TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/10 2003/18/0055

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Veröffentlicht am 10.04.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des R, geboren 1974, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Jänner 2003, Zl. SD 43/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Jänner 2003 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 5. Juni 2000 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und habe am darauffolgenden Tag einen Asylantrag gestellt, der am 13. Oktober 2000 vom Bundesasylamt abgewiesen worden sei. Diese Abweisung sei am 6. November 2000 in Rechtskraft erwachsen. Lediglich im Zeitraum vom 29. August 2000 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 (AsylG) verfügt. Seit dieser Zeit halte er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Am 28. November 2000 habe der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag eingebracht, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. September 2002 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei. Einer dagegen eingebrachten Berufung sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. November 2002 keine Folge gegeben worden.

Da sich der Beschwerdeführer, der zu keiner Zeit im Besitz einer Einreise- oder Aufenthaltstitels gewesen sei, seit Abweisung des (ersten) Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sei der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt.

Selbst wenn man vor dem Hintergrund des seit 5. Juni 2000 bestehenden - wenngleich nur für drei Monate berechtigten - inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben ausginge, wäre diese Maßnahme im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen habe der Beschwerdeführer in gravierender Weise missachtet. Abgesehen davon, dass er sich seit 26 Monaten unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, gehe er nach seinem eigenen Vorbringen einer sowohl aus fremdenrechtlicher als auch aus ausländerbeschäftigungsrechtlicher Sicht illegalen Erwerbstätigkeit als Zeitungszusteller nach.

Vor dem Hintergrund des bisher Gesagten und im Hinblick auf das Fehlen besonderer zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne ein weiterer Inlandsaufenthalt auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, illegal in das Bundesgebiet eingereist zu sein und niemals über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfügt zu haben. Weiters stellt er nicht in Abrede, während des ersten Asylverfahrens nur von 29. August 2000 bis 6. November 2000 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügt zu haben.

Er bringt zwar in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde - ohne nähere Konkretisierung - vor, dass auch sein zweiter Asylantrag rechtskräftig "abgewiesen" worden sei, gesteht aber ausdrücklich zu, dass die Erstbehörde "die Daten der Asylanträge bzw. der Entscheidungen richtig wiedergegeben" und die belangte Behörde dies "wiederholt" habe. Nach den somit insoweit unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde der zweite Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Da ein wegen entschiedener Sache zurückzuweisender Asylantrag keine Grundlage für eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG darstellt, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer seit rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens, also seit 7. November 2000, unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass seiner Beschwerde gegen den im zweiten Asylverfahren ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom Verwaltungsgerichtshof am 22. Jänner 2003 aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, ist schon deshalb nicht zielführend, weil der angefochtene Bescheid nach dem Beschwerdevorbringen bereits am 20. Jänner 2003 (Zustellung an den Beschwerdevertreter) erlassen worden ist und daher die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung von der belangten Behörde aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte.

Gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, bestehen keine Bedenken.

2. Bei der für den Fall des Vorliegens eines relevanten Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers vorgenommenen Beurteilung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers den Aufenthalt seit 5. Juni 2000, also seit zwei Jahren und sieben Monaten, sowie die - wenn auch unrechtmäßige - Berufstätigkeit berücksichtigt. Da während eines Aufenthalts in der Dauer von mehr als zwei Jahren üblicherweise soziale Kontakte geknüpft werden, macht der Beschwerdeführer mit dem in keiner Weise konkretisierten Hinweis auf die "Vielzahl seiner sozialen Kontakte" keinen von der belangten Behörde nicht berücksichtigten Umstand geltend. Da er zur Intensität seines Privatlebens sonst nichts vorbringt, macht er mit dem Hinweis darauf, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zu seiner "sozialen Verfestigung" getroffen habe, keinen relevanten Verfahrensmangel geltend.

Den auf Grund der noch nicht langen Dauer des inländischen Aufenthalts und des Fehlens familiärer Bindungen im Inland keineswegs stark ausgeprägten persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet steht die vom weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers ausgehende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber. Da sein Aufenthalt seit 7. November 2000, also seit zwei Jahren und zwei Monaten und damit zum weitaus überwiegenden Teil nicht berechtigt ist, geht vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens aus. Überdies gefährdet der Beschwerdeführer das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der "Schwarzarbeit", bleibt doch die Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschäftigung des Beschwerdeführers als Zeitungskolporteur sowohl aus ausländerbeschäftigungsrechtlicher Sicht als auch - mangels eines eine Beschäftigung zulassenden Aufenthaltstitels - aus fremdenrechtlicher Sicht unberechtigt sei, unbekämpft. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und des Arbeitsmarktes) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, keinen Bedenken.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass er in seiner Heimat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei, ist ihm - abgesehen davon, dass seine Asylanträge nicht zum Ziel geführt haben - zu entgegnen, dass mit einer Ausweisung nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0247). Überdies sind Fremde während der Anhängigkeit eines Asylverfahrens gemäß § 21 Abs. 2 AsylG vor einer Abschiebung geschützt.

3. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid entgegen der Beschwerde ausreichend - und aus den dargestellten Gründen zutreffend - begründet.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 10. April 2003

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180055.X00

Im RIS seit

16.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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