TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/17 2003/21/0080

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Veröffentlicht am 17.06.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §37;
MRK Art8 Abs2;
VwGG §12 Abs1 Z2;
VwGG §35 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des C in Graz, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 9. April 2003, Zl. Fr 454/2002, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. April 2003 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, gemäß §§ 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge am 3. April 1998 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Sein Asylantrag sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Juni 2001 abgewiesen worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 12. März 2002 die Behandlung der gegen diesen negativen Berufungsbescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt. Der Beschwerdeführer halte sich "seither" unberechtigt im Bundesgebiet auf, weil er über keinerlei Bewilligung nach dem Asyl- oder Fremdengesetz verfüge. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften sei ein gravierender Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung. Der unrechtmäßige Aufenthalt des Fremden stelle eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen von solchem Gewicht dar, dass die Ausweisung trotz des damit einhergehenden Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers dringend geboten sei. Der Beschwerdeführer sei in Österreich nämlich weder wirtschaftlich noch sozial integriert und habe hier auch keine Verwandten. Seine Familie lebe in Nigeria. Bei der vom Beschwerdeführer ausgeübten Beschäftigung als Zeitungskolporteur handle es sich um eine "nicht besonders qualifizierte Tätigkeit", die auch in einem anderen Land ausgeübt werden könne. Zum Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer sei mit einer österreichischen Staatsangehörigen "eng befreundet" und es könne eine Eheschließung "nicht ausgeschlossen" werden, entgegnete die belangte Behörde, eine "bloße Heiratsabsicht" führe nicht zur Unzulässigkeit der Ausweisung, handle es sich doch um ein "ungewisses künftiges Ereignis". Das private Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich wiege nicht so schwer wie die dagegen stehenden öffentlichen Interessen an der Erlassung einer Ausweisung. Weiters begründete die belangte Behörde noch näher, warum die Ermessensübung nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Beschwerde tritt der Ansicht der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhalte und der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, nicht entgegen. Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, insbesondere im Hinblick auf den rechtskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens, der in der Beschwerde unbestritten bleibt, hegt auch der Verwaltungsgerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt im Vorwurf, die belangte Behörde habe die Beurteilung nach § 37 FrG unrichtig vorgenommen. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist eine Ausweisung, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde in diesem Zusammenhang, die belangte Behörde hätte von Amts wegen "entsprechende" Ermittlungen in die Wege zu leiten gehabt, "inwieweit" die Ausweisung in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreife. Hätte die belangte Behörde die in der Berufung beantragte Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt, wäre sie "zum Schluss gekommen", dass der Beschwerdeführer bei einer namentlich genannten Zeitung einer geregelten Beschäftigung nachgehe und ein "jährliches Reineinkommen" von EUR 21.000,-- beziehe, wovon EUR 10.000,-- an Kosten für Mitarbeiter abzuziehen seien. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei somit jedenfalls finanziell abgesichert. Der Beschwerdeführer hätte auch darlegen können, dass er an der Technischen Universität Graz zu immatrikulieren beabsichtige. Unter weiterer Berücksichtigung seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet stelle die Ausweisung somit einen "vehementen" Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keinen relevanten Verfahrensfehler auf. Das Berufungsvorbringen zur Beschäftigung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde ohnehin zugrundegelegt. Abgesehen von den weiteren Behauptungen zu einer engen Freundschaft mit einer Österreicherin, welche die belangte Behörde auch als richtig unterstellte, enthielt die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Berufung sonst keine konkreten Tatsachenbehauptungen zur Begründung eines maßgeblichen - der Ausweisung allenfalls entgegenstehenden - privaten oder familiären Interesses. Angesichts dessen bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung zur Vernehmung des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren (in Form eines Erkundungsbeweises). Im Sinne der in der Beschwerde selbst angesprochenen Mitwirkungspflicht der Partei wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, im Berufungsverfahren derartige Tatsachen konkret geltend zu machen. Das wiedergegebene, im Verwaltungsverfahren nicht erstattete Beschwerdevorbringen zum beabsichtigten Studium in Österreich, das im Übrigen für sich genommen nicht geeignet wäre, unter den gegebenen Umständen die Ausweisung als unzulässig erscheinen zu lassen, widerspricht daher dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes (§ 41 Abs. 1 VwGG) kann aber die unter dem Gesichtspunkt des § 37 Abs. 1 FrG vorgenommene Beurteilung nicht als rechtswidrig angesehen werden, wobei in diesem Zusammenhang anzumerken ist, dass - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - bei einer Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG keine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen ist. Auch wenn sich aus dem Aufenthalt seit der illegalen Einreise im April 1998 und aus einer gewissen beruflichen Integration - die im Verwaltungsverfahren behauptete "Heiratsabsicht" wird in der Beschwerde nicht mehr ins Treffen geführt (vgl. im Übrigen dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. November 2001, Zl. 2001/21/0154, und vom 5. September 2002, Zl. 2002/21/0101) - ein privates Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich ableiten lässt, durfte die belangte Behörde die Ausweisung des (seit Abschluss des Verfahrens über den letztlich unberechtigten Asylantrag) unrechtmäßig aufhältigen Beschwerdeführers zur Wahrung des im angefochtenen Bescheid zutreffend als hoch bewerteten öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen als dringend geboten ansehen. Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 1 FrG für erfüllt erachtete. Es ist aber auch kein besonderer Umstand erkennbar, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung Gebrauch zu machen. Im Übrigen enthält auch die Beschwerde keine Ausführungen, denen unter diesem Gesichtspunkt Bedeutung zukäme. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 2001/21/0149.)

Letztlich trifft der Beschwerdevorwurf, die Begründung des angefochtenen Bescheides stelle eine "Formalbegründung" dar, nicht zu; dem Bescheid lassen sich nämlich - wie schon aus der oben zusammengefassten Wiedergabe erkennbar ist - sowohl die Feststellungen der belangten Behörde als auch die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung in ausreichender Weise entnehmen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Wien, am 17. Juni 2003

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003210080.X00

Im RIS seit

01.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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