jahr 1987 verpflichtet, ihr 42 % seines Monatsnettodurchschnittseinkommens an Unterhalt zu bezahlen. Im Hinblick darauf, dass er nunmehr für seine Ehefrau sorgepflichtig sei, sei dafür ein Abzug in der Höhe von 2 % vorzunehmen, sodass er zur Bezahlung eines Unterhaltsbetrages von 40 % zu verpflichten gewesen sei. Abzüglich des eigenen Einkommens der Beschwerdeführerin ergebe sich der im Spruch ersichtliche Betrag.

Die gegen dieses Urteil von der Beschwerdeführerin an das Landesgericht Korneuburg und in weiterer Folge an den Obersten Gerichtshof erhobenen Rechtsmittel wurden ab- bzw. zurückgewiesen.

Mit Schriftsätzen vom 5. und 18. Jänner 2001 verlangte die Beschwerdeführerin von F.H. ab Februar 2001 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in der Höhe von S 5.600,-- sowie die Nachzahlung des Unterschiedsbetrages zwischen diesem Betrag und den erhaltenen S 4.850,-- für die Monate Jänner 2000 bis Jänner 2001. Dieser Forderung kam F.H. nach und zahlte der Beschwerdeführerin bis zu seinem Ableben einen Unterhaltsbetrag in der Höhe von monatlich S 5.600,--.

Nach Ableben ihres früheren Ehegatten am 18. August 2001 beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsätzen vom 17. und vom 30. August 2001 die Zuerkennung eines Versorgungsgenusses. In diesen Anträgen wies sie darauf hin, dass sich der Verstorbene zur Bezahlung eines Unterhaltsbetrages von 42 % seines monatlichen Durchschnittseinkommens verpflichtet und bis August 2001 Unterhalt an sie geleistet habe.

Mit Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 29. November 2001 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 19 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (PG 1965), ab 1. September 2001 ein monatlich fortlaufender Versorgungsgenuss von brutto S 5.600,-- (EUR 406,97) zuerkannt. Dies wurde damit begründet, dass der Versorgungsbezug die Unterhaltsleistung nicht übersteigen dürfe, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten am Sterbetag Anspruch gehabt habe. Der geschiedene Ehegatte der Beschwerdeführerin sei an seinem Todestag ihr gegenüber zu einer monatlichen Unterhaltsleistung in der Höhe von S 5.600,-- verpflichtet gewesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die sie damit begründete, dass ihr geschiedener Gatte auf Grund des zwischen ihnen abgeschlossenen gerichtlichen Vergleiches zur Leistung eines Betrages in der Höhe von 42 % seines Nettoeinkommens verpflichtet gewesen sei, weshalb ihr Anspruch auf einen Versorgungsgenuss auf dieser Grundlage neu zu bemessen wäre. Sie bitte daher gemäß § 19 PG 1965 um Zuerkennung eines monatlichen Versorgungsgenusses in der Höhe von 42 % des letzten Nettoeinkommens ihres geschiedenen Gatten, mindestens aber von netto S 5.600,--.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 19 PG 1965 dahingehend über die Berufung der Beschwerdeführerin entschieden, dass dieser ab 1. September 2001 ein Versorgungsbezug in der Höhe von monatlich brutto S 5.266,70 (EUR 382,75) gebühre.

Aus der Begründung des Bescheides geht nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Inhaltes des Vergleiches vom 29. Dezember 1987, des Urteils des Bezirksgerichtes Retz vom 24. Juni 1993 und der Bestimmung des § 19 Abs. 1, 1a und 4 PG 1965 hervor, die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1a PG 1965 träfen im Falle der Beschwerdeführerin zu; demnach dürfe jedoch der Versorgungsbezug die durchschnittlichen monatlichen Unterhaltszahlungen, die der verstorbene Beamte regelmäßig längstens in den letzten drei Jahren vor seinem Tod geleistet habe, nicht übersteigen. Die letzten drei Jahre vor seinem Tod habe der Verstorbene vom September 1998 bis Dezember 1999, das seien 16 Monate, monatlich jeweils S 4.850,--, und von Jänner 2000 bis August 2001, das seien 20 Monate, monatlich jeweils S 5.600,-- an Unterhalt geleistet. In den letzten drei Jahren vor seinem Tode habe der Verstorbene der Beschwerdeführerin somit insgesamt S 189.600,-- Unterhalt geleistet, was durchschnittlich einen Betrag von monatlich brutto S 5.266,70 ergebe, der der Beschwerdeführerin als Versorgungsbezug zustehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Sie begründet dies damit, dass sich der Verstorbene im Vergleich vom 29. Dezember 1987 zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 42 % seines Durchschnittsnettoeinkommens verpflichtet habe, weshalb die belangte Behörde als Begrenzung des Versorgungsbezuges 42 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des Verstorbenen heranzuziehen gehabt hätte. Die belangte Behörde habe die Feststellung des durchschnittlichen monatlichen Nettobezuges, unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen, im vorliegenden Fall auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht unterlassen, was derzeit eine genaue Berechnung des zustehenden Versorgungsbezuges für die Beschwerdeführerin unmöglich mache. In jedem Fall liege aber der nach dieser Berechnung zustehende Versorgungsbezug von 42 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens über dem mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Versorgungsbezug von monatlich brutto S 5.266,70. Die von der belangten Behörde herangezogene Berechnung des Versorgungsbezuges nach § 19 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 wäre alternativ nur dann heranzuziehen gewesen, wenn die durchschnittlichen monatlichen Unterhaltszahlungen in den letzten drei Jahren vor dem Ableben des Verstorbenen zu einem höheren Ergebnis geführt hätten als eine Berechnung gemäß § 19 Abs. 4 Z. 1 PG 1965. Dies sei aber hier nicht der Fall, weshalb der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig sei.

