TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/30 2001/03/0214

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Veröffentlicht am 30.04.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

GütbefG 1995 §17 Abs3 Z10 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §17 Abs3 Z11 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des U in Wolfurt, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann und Dr. Günther Tarabochia, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Scheffelstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 7. Mai 2001, Zl. 1-0276/01/E4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Güterbeförderungsunternehmer am 28. Oktober 2000 um 08.45 Uhr auf der L1 in Lochau, Fahrtrichtung Bregenz, Höhe Gemeindeamt, ein nach den Kennzeichen bestimmtes Sattelkraftfahrzeug zur gewerbsmäßigen Güterbeförderung verwendet, "wobei bei zwei mitgeführten Frachtbriefen, nämlich a) beim Frachtbrief mit dem Datum 27.10.2000, auf welchem folgende Waren aufschienen: 1 EUR Sortimentskoffer, 1 EWP Beschläge, 23 PKT Metallwaren, 2 LVP Metallwaren und 1 EUR Metallwaren, und b) beim Frachtbrief mit dem Datum 27.10.2000, auf welchem als Bezeichnung des Gutes angeführt ist: 2 KST Glas, jeweils der Name und die Anschrift des Frachtführers sowie das behördliche Kennzeichen fehlten". Diese Frachtbriefe seien deshalb mitzuführen gewesen, weil es sich um eine Güterbeförderung gehandelt habe, welche mehr als 50 km betragen bzw. über die Grenze geführt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs. 1 Z. 6 iVm § 17 Abs. 3 Z. 10 und 11 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 übertreten. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden) verhängt.

In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung folgender Sachverhalt feststehe: Der Beschwerdeführer betreibe als Einzelunternehmer in Wolfurt ein Güterbeförderungsunternehmen mit 40 Sattelkraftfahrzeugen. Das in Rede stehende Sattelkraftfahrzeug sei am 28. Oktober 2000 zur genannten Tatzeit am genannten Tatort einer Kontrolle unterzogen worden. Dabei habe festgestellt werden können, dass bei den Frachtbriefen jeweils der Frachtführer und das amtliche Kennzeichen des Sattelkraftfahrzeuges nicht angeführt gewesen seien. Lenker dieses Kraftfahrzeuges sei ein Bediensteter des Beschwerdeführers gewesen. Bei den Frachtbriefen habe es sich um Waren gehandelt, die von einer Spedition in Hallein zu Firmen in Invil und in Vikon "(beide Schweiz)" zu transportieren gewesen seien.

2. Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 17/1998, lauten wie folgt:

"§ 17. (1) Die Güterbeförderungsunternehmer haben bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

.....

(3) Der Frachtbrief hat folgende Angaben zu enthalten:

.....

10.

den Namen und die Anschrift des Frachtführers;

11.

das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger;

.....

(4) Hinsichtlich der im Abs. 3 angeführten Eintragungen in den Frachtbrief sind verantwortlich

.....

3. der Frachtführer für die Z 10 bis 17,

.....

Strafbestimmungen

§ 23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu ahnden ist, wer

1. die Anzahl der Kraftfahrzeuge ohne Genehmigung gemäß § 3 Abs. 2 vermehrt;

2.

§ 6 zuwiderhandelt;

3.

Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;

4.

§ 11 zuwiderhandelt;

5.

die gemäß § 12 festgelegten Tarife nicht einhält;

6.

andere als die in Z 1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;

..... .

(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 5 und 6 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 hat die Geldstrafe mindestens 5 000 S zu betragen. ....."

2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass bei der in Rede stehenden Kontrolle in den beiden genannten Frachtbriefen die erwähnten Angaben im Sinn des § 17 Abs. 3 Z. 10 und 11 gefehlt haben. Er stellt auch nicht in Abrede, dass die in Rede stehende gewerbsmäßige Güterbeförderung für ihn als Güterbeförderungsunternehmer erfolgte. Der Beschwerdeführer wendet sich indes dagegen, "Frachtführer" im Sinn des § 17 Abs. 4 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 gewesen zu sein. § 17 Abs. 1 leg. cit. spreche ausdrücklich vom Güterbeförderungsunternehmer, § 17 Abs. 4 leg. cit. aber vom "Frachtführer", was den Schluss ermögliche, dass "der tatsächlich angestellte Lenker" unter dem Begriff Frachtführer subsumiert werden könne.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Gemäß § 17 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 hat der Güterbeforderungsunternehmer bei den dort genannten Güterbeforderungen einen Frachtbrief mitzuführen. Nach § 17 Abs. 3 leg. cit. hat der Frachtbrief die dort genannten Angaben zu enthalten. Der Güterbeforderungsunternehmer wird daher seiner Verpflichtung gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. nur dann gerecht, wenn der Frachtbrief die in § 17 Abs. 3 genannten Angaben vollständig aufweist. Gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. haftet der Güterbeforderungsunternehmer somit für die Vollständigkeit des Frachtbriefes, während gemäß § 17 Abs. 4 Z. 3 leg. cit. für die inhaltliche Richtigkeit der in § 17 Abs. 3 Z. 10 und 11 leg. cit. angeführten Angaben im Frachtbrief der Frachtführer verantwortlich ist. Vor diesem Hintergrund fällt der unstrittige Umstand, dass vorliegend im Frachtbrief Angaben im Sinne des § 17 Abs. 3 Z. 10 und 11 überhaupt fehlten, in die Verantwortung des Güterbeforderungsunternehmens.

