Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des K in Wien, geboren 1984, vertreten durch Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. September 2001, Zl. 223.624/0-XI/38/01, betreffend §§ 6 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt II. (Entscheidung nach § 8 AsylG) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 17. Mai 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag die Gewährung von Asyl. Bei seiner Einvernahme beim Bundesasylamt brachte er als Fluchtgrund vor:
"Mein Bruder ist Mitte März geflüchtet...Ich weiß nicht was mir zustoßen könnte...Sie haben meinen Bruder umgebracht, ich weiß nicht, was mein Bruder gemeint hat, als er das gesagt hatte (w.o.)
Er sagte, ich solle flüchten und ich bin geflüchtet....Ich sah mehrere Leute laufen. Andere Angaben kann ich nicht machen."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - den Asylantrag gemäß § 6 Z 3 AsylG ab (Spruchpunkt I); weiters stellte sie fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Soweit die Argumente des Beschwerdeführers zur Abweisung des Asylantrages der Verfahrensrüge zuordenbar sind, erübrigt sich deren Behandlung, weil der Beschwerdeführer die Relevanz der behaupteten Verfahrensfehler nicht aufzeigt. Das - oben wiedergegebene - Vorbringen zu seinem Fluchtgrund hat der Beschwerdeführer nämlich weder in der Berufung noch in der Beschwerde konkretisiert. Demnach ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer - unabhängig von der Glaubwürdigkeit seiner Angaben - in Sierra Leone keine asylrelevante Verfolgung droht. Daraus folgt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie den Asylteil bekämpft.
Bei ihrer Entscheidung nach § 8 AsylG hat sich die belangte Behörde mit einer Betrachtung der "Sicherheitslage" und der wirtschaftlichen Lage in Sierra Leone auf Grund von nicht näher bezeichneten Berichten und eines hg. Erkenntnisses aus 1999 begnügt und schon im Hinblick darauf, dass in dem von der Staatsregierung kontrollierten Gebiet (das seien Freetown, der Westen, der Süden und Teile des Ostens des Landes) die Lage sicher sei, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone für zulässig erachtet. Demgegenüber hätte sich die belangte Behörde aus den im hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0597, auf das insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher dargestellten Gründen umfassend - auch unter Beachtung humanitärer Aspekte - mit der aktuellen Lage in Sierra Leone auseinander setzen und allgemein darauf abstellen müssen, ob eine Abschiebung des Beschwerdeführers dorthin ua. mit Österreichs Verpflichtungen aus Art. 3 EMRK vereinbar wäre.
Der bekämpfte Bescheid war daher in seinem Ausspruch nach § 8 AsylG (Spruchpunkt II.) gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 8. April 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001010587.X00Im RIS seit
16.05.2003