Die belangte Behörde gehe weiters zu Unrecht davon aus, dass als konkreter Unterhaltsanspruch im Sinne des § 19 Abs. 4 Z. 1 PG 1965 nur der zuletzt gerichtlich mit Urteil des Bezirksgerichtes Retz vom 24. Juni 1993 festgesetzte monatliche Unterhalt von S 4.850,-- zu berücksichtigen gewesen sei, welcher unter dem in den letzten drei Jahren durchschnittlich geleisteten Unterhalt liege. Ein gerichtliches Urteil oder ein gerichtlicher Vergleich werde aber nur für die grundsätzliche Anwendbarkeit der Bestimmungen des Pensionsgesetzes auch für frühere Ehegatten im Sinne des § 19 Abs. 1 PG 1965 verlangt, nicht aber für die konkrete Bemessung bzw. die betragsmäßige Begrenzung des Versorgungsbezuges nach § 19 Abs. 4 Z. 1 PG 1965. Für diese konkrete betragsmäßige Berechnung sei vielmehr der konkrete Unterhaltsanspruch am Todestag, wie er sich unter Anwendung der gerichtlichen Titel errechne, zu Grunde zu legen. Aus den beiden gerichtlichen Grundlagen ergebe sich aber ein Unterhaltsanspruch in der Höhe von 42 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des Verstorbenen, da der zuletzt angenommene Prozentsatz von 40 % durch ein höheres Eigeneinkommen der zuletzt mit dem Verstorbenen verehelicht gewesenen Ehegattin wieder auf 42 % anzuheben sei. Zumindest wäre nach dem letztgültigen gerichtlichen Urteil des Bezirksgerichtes Retz vom 24. Juni 1993 ein Versorgungsbezug mit 40 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens festzusetzen gewesen, welcher immer noch deutlich über dem im angefochtenen Bescheid festgesetzten Versorgungsbezug liege.

Der Beschwerdeführerin stehe zumindest der von der Behörde erster Instanz festgesetzte Betrag von S 5.600,-- als Versorgungsbezug zu, weil es diesbezüglich gemäß § 19 Abs. 6 PG 1965 im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten zu einer schriftlich vereinbarten Erhöhung der Unterhaltsleistung gekommen sei. Der Verstorbene sei mit Schreiben vom 5. bzw. 18. Jänner 2001 zur Leistung eines Unterhaltsbetrages von monatlich S 5.600,-- schriftlich aufgefordert worden; Unterhalt sei vom ihm darauf hin auch in dieser Höhe bezahlt worden. Diese Form einer Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbetrages erfülle jedenfalls den von § 19 Abs. 6 als "schriftliche Vereinbarung" geforderten Beweiswert und es wäre daher, selbst unter Außerachtlassung der obgenannten Gründe für die Festsetzung eines Versorgungsbezuges in der Höhe von 42 % des am Todestag bestehenden monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommens des Verstorbenen, der Versorgungsbezug abweichend vom angefochtenen Bescheid mit zumindest monatlich S 5.600,-- festzusetzen gewesen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 Abs. 1, 1a, 4 und 6 PG 1965 (Abs. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 426/1985, Abs. 1a und Abs. 4 in der Fassung BGBl. Nr. 16/1994 und Abs. 6 in der Fassung BGBl. Nr. 665/1994), lauten:

"§ 19. (1) Die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 - gelten, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

(1a) Abs. 1 ist auch dann anzuwenden, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert und der verstorbene Beamte auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung seinem früheren Ehegatten

1. zumindest für die Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod oder,

2. falls der Tod des Beamten früher als vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe eingetreten ist, durchgehend vom Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft bis zu seinem Tod nachweislich

regelmäßig Unterhaltszahlungen geleistet hat.

(2) ...

(3) ...

(4) Der Versorgungsbezug - ausgenommen die Ergänzungszulage - darf,

1. die Unterhaltsleistung, auf die der frühere Ehegatte im Fall des Abs. 1 gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat, oder

2. die durchschnittlichen monatlichen Unterhaltszahlungen, die der verstorbene Beamte im Fall des Abs. 1a regelmäßig längstens in den letzten drei Jahren vor seinem Tod geleistet hat,

nicht übersteigen.

(4a) ...

(5) ...

(6) Eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten ist für die Bemessung eines Versorgungsgenusses nach Abs. 1 nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat."

Die Behörde erster Instanz legte ihrem Bescheid offenbar die Rechtsansicht zu Grunde, auf die Beschwerdeführerin sei § 19 Abs. 1 PG 1965 und daher auch § 19 Abs. 4 Z. 1 und Abs. 6 leg. cit. anzuwenden; die belangte Behörde hingegen ging offenbar davon aus, dass die Beschwerdeführerin in den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1a PG 1965 falle und auf sie daher § 19 Abs. 4 Z. 2 anwendbar sei.

Es ist daher vorerst eine Klärung der Frage notwendig, ob die Beschwerdeführerin (nur) in den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 PG 1965 oder auch in den des § 19 Abs. 1a PG 1965 fällt (zur Möglichkeit der Verwirklichung beider Tatbestände vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 95/12/0263 u.a.).

§ 19 Abs. 1a leg. cit. stellt (u.a.) darauf ab, ob die regelmäßigen Unterhaltszahlungen auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung geleistet wurden. Der Verwaltungsgerichtshof hat solche gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen bei aus Verschulden eines Ehegatten gemäß § 49 EheG erfolgten Scheidungen erblickt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, sowie das hg. Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 99/12/0349); dies führte dazu, dass der Anspruch dieses früheren Ehegatten nicht nach dem für ihn schlechteren Titel zu beurteilen war.

Die Ehe der Beschwerdeführerin mit dem Verstorbenen wurde aber nicht aus Verschulden eines Ehegatten gemäß § 49 EheG, sondern gemäß § 55a EheG einvernehmlich geschieden; hinsichtlich der Unterhaltspflichten wurde der erwähnte Vergleich vom 29. Dezember 1987 geschlossen. Dass im Fall der Beschwerdeführerin (zusätzlich zu Abs. 1) auch der Tatbestand des § 19 Abs. 1a PG 1965 verwirklicht worden wäre, ist mangels Vorliegens eines - zusätzlich zu dem ihr aus dem Vergleich erwachsenen - gesetzlichen Unterhaltsanspruches der Beschwerdeführerin nicht zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 95/12/0151).

Auf die Bemessung des Versorgungsgenusses der Beschwerdeführerin war daher § 19 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Z. 1 und Abs. 6 leg. cit. anzuwenden.

Der Bemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten gemäß § 19 Abs. 4 erster Satz PG 1965 ist nicht etwa ein abstrakter, sich aus dem Gesetz ergebender Anspruch zu Grunde zu legen; entscheidend ist vielmehr allein der Anspruch, wie er auf Grund eines der im § 19 Abs. 1 PG 1965 angeführten Verpflichtungsgründe - also auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung - gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag konkret bestanden hat. Unmaßgeblich für die Höhe des Versorgungsbezuges ist es demnach, ob und in welcher Höhe der verstorbene Ruhestandsbeamte dem früheren Ehegatten tatsächlich Unterhalt geleistet hat (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1994, Zl. 91/12/0142, und vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/12/0198).

Diesbezüglich argumentiert die Beschwerdeführerin, aus dem Scheidungsvergleich vom 29. Dezember 1987 ergebe sich ein Anspruch auf 42 % des durchschnittlichen Nettomonatseinkommens des Verstorbenen. Ein solcher Inhalt ist dem zitierten Vergleich allerdings nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass aus der in einem Unterhaltsvergleich getroffenen Feststellung, ihm liege ein bestimmtes monatliches Nettoeinkommen zu Grunde, nicht die Verpflichtung zur Leistung eines monatlichen Unterhaltes in der Höhe eines (bestimmten) Prozentsatzes des jeweiligen Nettoeinkommens abgeleitet werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. März 1967, Zl. 277/1967, VwSlg. 7098/A/1967 und vom 16. Oktober 1989, Zl. 89/12/0141). Die Anführung einer derartigen Vergleichsgrundlage begründet noch keinen derartigen unmittelbaren Anspruch aus dem Vergleich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1969, VwSlg. 7604/A/1969 und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1989). Selbst wenn dieser Vergleich noch weiterhin Rechtswirkungen entfaltet hätte, könnte die von der Beschwerdeführerin daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, ihr stünden 42 % des Nettomonatseinkommens des Verstorbenen zu, nicht geteilt werden.

Dieser Vergleich ist aber darüber hinaus auch nicht mehr die gültige Rechtsgrundlage für den Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin. Diese ist vielmehr im zwischenzeitig ergangenen Urteil des Bezirksgerichtes vom 24. Juni 1993 zu erblicken, aus welchem sich ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf die Leistung eines monatlichen Betrages in der Höhe von S 4.850,-- (ab dem 8. Oktober 1992) ergibt, wobei bei Ermittlung der Höhe dieses Betrages die Sonderzahlungen bereits eingerechnet worden waren. Lediglich aus den Entscheidungsgründen dieses Urteiles ist ableitbar, dass es sich dabei - nach Abzug des eigenen Einkommens der Beschwerdeführerin - um 40 % des monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens des Verstorbenen handelte. Auch aus diesem, die Rechtsgrundlage für die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beschwerdeführerin bildenden Urteil ist kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistung eines monatlichen Unterhaltes in der Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des jeweiligen Nettoeinkommens des Verstorbenen abzuleiten.

Dazu kommt, dass im Fall der Beschwerdeführerin auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 6 PG 1965 nicht erfüllt sind. § 19 Abs. 6 leg. cit. stellt darauf ab, dass die von der Beschwerdeführerin ins Treffen gebrachte Erhöhung der Unterhaltsleistung im letzten Jahr vor dem Sterbetag "schriftlich vereinbart worden" ist. In der erfolgreichen Aufforderung zur Erhöhung des Unterhaltsbetrages und der faktischen Zahlung eines höheren Betrages durch den Verstorbenen liegt keine "schriftliche Vereinbarung" zwischen den früheren Ehegatten. Aus § 19 Abs. 6 PG ist vielmehr abzuleiten, dass Unterhaltserhöhungen, die nicht in Schriftform vereinbart wurden, bei der Bemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten unbeachtlich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1980, Zl. 3405/79, sowie vom 19. März 1990, Zl. 89/12/0196). Dass eine solche Vereinbarung in Schriftform vorliegt, wurde aber auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet, sodass der vorliegende Fall nicht in den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 6 PG 1965 fällt. Der Tatsache der Zahlung einer erhöhten Unterhaltsleistung durch den Verpflichteten in Verbindung mit der Annahme durch die Beschwerdeführerin als Begünstigte kommt nicht die Bedeutung einer "schriftlichen Vereinbarung" zu (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998). Eine faktische Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten war daher für die Bemessung des Versorgungsgenusses der Beschwerdeführerin ohne Bedeutung.

Maßgeblich für die Bemessung des Versorgungsgenusses der Beschwerdeführerin war daher nach § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Z. 1 die Unterhaltsleistung, auf die sie gegen den verstorbenen Beamten auf Grund eines der in Abs. 1 genannten Titels an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hatte; dies war nach dem Vorgesagten der ihr mit Urteil vom 24. Juni 1963 zugesprochene Anspruch auf Unterhalt in der Höhe von (netto) S 4.850,--. In dieser Höhe war der Versorgungsbezug des früheren Ehegatten - abgesehen von der Ergänzungszulage - nach obenhin begrenzt.

An die Stelle dieses zivilrechtlichen Anspruches der Beschwerdeführerin gegen den Verstorbenen trat ein gegen den Bund gerichteter öffentlich-rechtlicher Anspruch. Der Bund wurde damit aber nicht Rechtsnachfolger des Verstorbenen und trat auch nicht in seine Rechtsstellung ein; vielmehr wurde dadurch ein neuer, rechtlich selbstständiger öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Versorgung des (hier: geschiedenen) früheren Ehegatten gegen den Bund begründet (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 99/12/0203). Dieser öffentlich-rechtliche Anspruch ist an Hand des Gesetzes zu beurteilen. Für eine (angesichts der niedrigen Summen hier nur theoretische) Erhöhung des Versorgungsgenusses um gesetzliche Abzüge (wie zB. nach dem EStG) bietet § 19 Abs. 4 PG 1965 keinerlei Anhaltspunkt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 1997, Zl. 97/12/0127, und vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/12/0389, u.a.). Gegen diese gesetzliche Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (so bereits im hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, Zl. 97/12/0127).

Der Beschwerdeführerin wäre daher richtigerweise ein Versorgungsbezug in der Höhe von (brutto) S 4.850,-- zuzusprechen gewesen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin in Verkennung der Rechtslage aber ein Versorgungsbezug in der Höhe von (brutto) S 5.266,70 zuerkannt.

Eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid ist daher nicht eingetreten, stünde ihr doch bei rechtmäßiger Vorgangsweise der Behörde ein niedrigerer Betrag als der ihr zugesprochene zu. Der angefochtene Bescheid verletzte die Beschwerdeführerin daher nicht in Rechten.

Die Beschwerde war nach dem Vorgesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002120188.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten