TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/25 2001/03/0062

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Veröffentlicht am 25.06.2003
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65003 Jagd Wild Niederösterreich;
80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 Anh;
JagdG NÖ 1974 §100 Abs1 idF 6500-14;
JagdG NÖ 1974 §100 Abs2 idF 6500-14;
JagdG NÖ 1974 §105 Abs1 idF 6500-14;
JagdG NÖ 1974 §99 Abs4 idF 6500-14;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Jagdgesellschaft W I, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Elisabethstraße 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Jänner 2001, Zl. LF1-J-216/4, betreffend Aufträge gemäß § 99 Abs. 4 Nö JagdG 1974 (mitbeteiligte Partei: JW), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 18. April 1999 beantragte der Mitbeteiligte bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten im Hinblick auf die Grundstücke Nr. 49/3 und Nr. 52/8 KG K wegen Gefährdung einer Neuaufforstung, den Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Waldgefährdung vorzukehren.

Mit Schreiben vom 11. Mai 1999 machte der Mitbeteiligte gegenüber der Beschwerdeführerin Wildschadensansprüche nach dem Nö Jagdgesetz 1974 geltend, da auf seinen Grundstücken Nr. 49/3 und 52/8 KG K bereits vier Wochen nach der Neuaufforstung Fegeschäden in beträchtlicher Höhe entstanden seien.

In der gutachtlichen Stellungnahme des Dipl. Ing. H. vom 15. Juni 1999 zu dem Antrag des Mitbeteiligten vom 18. April 1999 wurde u.a. ausgeführt:

"... Die Erhebungen haben weiters ergeben, dass in einem Umkreis von ca. 300 bis 500 m Douglasienkulturen im Alter von 5 bis 15 Jahren im Ausmaß von rund 5,0 ha bestehen. Auf Grund ihres geringen Alters sind hier naturgemäß natürliche Verjüngungen nicht vorhanden. Douglasiennaturverjüngungen hingegen gibt es im sogenannten Eichwald (Gde. Ober-Grafendorf) unter einer Gruppe ca. 50jähriger Altbäume, wobei der Eichwald, der ca. 7 km Luftlinie entfernt ist, etwas weniger bindige Böden, ansonsten jedoch ähnlich geologische Standesverhältnisse wie die Fläche in W aufweist.

Auf Grund des vorstehend festgestellten Sachverhaltes wird Folgendes gutachtlich festgestellt:

1.) Die Douglasie muss nach wie vor als landfremde Baumart angesehen werden (siehe einschlägige forstliche Fachliteratur bzw. Forstgesetz 1975).

2.) Die Verbreitung der Douglasie im Jagdgebiet muss nach der einschlägigen forstfachlichen Definition als bestandesbildend bewertet werden.

3.) Das Eintreten einer natürlichen Verjüngung setzt zweifelsfrei verschiedene Faktoren voraus, kann jedoch wie das Beispiel Eichwald in Ober-Grafendorf mit ähnlichen natürlichen Voraussetzungen zeigt, keinesfalls ausgeschlossen, sondern im Gegenteil erwartet werden.

Auf Grund dieser Beurteilung steht daher fest, dass bei sonstigem Verlust des Anspruches auf Schadenersatz für den Eigentümer der Kulturen eine Verpflichtung zu Vorkehrungen von Schutzmaßnahmen nicht besteht.

Zur Frage der Verpflichtung zur Vorkehrung von Schutzmaßnahmen wird festgestellt, dass der gegenständliche Bereich im Waldentwicklungsplan mit dem Funktionsindex 211 gekennzeichnet ist und derzeit eine flächenhafte Gefährdung der Forstkultur im Sinne des § 16 Abs. 5 Forstgesetz 1975 bzw. § 100 Abs. 2 Nö Jagdgesetz nicht gegeben ist. Überdies ist zu berücksichtigen, dass bei Vorliegen einer derartigen Gefährdung der Vorschreibung von Schutzmaßnahmen die Verminderung der Wildart vorherzugehen hat. Im Lichte dieser Zielsetzung ist sicherlich auch die bereits erfolgte Schonzeitverkürzung für Rehböcke zu sehen.

Hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise ist zu beachten, dass der Rehabschuss 1999 für das Genossenschaftsjagdgebiet W I mit

Böcke

Geißen

Kitze

Summe

alt

Jährlinge

 

 

 

19

9

25

28

81

verfügt wurde. Dies entspricht einer Abschussrate von rund 6 Stück/100 ha, welche dem Durchschnitt vergleichbarer Jagdgebiete entspricht. Im Hinblick auf den in Anbetracht der erst kurze Zeit währenden Schusszeit noch offenen Abschuss erscheint vorerst die Vorschreibung zusätzlicher Rehabschüsse entbehrlich. Die Jagdausübungsberechtigten wären jedoch zu verhalten, den Rehwildabschuss schwerpunktmäßig auf das gegenständliche Gebiet zu konzentrieren.

