TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/5 2003/10/0012

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Veröffentlicht am 05.05.2003
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Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §422;
AVG §56;
AVG §8;
NatSchG NÖ 2000 §1 Abs1 Z3;
NatSchG NÖ 2000 §12;
NatSchG NÖ 2000 §13 Abs1 Z1;
NatSchG NÖ 2000 §13 Abs1 Z2;
NatSchG NÖ 2000 §27;
NatSchG NÖ 2000 §31 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §5 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der DH in P, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13. September 2002, Zl. RU5-B-252/000, betreffend Feststellung nach dem NÖ NSchG 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 25. April 2002 begehrte die Beschwerdeführerin von der Bezirkshauptmannschaft Mödling die bescheidmäßige Feststellung, dass die Errichtung eines Skateboardplatzes im B-Park in P. einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfe. In einem mit der belangten Behörde geführten Schriftwechsel hatte die Beschwerdeführerin zuvor unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als "Nutzer des Parks und betroffener Nachbar" geltend gemacht, der beim Betrieb der Anlage durch "Rumpeln und Rattern der Skateboards und lautstarke Beschallung mit Hip-Hop-Musik" voraussichtlich entstehende Lärm werde den Erholungswert des in einem Landschaftsschutzgebiet und Naturpark gelegenen Parks dauernd und maßgeblich beeinträchtigen.

Mit Bescheid vom 6. August 2002 stellte die BH fest, dass die Errichtung eines Skateboardplatzes auf dem Grundstück Nr. 2.271/5 KG P. keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfe. Begründend wurde die Auffassung vertreten, das für die Errichtung der Anlage in Aussicht genommene Grundstück liege innerhalb des Ortsbereichs. Nach § 7 Abs. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes sei daher eine Bewilligung des Vorhabens nicht erforderlich.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie brachte insbesondere vor, dass durch den Betrieb der Skateboardanlage der Erholungszweck des Naturparks und Landschaftsschutzgebietes "für die Beschwerdeführerin vollkommen vereitelt" werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung unter gleichzeitiger Neufassung des Spruches dahin, dass der Antrag "mangels Parteistellung zurückgewiesen" werde, nicht Folge. Begründend wurde die Auffassung vertreten, die Beschwerdeführerin habe kein Recht auf die begehrte Feststellung, weil das NÖ NSchG 2000 die Erlassung von Feststellungsbescheiden nicht vorsehe und (überdies) der Beschwerdeführerin in einem Verfahren über eine Bewilligung nach dem NÖ NSchG 2000 keine Parteistellung zukäme. Das Gesetz räume nur den Gemeinden und der NÖ Landesumweltanwaltschaft Parteistellung ein.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit seinem Beschluss vom 11. Dezember 2002, B 1.721/02, ab und trat die Beschwerde zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof ab. In der Begründung des Ablehnungsbeschlusses wurde auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Frage der Parteistellung in naturschutzrechtlichen Verfahren (VfSlg. 9.326/1982, 10.342/1985) hingewiesen.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht - sinngemäß - geltend, als Partei eines über das Verfahren auf Errichtung eines Skateboardplatzes in P. zu führenden Verfahrens auf Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung käme ihr das Recht auf bescheidmäßige Feststellung zu, dass das Vorhaben einer Bewilligung nach dem NÖ NSchG 2000 bedürfe.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Dabei kann auf sich beruhen, ob in einer Konstellation wie der vorliegenden im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein - wie hier im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehener - Feststellungsbescheid (insbesondere unter dem Gesichtspunkt eines der Feststellung zugänglichen Rechts oder Rechtsverhältnisses) zulässig ist (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 56 AVG, E 211 ff referierte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall könnte ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin als Grundlage der Zulässigkeit eines über die Frage der Bewilligungsbedürftigkeit eines Vorhabens ergehenden Feststellungsbescheides - unbeschadet der Frage der Auswirkungen einer solchen ("positiven") Feststellung auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin - nur dann bejaht werden, wenn das Gesetz der Beschwerdeführerin ein subjektiv-öffentliches Recht auf Abwehr von Eingriffen in naturschutzgesetzlich geschützte Güter einräumte; dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Beschwerdeführerin hat sich im Verwaltungsverfahren - ihren Angaben im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren zufolge - zur Begründung ihres rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung auf ihre Eigenschaft als "Nutzer des Parks und betroffener Nachbar" berufen. In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, dass mehrere Vorschriften des NÖ NSchG 2000 "insbesondere auch für Anrainer bzw. Nachbarn ein subjektivöffentliches Recht und damit auch deren Parteistellung begründeten". Insbesondere wird darauf verwiesen, dass im § 1 Abs. 1 Z. 3 NÖ NSchG 2000 von der Zielsetzung des Naturschutzes die Rede sei, die der Gesundheit des Menschen und seiner Erholung dienende Umwelt als bestmögliche Lebensgrundlage zu erhalten. Nach § 5 Abs. 1 sei jedermann verpflichtet, die Natur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu schützen und nur soweit in Anspruch zu nehmen, dass ihr Wert auch für künftige Generationen erhalten bleibt. Nach § 8 Abs. 1 würden nur jene Gebiete zu Landschaftsschutzgebieten erklärt, die im besonderen Maße der Erholung der Bevölkerung dienten. Nach § 13 Abs. 1 Z. 1 und 2 werde ein Gebiet nur dann zum Naturpark erklärt, wenn sich das Gebiet für die Erholung und für eine Begegnung des Menschen mit dem geschützten Naturgut besonders eigne.