2.3. Mit seinem Hinweis auf § 9 Abs. 1 und Abs. 3 VStG ist im Beschwerdefall schon deswegen nichts gewonnen, weil sich aus der Beschwerde nicht ergibt, dass der Beschwerdeführer als "Einzelunternehmer und gewerblicher Geschäftsführer" seines Unternehmens eine für den Beschwerdefall einschlägige Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinn des § 9 Abs. 3 VStG für einen bestimmten räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich des Unternehmens bestellt hätte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer seine Mitarbeiter, insbesondere seine Lkw-Lenker "nahezu wöchentlich anweise, vor Antritt der Fahrt sämtliche Pflichten und Besonderheiten der Beförderung genau einzuhalten, sämtliche Papiere vorschriftsgemäß und entsprechend ausgefüllt bereitzuhalten etc." kann als derartige Bestellung nicht gedeutet werden.

2.4. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens geht der zuletzt angeführte Hinweis des Beschwerdeführers fehl. Da es sich bei der ihn angelasteten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hätte der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Entgegen seiner Auffassung, dass die "Ausgestaltung eines eigens

eingerichteten Kontrollsystems ... jedenfalls eine Überpitzung

(seiner) .... Aufsichtspflichten" sei, hätte es dem Beschwerdeführer oblegen, ein zur Umsetzung seiner gegenüber seinen Hilfsorganen bestehenden Kontrollpflicht ein wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann. Damit ein solches Kontrollsystem den Beschwerdeführer von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung befreien könnte, hätte der Beschwerdeführer konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft und auf welche Weise und von wem Kontrollen der Angewiesenen vorgenommen wurden. Die ins Treffen geführte bloße Anweisung, die einschlägigen Vorschriften einzuhalten, reicht hiefür jedenfalls nicht aus (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zlen. 91/03/0035, 0036). Da der Beschwerdeführer schon die Einrichtung eines solchen Kontrollsystems unterließ, vermag es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrat, dass dem Beschwerdeführer die Glaubhaftmachung seines mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist, weshalb er die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten hat.

2.5. Der Beschwerdeführer vertritt auch die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 20 VStG in seinem Fall gegeben seien, weil die Behörde bei Gegenüberstellung der Erschwerungs- und Milderungsgründe hätte erkennen müssen, dass die Tat in einem Umstand begangen worden sei, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtsfertigungsgrund nahe käme, zumal es für die Anwendung des § 20 VStG nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes ankomme. Er führe zudem einen "ordentlichen Lebenswandel", was die Behörde in entsprechender Anwendung des § 34 Z. 2 StGB als besonderen Milderungsgrund hätte berücksichtigen müssen. Entgegen der Beschwerde kann aber vorliegend - wie sich aus den Ausführungen unter Punkt 2.4. ergibt - keine Rede davon sein, dass ihm der Milderungsgrund eines einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommenden Umstandes zugute kommen müsste. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Milderungsgrund im Sinn des § 34 Z. 2 StGB kann die von der Behörde (ohnehin in der Höhe der untersten Grenze des (bis 100.000 S reichenden) Strafrahmens) festgesetzte Strafe nicht als rechtswidrig erscheinen lassen, bedeutet doch dieser Milderungsgrund, der als einziger von der Beschwerde geltend gemacht wird, nicht, dass auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 20 VStG zu sprechen wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0046).

2.6. Sein Hinweis, die belangte Behörde wäre dazu angehalten gewesen, den Sachverhalt mit Blick auf die Verschuldensfrage "durch ergänzende Beweisergebnisse zu verbreitern, insbesondere auf Erschwerungs- und Milderungsgründe einzugehen", kann die Beschwerde nicht zum Erfolg führen, hat es der Beschwerdeführer doch unterlassen, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG darzutun, zumal sich aus der Beschwerde nicht ergibt, welche weiteren Erschwerungs- und Milderungsgründe bzw. welche für die Beurteilung der Verschuldensfrage sonstigen Umstände zu ermitteln bzw. festzustellen gewesen wäre. Das vorliegende Beschwerdevorbringen ist vielmehr als auf einen Erkundungsbeweis gerichtet zu qualifizieren, zu dessen Aufnahme die belangte Behörde nicht verpflichtet war.

2.7. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie von § 21 VStG nicht Gebrauch gemacht hat. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtwidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schulform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- oder Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall jedoch nicht gegeben, hätte der Beschwerdeführer doch - wie schon erwähnt - zur Einhaltung der ihn treffenden Verpflichtungen ein wirksames Kontrollsystem der in Rede stehenden Art einzurichten gehabt.

2.8. Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2.9. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. April 2003

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001030214.X00

Im RIS seit

12.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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