Aus forstfachlichen Überlegungen sei abschließend der Hinweis gestattet, dass die Zäunung derart großer Flächen problematisch ist und die Erfahrungen gezeigt haben, dass diese nur sehr schwer wildfrei zu halten sind. Sollten hinkünftig Schutzmaßnahmen erforderlich werden, so werden akkordierte Maßnahmen von teils Einzel- und teils Flächenschutz zu empfehlen sein."

Weitere Wildschadenserhebungen am 27. Mai 1999 und am 2. Juli 1999 haben folgende Ergebnisse gebracht:

"Wildschadenserhebung am 27. Mai 1999:

 

Bergahorn und Esche

13,1 % Wildschäden

Douglasie

4,1 % Wildschäden

Bergahorn, Esche und Douglasie insgesamt

6,5 % Wildschäden

 

 

Wildschadenserhebung am 2. Juli 1999:

 

Bergahorn und Esche

42,3 % Wildschäden

Douglasie

10,2 % Wildschäden

Bergahorn, Esche und Douglasie insgesamt

18,6 % Wildschäden"

Der Amtssachverständige stellte dazu mit Schreiben vom 6. Juli 1999 fest, dass aus den Zahlen der beiden Wildschadenserhebungen über vorwiegend durch Fegen und Verbiss entstandene Wildschäden ein rasanter Anstieg ersichtlich sei, sodass die bisher getroffenen Maßnahmen, worunter insbesondere eine Schonzeitverkürzung, eine schwerpunktmäßige Bejagung und ein teilweiser Einzelschutz der Pflanzen zu verstehen seien, nicht die erforderlichen Wirkungen gezeitigt hätten. Der relativ große Schadensfortschritt lasse erwarten, dass die Sicherung der Kulturen nicht innerhalb einer auch nach den standörtlichen Gegebenheiten angemessenen Frist erreicht werden könne. Aus diesen Gründen erscheine es daher vom forstfachlichen Standpunkt gerechtfertigt und erforderlich, die Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung weiterer Waldgefährdungen vorzukehren. Eine derartige Vorkehrung wäre die Errichtung eines Flächenschutzes im Gesamtausmaß der Kultur. Im Hinblick auf die bereits geäußerten Bedenken hinsichtlich des großen Ausmaßes der Fläche könnte auch lediglich für die Douglasien ein Flächenschutz und für die Laubholzflächen ein Einzelschutz, am Besten in Form von Stammschutzsäulen, vorgesehen werden.

Zu der Stellungnahme der Beschwerdeführerin dazu nahm der Amtssachverständige mit Schreiben vom 29. Juli 1999 in dem Sinne Stellung, dass die Standortbeschreibung, die Beschreibungen der Standortansprüche der Douglasie, Gefährdungen udgl. großteils richtig und zutreffend seien. Trotzdem müsse aus forstfachlicher Sicht die Meinung weiter aufrecht erhalten werden, dass im Jagdgebiet Douglasien bereits bestandesbildend vorkämen und künftig eine Naturverjüngung zu erwarten sein werde. Eine Verpflichtung des Waldeigentümers zur Vorkehrung von Schutzmaßnahmen bestehe daher nicht. Es sei weiters richtig, dass bei der Kultivierung bzw. Herbizidanwendung des Grundstückseigentümers teilweise die nötige Sorgfalt bzw. fachliche Grundsätze nicht befolgt worden seien. Daher seien bei den vorgenommenen Erhebungen auch Ausfälle, die nicht auf Wildeinflüsse zurückzuführen gewesen wären, im Ausmaß von 3 % bzw. 4,5 % festgestellt worden. Eine Verpflichtung zum Ersatz dieser Pflanzen für den Jagdausübungsberechtigten bestehe nicht.

Am 19. August 1999 erfolgte durch den Bezirksförster Ing. K. eine neuerliche Wildschadenserhebung. Dabei wurde laut Schreiben des Amtssachverständigen vom 20. August 1999 festgestellt, dass anhand des gewählten Stichprobenverfahrens bei Fegeschäden an Douglasien geringfügige Erhöhungen festgestellt worden, während die übrigen Schadensausmaße unverändert geblieben seien bzw. innerhalb der für diese Erhebungsmethode üblichen Fehlergrenzen lägen. In diesem Schreiben wird weiters angemerkt, dass zu berücksichtigen sei, dass das gegenständliche Revier - wie übrigens auch die umliegenden - nicht zuletzt infolge der gegebenen Biotopverhältnisse einen sehr guten Rehwildbestand aufweise, sodass die Wirksamkeit von erhöhten bzw. konzentrierten Abschüssen zur Abwehr einer Waldgefährdung infolge des zu erwartenden Zuzuges bezweifelt werden müsse. Vom fachlichen Standpunkt könne daher nach wie vor nur die Vorkehrung geeigneter Schutzmaßnahmen als einzig wirksame Maßnahme zur Verhinderung einer Waldgefährdung erachtet werden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 18. Oktober 1999 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Douglasienkulturen auf den Grundstücken des Mitbeteiligten einzuzäunen sowie die Laubholzflächen in Form von Stammschutzsäulen zu schützen und diese Maßnahmen bis spätestens 31. Dezember 1999 durchzuführen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß dem Gutachten vom 15. Juni 1999, der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 6. Juli 1999 und vom 20. August 1999 abzuleiten sei, die Schäden hätten ein Ausmaß erreicht, das zu einer Gefährdung von Wald geführt habe. Aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 15. Juni 1999 ergebe sich auch, dass es sich bei der gegenständlichen Aufforstung mit Douglasien nicht um Sonderkulturen handle, für deren Schutz der Eigentümer selbst zu sorgen hätte. Im Zusammenhang mit den anzuordnenden Maßnahmen zur Hintanhaltung der Waldgefährdung führte die erstinstanzliche Behörde aus, dass grundsätzlich der Waldgefährdung vorerst durch Verminderung des Wildes, also durch erhöhten Abschuss zu begegnen sei. Reiche dies nicht aus, müssten nach jagd- und forstrechtlichen Grundsätzen weitere Maßnahmen wie Einzäunung oder Einzelstammschutz vorgesehen werden. Die Wildschadenserhebung der Bezirksforstinspektion am 2. Juli 1999 habe ergeben, dass gegenüber der Erhebung am 27. Mai 1999 ein rasanter Anstieg der Fege- und Verbissschäden an den forstlichen Kulturen erfolgt sei, obwohl bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 22. April 1999 die Schonzeit für Rehböcke im Bereich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ab sofort aufgehoben worden sei und laut Jagdausübungsberechtigten eine intensive Bejagung im dortigen Bereich erfolge. Aus diesem Grund sei auch mit Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 19. August 1999 der verfügte Abschuss bei den älteren Böcken von 19 Stück auf nunmehr 22 Stück erhöht worden.

Um eine genaue Beurteilung der Schadensfläche zu erhalten, seien von der Bezirksforstinspektion St. Pölten drei Schadenserhebungen (27. Mai, 2. Juli und 19. August 1999) durchgeführt worden. Auf Grund dieser Erhebungen habe eine prozentmäßige Beurteilung der verbissenen, verfegten, abgestorbenen sowie gesunden Pflanzen erhoben werden können. Diese Erhebungen seien durch eine reihenweise Zählung und Beurteilung der jeweiligen Pflanzen erfolgt. Es sei festgestellt worden, dass bei einem hohen Anteil der Pflanzen ein Teil der Wurzeln nicht von Erde bedeckt gewesen sei. Die Ursache dafür könnten die maschinelle Pflanzung der Setzlinge und die Bindigkeit des Bodens sein. Bei der Erhebung am 2. Juli 1999 sei ebenso darauf hingewiesen worden, dass fast alle Douglasien eine Verfärbung bzw. ein Absterben an den heurigen Trieben aufgewiesen hätten. Als Grund seien die Herbizidschäden und die schlechte Pflanzung der Douglasien angenommen worden. Am 19. August 1999 sei wiederum darauf hingewiesen worden, dass bei zahlreichen Douglasien starke Terminaltriebverluste (Absterben durch Spritzmittel) aufgeschienen seien, ebenso seien die Pflanzen insbesondere die Douglasien einer starken Verdämmung durch Gras, Brombeere sowie Waldrebe ausgesetzt gewesen. Ebenso sei aber das schlechte Einpflanzen betont worden. Schäden, die offensichtlich nicht durch Wild verursacht worden seien, seien bei diesen Zählungen nicht gewertet worden. Bei diesen Zählungen seien alte sowie neue Schäden immer wieder gleich aufgenommen worden, um ein prozentmäßiges Ansteigen oder Fallen einer Schadensart erkennen zu können. Bei der Zählung am 19. August 1999 habe die Zählung vom 2. Juli 1999 bestätigt werden können. Die Bezirksforstinspektion St. Pölten habe sowohl im Schreiben vom 15. Juni 1999 letzter Absatz als auch besonders im Schreiben vom 6. Juli 1999 auf das Erfordernis einer Einzäunung kombiniert mit Einzelstammschutz (Stammschutzsäulen) hingewiesen. Im Hinblick auf die getroffene Feststellung, dass es sich um keine Sonderkulturen im Sinne des § 105 Nö Jagdgesetz 1974 handle, treffe die Verpflichtung zum Schutz dieser Kulturen den Jagdausübungsberechtigten. Auf Grund der ausführlichen gutachtlichen Stellungnahmen des jagd- und forstlichen Amtssachverständigen und der Wildschadenserhebungsberichte, insbesondere im Hinblick auf die auch zukünftig zu erwartenden Verbiss- und Fegeschäden an den forstlichen Kulturen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Dies insbesondere deshalb, weil der Amtssachverständige wiederholt zum Ausdruck gebracht hätte, dass ein erhöhter Abschuss und selbst ein Totalabschuss des Rehwildes nicht den gewünschten Erfolg brächte, weil mit einem weiteren Zuzug von Rehwild aus der Umgebung zu rechnen wäre.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Die Berufungsbehörde holte ein weiteres Gutachten des Amtssachverständigen Dipl. Ing. Sch. vom 7. Dezember 1999 ein. In diesem Gutachten wurde nach einer Begehung des Jagdgebietes am 29. November 1999 festgestellt, dass die Fegeschäden an den Douglasien nicht nur verteilt an einzelnen Douglasien, sondern auch konzentriert an mehreren Douglasien (bis zu zehn Douglasien) nebeneinander auftreten. Die Konkurrenz diverser Gräser, Brombeere, Waldrebe und Disteln gegenüber den Forstpflanzen generell und gegenüber Douglasien im Besonderen sei stellenweise beachtlich.

Zum Vorliegen einer Waldgefährdung wurde in diesem Gutachten ausgeführt, dass die angeführten drei Erhebungen in der Bezirksforstinspektion eindeutig eine Verdopplung der Verbiss- und Fegeschäden bei den Douglasien zwischen erster und zweiter Aufnahme und eine Verdreifachung der Schäden bei den Baumarten Bergahorn und Esche zwischen erster und zweiter Erhebung zeigten. Obwohl die Stichproben, d.h. die Reihen, die gezählt worden seien, zwischen zweiter und dritter Erhebung variiert worden seien, differiere die Anzahl der erhobenen Pflanzen nur um ein Stück und die Anzahl der vorgefundenen verbissenen und verfegten Pflanzen sei in beiden Erhebungen nahezu gleich bzw. innerhalb einer zulässigen statistischen Schwankungsbreite. Berücksichtige man noch die Feststellung bei der zuletzt durchgeführten Begehung vom 29. November 1999, wonach sich die Fegeschäden an Douglasien nicht nur einzeln verteilten, sondern auch konzentrierten, so sei anzunehmen, dass ohne entsprechende Schutzmaßnahmen die gesunde Bestandesentwicklung der gegebenen Neubewaldungsflächen (vgl. § 100 Abs. 2 lit. a Nö Jagdgesetz 1974) unmöglich sei.

Im gegebenen Fall sei weiters die Neubewaldung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke durch vom Rehwild verursachte Verbiss- und Fegeschäden an den Baumarten Douglasie, Bergahorn und Eschen in der Weise gefährdet, dass die Neubewaldung innerhalb von drei Jahren nicht gesichert werden könne, die standortsmäßige Holzartenmischung durch bevorzugtes Verbeißen der Bergahorn und Eschen gefährdet und die gesunde Bestandesentwicklung der gegebenen Neubewaldungsflächen unmöglich sei.

Aus jagdfachlicher Sicht sei weiters festzustellen, dass die Neuaufforstungsflächen nicht zuletzt wegen der mangelnden Kulturpflege einerseits attraktive Äsungsflächen und auch entsprechende Deckungsmöglichkeit für das Rehwild böten. Demzufolge stellten die Neuaufforstungsflächen auch ein attraktives Territorium für Rehböcke dar. Das bedeute, dass, sobald der territoriale Rehbock, der sogenannte Platzbock, erlegt worden sei, an seine Stelle innerhalb oft weniger Tage ein anderer, bisher noch nicht territorialer Rehbock dieses freigewordene Territorium besetze. Der neue Platzbock müsse die Grenzen seines neuen Territoriums entsprechend kennzeichnen und tue dies durch Plätzen mit den Läufen und durch Verfegen vor allem der Douglasien. Diese Baumart werde von den Rehböcken sehr gerne verfegt, da die Douglasie eine hohe Biegsamkeit aufweise. Solange noch einige nicht territoriale Rehböcke sich im Bereich der gegebenen Neuaufforstungsflächen aufhalten würden, werde die Neuaufforstungsfläche von einem Rehbock als Territorium spätestens im nächsten Frühjahr genutzt werden. Das hieße, spätestens im kommenden Frühjahr zur Zeit des Verfegens der Bastgeweihe der Rehböcke und des Markierens der Rehbockterritorien werde es erneut zu Fegeschäden vor allem an Douglasien kommen. Die derzeitige Schadenssituation auf den gegebenen Neuaufforstungsflächen erlaube aus forstlicher Sicht keine zusätzliche Schädigung der Forstpflanzen. Die Vorschreibung von entsprechenden Schutzmaßnahmen sei daher aus forstfachlicher Sicht notwendig.

Zu der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Maßnahme der Verminderung der Wildart stellte dieser Sachverständige fest, dass die Verminderung der Wildart Rehwild bisher nicht ausgereicht habe, um die Gefährdung der gegebenen Kultur zu verhindern.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Dezember 1999 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Beschwerdeführerin als Jagdausübungsberechtigte des Genossenschaftsjagdgebietes W I zur Vermeidung weiterer Waldgefährdungen auf den beiden genannten Grundstücken verpflichtet wurde, bis spätestens 31. Jänner 2000 folgende Schutzmaßnahmen durchzuführen:

     "1.        Die Douglasien-Kulturen auf den Grundstücken

Nr. 49/3 und 52/8 in der KG K sind rehwildsicher einzuzäumen.

     2.        Die mit Laubbäumen aufgeforsteten Teilflächen der

Grundstücke Nr. 49/3 und 52/8 in der KG K sind entweder durch

Einzelschutz in Form von Stammschutzsäulen oder Drahtkörben oder

durch einen rehwildsicheren Zaun zu schützen.

     3.        Die Schutzmaßnahmen sind so durchzuführen, dass sie

den Grundeigentümer in der Bewirtschaftung und Benutzung seines Grundes nicht unzumutbar behindern und Pflanzen nicht schädigen sowie die Bodenfruchtbarkeit nicht beeinträchtigen."

Mit Telefax vom 31. März 2000 legte die Beschwerdeführerin ein Privatgutachten des Dipl. Ing. D (vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft, Universität für Bodenkultur Wien) vor, indem u.a. näher begründet und festgestellt wurde, dass die vorzufindenden "Verbiss- und Fegeschäden" eigenartig, sonderbar und für Rehwild untypisch seien und auch auf der ganzen Fläche kaum Fährten oder Losungen des Rehwildes zu finden seien.

Auf Grund der gegen den Berufungsbescheid vom 29. Dezember 1999 von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wurde dieser Bescheid mit dem hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0038, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte aus dem Grund, dass der Landesjagdbeirat entgegen § 132 Abs. 10 Nö JagdG nicht angehört worden war.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin in der Folge neuerlich verpflichtet, zur Vermeidung weiterer Waldgefährdungen auf den Grundstücken Nr. 49/3 und 52/8, beide KG K, die folgenden Schutzmaßnahmen bis spätestens 28. Februar 2001 durchzuführen:

"1. Die Douglasien-Kulturen auf den Grundstücken

Nr. 49/3 und 52/8 in der KG K sind rehwildsicher einzuzäumen.

2. Die mit Laubbäumen aufgeforsteten Teilflächen der Grundstücke Nr. 49/3 und 52/8 in der KG K sind entweder durch Einzelschutz in Form von Stammschutzsäulen oder Drahtkörben oder durch einen rehwildsicheren Zaun zu schützen.

3. Die Schutzmaßnahmen sind so durchzuführen, dass sie den Grundeigentümer in der Bewirtschaftung und Benutzung seines Grundes nicht unzumutbar behindern und Pflanzen nicht schädigen sowie die Bodenfruchtbarkeit nicht beeinträchtigen."

Diese Anordnung erfolgte auf Grund des § 99 Abs. 4 i.V.m.

§ 100 Abs. 2 Nö Jagdgesetz 1974, LGBl. 6500-14.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 99 Abs. 4 Nö Jagdgesetz 1974 die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn eine Gefährdung von Wald (§ 100 Abs. 2) vorliege und sich diese durch Verminderung einer Wildart (§ 100 Abs. 1) nicht rechtzeitig abwenden lasse, auf Antrag des Grundbesitzers, der Jagdgenossenschaft, der Bezirksbauernkammer, des Leiters des Forstaufsichtsdienstes oder von Amts wegen nach Anhörung des Bezirksjagdbeirates den Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Waldgefährdung vorzukehren.

Der Amtssachverständige (Dipl. Ing. Sch.) habe in seinem Gutachten fachlich fundiert festgestellt, dass die Verminderung des Rehwildbestandes nicht denselben Effekt hätte bzw. haben könnte, wie eine Zäunung der gegenständlichen Flächen. Durch das Entfernen des Platzbockes käme es nur dazu, dass dessen Nachfolger wiederum durch des Kennzeichnen seines Revieres neuerlich erhebliche Schäden anrichte. Die diesbezüglichen fachlich fundierten Ausführungen des Amtssachverständigen seien von der Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entkräftet worden. Die belangte Behörde folge den Ausführungen des Amtssachverständigen. Die Formulierung des § 99 Abs. 4 Nö Jagdgesetz 1974 ("... und lässt sie sich durch die Verminderung

einer Wildart ... nicht rechtzeitig abwenden ...") bedeute nach

Ansicht der belangten Behörde nicht zwingend, dass sie vor Maßnahmen nach § 99 Abs. 4 einen Bescheid nach § 100 Abs. 1 zu erlassen habe. Auch wenn die Verminderung einer Wildart durch die Erhöhung der Abschussverfügung erfolge, wie es im konkreten Fall für das Jahr 1999 erfolgt sei, bzw. der Amtssachverständige feststelle, dass die Verminderung den gewünschten Erfolg nicht erzielen könne, sei es möglich, eine Zäunung zu verfügen. Dies sei im Konkreten der Fall.

Die unbestrittene Tatsache, dass es sich bei der Baumart "Douglasie" um eine in Niederösterreich als landfremd zu bezeichnende Baumart handle, sei entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren ebenso wenig von Belang, wie die Frage, ob diese Baumart im gegenständlichen Revierbestand vorkomme oder nicht. Die Behörde habe in einem Verfahren wie dem vorliegenden zu prüfen, ob die Voraussetzungen der lit. a bis e des § 100 Abs. 2 Nö Jagdgesetz 1974 vorlägen. Es sei daher insbesondere zu prüfen, ob eine standortgemäße Holzartenmischung gefährdet sei und die Aufforstung oder Verjüngung auf aufforstungsbedürftigen Flächen innerhalb der sich aus den forstrechtlichen Bestimmungen ergebenden Frist nicht gesichert sei. Im Gegensatz zu der Beschwerdeführerin habe der Amtssachverständige richtigerweise die Frage der Waldgefährdung nicht allein auf die Frage, ob die Douglasie im vorliegenden Revier bestandesbildend vorkomme oder nicht, reduziert. Wichtig sei die Frage der standortmäßigen Holzartenmischung. Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen ergebe sich, dass die Douglasie durchaus als standortgemäß gelten könne. Bei der Douglasie handle es sich um eine Baumart, die durchaus naturverjüngungsfähig sei, somit also das "Klima" des Standortes vertrage. Damit könne sie nach Ansicht der Berufungsbehörde als Teil einer standortmäßigen Holzartenmischung angesehen werden.

Der Amtssachverständige habe starke Schäden insbesondere an den Baumarten Bergahorn und Esche, die zu je 35,4 % verbissen gewesen seien, festgestellt. Vom Douglasienbestand seien jedoch lediglich 10,5 % verfegt gewesen. Es sei daher nicht ganz verständlich, warum sich die Beschwerdeführerin beinahe ausschließlich auf die Frage der Douglasien und deren bestandbildendes Vorkommen bezöge.

Hinsichtlich der Ausfälle und der durchgeführten Pflegemaßnahmen habe die Beschwerdeführerin die schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen gleichfalls nicht entkräften können. Lediglich festzustellen, dass der Amtssachverständige die Sorgfalt des Grundeigentümers beim Spritzen der Kulturen nicht habe feststellen können, sei nicht als eine Entgegnung auf gleicher fachlicher Ebene anzusehen. Auch die Behauptung, dass die Schlichter in anhängigen Wildschadensverfahren von unsachgemäßer Kulturpflege und Fehlern beim Spritzen gesprochen hätten, trage nichts zur Aufklärung auf fachlicher Ebene des Amtssachverständigen bei. Die belangte Behörde gelange auf Grund der Erhebungen des von ihr beauftragten Amtssachverständigen ebenso wie die Behörde erster Instanz zu der Auffassung, dass Maßnahmen, wie sie aus dem Spruch ersichtlich seien, nötig seien, um die Gefährdung der gegenständlichen Neuaufforstungen hintanzuhalten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit einem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Auch die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Nö Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-0 i.d.F. LGBl. 6500-14 (im Folgenden: Nö JagdG), lauten wie folgt:

"§ 99

Abhalten und Vertreiben des Wildes von Kulturflächen

(1) Jeder Grundbesitzer ist berechtigt, das seine Kulturen gefährdende oder schädigende Wild von diesen abzuhalten und zu diesem Zweck Zäune oder andere Umfriedungen zu errichten (Flächenschutz).

(2) Mit Zustimmung des Grundbesitzers oder auf Grund behördlichen Auftrages nach Abs. 4 ist der Jagdausübungsberechtigte berechtigt, Schutzmaßnahmen nach Abs. 1 sowie einen Einzelpflanzenschutz durch geeignete mechanische oder chemische Schutzmittel durchzuführen. ...

(3) Eine Verpflichtung zu Vorkehrungen nach Abs. 1 und 2 besteht für den Grundeigentümer oder für den Jagdausübungsberechtigten nur nach Maßgabe einer vertraglichen Verbindlichkeit und für den Jagdausübungsberechtigten nach Maßgabe des Abs. 4.

(4) Liegt eine Gefährdung von Wald (§ 100 Abs. 2) vor und lässt sie sich durch Verminderung einer Wildart (§ 100 Abs. 1) nicht rechtzeitig abwenden, hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Grundbesitzers, der Jagdgenossenschaft, der Bezirksbauernkammer, des Leiters des Forstaufsichtsdienstes oder von Amts wegen nach Anhörung des Bezirksjagdbeirates den Jagdausübungsberechtigten zu verhalten, die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Waldgefährdung vorzukehren.

(5) ..."

"§ 100

Abschuss zum Schutze der Kulturen

(1) Wenn sich in einem Jagdgebiet oder in mehreren aneinander grenzenden Jagdgebieten die Verminderung einer Wildart zum Schutze der durch sie geschädigten oder gefährdeten land- und forstwirtschaftlichen Kulturen als notwendig herausstellt, hat die Bezirksverwaltungsbehörde diese Verminderung dem Jagdausübungsberechtigten aufzutragen. Der Auftrag kann von Amts wegen oder auf Antrag eines Jagdausübungsberechtigten oder eines Besitzers geschädigter oder gefährdeter Kulturen oder der Jagdgenossenschaft erfolgen. Die Verminderung ist erforderlichenfalls ziffernmäßig festzusetzen und angemessen zu befristen. Sie ist im Bedarfsfall selbst während der Schonzeit und ohne Bedachtnahme auf Altersklassen durchzuführen.

(2) Die Gefährdung von Wald ist durch Maßnahmen nach Abs. 1 oder § 99 Abs. 4 abzuwenden. Eine Gefährdung von Wald liegt vor, wenn die Einwirkungen des Wildes durch Verbiss, Verfegen oder Schälen verursachen, dass auf Waldflächen und Neubewaldungsflächen im Sinne des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 in der Fassung BGBl. Nr. 419/1996,

a) in den Beständen Blößen entstehen oder auf größerer Fläche die gesunde Bestandsentwicklung unmöglich ist; oder

b) die Aufforstung oder Naturverjüngung auf aufforstungsbedürftigen Flächen innerhalb der sich aus den forstrechtlichen Bestimmungen ergebenden Frist nicht gesichert ist; oder

c) die Aufforstung bei Neubewaldungen innerhalb einer nach standortlichen Gegebenheiten angemessenen Frist nicht gesichert ist; oder

d) Naturverjüngungen in Naturverjüngungsbeständen nicht aufkommen können; oder

e) eine standortsmäßige Holzartenmischung gefährdet ist."

(3) ..."

"§ 105

Wildschäden an gartenmäßig bewirtschafteten Grundstücken und sonstigen wertvollen Anpflanzungen

(1) Wildschäden an den nachstehend angeführten Kulturen, auf denen die Jagd nicht gemäß § 17 Abs. 1 und 2 ruht, sind nur dann zu ersetzen, wenn erwiesen ist, dass der Besitzer vergeblich solche Vorkehrungen getroffen hat, durch die solche Anpflanzungen bei ordentlicher Wirtschaftsführung geschützt zu werden pflegen:

-

Obst-, Gemüse- und Ziergärten

-

Baumschulen

-

Rebschulen

-

Christbaumkulturen

-

Forstgärten

-

einzelstehende Bäume

-

landfremde Baumarten, es sei denn, dass sie im Jagdgebiet bereits bestandesbildend vorkommen und künftig eine natürliche Verjüngung dieser Baumarten zu erwarten ist.

-

(2) Als solche Vorkehrungen sind entweder das Einfrieden des Grundstückes oder das Umkleiden der Stämme mit Baumkörben, Stroh, Schilf, u.dgl., bei Baumformen jedoch, bei denen auch das Astwerk durch Wild gefährdet ist, die Umfriedung des ganzen Baumes anzusehen. ..."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass den Jagdausübungsberechtigten Schutzmaßnahmen gemäß § 99 Abs. 4 Nö JagdG  nur auferlegt werden dürften, wenn eine Gefährdung von Wald vorliege und sich eine solche nicht durch eine Verminderung einer Wildart gemäß § 100 Abs. 1 Nö JagdG abwenden lasse. Die Beschwerdeführerin hätte nachvollziehbar dargelegt, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben seien. Einer Anordnung gemäß § 99 Abs. 4 Nö JagdG habe - was sich aus dem dort verwendeten Wort "und" ergebe - ein Bescheid gemäß § 100 Abs. 1 Nö JagdG voranzugehen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Der Verwaltungsgerichtshof kann der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass vor der Anordnung von Schutzmaßnahmen gemäß § 99 Abs. 4 leg. cit. in jedem Fall eine Anordnung gemäß § 100 Abs. 1 leg. cit. zu ergehen hätte. Es ist vielmehr der belangten Behörde zuzustimmen, dass auch dann, wenn die festgestellte Gefährdung des Waldes durch die Verminderung einer Wildart für die Zukunft nicht rechtzeitig abgewendet werden kann, Maßnahmen gemäß § 99 Abs. 4 leg. cit. angewendet werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1992, Zl. 92/03/0177).

Im erstinstanzlichen Bescheid wurde zu dieser Problematik bereits ausgeführt, dass sich bei der Wildschadenserhebung der Bezirksforstinspektion am 2. Juli 1999 im Vergleich zu der Erhebung am 27. Mai 1999 ein rasanter Anstieg der Fege- und Verbissschäden an den forstlichen Kulturen ergeben hätte, obwohl bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 22. April 1999 die Schonzeit für Rehböcke im Bereich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ab sofort aufgehoben worden sei und laut Jagdausübungsberechtigten eine intensive Bejagung im dortigen Bereich erfolge. Mit Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 19. August 1999 sei aus diesem Grund - so wurde es im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt - der verfügte Abschuss bei den älteren Böcken von 19 Stück auf nunmehr 22 erhöht worden. Weiters wurde im erstinstanzlichen Bescheid dazu festgehalten, dass der Amtssachverständige wiederholt zum Ausdruck gebracht hätte, dass ein erhöhter Abschuss (selbst ein Totalabschuss) des Rehwildes nicht den gewünschten Erfolg brächte, weil mit einem weiteren Zuzug vom Rehwild aus der Umgebung zu rechnen sei.

Die belangte Behörde berief sich in diesem Zusammenhang auch auf die Ausführungen des Amtssachverständigen, dass die Verminderung des Rehwildbestandes nicht denselben Effekt hätte bzw. haben könnte, wie eine Zäunung der gegenständlichen Flächen. Durch das Entfernen des Platzbockes käme es nur dazu, dass dessen Nachfolger wiederum durch das Kennzeichnen seines Revieres neuerlich erhebliche Schäden anrichten würde. Die diesbezüglichen fachlichen Ausführungen des Amtssachverständigen seien von der Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entkräftet worden.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist die Beschwerdeführerin mit dem am 31. März 2000 übermittelten Privatgutachten von Dipl. Ing. D vom 30. März 2000 dem Gutachten und Stellungnahmen des Amtssachverständigen auf gleicher fachlichen Ebene entgegengetreten und wäre es erforderlich gewesen, nach Einholung einer Stellungnahme des Amtsachverständigen dazu, dass sich die belangte Behörde mit den Überlegungen dieses Privatgutachtens auseinander setzt. Indem die belangte Behörde dies unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Weiters meint die Beschwerdeführerin, dass die vorliegenden Unterlagen zur Frage einer Gefährdung von Wald so unterschiedlich und in ihrer Abfolge so uneinheitlich seien, dass das Vorliegen dieses Kriteriums im Sinne des § 99 Abs. 4 Nö JagdG nicht angenommen werden könne. Es zeige sich nämlich auf Grund der festgestellten Wirtschaftsweise des Grundeigentümers, dass dieser die mindesten Vorsorgemaßnahmen eines Forstwirtes bei Neuanpflanzungen verabsäumt habe, die naturgemäß das Hochkommen einer Forstkultur von vornherein hinderten. Dies ergebe sich auch aus den Ausführungen des Amtssachverständigen in dessen Stellungnahme vom 29. Juli 1999.

Auch diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist im Ergebnis zu folgen, weil die Beschwerdeführerin mit dem bereits erwähnten Privatgutachten von Dipl. Ing. D vom 30. März 2000 auch zur Frage des Vorliegens einer durch Rehwild vorgelegenen Gefährdung des Waldes im Sinne des § 100 Abs. 2 Nö JagdG 1974 auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Auch in dieser Hinsicht erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Weiters liege nach Ansicht der Beschwerdeführerin eine rechtswidrige Anwendung des § 105 Nö JagdG vor. Gemäß dieser Bestimmung sei die Baumart Douglasie eine landfremde Baumart, die, um keine Sonderkultur gemäß dieser Bestimmung zu sein, bestandsbildend vorkommen und eine natürliche Verjüngung erwarten lassen müsse. Beide Voraussetzungen träfen nach Ansicht der Beschwerdeführerin im vorliegenden Jagdgebiet nicht zu. Es könne sein, dass Douglasien in dem einen oder anderen Forstrevier bestandesbildend vorkommen könnten. Fest stehe jedoch, dass Douglasien in Niederösterreich eine landfremde Baumart sei und daher unter § 105 leg. cit. fielen. Fest stehe weiters - und das unwidersprochen - dass im vorliegenden Revier Douglasien gar nicht bestandesbildend vorkämen. Die Frage, ob ein landfremder Baum "bestandsbildend" vorkomme, sei nicht bezirksweit oder regionenweit zu beurteilen, sondern ausschließlich revierweit. Zweifelsfrei komme die Douglasie im vorliegenden Revier nicht verjüngend oder bestandesbildend vor, weshalb die entgegenstehende Feststellung der belangten Behörde als rechtsirrig anzusehen sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde zutreffend die Auffassung vertreten hat, die Frage, ob die Douglasie eine landfremde Baumart sei und im vorliegenden Revier im Sinne der Bestimmung des § 105 Abs. 1 leg. cit. bestandesbildend und mit der Erwartung der Naturverjüngung vorkomme, für die Vollziehung des § 99 Abs. 4 Nö JagdG nicht von Bedeutung ist. Maßgebend ist vielmehr, dass die Douglasie zu dem im Anhang zum ForstG angeführten Holzgewächsen (und zwar zur Art Pseudotsuga) zählt, sodass eine damit bestockte Grundfläche, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht, als Wald im Sinne des § 1 Abs. 1 ForstG und somit auch im Sinne des § 100 Abs. 2 Nö JagdG anzusehen ist. Die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Kriterien der Bestandesbildung und der zur erwartenden Naturverjüngung der Douglasien spielen allein für die Frage eine Rolle, ob ein Wildschaden an derartigen Kulturen im Sinne des § 105 Abs. 1 vom Jagdausübungsberechtigten zu ersetzen ist.

Weiters rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde die im Zuge des Verfahrens bekannt gewordene Entscheidung der Bezirkskommission für Jagd- und Wildschäden für den Bereich der Bezirksbauernkammer St. Pölten vom 18. Oktober 1999 gänzlich übergangen hätte. Danach sei nach einer Begehung am 7. September 1999 festgestellt worden, dass der Grundbesitzer bei den von ihm gesetzten Douglasien keinen Schadenersatzanspruch mehr besitze, da keine weiteren Schäden entstanden seien und hinsichtlich der Laubhölzer lediglich 25 Stück schwach und 20 Stück mittel beschädigte Pflanzen festgestellt hätten werden können.

Auch diese Rüge ist zielführend, da sich die belangte Behörde zu Unrecht auch nicht mit den Ergebnissen des Wildschadensverfahrens, soweit sie für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sind, auseinander gesetzt hat.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Juni 2003

Schlagworte

Jagdschaden Wildschaden Schadensverhütung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001030062.X00

Im RIS seit

05.08.2003

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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