TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/23 98/08/0284

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Veröffentlicht am 23.04.2003
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/08/0382

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerden des H in V, vertreten durch Dr. Peter Semlitsch und Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in 8570 Voitsberg, Conrad von Hötzendorf - Straße 15 (zur Zl. 98/08/0284) und durch Dr. Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in 8570 Voitsberg, Bahnhofstraße 9 (zur Zl. 98/08/0382), gegen die auf Grund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark

1. vom 25. Mai 1998, Zl. LGS600/RALV/1218/1998-Dr. Puy/Fe, betreffend Versagung des Arbeitslosengeldes (hg. Zl. 98/08/0284), und 2. vom 22. Juli 1998, Zl. LGS600/RALV/1218/1998-Dr. Puy/Fe, betreffend Versagung der Notstandshilfe (hg. Zl. 98/08/0382), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die zur Zl. 98/08/0284 eingebrachte Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Der zur Zl. 98/08/0382 angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

(Zur Zl. 98/08/0284). Der Beschwerdeführer bezog auf Grund seines Antrages vom 16. Oktober 1997 Arbeitslosengeld. In seinem Antrag gab er an, zuvor vom 31. Jänner 1983 bis zum 15. Oktober 1997 bei der Firma R. als Elektriker gearbeitet zu haben. Mit Schreiben vom 17. März 1998 lud die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Beschwerdeführer ein, sich um nachstehendes Stellenangebot zu bewerben:

"Elektroinstallateur/in, im Alter von 20 bis 45 Jahren, Beschäftigung ab sofort, Anforderungen: Lehrabschluß mit Praxis, Führerschein B erforderlich; befristetes Dienstverhältnis für ca. vier Monate, ein Weiterverbleib ist möglich, Arbeitszeit:

Vollzeitbeschäftigung im Ausmaß von 38,50 Stunden pro Woche, Entlohnung nach Vereinbarung, ..."

In der Niederschrift vom 24. März 1998 über die Nichtannahme einer zugewiesenen Beschäftigung gab der Beschwerdeführer zum Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses Folgendes an:

"Ich habe zu der betreffenden Stelle lediglich die Äusserung 'Entspricht nicht meinen Vorstellungen abgegeben'! Ich bin der Meinung das ein jeder Mensch das Recht hat, eine Arbeit auszunehmen die 'seinen Vorstellungen entspricht.' Unter Zwang kann niemals ein zufrieden stellendes Ergebnis für beide Seiten zu Stande kommen! Danke!"

Mit Bescheid vom 7. April 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, dass der Beschwerdeführer "den Anspruch auf Notstandshilfe" in der Zeit vom 24. März bis zum 4. Mai 1998 verloren habe, weil er die Arbeitsaufnahme verweigert habe.

In der dagegen erhobenen Berufung vom 25. April 1998 führte der Beschwerdeführer Folgendes aus:

"Ich habe wiederholt meinen Betrater Hr. V. sowie bei Abwesenheit seinen stellvertretenden Kollegen Hr. R. darauf hingewiesen das ich in den letzten 15 Jahren zwar in einer artverwanden Tätigkeit beschäftigt war, jedoch nicht als Elektroinstallateur!

Da es für diesen von mir erlernten Beruf strenge Sicherheitsvorschriften gibt, sah ich mich nicht in der Lage mich mit ruhigem Gewissen bei einem Elektroinstallationsunternehmen vorzustellen.

Bereits in der Berufsschule wurden wir Lehrlinge darauf hingewiesen das der von uns angestrebte Lehrberuf für uns, aber vor allem für andere Menschen bei Unkenntnis oder bei Nichtbeachtung der Sicherheitsvorschriften (TAEF usw.) über Gesundheit, ja sogar LEBEN entscheidend sein kann.

Im Unglücksfalle kann diese Unkenntnis oder Nichtbeachtung dieser strengen Sicherheitsvorschriften, bei der andere Menschen zu Schaden kommen können, sogar eine FREIHEITSSTRAFE nach sich ziehen.

Da ich nicht gewillt bin, auch nicht unter Druck oder Zwang meiner mir zugewiesenen Berater vom AMS, meine menschlichrechtliche Freiheit leichtfertig aufs Spiel zu setzen, mußte ich diese Vorgangsweise wählen um meinen begründeten Einspruch gegen den mir zugestellten Bescheid schriftlich geltend machen zu können.

Weil sich diese Sicherheitsvorschriften immer wieder ändern bezw. erweitern kann ich leider ohne entsprechende Schulung nicht über deren Kenntnisse verfügen!

Abgesehen von den Sicherheitsvorschriften besteht nach 15 jähriger monotoner Tätigkeit bei einem Hersteller für Holzbearbeitende Maschinen verständlicher Weise auch ein erhebliches Defizit welches die Kenntnisse der Elektroinstallation im Haus und Industriebereich betrifft!

Diese Feststellung 'Unbegründete Nichtannahme einer zugew. Beschäftigung' dürfte somit Haltlos sein.

Sollte jedoch eine Möglichkeit bestehen mir diese unbeabsichtigten aber begründeten fachlichen Defizite der Sicherheitsvorschriften und die fehlenden Kenntnisse im Bereich der Elektroinstallation für Haus und Industrie zur Kenntnis zu bringen, würde mich das sehr freuen und ich könnte mich wieder ruhigen Gewissens bei der nächsten mir zugewiesenen Stelle bewerben!"

Mit dem zur hg. Zl. 98/08/0284 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe im Beruf "Elektroinstallateur" die Lehrabschlussprüfung und sei bei seinem letzten Dienstgeber als Elektriker beschäftigt gewesen. Wenngleich anzuerkennen sei, dass sich der Beschwerdeführer über die Sicherheit Gedanken mache, so hätte er sich doch bei dem vorgesehenen Dienstgeber vorstellen können, um festzustellen, welche Art von Tätigkeiten durchzuführen gewesen wäre. Es wäre Sache des Dienstgebers gewesen, zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer für die Stelle geeignet sei oder - wenn nötig - im Betrieb nachgeschult werden müsse. Der Beschwerdeführer habe sich ohne akzeptierbaren Grund geweigert, die zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Nachsichtsgründe lägen nicht vor. Die erstinstanzliche Behörde habe daher das Arbeitslosengeld (im erstinstanzlichen Bescheid irrtümlich als Notstandshilfe bezeichnet) zutreffend versagt.

(Zur Zl. 98/08/0382). Auf Grund seines Antrages vom 14. Mai 1998 bezog der Beschwerdeführer Notstandshilfe. Mit Schreiben vom 12. Mai 1998 lud ihn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ein, sich bei den Firmen R.A., R.M. und L. als Metallarbeiter, Hilfsarbeiter bzw. Lagerarbeiter vorzustellen. Nach Aufnahme einer Niederschrift vom 19. Mai 1998 über die Nichtannahme einer zugewiesenen Beschäftigung, bei der der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgegeben hatte, erstattete die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice an den Leistungsausschuss folgenden Bericht:

"Seitens der Beratung wird eine Sanktion gem. § 10 AlVG vorgeschlagen, da sich (der Beschwerdeführer) nicht bei folgenden Firmen vorgestellt hat ... (Der Beschwerdeführer) hätte seine Bewerbungsergebnisse bis 19.5.98 vorlegen sollen, verweigerte dies mit der Begründung, daß diese Tätigkeiten (Hilfsarbeiter, Lagerarbeiter, Metallarbeiter) nicht seiner Ausbildung entsprechen. (Der Beschwerdeführer) wurde im Laufe der Beratung am 5.5.1998 bzgl. § 9 informiert (Wegfall des Berufsschutzes bei NH Bezug). (Der Beschwerdeführer) weigert sich eine schriftliche Stellungnahme bzgl. § 10 Sanktion abzugeben. Ebenso verweigert (der Beschwerdeführer) die Unterschrift. Als Zeuge der Amtshandlung war Hr. R. anwesend."

Mit Bescheid vom 16. Juni 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Voitsberg aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe in der Zeit vom 19. Mai bis zum 13. Juli 1998 verloren habe. Er habe die Arbeitsaufnahme bei den Firmen R.A., R.M. und L. dadurch vereitelt, dass er sich nicht vorgestellt habe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 23. Juni 1998 brachte der Beschwerdeführer vor:

"Die mir zugewiesenen Stellen waren meines Erachtens nicht zumutbar, da ich gelernter ELEKTROINSTALLATEUR Bin.

Es war eine Stelle als METALLPOLIERER, eine als LAGERARBEITER und eine als HILFSARBEITER, weshalb ich mit meinem Berater Hr. V. darüber sprechen wollte.

Als Antwort bekam ich nur zu hören das ich mich nicht bei genannten Firmen vorgestellt hätte und deshalb sei eine §10 Sanktion zu setzen, obwohl ich mich am VORTAG bei der Grazer Elektrofirma I. telefonisch beworben habe.

Ausserdem hätte ich mich bei noch einer Grazer Elektrofirma bis 25.5.1998 bewerben sollen, was aber nicht mehr zur Sprache kam.

...

Da ich nun berechtigte Zweifel habe was diese 'Aufhebung des Berufsschutzes' anbelangt, hätte ich gerne diesbezüglich eine Stellungnahme der Berufungsbehörde ..."

Mit dem zur hg. Zl. 98/08/0382 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde auch dieser Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Der Beschwerdeführer sei von seinem Betreuer im Laufe einer Beratung am 5. Mai 1998 über die Bestimmungen des § 9 AlVG informiert worden. Die zugewiesenen Beschäftigungen hätten dem Beschwerdeführer eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht erschwert, weil nach einer Tätigkeit als Metallarbeiter, Lagerarbeiter usw. durchaus wieder eine Beschäftigung als Elektroinstallateur möglich sei. Anders wäre dies beispielsweise bei einem Pianisten, der seinen Beruf nach einer Tätigkeit als Maurer nicht ausüben könnte. "Abgesehen davon war es auch - auf Grund Ihrer eigenen bei der vorigen Ausschlussfrist getätigten Angaben - fraglich, ob Sie in absehbarer Zeit in Ihrem Beruf eine Beschäftigung finden würden."

Gegen diese Bescheide richten sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden mit den Anträgen, die angefochtenen Bescheide kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges wegen miteinander verbunden und darüber erwogen:

1. (Zur hg. Zl. 98/08/0284). Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (u.a.) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Eine solche Beschäftigung ist gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert.

Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt dieser Zeitraum acht Wochen.

Diese Bestimmungen sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn schon das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, Slg. Nr. 13.286/A, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern.

Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen somit auf zwei Wegen verschuldet (d.h. dessen Zustandekommen vereitelt) werden:

Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines, Nichtantritt der Arbeit, etc.), oder aber dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht.

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 4. Juli 1995, Zl. 95/08/0099). Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg. Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050).

§§ 9 und 10 AlVG sind gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe "sämtliche mit dem Beruf eines Elektroinstallateurs verbundenen Tätigkeiten" seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten nicht mehr durchgeführt. Er habe bereits bei der Stellung seines Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld darauf hingewiesen, dass er zwar den Beruf eines Elektroinstallateurs erlernt habe, jedoch nicht mehr über das notwendige Fachwissen verfüge. Ohne weitere Schulung sei ihm nun eine Stelle als Elektroinstallateur angeboten worden. Er sei "folglich davon ausgegangen, daß es sich um einen Irrtum handeln müßte". Die Ausübung des Berufs als Elektroinstallateur sei für den Beschwerdeführer unzumutbar. Er sei zu keinem Zeitpunkt darüber aufgeklärt worden, dass er jedenfalls die angebotene Stelle aufsuchen müsse.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an einen Arbeitslosen ist, dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden, wobei eine Verpflichtung des Arbeitslosen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- bzw. umschulen zu lassen, nur unter der Voraussetzung besteht, dass er mit seinen bisherigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/08/0414). Der Beschwerdeführer hat den Beruf eines Elektroinstallateurs gelernt und war in den letzten 15 Jahren als Elektriker in einem Betrieb für holzbearbeitende Maschinen tätig.

Die belangte Behörde kann bei einem Arbeitslosen, der einen bestimmten Beruf erlernt hat, grundsätzlich davon ausgehen, dass dieser die Anforderungen, die mit der Ausübung von (Teil)tätigkeiten dieses Berufes verbunden sind, erfüllen kann. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, darzulegen, aus welchen besonderen Gründen er dem Anforderungsprofil der oben beschriebenen, ihm zugewiesenen Beschäftigung als Elektroinstallateur nicht habe entsprechen können. Dazu hätte es einer substanziierten Darlegung bedurft, welche konkreten Tätigkeiten im Rahmen der zugewiesenen Beschäftigung der Beschwerdeführer aus welchen Gründen mangels ausreichender bzw. nur mit einem unzumutbaren Aufwand zu erwerbender Kenntnisse nicht mehr verrichten könnte. Der Beschwerdeführer ist dieser Darlegungspflicht nicht nachgekommen und hat sich sogar noch in seiner Berufung auf ganz allgemein gehaltene Einwände beschränkt, die sich auf nicht näher bezeichnete "Sicherheitsvorschriften" beziehen, hinsichtlich derer der Beschwerdeführer meint, geschult werden zu müssen. Soweit er damit die Möglichkeit eines fachlichen Defizits aufzeigen wollte, ist ihm mit der belangten Behörde zu entgegnen, dass er sich diesfalls im Zuge des Vorstellungsgespräches, welches er aber von vornherein unterlassen hat, hätte informieren lassen können. Mit der bloßen Behauptung, dem Anforderungsprofil einer zugewiesenen Tätigkeit möglicherweise nicht entsprechen zu können, wird die Unzumutbarkeit einer Zuweisung nicht aufgezeigt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Zuweisung der gegenständlichen Beschäftigung - gemessen an den bekannt gegebenen Anforderungen des einstellungswilligen Arbeitgebers - von vornherein nicht geeignet gewesen wäre, die Arbeitslosigkeit zu beenden, sodass das dem Beschwerdeführer zugemutete zielgerichtete Verhalten, sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben, leer laufen müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0252).

Da der Beschwerdeführer ein auf die Erlangung des genannten Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet hat, trifft ihn das Verschulden am Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses. Der Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen wurde gemäß § 10 Abs. 1 AlVG zu Recht ausgesprochen. Die Beschwerde gegen den zur hg. Zl. 98/08/0284 angefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2. (Zur hg. Zl. 98/08/0382). Hier bringt der Beschwerdeführer vor, dass er die Elektroinstallationslehre beendet habe und in der Folge in einem Betrieb nach einschlägigen Vorgaben mit dem Anschluss von Elektromotoren beschäftigt gewesen sei. Das Arbeitsmarktservice habe im Laufe der Beratung gemeint, "dass ein Elektriker ein Elektriker sei und dass er auch andere Arbeiten als Metallarbeiter oder Lagerarbeiter und Maurer oder andere Arbeiten aufnehmen könne." Er habe erklärt, "dass er jegliche Arbeit aufnehme, die seiner bisherigen entspricht." Er sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass er sich bei den einzelnen Firmen vorstellen müsse und dann der Firmeninhaber zu entscheiden habe, ob er aufgenommen werde oder nicht bzw. ob der Firmeninhaber seine Kenntnisse als ausreichend betrachte. Eine Prüfung, ob die angebotenen Stellen "im Sinne Verantwortung und Tätigkeitsbereich" zumutbar seien, habe das Arbeitsmarktservice nicht durchgeführt.

Dieses Vorbringen (in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung) führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg. Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung -

wie bereits oben erwähnt - unter anderem dann zumutbar, wenn sie dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Diese Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, dass der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet (§ 9 Abs. 2 zweiter Satz AlVG).

Dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld - wie im vorliegenden Fall - erschöpft ist, reicht jedoch zur Ausschaltung des Gesichtspunktes einer wesentlichen Erschwerung der künftigen Verwendung des Beschwerdeführers in seinem Beruf (als Elektroinstallateur) nur aus, wenn keine Aussicht besteht, dass er in absehbarer Zeit - worunter ein Zeitraum zu verstehen ist, über den eine einigermaßen konkrete Prognose möglich ist - in seinem Beruf eine Beschäftigung findet (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 98/08/0410).

Die Begründung des angefochtenen Bescheides trägt dieser Rechtslage nicht Rechnung, weil die Gefahr längerer Arbeitslosigkeit mangels Vermittlungschancen des Beschwerdeführers in seinem Beruf (aber auch in sonstigen, die künftige Verwendung in diesem Beruf nicht wesentlich erschwerenden Berufen) von der belangten Behörde nicht festgestellt wurde. Die belangte Behörde hätte daher nachvollziehbar feststellen und begründen müssen, weshalb sie zur Auffassung gelangt ist, dass nur geringe Chancen bestehen, den Beschwerdeführer im eigenen Beruf vermitteln zu können.

Sollte sich herausstellen, dass der arbeitsversicherungsrechtliche Berufsschutz des notstandshilfebeziehenden Beschwerdeführers wegen bestehender Vermittlungschancen noch aufrecht ist, so wäre von der allgemeinen Erfahrungstatsache auszugehen, dass Hilfsarbeiter nicht ohne Weiteres in der Folge eine Anstellung als Facharbeiter angeboten erhalten (vgl. wiederum das bereits mehrfach zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 98/08/0410). Die dem Beschwerdeführer zugewiesenen Beschäftigungen als Metallarbeiter, Hilfsarbeiter bzw. Lagerarbeiter würden eine künftige Verwendung in seinem Beruf als Elektroinstallateur daher - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - wesentlich erschweren, sodass die Zuweisungen untauglich gewesen wären. Die zweifellos vorliegende Weigerung des Beschwerdeführers, sich um die genannten Beschäftigungen zu bewerben, böte dann keine ausreichende Basis für den von der belangten Behörde ausgesprochenen Verlust der Notstandshilfe.

Die belangte Behörde hat sich mit der Frage der Vermittlungsaussichten des Beschwerdeführers nicht auseinander gesetzt. Der zur hg. Zl. 98/08/0382 angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1998080284.X00

Im RIS seit

28.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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