TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/24 2003/11/0141

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2003
beobachten
merken

Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §26 Abs1 Z3;
FSG 1997 §26 Abs8;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in E, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Jänner 2002, Zl. VerkR-394.407/1-2001-Si/Sei, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung einer begleitenden Maßnahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21. August 2001 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7, § 24, § 25 und § 26 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab der am 9. August 2001 erfolgten vorläufigen Abnahme des Führerscheines, entzogen. Weiters wurde ihm die Absolvierung einer besonderen Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker) aufgetragen. In der Begründung dieses Bescheides nahm die Behörde als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer am 9. August 2001 gegen 23.20 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Stelle der B 130 gelenkt habe, obwohl der Alkohol seiner Atemluft 0,62 mg/l betragen habe. Nach § 26 Abs. 1 Z. 3 FSG habe die Entziehungsdauer bei einer derartigen Alkoholisierung mindestens drei Monate zu betragen. Gemäß § 26 Abs. 8 FSG sei dem Beschwerdeführer die Absolvierung einer Nachschulung aufzutragen gewesen.

Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung, in der im Wesentlichen die Richtigkeit der Alkomatmessung bestritten wurde, gab die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Bescheid vom 24. Oktober 2001 keine Folge.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 31. Jänner 2002 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vom 24. Oktober 2001.

Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Jänner 2002 richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens vom Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Antrag vom 8. August 2002, Zl. A 2002/0037-1, § 26 Abs. 1 Z. 3 und § 26 Abs. 8 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (§ 26 Abs. 1 Z. 3 FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 2/1998, § 26 Abs. 8 in der Fassung der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998) als verfassungswidrig aufzuheben, und die dazu gestellten Eventualanträge wurden mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003, G 203/02 u.a., abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2003 regte der Beschwerdeführer die neuerliche Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof wegen gleichheitsrechtlicher Bedenken gegen § 26 Abs. 1 Z. 3 FSG an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2002) maßgebend:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt, die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 bis 7 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, oder

3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l, beträgt,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

...

(8) Bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z. 3 oder Abs. 2 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.

...

§ 99 StVO 1960 lautet in der Fassung der Novelle BGBl. I

Nr. 134/1999 (auszugsweise):

"§ 99. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 16 000 S bis 80 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 12 000 S bis 60 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 8 000 S bis 50 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

..."

Der Beschwerdeführer hat schon im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten, am 9. August 2001 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft 0,62 mg/l) gelenkt zu haben. Auch in der Beschwerde wird dazu nichts vorgebracht, sodass es nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, wenn die belangte Behörde in Anwendung des § 26 Abs. 1 Z. 3 FSG dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Dauer von drei Monaten entzogen hat.

Das Beschwerdevorbringen, das im Wesentlichen darauf abzielt, bei der Entziehung der Lenkberechtigung handle es sich um eine Strafsanktion, deckt sich im Wesentlichen mit den vom Verwaltungsgerichtshof in seinem erfolglos gebliebenen Anfechtungsbeschluss vom 8. August 2002, Zl. A 2002/0037-1, geäußerten (Eventual-)Bedenken.

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des aus Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleiteten Rechtes behauptet, ist er darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof insoweit zufolge Art. 133 Z. 1 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 B-VG nicht zuständig ist.

Im Schriftsatz vom 15. Mai 2003 regt der Beschwerdeführer die neuerliche Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof wegen gleichheitsrechtlicher Bedenken gegen § 26 Abs. 1 FSG an, insbesondere wegen des Fehlens jeglicher Wertung gemäß § 7 Abs. 5 leg. cit. (nunmehr § 7 Abs. 4 in der Fassung der 5. Führerscheingesetz-Novelle BGBl. I Nr. 81/2002). Zu einer neuerlichen Antragstellung sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003, G 203/02 u.a., in dem die Entziehung der Lenkberechtigung für Zeiten, in denen der Besitzer der Lenkberechtigung nicht verkehrsunzuverlässig ist, auf Grund des einer solchen Entziehung auch zukommenden Charakters einer Erziehungsmaßnahme als sachlich gerechtfertigt angesehen wird, nicht veranlasst.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Der in der Beschwerde enthaltenen Anregung, die Wortfolge "908 Euro" in § 1 Abs. 1 lit. a dieser Verordnung als gesetzwidrig anzufechten, kann schon deshalb nicht entsprochen werden, weil diese Verordnungsstelle - mangels Obsiegens des Beschwerdeführers -

im Beschwerdefall nicht anzuwenden ist. Im Übrigen wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0143, hingewiesen, in dem dargelegt wurde, warum sich der Verwaltungsgerichtshof zur Anfechtung dieser Wortfolge nicht veranlasst sieht.

Wien, am 24. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110141.X00

Im RIS seit

21.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten