TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/27 2000/09/0101

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Veröffentlicht am 27.03.2003
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1997/I/078;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des Vereines C in W, vertreten durch Dr. Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Brünner Straße 37/5, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 17. April 2000, Zl. 10/13113/194.4730/2000, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Verein C beantragte als Arbeitgeber am 3. Februar 2000 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für R D, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, für die berufliche Tätigkeit als Hausarbeiter.

Diesen Antrag wies die genannte Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom 22. Februar 2000 gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte darin vor, der beantragte Ausländer habe ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen und lebe schon seit 6 Jahren (von Unterstützungen seiner Eltern und Verwandten) in Österreich. Dieser Zustand, nämlich für einen so langen Zeitraum nicht für sich selbst sorgen und keiner Beschäftigung nachgehen zu dürfen, sei einem erwachsenen Menschen nicht zumutbar. Die für die Erteilung des Aufenthaltsrechtes maßgebend gewesenen humanitären Gründe seien unverändert aufrecht.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. April 2000 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG keine Folge gegeben.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, es sei festgestellt worden, dass der beantragte Ausländer "seit 8/1994 in Österreich lebte, dann ins Ausland ausreiste und erst im 12/1998 nach Österreich wiedereingereist und laut Meldezettel seit 12.11.1999 - laufend hier gemeldet ist." Durch den Auslandsaufenthalt sei die für die Einstufung nach dem Integrationskatalog des § 4b AuslBG berücksichtigbare Kette der Aufenthaltszeiten unterbrochen; die Aufenthaltszeiten seien erst wieder mit der Wiedereinreise ab 12/1999 zu berücksichtigen. Der beantragte Ausländer gehöre daher keiner der bevorzugten Personengruppen gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für den beantragten Ausländer verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG gestützt. Nach dieser Bestimmung in ihrer Fassung BGBl. I Nr. 78/1997, darf eine Beschäftigungsbewilligung über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) nur erteilt werden, wenn der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird.

Zu dem bevorzugt zu behandelnden Personenkreis nach § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG gehören ...

3. Ausländer, die einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben haben;

4. a) jugendliche Ausländer, sofern sie das letzte volle Schuljahr vor Beendigung ihrer Schulpflicht gemäß dem Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in Österreich absolviert haben und wenigstens ein Elternteil, der nach dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen ist, während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet erwerbstätig war, oder

b) Ausländer, die seit mindestens acht Jahren in Österreich gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sind;

5. Ausländer, die, sofern sie nicht bereits einer der vorgenannten Personengruppen zuzurechnen sind, von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfasst sind und für eine Vermittlung in Betracht kommen;

6. Ausländer, die nach mindestens dreijähriger erlaubter Beschäftigung im Inland einen Leistungsanspruch gemäß Z 3 erschöpft haben und seitdem durchgehend beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkt sind;

7. Ausländer, die sich länger als drei Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhaltes von Ehegatten und minderjährigen Kindern, die von ihnen wirtschaftlich abhängig sind und sich ebenso lang im Bundesgebiet rechtmäßig aufhalten, notwendig ist;

8. Ausländer, die sich länger als fünf Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Vermittlung auf offene Stellen nicht aussichtslos erscheint;

9. Asylwerber gemäß § 19 des Asylgesetzes 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76.

Die im erstinstanzlichen Ablehnungsbescheid festgestellte Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 2000 für das Bundesland Wien und die Anwendung des Landeshöchstzahlenüberziehungsverfahrens bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Er wendet sich in seiner Beschwerde gegen die Feststellung der belangten Behörde betreffend die "angebliche Ausreise" des beantragten Ausländers. Richtig sei vielmehr, dass der Ausländer sich seit 1994 ununterbrochen in Österreich aufgehalten habe. Von der unrichtig festgestellten Aufenthaltsdauer sei die Einstufung des Ausländers nach § 4b AuslBG abhängig. Das Ermittlungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die belangte Behörde habe den Ausländer R D nicht über seinen Aufenthalt befragt und die Einsicht in Meldezettel bzw. das Melderegister unterlassen. Am Tag vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sei D in Schubhaft genommen und von Amts wegen mit dem Grund "unbekannter Aufenthalt" abgemeldet worden. Da D in Schubhaft genommen worden sei, sei diese Tatsache unrichtig. Die getroffene Feststellung, der beantragte Ausländer habe Österreich verlassen und sei erst im Dezember 1998 zurückgekehrt, sei unrichtig. In der Berufung sei darauf hingewiesen worden, dass der beantragte Ausländer sich seit 6 Jahren in Österreich aufhalte.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid über den Aufenthalt des beantragten Ausländers keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Wann dieser Ausländer "ins Ausland ausreiste", wie lange er sich im Ausland aufgehalten hat und aus welchem Grund er sich im Ausland aufhielt, wurde nicht festgestellt. Dem angefochtenen Bescheid ist auch nicht zu entnehmen auf welche Ermittlungsergebnisse die getroffenen (aber unvollständig gebliebenen) Sachverhaltsfeststellungen gestützt werden.

Der angefochtene Bescheid enthält auch keine Auseinandersetzung mit der (in der Berufung vorgebrachten) Darstellung des Beschwerdeführers, wonach der beantragte Ausländer sich schon seit 6 Jahren (ununterbrochen) in Österreich aufgehalten habe. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit gegeben, zu den für die Abweisung seines Antrages maßgeblichen Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Von den über den Aufenthalt des beantragten Ausländers getroffenen Sachverhaltsfeststellungen erlangte der Beschwerdeführer nämlich erst mit Zustellung des angefochtene Bescheides Kenntnis. Die belangte Behörde wäre aber nach § 45 Abs. 3 AVG verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer vom Ergebnis ihrer Ermittlungen in Kenntnis zu setzen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Insofern hat die belangte Behörde daher in einem wesentlichen Punkt das Recht auf Parteiengehör nicht beachtet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. April 2002, Zl. 2000/09/0008, und die darin angegebene Judikatur).

Bescheide sind nach § 58 Abs. 2 AVG zu begründen. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG). Der Erlassung eines Bescheides hat gemäß § 56 AVG grundsätzlich die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nach den Vorschriften der §§ 37 und 39 leg. cit. voranzugehen.

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift eingeräumt, dass sie von einer unrichtigen Sachverhaltsannahme ausgegangen und die Aufenthaltszeiten des beantragten Ausländers in Österreich tatsächlich nicht unterbrochen seien. Soweit in der Gegenschrift über den angefochtenen Bescheid hinausgehende Begründungselemente vorgebracht werden und die belangte Behörde damit die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung mit einer anderen Begründung nachträglich zu rechtfertigen sucht, genügt es darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. November 2002, Zl. 2001/09/0110, und die darin angegebene Judikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Der Pauschalgebührenersatz in tatsächlich entrichteter Höhe von S 2.500,-- war mit EUR 181,68 festzusetzen. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die zudem verzeichnete Beilagengebühr, weil die gemäß § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichtende Gebühr ausdrücklich die Beilagen einschließt.

Wien, am 27. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090101.X00

Im RIS seit

09.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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