Die Beschwerde verkennt, dass die zitierten Vorschriften in eindeutiger Weise allein den Schutz öffentlicher Interessen zum Gegenstand haben. Es liegt weder ein Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber bei einer der zitierten Vorschriften den Schutz von Nachbarn vor Auswirkungen naturschutzrechtlich bewilligungsbedürftiger Vorhaben im Auge gehabt hätte, noch, dass er Nachbarn (oder, wie die Beschwerde möglicherweise meint, "jedermann") zur Geltendmachung des öffentlichen Interesses am Naturschutz ermächtigen wollte. In naturschutzbehördlichen Verfahren nach dem NÖ NSchG 2000 kommt - abgesehen von den im § 27 leg. cit. genannten Formalparteien - niemandem eine auf die Wahrung von Naturschutzinteressen bezogene Parteistellung zu.

Soweit sich die Beschwerde im vorliegenden Zusammenhang auch auf § 31 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 bezieht, wonach Anträge nach diesem Gesetz schriftlich einzubringen sind (woraus nach der Auffassung der Beschwerde folge, dass "der Einzelne das Recht hat, Anträge zu stellen"), verkennt sie, dass diese Formvorschrift eine Antragslegitimation (im Allgemeinen jene des Projektwerbers) voraussetzt; es kann keine Rede davon sein, dass durch das Schriftlichkeitsgebot (materielle) subjektiv-öffentliche Rechte begründet würden, die die Parteistellung in Verfahren nach dem NÖ NSchG 2000 vermitteln.

Auch auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1999, Zl. 98/10/0419, und vom 27. August 2002, Zl. 2002/10/0113, beruft sich die Beschwerde im vorliegenden Zusammenhang zu Unrecht. Der Beschluss vom 26. April 1999 bezieht sich u.a. auf § 53 Abs. 1 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986, wonach Anrainern in Verfahren nach § 4 lit. b, 5 Abs. 1 lit. a, c und f die Stellung von Parteien im Sinne des § 8 AVG zukommt. Eine entsprechende Vorschrift enthält das NÖ NSchG 2000 nicht. Im Erkenntnis vom 27. August 2002 wurde die Parteistellung des Grundeigentümers im Verfahren über die Erklärung von Bäumen, deren Kronen- und Wurzelbereich zum betreffenden Grundstück gehört, zum Naturdenkmal gemäß § 12 NÖ NSchG 2000 im Hinblick auf den Eingriff in die Rechtssphäre des Grundeigentümers bejaht, der im Verbot liegt, von seinen Rechten nach § 422 ABGB Gebrauch zu machen. Auch daraus kann keineswegs abgeleitet werden, dass Nachbarn eine auf die Geltendmachung der Interessen des Naturschutzes bezogene Parteistellung in naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren zukäme.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. Mai 2003

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete DiversesAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003100012.X00

Im RIS seit

20.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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